Tiefe Hirnstimulation: Hirnschrittmacher gegen neurologische Symptome
Die Tiefe Hirnstimulation ist ein operatives Therapieverfahren, das unter anderem bei Parkinson eingesetzt werden kann. Wie es funktioniert und bei welchen Patienten es infrage kommt.
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Die Tiefe Hirnstimulation (auch Hirnschrittmacher oder Deep Brain Stimulation/DBS) ist den operativen Therapieverfahren zuzuordnen. Sie kann bei verschiedenen neurologischen Krankheitsbildern zu einer Linderung der Symptome verhelfen. Dazu gehören vor allem die Parkinson-Krankheit, essenzieller Tremor (Zittern ohne Zusammenhang mit einer Grunderkrankung) und Dystonien (gestörter Spannungszustand von Muskeln und Gefäßen) wie bei der Chorea Huntington. In Ausnahmefällen kann sie auch bei Multipler Sklerose, Depression und bestimmten Formen von Epilepsie als Behandlungsoption infrage kommen.
Im Überblick:
Wirkungsweise der Tiefen Hirnstimulation
Bei der Tiefen Hirnstimulation werden über ein kleines Loch im Schädel Elektroden in tiefe Hirnregionen eingesetzt, die dort verbleiben. Die Elektroden werden über einen Impulsgeber gesteuert, der nahe dem Schlüsselbein unter die Haut implantiert wird, ähnlich wie ein Herzschrittmacher. Die von dort gesendeten Impulse beeinflussen die gestörte Hirnregion dauerhaft. Dies verbessert die Symptome wie Tremor und hat den Vorteil, dass durch jederzeit mögliche Regulation die bestmögliche Einstellung für den Patienten erreicht werden kann.
Die Tiefe Hirnstimulation wurde 1983 zum ersten Mal eingesetzt und steht Betroffenen seit einigen Jahren als weitere Behandlungsoption an wenigen Universitätskliniken in Deutschland zur Verfügung. Die Behandlung in der Neurologie wird, sofern sie nötig ist, von den Krankenkassen vollständig übernommen.
Voraussetzung: Medikamente helfen nicht mehr
Grundsätzlich kommt die Tiefe Hirnstimulation für Parkinson-Patienten infrage, bei denen mit medikamentöser Behandlung die Symptome nicht mehr gelindert werden können, oder für Betroffene, die unter sehr starken Nebenwirkungen der Medikamente leiden.
Weiterhin ist die Behandlungsmethode für Betroffene mit starkem Tremor, der den Alltag einschränkt, sehr gut geeignet. Bei Menschen mit Bewegungsstörungen aufgrund einer Dystonie wie bei MS kommt der Hirnschrittmacher nur infrage, wenn mehrere Extremitäten betroffen sind, die Beschwerden nicht aus einer Hirnschädigung resultieren und medikamentös nicht gebessert werden können.
Insgesamt müssen sich die Patienten in einem guten körperlichen und geistigen Allgemeinzustand befinden. Ein Neurologe wird bei einem Aufenthalt in einer Klinik sorgfältige Untersuchungen durchführen, um überhaupt erst eine Operationsempfehlung aussprechen zu können.
Man schätzt, dass in ganz Europa zirka 20 Prozent aller Parkinson-Patienten von der Tiefen Hirnstimulation profitieren könnten, sie aber nur weniger als sieben Prozent der Betroffenen zur Verfügung steht. Durch die unterschiedlichen Regelungen der Kostenübernahmen in den europäischen Ländern, dem mangelnden Austausch unter den Spezialisten und geringen Kenntnisse über nicht-medikamentöse Behandlungsmöglichkeiten bei Allgemeinmedizinern wird diese Behandlung vielen Patienten immer noch nicht angeboten.
Tiefe Hirnstimulation bei Depressionen
Seit einigen Jahren wird in klinischen Studien untersucht, wie diese Methode gegen ansonsten therapieresistente, chronische Depressionen wirkt. Teilweise konnten antidepressive Effekte bei 21 bis 75 Prozent der Probanden festgestellt werden. Der positive Effekt nahm mit der Dauer der Anwendung zu.
Die Tiefe Hirnstimulation kann dabei mit medikamentösen und psychotherapeutischen Verfahren kombiniert werden. Allerdings sind bisher zu wenige psychiatrische Patienten mit einem Hirnschrittmacher behandelt worden, um allgemeine Aussagen machen zu können. Der Wirkmechanismus ist noch nicht umfassend bekannt. Vorsicht ist auch wegen eines möglichen erhöhten Suizidrisikos geboten, das bei Patienten mit starker Depression ohnehin erhöht ist.
OP unter neurologischer Kontrolle
Die Risiken bei der Tiefen Hirnstimulation sind gering. Die Operation wird unter neurologischer Kontrolle bei lokaler Betäubung durchgeführt und dauert etwa 20 Minuten. Da der Patient dabei wach ist, können Probleme während der Operation sofort erkannt und Gegenmaßnahmen eingeleitet werden. Selten kommt es zu Blutungen beim Einführen der Elektroden. Das Risiko eines dauerhaften Schadens liegt jedoch unter drei Prozent.
Nebenwirkungen und Risiken der Tiefen Hirnstimulation
Wird die Elektrode bei der Tiefen Hirnstimulation nicht am korrekten Ort platziert, können Nebenwirkungen auftreten. Die Nebenwirkungen können vorübergehend oder dauerhaft sein. Möglich sind:
- Sprachstörungen
- Gefühlsstörungen
- Verkrampfungen der Muskulatur
- Doppelbilder
- psychiatrische Nebenwirkungen wie Apathie, depressive Verstimmung oder submanische Zustände (bei Parkinson-Patienten)
Ein weiteres Risiko besteht wie bei jeder Operation darin, dass es zu einer Infektion kommt. Außerdem besteht die Gefahr von Blutungen im Gehirn, allerdings liegt dieses Risiko mit etwa einem Prozent extrem niedrig.
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