Asthma, Heuschnupfen und Neurodermitis

Atopie: Vererbte Überempfindlichkeit des Immunsystems

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Bei einer Reihe von allergischen Erkrankungen spielen die Gene eine entscheidende Rolle – gerade bei Heuschnupfen oder allergischem Asthma. In der Medizin ist in diesem Zusammenhang von Atopie die Rede. Was bedeutet der Begriff und lassen sich allergische Erkrankungen verhindern?

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© Getty Images/Roberto Jimenez Mejias

Als Kind Neurodermitis, im Erwachsenenalter treten Heuschnupfen, Asthma oder Nahrungsmittelallergien auf: Viele Menschen leiden nicht nur an einer, sondern gleich mehreren allergischen Krankheiten – und das nicht ohne Grund. Denn sie tragen die genetische Veranlagung für bestimmte Erkrankungen in sich.

Artikelinhalte im Überblick:

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Was ist eine Atopie?

Unter dem Begriff Atopie (griechisch: atopia = Ortlosigkeit) verstehen Fachleute die erbliche Neigung zu allergischen Reaktionen vom Typ I (Sofortreaktion) auf ansonsten harmlose Stoffe aus der Umwelt.

Atopie und Allergien werden häufig synonym verwendet. Es handelt sich bei einer Atopie allerdings nicht um eine Krankheit, sondern um die Veranlagung, allergische Beschwerden wie Heuschnupfen zu entwickeln. Damit eine atopische Erkrankung tatsächlich ausgelöst wird, müssen weitere Lebensumstände und Umwelteinflüsse hinzukommen. Zudem sind einige Allergien (zum Beispiel gegen Medikamente) nicht atopisch.

Überempfindlichkeitsreaktion vom Typ I

Alle atopischen Erkrankungen sind Typ-I-Überempfindlichkeitsreaktionen. Das bedeutet, dass der Körper bei Erstkontakt mit einer bestimmten Substanz (Allergen) spezielle Antikörper produziert, sogenannte Immunglobuline E, kurz IgE-Antikörper. Der Prozess wird auch Sensibilisierung genannt. Symptome treten zu diesem Zeitpunkt noch nicht auf.

Erst bei erneutem Kontakt mit demselben Allergen gehen die Antikörper eine Verbindung mit den sogenannten Mastzellen ein, die in Haut und Schleimhäuten sitzen. Dies bewirkt, dass die Mastzellen vermehrt Botenstoffe wie Histamin ausschütten. Es kommt zu allergischen Symptomen wie Rötungen, Juckreiz, Schwellungen der Haut und Schleimhaut. Die Entzündungsreaktionen können bei atopischen Erkrankungen – anders als beispielsweise beim Kontaktekzem – auch an anderen Körperteilen auftreten, sie sind "ortlos".

Welche atopischen Krankheiten gibt es?

Eine Atopie begünstigt das Auftreten folgender Erkrankungen, die auch zu dem sogenannten atopischen Formenkreis gezählt werden und gleichzeitig oder nacheinander auftreten können:

Geht eine Typ-I-Überempfindlichkeitsreaktionen in eine andere über, sprechen Fachleute vom atopischen Marsch. Demzufolge sollen allergische Erkrankungen einem festen Muster folgen: Als typischer Verlauf wird definiert, wenn Kinder in den ersten Lebensjahren ein atopisches Ekzem entwickeln, das von Nahrungsmittelallergien begleitet sein kann. Später folgt ein allergischer Schnupfen, der sich zu allergischem Asthma weiterentwickelt. Mittlerweile wird von dieser festen Reihenfolge allerdings wieder abgerückt, die Lehrbuchmeinung gilt als überholt. Fakt ist aber, dass viele Betroffene im Laufe ihres Lebens unterschiedliche Allergien entwickeln können.

Neurodermitis, Asthma, Allergie – wie hängt das zusammen?

Neurodermitis, eine chronisch entzündliche Hauterkrankung, die in Schüben verläuft und mit starkem Juckreiz einhergeht. Sie ist oft mit Allergien assoziiert, muss kann aber auch andere Auslöser haben. Eine wichtige Ursache ist ebenfalls eine gestörte Barrierefunktion der Haut. Viele Betroffene entwickeln jedoch nach Kontakt mit Allergenen Ekzemschübe. So kann beispielsweise der Kontakt mit Tierhaaren die Hautkrankheit verschlechtern.

Bei Asthma besteht eine chronische oder anfallsartig auftretende Verengung der Atemwege, wodurch Betroffene häufig an Husten, Kurzatmigkeit und Atemnot leiden. Typisch ist auch eine "pfeifende" Atmung (Giemen). Die Erkrankung kann verschiedene Ursachen haben, meist liegen jedoch Allergien zugrunde. Da zwischen oberen und unteren Atemwegen eine Verbindung besteht, können allergisch verursachte Entzündung von der Nase auf die Lunge übergehen. Fachleute sprechen auch von einem Etagenwechsel.

Atopie-Stigmata: Merkmale können auf genetische Veranlagung hindeuten

Menschen mit einer atopischen Konstitution weisen häufig körperliche Merkmale auf. Diese müssen nicht unmittelbar mit der atopischen Krankheit zusammenhängen, werden bei Betroffenen aber überdurchschnittlich oft beobachtet. Zu den sogenannten atopischen Stigmata gehören:

  • Trockene Haut (Xerose)
  • Verstärkte Linien an den Innenflächen der Hände und an den Fußsohlen
  • Gesichtsblässe
  • Dunkle Augenringe (Halo-Augen)
  • Eine doppelte Lidfalte unter den Augen (Dennie-Morgan-Falte)
  • Ausdünnung der seitlichen Augenbrauen (Hertoghe-Zeichen)

Diese Merkmale können zusammen oder einzeln auftreten. Das Vorliegen kann eine Allergie allerdings weder sicher beweisen, noch kann das Fehlen eine erhöhte Allergiebereitschaft ausschließen. Einen spezifischen Test, der eine Allergiegefährdung feststellen kann, gibt es derzeit noch nicht.

Vererbbares Risiko: Wie entwickelt sich eine Atopie?

Die Entstehung von allergischen Erkrankungen ist komplex und noch nicht vollständig erforscht. Sicher ist, dass auch die Gene eine wichtige Rolle dabei spielen.

Das Allergierisiko eines Kindes beträgt:

  • 20 Prozent, wenn ein Elternteil an einer atopischen Erkrankung wie eine Neurodermitis leidet
  • 25 bis 35 Prozent bei einem allergischen Geschwisterkind
  • über 50 Prozent, wenn beide Elternteile betroffen sind
  • 60 bis 80 Prozent, wenn Mutter und Vater unter derselben Allergieform leiden

Im Vergleich: Menschen ohne familiäre Vorbelastung entwickeln nur mit einer Wahrscheinlichkeit von 5 bis 15 Prozent eine Allergie.

Genforschung zu Atopie und allergischen Erkrankungen

Die genetische Disposition allergischer Erkrankungen ist seit über 100 Jahren bekannt. Fachleute gehen davon aus, dass die Atopie nicht auf einem einzigen Erbmerkmal beruht, sondern dass mehrere Genkonstellationen miteinander interagieren und zusätzlich durch unterschiedliche Umweltfaktoren beeinflusst werden.

Die Genforschung beschäftigt sich damit, Genkandidaten zu finden, die als Träger von Erbinformationen infrage kommen. Während über die genetischen Hintergründe von Asthma und dem atopischen Ekzem in den letzten Jahren schon wichtige Erkenntnisse gewonnen werden konnten, stehen Forschende bei anderen allergischen Erkrankungen noch am Anfang. Es sind weitere klinische Studien notwendig, um die Ursachen zu entschlüsseln und geeignete Therapien gegen Allergien zu entwickeln.

Atopie: Lassen sich Allergien verhindern?

Trotz vorbeugender Maßnahmen ist es nicht immer möglich, eine Allergie zu verhindern. Bei bekannter Neigung zu Allergien, können Eltern allerdings einiges dafür tun, um das Allergierisiko beim Kind zu verringern. Dazu gehören beispielsweise:

  • In den ersten vier bis sechs Lebensmonaten stillen (alternativ: partiell oder extensiv hydrolysierte Säuglingsnahrung)
  • Auf Hauskatzen verzichten
  • Schimmelpilzbildung vermeiden und regelmäßig Wohn- und Schlafräume lüften
  • Auf eine rauchfreie Umgebung achten
  • Luftschadstoffe in Innenräumen (die zum Beispiel durch Reinigungsmittel, Farben oder Klebstoffen freigesetzt werden) gering halten
  • Kindliches Übergewicht meiden (ein erhöhter Body-Mass-Index gilt vor allem als Risikofaktor für Asthma)

Zudem ist es wichtig, bei Hautproblemen oder Atemwegsbeschwerden so bald wie möglich ärztlichen Rat einzuholen. Vor allem das atopische Ekzem wird als die Eintrittspforte für die "Karriere" von Allergiker*innen angesehen, weil oft erst durch die Barrierestörung der Haut eine Sensibilisierung und manifeste Allergie entsteht. Deswegen ist es wichtig, eine frühkindliche Neurodermitis rechtzeitig und konsequente zu behandeln. So lässt sich unter Umständen verhindern, dass Betroffene später allergisches Asthma entwickeln.

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