Trigeminusneuralgie: Ursachen, Symptome und Therapie
Eine Trigeminusneuralgie ist ein plötzlich einschießender, starker Gesichtsschmerz im Bereich der Stirn, der Wangen oder des Kinns. Er tritt meist einseitig auf und kann die Lebensqualität erheblich mindern. Wie werden die Schmerzattacken behandelt?
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Kurzübersicht
Was ist eine Trigeminusneuralgie? Eine Form des Gesichtsschmerzes, bei der die Schmerzen blitzartig auftreten.
Ursachen: Meistens drückt ein Gefäß auf den Nerv oder es liegt eine Grunderkrankung wie Gefäßfehlbildungen, Tumore, Schlaganfälle oder Multiple Sklerose vor.
Behandlung: Starke Schmerzmittel wie Antikonvulsiva oder Antiepileptika oder operative Zerstörung des betroffenen Nervs.
Artikelinhalte im Überblick:
Was ist eine Trigeminusneuralgie?
Eine Trigeminusneuralgie ist eine Form des Gesichtsschmerzes. Sie hat ihren Namen vom Nervus trigeminus, dem fünften von zwölf Hirnnerven. Dieser teilt sich in seinem Verlauf in drei Trigeminusäste auf (trigeminus ist lateinisch für Drilling):
Nervus ophtalmicus, 1. Ast: zuständig für Augen, Augenbrauen, Nase, Stirn und vorderen Teil des Kopfes
Nervus maxillaris, 2. Ast: Versorgungsgebiet sind Kinn, Oberlippe, Zähne und Zahnfleisch im Oberkiefer, unteres Augenlid
Nervus mandibularis, 3. Ast: Unterlippe, Zähne und Zahnfleisch im Unterkiefer, Zunge, Haut vor dem Ohr
Eigentlich harmlose Reize – wie Berührung, Essen, Sprechen, kalte Luft – lösen kurze, blitzartige Schmerzen aus, die von Betroffenen als sehr stark beschrieben werden. Meist treten sie nur auf einer Seite des Gesichts auf, in bis zu fünf Prozent der Fälle sind beide Seiten betroffen.
Meist tritt eine Trigeminusneuralgie erst nach dem 40. Lebensjahr auf. In Deutschland sind etwa 17 von 10.000 Personen von einer Trigeminusneuralgie betroffen.
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Ursachen einer Trigeminusneuralgie
Abhängig von ihrer Ursache unterscheiden Fachleute drei Formen:
klassische Trigeminusneuralgie: Ein benachbartes Blutgefäß drückt auf den Nerv und schädigt die Nervenhülle. Das führt zu "Kurzschlüssen" zwischen sensiblen Fasern (die beispielsweise Temperatur und Berührung wahrnehmen) und Fasern, die Schmerzsignale weiterleiten. Diese Form macht 80 bis 90 Prozent der Fälle aus.
sekundäre Trigeminusneuralgie: Diese tritt meist vor dem 40. Lebensjahr auf. Dabei wird die Schädigung der Nervenhülle durch eine andere Grunderkrankung ausgelöst, beispielsweise Gefäßfehlbildungen, Tumore, Schlaganfälle oder Multiple Sklerose.
idiopathische Trigeminusneuralgie: Sehr selten kann die Ursache weder im MRT noch mithilfe von elektrophysiologischen Tests gefunden werden.
Symptome: Wie äußert sich eine Trigeminusneuralgie?
Typisch ist ein plötzlich auftretender, sehr starker Schmerz in einer Gesichtshälfte. Meist sind Wange, Oberkiefer oder Kinn betroffen. Dieser Gesichtsschmerz wird oft als "elektroschockartig" oder blitzartig beschrieben und dauert zwischen wenigen Sekunden und zwei Minuten an. Manchmal treten diese Schmerzen ohne äußeren Anlass auf, oft gibt es jedoch typische Auslöser wie
- Essen,
- Trinken,
- Zähneputzen,
- Sprechen,
- Berührung bestimmter Triggerzonen im Gesicht oder
- Luftzug.
In schweren Fällen vermeiden Patient*innen die Aufnahme von Nahrung und Flüssigkeit, um keinen Schmerzanfall auszulösen. Tritt dieser doch auf, verkrampft sich währenddessen manchmal unwillkürlich die Gesichtsmuskulatur (Tic douloureux).
Die Anfälle können über Wochen und Monate hinweg mehrmals täglich auftreten, dann gibt es wieder Phasen ohne jegliche Beschwerden. Etwa die Hälfte der Betroffenen leidet jedoch unter begleitenden Dauerschmerzen in der betreffenden Gesichtsregion.
Diagnose bei Verdacht auf Trigeminusneuralgie
Die Diagnose wird meist im Rahmen eines ausführlichen Gesprächs (Anamnese) aufgrund der typischen Schmerzsymptomatik gestellt. Treten die Schmerzattacken vor dem 40. Lebensjahr oder beidseitig auf, kann dies ein Hinweis auf eine sekundäre Trigeminusneuralgie sein.
Im Rahmen einer körperlichen Untersuchung wird die Sensibilität (das Empfindungsvermögen) im Gesicht geprüft – Einschränkungen in diesem Bereich können ebenfalls auf eine sekundäre Trigeminusneuralgie hinweisen.
Mithilfe einer Magnetresonanztomografie (MRT) finden Ärzt*innen heraus, ob tatsächlich eine andere Grunderkrankung hinter der Trigeminusneuralgie steckt oder ein benachbartes Blutgefäß für die Schäden an der Nervenhülle verantwortlich ist. Bei diagnostischen Unsicherheiten wird manchmal die elektrische Aktivität des Nervs gemessen – auch hier zeigen sich vor allem bei der sekundären Trigeminusneuralgie auffällige Befunde.
Therapie: So wird eine Trigeminusneuralgie behandelt
Ziel der Behandlung einer Trigeminusneuralgie ist nach Möglichkeit die Schmerzfreiheit. Bei der sekundären Form muss dafür unter Umständen zunächst die zugrundeliegende Erkrankung (beispielweise ein Tumor) beseitigt werden.
Eine Behandlung mit klassischen Schmerzmitteln ist nicht erfolgversprechend, weil sie zu langsam wirken, um bei einer Schmerzattacke greifen zu können. Fachleute greifen daher auf Antikonvulsiva oder Antiepileptika zurück, Mittel der ersten Wahl ist hier Carbamazepin. Da die Wirkung bei einem Teil der Patient*innen im Laufe der Zeit nachlässt, kann alternativ (oder bei zu starken Nebenwirkungen) auch Oxcarbazepin eingesetzt werden.
Wenn die Therapie mit Medikamenten nicht (mehr) wirkt oder mit zu starken Nebenwirkungen einhergeht, kann auch eine Operation erforderlich sein. Als Goldstandard gilt hier die mikrovaskuläre Dekompression nach Jannetta, bei welcher der Kontakt zwischen Nerv und Blutgefäß durch ein kleines Stück eingebrachtes Teflonvlies unterbrochen wird. Bei Menschen mit einem höheren Operationsrisiko wird nicht am Hirn, sondern unter der Haut operiert: Bei diesem perkutanen Eingriff wird der Nerv mithilfe einer Nadel
- thermisch (Thermokoagulation),
- mechanisch (Ballonkompression)
- oder chemisch (Glyzerinrhizolyse) zerstört.
Eine nicht-invasive Methode ist die Bestrahlung und dadurch Zerstörung des Nervs mit einem sogenannten Gamma-Knife oder Cyber-Knife. Die Wirkung tritt erst nach einigen Wochen ein und hält nicht so lange an wie bei den anderen Verfahren.
Verlauf und Prognose bei einer Trigeminusneuralgie
Der Verlauf ist individuell sehr unterschiedlich, ein Drittel der Betroffenen hat nur eine einzige Schmerzepisode im Leben. Bei allen anderen können die Schmerzanfälle über Wochen und Monate hinweg mehrmals täglich auftreten und dann plötzlich monatelang ausbleiben.
In der Regel schreitet die Krankheit mit den Jahren voran, die Attacken werden also häufiger, die Abstände kürzer. In schweren Fällen kommen manchmal Depressionen und Ängste hinzu. Dank guter medikamentöser und operativer Behandlungsmöglichkeiten wird jedoch ein Großteil der Betroffenen langfristig beschwerdefrei.
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