Traurigkeit und Phasen der Trauer
Traurig ist jeder einmal. Meist gelingt es, das trübe Gefühl mit positiven Erlebnissen zu verscheuchen und die Grundstimmung wieder zu verbessern. Was aber, wenn das nicht klappt und die Traurigkeit bleibt?
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Traurigkeit oder Trauer ist wie Freude, Angst oder Wut ein normales Gefühl, das jeder Mensch kennt. Hin und wieder macht es sich im Alltag bemerkbar. Eine traurige Stimmung entsteht meist, wenn ein Mensch ein negatives oder schlimmes Erlebnis hat. Zum Beispiel einen Todesfall, einen Verlust im näheren sozialen Umfeld sowie berufliche Misserfolge oder private Enttäuschungen, etwa durch Zurückweisung. Auch hormonelle Schwankungen, wie im Rahmen des weiblichen Zyklus, können eine negative Grundstimmung fördern. Typisch für die "normale" Niedergeschlagenheit ist, dass das Gefühl nur vorübergehend besteht und mit der Zeit wieder nachlässt.
Im Überblick:
- Wie äußert sich Trauer?
- Phasen der Trauer
- Depression durch Trauer
- Ursachen von Traurigkeit
- Wann ärztliche Hilfe suchen?
- Was tun gegen Trauer?
Trauer begleitet von schmerzlichen Gefühlen
Trauer zählt zu den schmerzlichsten Erfahrungen, die ein Mensch machen kann. Dieser emotionale Zustand und eine ganz normale Reaktion auf einen schweren Verlust oder ein Unglück. Er geht oft einher mit Gefühlen der Niedergeschlagenheit und des Schmerzes. Betroffene ziehen sich außerdem oft zurück.
Der Tod eines geliebten oder nahestehenden Menschen ist ein Schicksalsschlag, der uns wie kaum ein anderes Ereignis im Leben aus der Bahn wirft und entsprechend verarbeitet werden muss. Eine bewusste Phase der Trauer ist dann vollkommen natürlich und für die Psyche auch wichtig und notwendig.
Phasen der Trauer: wichtige Trauerarbeit
Nur eine bewusste Trauerarbeit und das Zulassen von Trauer helfen letztendlich, den Schicksalsschlag auch psychisch zu verarbeiten. Grundsätzlich unterscheidet man vier verschiedene Phasen der Trauer:
In Phase 1 will der Betroffene den Verlust oder Schicksalsschlag nicht wahrhaben und fühlt sich wie erstarrt.
Phase 2 der Trauer ist gekennzeichnet von heftigen Gefühlsausbrüchen, zum Beispiel Zorn, Schmerz, Schuldgefühlen, der Suche nach einem Schuldigen oder Angst. Alkoholismus, Nikotin oder Tabletten sollen dann oft der Heftigkeit dieser schmerzhaften emotionalen Achterbahn Einhalt gewähren. Es können Schlafstörungen auftreten, die Anfälligkeit für Infektionskrankheiten steigt, ebenso die Unfallgefahr.
In Phase 3 drehen sich die Gedanken des Trauernden hartnäckig um den erlittenen Schicksalsschlag. Die Person sucht den Rückzug aus dem Alltag, um sich ganz dem eigenen Leid widmen zu können. Dabei kommt es häufig zur Verklärung der Vergangenheit. Die Realität holt den Trauernden schließlich ein und wird langsam akzeptiert.
In Phase 4 öffnet sich der Trauernde wieder der Welt, und geht mit ungewohnter Offenheit auf neue Menschen und Situationen zu. Trotzdem ist diese Phase von Widersprüchen geprägt. Auf der einen Seite soll das Leben nun intensiver und offener gestaltet werden. Andererseits plagen den Trauernden Ängste vor erneuten Enttäuschungen und den damit verbundenen Trauerzuständen.
Die Dauer der Trauerphase ist so individuell wie der trauernde Mensch selbst. Niemand kann vorhersagen, wie lange die Trauerbewältigung dauert. Der Schmerz und die damit verbundene Traurigkeit stellen sich häufig erst Monate später nach dem dramatischen Erlebnis ein. Ebenso können die einzelnen Trauerphasen immer wieder aufbrechen, wenn sie dann auch kürzer andauern. Bei plötzlichem oder gewaltsamem Tod beispielsweise dauert die Schockphase der Hinterbliebenen meist länger als in anderen Fällen.
Trauer kann Depression auslösen
Wenn die Traurigkeit über längere Zeit bestehen bleibt oder immer wieder ohne einen erkennbaren Anlass in bestimmten Abständen auftritt, ist das ein typisches Anzeichen für eine Depression. Betroffene fühlen sich dann meist nicht nur tieftraurig, sondern verlieren auch das Interesse an Dingen, die ihnen früher Spaß gemacht haben. Sie sind antriebslos, müde und ohne Energie. Diese negative Grundstimmung lässt sich auch nicht durch positive Einflüsse oder Tätigkeiten mildern oder vertreiben.
Falls Sie unter einer andauernden, lähmenden, traurigen Stimmung leiden, suchen Sie am besten rechtzeitig einen Arzt Ihres Vertrauens auf – möglichst, bevor eine depressive Störung Ihren Alltag und Ihre Lebensqualität zu stark beeinträchtigt. Depressionen sind heute gut behandelbar.
Ursachen von Traurigkeit sind vielfältig
Eine vorübergehende Traurigkeit ist normal und hat in der Regel keinen Krankheitswert. Sie kann viele Ursachen haben. Die meisten Menschen reagieren auf negative Ereignisse oder Schicksalsschläge mit dem Gefühl von Traurigkeit.
Beispiele sind:
Trennung vom Partner
Auszug der Kinder
Tod einer nahestehenden Person
Jobverlust
Umzug an einen anderen Wohnort und Verlust des sozialen Umfelds
Verlust von Freunden
Konflikte und Streit in Beruf und Familie
Mangelnde soziale und berufliche Anerkennung
unerfüllte Liebe
Daneben können schwerwiegende chronische Krankheiten, etwa Krebs, Multiple Sklerose oder ein Schlaganfall, eine anhaltende Traurigkeit, Niedergeschlagenheit und sogar eine Depression auslösen. Sie bedeuten meist einen tiefen Einschnitt in das Leben, nach dem nichts mehr so ist, wie es mal war.
Bei anhaltender Traurigkeit zum Arzt
Suchen Sie immer einen Arzt auf, wenn Sie ohne konkreten Grund über einen Zeitraum von zwei Wochen oder länger traurig sind und sich das Gefühl nicht durch positive Erlebnisse und aus eigener Kraft bessert. Nur ein Arzt kann feststellen, welche Ursachen der Traurigkeit zugrunde liegen, ob das Gefühl eine normale Reaktion auf belastende Ereignisse ist oder ob Sie unter einer behandlungsbedürftigen Depression leiden.
Traurig oder depressiv?
Das Arzt-Patienten-Gespräch, bei dem der Arzt einige Fragen zu den Beschwerden und der Krankengeschichte stellt (Anamnese), ist das wichtigste Instrument, um Hinweise zu bekommen, ob die Traurigeit auf eine mögliche depressive Störung hinweist.
Folgende Fragen könnte der Arzt stellen:
Seit wann besteht das Gefühl der Traurigkeit?
Können Sie einen Auslöser benennen, zum Beispiel Konflikte, eine Trennung oder einen Jobverlust?
Wie intensiv ist die Traurigkeit?
Sind Sie permanent oder nur in bestimmten Situationen traurig?
Wie verlief die Traurigkeit in den letzten Wochen: Hat sie sich gebessert oder verschlechtert?
Gibt es positive Erlebnisse und Tätigkeiten, welche die Traurigkeit lindern oder vertreiben?
Leiden Sie unter weiteren Symptomen, zum Beispiel Antriebslosigkeit, einem Gefühl von Wertlosigkeit, Interessensverlust, Niedergeschlagenheit, Müdigkeit, erhöhtem Schlafbedürfnis (auch am Tag) oder Konzentrationsstörungen?
Wird die Traurigkeit auch von euphorischen Phasen unterbrochen?
Gab es kürzlich oder in der Kindheit traumatische Erlebnisse?
Konsumieren Sie Alkohol und andere Drogen?
Leiden Sie unter einer schweren chronischen Krankheit, zum Beispiel Krebs, Multipler Sklerose oder einer chronischen Schmerzkrankheit?
Welche Medikamente nehmen Sie regelmäßig ein?
Es sollten in jedem Fall weitere Untersuchungen folgen, zum Beispiel eine Blutuntersuchung und/oder Computertomographie (CT) des Gehirns, um mögliche körperliche Ursachen, etwa eine Fehlfunktion der Schilddrüse, auszuschließen.
Was tun gegen Trauer und Traurigkeit?
Bei "normaler" Traurigkeit und seelischen Verstimmungen hellt häufig schon ein gutes, konstruktives Gespräch mit Freunden die trübe Stimmung auf. Den meisten Menschen geht es viel besser, wenn sie anderen mitteilen, was ihnen auf dem Herzen liegt. Für viele Menschen kann auch ein Austausch in speziellen Selbsthilfegruppen hilfreich sein.
Hilfreich ist es, wenn mit vertrauten Menschen gemeinsam Lösungen für das Problem erarbeitet werden, welches zu der traurigen Stimmung führt. Auch Ablenkung durch sportliche Betätigung wie Schwimmen, Wandern, Joggen oder ein Besuch im Fitnessstudio sind gut fürs Gemüt und können die dunklen Wolken bei normaler Traurigkeit vertreiben.
Trauernde unterstützen
Menschen, die nach dem Verlust einer nahestehenden Person in tiefer Trauer stecken, sollten unterstützt werden. Dennoch ist es wichtig, einen emotionalen Sicherheitsabstand zum Trauernden zu wahren. Das bedeutet: Mitgefühl zeigen, sich aber nicht selbst vom Trauerzustand einnehmen lassen.
Ratschläge wie "Gönnen Sie sich doch mal wieder was Gutes!" oder "Das wird schon wieder!", sollten unterlassen werden. Dem Trauernden die Trauer ausreden zu wollen, hemmt den Trauerprozess und dient meist nur der eigenen Entlastung. Trauernde sollten nicht unter dem Druck stehen, möglichst schnell wieder auf die Beine kommen zu müssen.
Wie in vielen anderen Lebensbereichen gilt auch in der Unterstützung der Trauernden: Taten sagen mehr als große Worte. Durch kleine Aufmerksamkeiten wie regelmäßige Anrufe oder Besuche werden Verbundenheit und Anteilnahme signalisiert. Ebenso sind Trauernde für die stumme Zuwendung oder bloße Anwesenheit einer Vertrauensperson dankbar. Auch Ratgeberbücher zu diesem Thema oder der Kontakt zu Menschen mit Trauererfahrung können im Trauerprozess unterstützend wirken.
Pflanzliche Mittel bei Traurigkeit
Bei Traurigkeit, leichten depressiven Verstimmungen und Niedergeschlagenheit können pflanzliche Mittel eingesetzt werden. Johanniskraut besitzt zum Beispiel einen stimmungsaufhellenden Effekt. Pflanzliche Mittel sollten aber nicht auf eigene Faust eingenommen, sondern mit dem Arzt abgesprochen werden, vor allem bezüglich der Dosierung. Auch pflanzliche Medikamente können Nebenwirkungen und Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten haben. Johanniskrautpräparate können beispielsweise die Wirksamkeit der Antibabypille und bestimmter Asthma-Medikamente herabsetzen.
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