Taube Fingerspitzen: Ursachen für Kribbeln in Fingern und Händen
Nach höchsten wissenschaftlichen Standards verfasst und von Expert*innen geprüftMissempfindungen in den Händen: Sind Gliedmaßen "eingeschlafen", kommt es zu dem typischen Taubheitsgefühl und Kribbeln. Treten Empfindungsstörungen wie taube Fingerspitzen häufiger auf, kann dies ein Hinweis für verschiedene Erkrankungen sein und sollte ärztlich abgeklärt werden.
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Ungünstige Schlafposition oder übermäßige Belastung: Ameisenlaufen, kribbelnde, brennende und taube Fingerspitzen treten bei vielen gelegentlich auf und sind zunächst unbedenklich. Kommen die Taubheitsgefühle öfter vor oder halten länger an, empfiehlt es sich, den Ursachen auf den Grund zu gehen.
Artikelübersicht:
- Taubheitsgefühle
- Ursachen tauber Finger
- Wann ist ärztliche Abklärung nötig?
- Diagnose
- Behandlung & Verlauf
Missempfindung: Wieso fühlen sich die Fingerspitzen taub an?
Taube Fingerspitzen und Kribbeln in den Händen gehören zu den Empfindungs- oder Sensibilitätsstörungen. Taubheitsgefühle werden fachsprachlich auch als Hypästhesie bezeichnet, Ursache ist in der Regel eine Nervenschädigung, etwa durch eine mangelnde Durchblutung, Druck oder eine Verletzung.
Äußern kann sich dies durch verschiedene Beschwerden, etwa:
- Berührungsunempfindlichkeit
- Ameisenlaufen
- Kribbeln
- Gefühl von vielen Nadeleinstichen
- Pelziges Gefühl der Haut
- Brennen
- Jucken
Taube Fingerspitzen: Welche Ursachen gibt es?
In den Händen und Fingern treten solche Missempfindungen häufig auf, wenn man sich nachts verlegen hat. Auch nach einer lang andauernden Belastung, etwa einer Fahrradtour oder einer schriftlichen Prüfung, wenn durch das Halten des Stifts ein Nerv abgeklemmt wurde, sind die Symptome möglich. In der Regel verschwindet das Gefühl der tauben Finger dann wieder nach einigen Tagen.
Halten die Taubheitsgefühle in den Fingern länger an, ist dies ein Hinweis auf eine andauernde Nervenschädigung (Neuropathie) oder eine Erkrankung. Sind mehrere Körperteile von den Empfindungsstörungen betroffen, sprechen Fachleute auch von einer Polyneuropathie (multiple Nervenschädigung), welche ebenfalls vielfältige Ursachen haben kann.
Mögliche Ursachen für taube Hände und Finger sind:
Muskuläre Verspannungen der Halswirbelsäule, Schultern und Nacken
Bandscheibenvorfall in der Hals-Nacken-Region
Ischämie (Durchblutungsstörungen etwa durch einen Schlaganfall, Thrombose oder das Raynaud-Syndrom)
Nervenerkrankungen wie Multiple Sklerose und Guillain-Barré-Syndrom
Infektionskrankheiten wie HIV und Borreliose
Stoffwechselerkrankungen wie Diabetes mellitus
Vergiftungen
Nervenschädigung durch Medikamente, Drogen- und Alkoholmissbrauch
Tumor- und Krebserkrankungen sowie die Behandlung mit Chemo- oder Strahlentherapie
Kribbeln in Daumen, Zeige- und Mittelfinger: Karpaltunnelsyndrom als Auslöser
Das Karpaltunnelsyndrom ist eine besonders häufige Ursache für kribbelnde Finger, dabei sind meist zunächst die ersten drei Finger der Hand betroffen: Taube Fingerspitzen kommen dann vor allem in Daumen, Zeige- und Mittelfinger vor. Neben dem Kribbeln zeichnet sich das Karpaltunnelsyndrom auch durch Schmerzen nach Belastung aus. Nachts kann die Empfindungsstörung als besonders belastend empfunden werden. Im Verlauf können die Schmerzen stärker werden und sich ausbreiten, dann sind die ganze Hand, das Handgelenk sowie der Arm, die Schulter und der Nacken betroffen.
Ursache ist der eingeklemmte Mittelhand-Nerv (Medianus-Nerv), welcher durch den sogenannten Karpaltunnel verläuft, der aus Knochen und Bindegewebe besteht. Durch eine Schwellung des umliegenden Gewebes kommt es zur Einengung des Nervs. Auslöser sind unter anderem eine Über- und Fehlbelastung des Gelenks.
Taube Fingerspitzen: Wann ist ärztliche Abklärung notwendig?
In vielen Fällen sind taube Fingerspitzen harmlos, das Kribbeln klingt schnell von alleine wieder ab. Halten die Beschwerden länger an, verschlimmern sie sich oder treten sie akut und sehr heftig auf, ist ärztliche Hilfe einzuholen. Bei zusätzlicher Lähmung sollte der Notruf gewählt werden: Es besteht Verdacht auf einen Schlaganfall.
Diagnose: Welche Untersuchungen werden bei tauben Fingern durchgeführt?
Erste Anlaufstelle bei tauben Fingerspitzen und Kribbeln der Hände kann die hausärztliche Praxis sein, bei Verdacht auf eine Erkrankung der Nerven kann dann an ein*e Neurolog*in weiter verwiesen werden. Liegt die Ursache in einer Erkrankung des Bewegungsapparates, kann ein*e Orthopäd*in weitere Untersuchungen durchführen und eine passende Behandlungsmethode finden.
Zu Beginn der Diagnosestellung werden in einem Anamnesegespräch zumeist Vorerkrankungen wie Diabetes mellitus erfragt. Zudem ist relevant:
wie lange die Beschwerden schon bestehen,
ob das Kribbeln isoliert in Händen und Fingern vorkommt oder auch andere Körperteile betroffen sind,
ob sich die Beschwerden nachts oder nach Belastung verschlimmern,
ob neben Taubheit und Kribbeln weitere Symptome auftreten.
Auch die berufliche Tätigkeit, Ernährungsweise (mögliche Mangelerscheinungen) oder akuter Stress sind für die Diagnose wichtige Anhaltspunkte.
Zudem ist eine körperliche Untersuchung nötig, etwa um neurologische Reflexe zu testen und motorische oder sensorische Defizite festzustellen.
Weitere Untersuchungsmethoden bei Taubheitsgefühlen in den Fingern:
Blutuntersuchung: Mithilfe einer Laboruntersuchung des Blutes können mögliche Infektionskrankheiten oder Mangelerscheinung festgestellt oder ausgeschlossen werden.
Bildgebende Verfahren wie MRT und CT: Mittels bildgebender Verfahren können Erkrankungen der Gelenke und Wirbelsäule, etwa ein Bandscheibenvorfall, sichtbar gemacht werden. Auch Tumoren können bei der Magnetresonanztomografie (MRT) oder Computertomografie (CT) gefunden werden.
Um Nervenschädigungen und demyelinisierende Erkrankungen wie das Guillain-Barré-Syndrom oder Multiple Sklerose festzustellen, kann eine Messung der Nervenleitgeschwindigkeit mittels Elektroneurografie sinnvoll sein. Bei beiden Erkrankungen wird eine Isolationsschicht, die die Nervenbahnen umgibt, abgebaut. Dieser Prozess wird auch als Demyelinisierung bezeichnet. Als Folge können Nervenimpulse nicht mehr so schnell an andere Zellen weitergegeben werden, die Nervenleitgeschwindigkeit ist dann entsprechend reduziert. Auch zur Diagnose des Karpaltunnelsyndroms kann diese Messung sinnvoll sein, um Schäden des Median-Nervs zu prüfen: Im Verlauf der Erkrankung kann der Nerv immer weiter Schaden annehmen, wodurch die Weiterleitung von Reizen gestört wird.
Taube Finger: Behandlung und Verlauf
Die Behandlung tauber Finger richtet sich nach der Ursache für die Missempfindungen. Ist Diabetes mellitus der Grund, sollten beispielsweise die Zuckerwerte richtig eingestellt und stets kontrolliert werden, um ein Fortschreiten der Nervenschädigung zu verhindern.
Bei einem Karpaltunnelsyndrom wird die betroffene Hand in der Regel mit einer Schiene ruhig gestellt, um das Gelenk zu entlassen. Auch werden entzündungshemmende Medikamente wie Kortison verschrieben. Manchmal wird zur Entlastung des Nervs eine Operation notwendig.
Prognose und Verlauf bei tauben Fingern sind abhängig von der zugrundeliegenden Ursache, allerdings gilt: Je früher die Behandlung einsetzt und der Nerv entlastet wird, desto wahrscheinlicher ist es, diesen vor weiteren Schädigungen zu bewahren und das lästige Kribbeln loszuwerden.
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