Schwankschwindel: Ursachen und Behandlung
Betroffene mit Schwankschwindel können meist nicht unterscheiden, ob die Umgebung schwankt oder sie selbst. Ursachen können Muskelverspannungen sein, meist ist der Schwindel aber psychisch bedingt (phobischer Schwankschwindel). Erfahren Sie, wie sich die Schwindelform erkennen lässt und was Sie dagegen tun können.
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Das Symptom Schwindel beschreibt eine Störung des Gleichgewichtssinns und ist nach Kopfschmerzen das zweithäufigste Leitsymptom überhaupt. Mediziner unterscheiden zwischen verschiedenen Schwindelformen. Zu den häufigsten zählen neben dem Schwankschwindel auch der Lagerungsschwindel und Drehschwindel.
Artikelinhalte auf einen Blick:
Was ist Schwankschwindel?
Beim Schwankschwindel verspüren Betroffene eine Benommenheit und haben den Eindruck, selbst zu schwanken oder sie nehmen ihre Umgebung als schwankend wahr – ähnlich wie auf einem Schiffsdeck bei starkem Wellengang. Sie können sich deshalb kaum auf den Beinen halten oder aufrecht stehen. Manchmal ist das Schwanken auch für andere von außen wahrnehmbar.
Betroffene berichten zudem von dem Gefühl, als würden sie auf Watte laufen. Das führt teilweise zu einer extremen Gangunsicherheit und Betroffene haben Angst, bei Schwindelanfällen den Boden unter den Füßen zu verlieren.
Ursachen: So entsteht Schwankschwindel
Die Ursachen von Schwankschwindel können entweder muskuläre Verspannungen oder psychogene Faktoren sein. Im zweiten Fall spricht man von phobischem Schwindel, hinter dem zum Beispiel eine Angststörung stecken kann.
Schwankschwindel durch Verspannungen
Vor allem der sogenannte zervikogene Schwindel, der von Problemen im Halswirbelsäulen-Bereich (HWS) ausgelöst wird, äußert sich häufig durch einen Schwankschwindel. Der Zusammenhang zwischen Schwindelerkrankungen und Funktionsstörungen der Halswirbelsäule wurde in der Medizin lange kontrovers diskutiert. Studien legen jedoch mittlerweile nahe, dass Blockierungen im HWS-Bereich durchaus eine Rolle spielen können, da die Beschwerden nach konservativ-orthopädischen Therapien oftmals nachlassen.
Ebenso können Verspannungen der mimischen Muskeln der Augenpartie Schwankschwindel verursachen. Vor allem eine falsche Brillenstärke, die dazu führt, dass ständig die Augen zusammengekniffen werden, um manuell mehr Sehschärfe zu erzielen als auch ein falsch eingestellter Brennpunkt oder Fokus der Brillengläser, der das Auge zum Schielen zwingt, sind hier zu nennen.
Entsteht das Schwankschwindelgefühl nicht in Ruhe, sondern zeigt sich beim Laufen – etwa durch einen Gleichgewichtsverlust mit dem Gefühl, seitlich wegzurutschen – können unter Umständen Verspannungen der unteren Muskulatur verantwortlich sein. Dann besteht häufig auch eine Gangunsicherheit mit einer Schiefhaltung des Körpers.
Was ist phobischer Schwankschwindel?
Hinter mehr als der Hälfte aller Schwindelformen stecken keine körperlichen, sondern psychische Ursachen. Auch beim Schwankschwindel sind psychische Auslöser denkbar. Die als psychogener oder phobischer Schwankschwindel sowie als Angstschwindel bezeichnete Gleichgewichtsstörung tritt bei Frauen vor allem zwischen dem 30. und 40. Lebensjahr, bei Männern zwischen dem 40. und 50. Lebensjahr auf.
In der Diagnostik fällt der phobische Schwankschwindel unter die Klassifikation persistierender postural-perzeptiver Schwindel (engl. Persistent Postural-Perceptual Dizziness, PPPD), was wörtlich übersetzt "anhaltendes Schwindelgefühl in aufrechter Körperhaltung" bedeutet.
Mögliche Ursachen sind beispielsweise:
- traumatische Erlebnisse (zum Beispiel Verlust eines geliebten Menschen)
- Stress am Arbeitsplatz
- eine unerfüllte Beziehung
Psychische Ursachen für den Schwindel
Bei über einen längeren Zeitraum anhaltenden Schwankschwindelanfällen können psychische Erkrankungen wie Depressionen der Grund für die Schwindelattacken sein. In den meisten Fällen steckt eine Panikstörung dahinter. Auch eine soziale Phobie sowie spezifischere Formen von Phobien wie die Angst vor großen Menschenansammlungen (Enochlophobie) oder Platzangst (Agoraphobie) können phobische Schwindelanfälle verursachen. Betroffene entwickeln in solchen Fällen unbewusst häufig Vermeidungsstrategien, um auslösende Reize und damit die Schwindelanfälle zu umgehen.
Beim psychogenen Schwankschwindel kann die Ursache für die eigentlichen Schwindelattacken allerdings – wie beim körperlich bedingten Schwankschwindel auch – in Verspannungen der Muskulatur liegen. Ist dies der Fall, sprechen Fachleute dennoch von Angstschwindel und zwar immer dann, wenn davon auszugehen ist, dass die Muskelverspannungen auf anhaltende, emotionale Belastungssituationen oder ernsthafte psychische Erkrankungen zurückzuführen sind.
Symptome von Schwankschwindel
Für Patienten mit Schwankschwindel aufgrund von Muskelverspannungen in oberen oder unteren Körperregionen sind folgende Symptome typisch:
- Schwindelgefühle und -attacken (das Gefühl, dass die Erde oder man selbst schwankt)
- plötzliches Benommenheitsgefühl
- Stand- und Gangunsicherheiten
- Nystagmus (rhythmisch unkontrollierbare Bewegung der Augen)
Zusätzlich sind beim psychogenen Schwindel je nach psychischer Ursache weitere Symptome denkbar:
- Schwitzen
- Herzrasen
- Atemnot bis hin zur Erstickungsangst
- Antriebs- und Konzentrationsstörungen
- Schlafstörungen
- Angst, insbesondere Fallangst
- Befürchtung, in Ohnmacht zu fallen
- Zittern
- Übelkeit und Erbrechen
Die erlebte Angst wird von Betroffenen meist als Folge des Schwindels vermutet. Im Normalfall ist es allerdings umgekehrt und die Angsterkrankung löst die Schwindelsymptome aus. Die Attacken können in bestimmten Situationen, zum Beispiel in großen Menschenmengen oder beim Autofahren, aber auch ganz plötzlich ohne ersichtlichen Grund auftreten.
Diagnose: So wird der Schwankschwindel festgestellt
Der wichtigste Schritt bei der Diagnose von Schwindel ist das Anamnese-Gespräch. In diesem werden bereits wichtige Informationen erfasst:
- Wie macht sich der Schwindel bemerkbar?
- Wie lange (Sekunden bis Stunden) hält der Schwindel an?
- In welchen Situationen tritt der Schwindel auf?
- Treten zusätzliche Symptome auf?
Beim Schwankschwindel berichten Betroffene meist von einem Gefühl drohender Ohnmacht durch Aufrichten oder Wenden des Kopfes nach hinten oder zur Seite.
Körperliche Untersuchung
Eine körperliche Untersuchung wird meist von dem*der Hausarzt*Hausärztin durchgeführt, gelegentlich erfolgt eine Überweisung zur HNO, Neurologie oder Kardiologie. Es werden beispielsweise der Blutdruck gemessen und neurologische Untersuchungen (zum Beispiel eine Reflexprüfung) durchgeführt.
Beim Schwankschwindel zeigen sich oft muskuläre Verspannungen im HWS-Bereich. Typisch ist zudem eine sogenannte "Schildkrötenhaltung": Hierzu kann es kommen, wenn Betroffene ihren Kopf aufgrund der einseitigen Muskelverspannung in eine Schieflage zwingen. Hält die Verspannung langfristig an, kompensiert der Körper diese Schieflage, indem auch die eigentlich gesunden Muskeln der Gegenseite angespannt und damit verkürzt werden. So sind beide Muskelpartien dann längenmäßig ausgeglichen und der Kopf wieder gerade ausgerichtet. Jedoch wird er komplett näher an die Schulterpartie herangezogen und erzeugt in dieser Schonhaltung weitere Verspannungen, was wiederum den Schwankschwindel verstärkt.
Meist erfolgt außerdem eine Untersuchung mittels "Frenzel-Brille", eine Art beleuchtetes Vergrößerungsglas, mit deren Hilfe unnormale Augenbewegungen (Nystagmus) festgestellt werden können. Rhythmisch unkontrollierbare Bewegungen der Augen sind bei einem auf körperliche Ursachen zurückzuführenden Schwindel zu erkennen, wohingegen sie beim Angstschwindel fehlen.
Diagnostik bei Verdacht auf psychische Ursachen
Beim phobischen Schwankschwindel ist eine eindeutige Diagnosestellung schwieriger, da Betroffene selbst häufig davon ausgehen, dass die Schwindelanfälle auf körperliche Ursachen zurückzuführen sind. So bleibt der wirkliche Auslöser in vielen Fällen zunächst unerkannt. Können bei der Untersuchung nicht die für den Schwankschwindel typischen körperlichen Ursachen gefunden werden, müssen weitere mögliche organische Ursachen ausgeschlossen werden. Dazu gehören unter anderem Durchblutungsstörungen im Bereich des Hirnstamms, Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder Polyneuropathie, eine Erkrankung des peripheren Nervensystems.
Eine Untersuchungsmöglichkeit bei Angstschwindel ist die Posturographie (Gleichgewichtsanalyse), bei der durch einen*einen Neurolog*in ermittelt wird, ob die Gleichgewichtsregulation normal funktioniert. Beim phobischen Schwankschwindel ist dabei ein typisches Muster zu erkennen: Im normalen Stand ist ein erhöhtes Schwanken zu beobachten. Je schwieriger die Übungen sind, unter denen Patient*innen versuchen sollen, die Balance zu halten, umso besser können sie in der Regel ihr Gleichgewicht koordinieren.
Was tun bei Schwankschwindel?
Die Behandlung zielt bei Schwankschwindel immer darauf ab, nicht das Symptom, sondern dessen Ursache zu therapieren, weshalb verschiedene Behandlungsmethoden infrage kommen. Bei Verspannungen wird versucht, diese beispielsweise durch Physiotherapie oder Wärmeanwendungen zu lösen. Beim phobischen Schwindel werden in erster Linie psychotherapeutische Maßnahmen eingesetzt.
Therapie bei Schwankschwindel durch Verspannungen
Bei Schwankschwindel mit körperlicher Ursache ist der Ort der Verspannung maßgeblich. Erst wenn die Region der Muskelverspannung gefunden wurde, können die Verhärtungen mittels Physiotherapie und Wärme gezielt gelöst werden.
Entstehen Verspannungen durch eine orthopädische Fehlstellung kann mittels Einlagen in den Schuhen eine Korrektur der Körperhaltung vorgenommen werden. Physiotherapie und Krafttraining stärken die Stützmuskulatur und sollen haltungsbedingte Schäden verhindern. Eine begleitende Therapie mit einem leichten Muskelrelaxans und Schmerzmitteln ist ebenso möglich.
Sind verspannte Muskeln im Bereich der Augen die Ursache für den Schwankschwindel, wird das Sehvermögen überprüft und gegebenenfalls eine Sehhilfe verschrieben beziehungsweise die Brillen- oder Kontaktlinsenstärke angepasst.
Was tun gegen phobischen Schwankschwindel?
Beim phobischen Schwankschwindel können psychotherapeutische Maßnahmen wie eine Verhaltenstherapie und eine Aufklärung über die Ursachen der Schwindelattacken zu einer Verbesserung führen. In schweren Fällen wird eine Behandlung mit angstlösenden Medikamenten, Serotonin-Wiederaufnahme-Hemmern (SSRI), empfohlen.
Hilfreich können bei dieser Form des Schwindels auch ein Gleichgewichtstraining sowie das Führen eines Gleichgewichtstagebuches sein. Beim Gleichgewichtstraining setzen sich Betroffene unter Anleitung gezielt den schwindelauslösenden Situationen aus, um das Vertrauen in den eigenen Gleichgewichtssinn wiederzuerlangen und den Angstschwindel so schneller zu besiegen.
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