Onanieren: Warum Masturbation so wichtig ist
Wie funktioniert Onanieren, ist es gesund, ist die Selbstbefriedigung nur wichtig für Singles oder auch in der Partnerschaft? Lifeline beantwortet die wichtigsten Fragen rund ums Thema Masturbation.
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Wahrscheinlich handelt es sich bei Selbstbefriedigung (Onanie/Masturbation) um eines der letzten Tabu-Themen in Sachen Sex. Bekenntnisse wie "Ich mags etwas härter" oder "Ein Dreier ist für mich der ideale Sex" kommen zwar vielen Deutschen bereits recht locker über die Lippen. Doch "Ich machs mir regelmäßig selbst" ist dagegen eigentlich nie zu hören.
Im Überblick:
- Masturbationsmythen
- Masturbation als Orgasmustraining
- Selbstbefriedigung bei Frauen
- Selbstbefriedigung beim Mann
- Wie gesund ist Masturbation?
- Einfluss auf das Sexleben
- Sucht: Wie oft darf man Masturbieren?
- Onanieren in der Partnerschaft
- Ist krank masturbieren gefährlich?
Masturbationsmythen: Vom Onanieren bekommt man Pickel und TBC
Vermutlich liegt das immer noch daran, dass Selbstbefriedigung bis ins späte 19. Jahrhundert hinein als Unzucht galt. Die Folgen der "Selbstbeschmutzung" wurden von der Kirche und der Wissenschaft als fürchterlich beschrieben, sie reichten von Pickel bis zu Erblindung, Gehirnerweichung, Pocken und Tuberkulose (TBC).
Die Entdeckung der Bakterien und Viren befreite zwar die Masturbation vom Verdacht, krank zu machen. Die Überzeugung, dass sie zu unreiner Haut führt, hielt sich jedoch lange – und zwar bis in die 1980er Jahre.
Onanieren ist ganz natürlich, normal und gesund
Dabei ist Selbstbefriedigung eine ganz natürliche Sache. Zahlreiche Tierarten masturbieren, etwa Affen, Hunde, Bären und sogar Vögel – Männchen und Weibchen. Auf diese Weise, so interpretieren Biologen, wird die Fruchtbarkeit befördert. Die Selbstbefriedigung ist also eine Art Sex-Training.
Auch für den Menschen ist Masturbation eine wichtige Facette des Liebeslebens. Allerdings nicht nur als Training für den Sex zu zweit, um jederzeit fit für die Fortpflanzung zu sein. Entspannung ist die wichtigste Motivation zur Selbstbefriedigung. Laut einer Bonner Studie onanieren rund 90 Prozent aller Männer und 86 Prozent der Frauen regelmäßig.
Dabei legen nicht nur Singles Hand an sich selbst, sondern auch Menschen, die in einer Partnerschaft leben. Eine Hamburger Studie unter Studenten hat zusätzlich zutage gefördert, dass immer mehr Frauen onanieren. Ihre Zahl hat sich demnach in den letzten 30 Jahren um rund 20 Prozent erhöht.
Masturbation: Solo-Sex mit Orgasmusgarantie
Überraschend ist dieses Ergebnis nicht. Untersuchungen zeigen, dass vor allem junge Frauen eher mit Masturbation einen Orgasmus erreichen als beim Geschlechtsverkehr, weil bei Letzterem die Klitoris kaum stimuliert wird.
Fest steht auch, dass Selbstbefriedigung für Mann und Frau meist mit Sicherheit zum Höhepunkt führt. Die Erklärung ist einfach: Jeder weiß von sich selbst, was ihm am besten gefällt, was ihn besonders erregt, im Zusammenspiel von Gedanken und Vorstellungen sowie körperlicher Selbststimulation. Ohne Leistungsdruck, ohne die Erwartungen von einem Partner oder einer Partnerin lässt sich Sex in seiner einfachsten Form genießen.
Wie funktioniert Selbstbefriedigung bei Frauen?
Manchmal reicht bereits die Vorstellung einer bestimmten Situation, das Betrachten von Bildern oder vor allem eines Pornos, um erregt zu werden. Dieses Kopfkino spielt bei der Masturbation für Frauen und Männer eine sehr große Rolle. Um zum Höhepunkt zu kommen, stimuliert die Frau ihre Vulva und vor allem den Kitzler (Klitoris). Viele benutzen zusätzlich Sexspielzeug wie einen Dildo oder Vibrator, um den Reiz zu erhöhen und in der Vagina den Penis zu imitieren. Beliebt ist auch Selbstbefriedigung mit der Dusche, Reiten auf einem zusammengerolltem Handtuch und ähnliches.
Masturbation beim Mann: Risiko autoerotischer Unfall
Männer dagegen befriedigen sich meist mit der Hand. Wer besonders gelenkig ist, schafft sogar, sich selbst oral zu befriedigen (Autofellatio). Feste, röhrenförmige Gegenstände als Vaginaersatz benutzen dagegen wenige. Denn die Verletzungsgefahr der Masturbationshilfen aus dem heimischen Werkzeugschrank oder der Putzkammer kann hoch sein, es droht etwa ein Penisbruch, bei dem die Schwellkörper im Glied reißen.
Rund 100 Männer sollen bei riskanten Techniken zur Selbstbefriedigung jährlich in Deutschland sogar ums Leben kommen. Ursache für den autoerotischen Unfall, so der Fachbegriff aus der Rechtsmedizin, sind einschnürende Techniken, Selbststrangulation sowie massive Darm- und Penisverletzungen.
Wie gesund ist Masturbation?
Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, ob onanieren tatsächlich so gesund ist, wie es einschlägige Medien gern behaupten. Tatsache ist, dass die Anzahl von autoerotischen Unfällen verschwindend gering ist im Vergleich zu den vielen Millionen Männern und Frauen, die sich auf diese Weise entspannen. Studien, wie hoch der gesundheitliche Nutzen der Selbstbefriedigung ist, gibt es wenige und manchmal auch widersprüchliche.
So hat eine Untersuchung etwa ergeben, dass Masturbation das Risiko für Prostatakrebs senkt. Eine andere Studie kam nicht zu diesem Ergebnis. Demnach hat Onanieren überhaupt keinen Einfluss auf das Krebsrisiko, dafür aber eine ganze Reihe von anderen, positiven Wirkungen auf die Gesundheit. So kann Masturbation...
den Kreislauf aktivieren
das Herz trainieren
sowohl Gehirn wie auch Muskeln entspannen
Stress abbauen
glücklich machen: Die beim Orgasmus freigesetzten Hormone Endorphin und Oxytocin sind echte Glücksbringer, machen ausgeglichen und friedfertig.
die Produktion von Sexualhormonen in Gang bringen: Männer bilden beim Onanieren mehr Testosteron, Frauen mehr Östrogen. Die Geschlechtshormone halten jung und fit, sind gut für die Schönheit.
Schmerzen beseitigen: Kopfschmerzen oder Krämpfe bei der Periode können durch Selbstbefriedigung abnehmen.
für gesunde Spermien sorgen: Werden die Nebenhoden durch Masturbation regelmäßig geleert, steigt die Spermienqualität.
die Beckenbodenmuskeln stärken: Das verbessert nicht nur die Orgasmusfähigkeit, sondern beugt auch Harninkontinenz vor.
Wie wichtig ist Selbstbefriedigung für ein erfülltes Sexleben?
Wer durch Selbstbefriedigung lernt, was für seinen Körper gut ist und wie er beim Sex auf bestimmte Reize reagiert, wird am Sex mit dem Partner oder der Partnerin mehr Spaß haben. Zu frühes oder zu spätes Kommen lässt sich dann nach je Wunsch vermeiden, der Orgasmus kann herausgezögert und genauer gesteuert werden.
Wie oft darf man/sollte man onanieren?
Starre Regeln gibt es dabei nicht. Manche befriedigen sich täglich einmal kurz, andere einmal pro Woche oder noch seltener. Um den besten gesundheitlichen Nutzen daraus zu bekommen, sind etwa zweimal pro Woche ideal. Allerdings gilt auch hier: Betreiben Sie Masturbation nicht wie Sport, setzen Sie sich nicht unter Druck, sonst treten die erwünschten positiven Wirkungen sowieso nicht ein.
Was ist mit zwanghaftem Onanieren?
Meist merkt es der Betroffene selbst, wenn die Frequenz der Selbstbefriedigung zu hoch wird. Wer ständig daran denkt, onanieren zu müssen und sich tagtäglich mehrmals selbst befriedigt, kann davon ausgehen, dass es sich um zwanghaftes Onanieren handelt. Weitere Anzeichen:
schlechtes Gewissen wegen des häufigen Onanierens
Termine nicht wahrgenommen, lieber masturbiert
Selbstbefriedigung bestimmt den Tagesplan.
Zugrunde liegt meist eine Sexsucht. Untersuchungen zeigen, dass Sexsüchtige zusätzlich zum Geschlechtsverkehr mit Partnern oder Partnerinnen zwanghaft masturbieren. Anders als Menschen, die nur gelegentlich onanieren, benutzen sie dabei häufig Gegenstände. Fast jeder zweite Mann und jede dritte Frau unter denjenigen, die zwanghaft masturbieren, haben sich dabei schon mal verletzt.
Onanieren und Partnerschaft – passt das zusammen?
Eines schließt das andere nicht aus. Wenn sich beide Partner gegenseitig das Gefühl geben, geliebt und geschätzt zu werden, sollte es überhaupt kein Problem darstellen, wenn zusätzlich hin und wieder masturbiert wird. Eifersucht kommt nämlich erst dann auf, wenn kein Vertrauen vorhanden ist und Unsicherheit besteht.
Dabei spielt Selbstbefriedigung eine ganze andere Rolle als Sex mit einem Partner. Onanieren heißt schnelle Entspannung, die Aufmerksamkeit liegt nur auf dem eigenen Empfinden. Sex mit einem Partner dagegen ist immer ein Geben und Nehmen, ein sich auf den anderen einstellen. Und es dauert dadurch meist länger, bis der Orgasmus kommt.
Selbstbefriedigung nach virtueller Anleitung: Cybersex in Fernbeziehungen
Manche Paare bauen Masturbation auch in ihr Liebesspiel ein, zeigen dem anderen damit, worauf man besonders heftig reagiert. Ist ein Paar örtlich getrennt, kann Masturbation eine wichtige Rolle spielen: Zum virtuellen Sex kann es etwa gehören, sich per Videotelefonie nach Anleitung des anderen selbst zu befriedigen.
Dürfen Kranke onanieren?
Viele Menschen, die chronisch krank oder hochbetagt sind, leben alleine. Trotz ihrer gesundheitlichen Beeinträchtigungen haben manche ein Bedürfnis nach Sexualität. Für sie ist Onanieren ein wichtiges Ventil für Entspannung und Wohlbefinden. Unter gesundheitlichen Aspekten ist die Selbstbefriedigung sogar empfehlenswert, selbst Herzkranke profitieren. Zwar aktiviert der Orgasmus Herz und Kreislauf. Die Belastung bei der Masturbation ist jedoch selbst auf dem Höhepunkt der Lust kaum größer als bei einem kleinen Spaziergang oder Treppensteigen.