Beckenbodentraining – Übungen und Tipps für Mann und Frau
Gezieltes Beckenbodentraining kräftigt die Beckenbodenmuskeln und hilft so bei Blasenschwäche und anderen Problemen mit dem Beckenboden. Welche Übungen geeignet sind und was man im Alltag für eine starke Beckenbodenmuskulatur tun kann.
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Artikelinhalte im Überblick:
Was ist der Beckenboden?
Der Beckenboden ist einer der wichtigsten Muskeln im Körper:
- Er sorgt für eine aufrechte Körperhaltung,
- stärkt den Rücken,
- trägt das Gewicht der inneren Organe im Bauch und
- sorgt für eine kontrollierte Entleerung von Blase und Darm.
Der Beckenboden besteht aus einer dreischichtigen Muskelplatte (Musculus pubococcygeus, PC-Muskel), die an Schambein und Steißbein befestigt ist. Durchbrochen wird sie von den Öffnungen für Blase und Darm, bei Frauen zusätzlich für die Vagina.
Ist der Beckenboden geschwächt, kann das zu gesundheitlichen Problemen führen. Mit gezieltem Beckenbodentraining lässt sich der Muskel trainieren.
Beckenbodenmuskulatur finden
Am einfachsten lässt sich die Beckenbodenmuskulatur finden, wenn man auf der Toilette während des Wasserlassens kurz den Urinstrahl unterbricht. Frauen haben eine weitere Möglichkeit, den Beckenbodenmuskel zu finden: Einen Finger in die Vagina einführen und die Muskeln fest anspannen, als wollte man den Finger zusammendrücken. Dabei gleichmäßig einatmen und ausatmen.
Gelingt beides nicht oder kaum, ist das ein Zeichen für die Notwendigkeit von Beckenbodentraining.
Einfaches Beckenbodentraining für jeden Tag
Grundsätzlich besteht Beckenbodentraining daraus, die Muskulatur abwechselnd anzuspannen und wieder loszulassen. Geeignet sind die Übungen auch für Männer. Einige davon können überall durchgeführt werden – beim Warten auf den Bus, am Schreibtisch im Büro, beim Spaziergang oder abends beim Fernsehen.
Übungen für den Alltag:
Beckenboden anspannen und loslassen: Diese einfache und unkomplizierte Beckenbodenübung lässt sich unauffällig durchführen lässt. Die Beckenbodenmuskulatur drei Sekunden lang zusammenziehen und wieder loslassen. Diesen Vorgang zehnmal wiederholen, am besten dreimal täglich. Am Ende der Übung die Muskelschicht ganz bewusst entspannen.
Aufzugübung für Fortgeschrittene: Dazu stellt man sich einen Aufzug im Unterbauch vor, der hoch- und runterfährt. Die Muskeln anspannen und so den imaginären Fahrstuhl Stockwerk für Stockwerk nach oben bis in den vierten Stock ziehen, dann langsam wieder nach unten fahren. Am Ende der Übung die Muskulatur kurz entspannen, bevor es weitergeht. Auch diese Beckenbodenübung jeweils zehnmal wiederholen und dreimal täglich durchführen.
Bein heben: Aufrecht hinstellen, die Füße im schulterbreiten Abstand platzieren und die Arme waagerecht ausstrecken. Zunächst das rechte Bein gebeugt Richtung Brust ziehen. Die Position für ein paar Sekunden halten, dann die Seite wechseln. Bleibt das Standbein leicht gebeugt, lässt sich das Gleichgewicht besser halten.
Während der Anspannung der Beckenbodenmuskeln sollte man gleichmäßig atmen. Außerdem kann es hilfreich sein, vor dem Training die Blase zu entleeren.
Beckenbodentraining in den Wechseljahren
Durch den plötzlichen Mangel am muskelaufbauenden Hormon Östrogen treten Beckenbodenprobleme häufig in und nach den Wechseljahren auf. Hierbei kann ein regelmäßiges Beckenbodentraining helfen. Außerdem können die Übungen die Durchblutung in der Vagina fördern und damit auch gegen Scheidentrockenheit helfen.
Weitere Möglichkeiten zum Beckenbodentraing
Beckenbodengymnastik: Unter fachkundiger Anleitung lernt man geeignete Übungen, die später auch zu Hause gemacht werden können. Kurse für Beckenbodengymnastik werden meist von physiotherapeutischen Praxen angeboten und sind bei nachgewiesener Beckenbodenschwäche oft sogar erstattungsfähig.
Liebeskugeln: Sie bestehen aus zwei Kugeln, die miteinander verbunden sind. Beide Kugeln werden nacheinander in die Vagina eingeführt, wo sie bei jeder Bewegung leicht schwingen und die Vaginalmuskeln trainieren. An einem kleinen Bändchen können sie wieder herausgezogen werden.
Vaginalkonen: Die kleinen konusförmigen Gewichte werden in die Vagina eingeführt. Dort sollen sie von der Beckenbodenmuskulatur festgehalten und vor dem Herausrutschen bewahrt werden. Vaginalkonen sind meist im Set mit unterschiedlichen Gewichten erhältlich, wobei man mit dem leichtesten beginnen sollte. Kann man dieses problemlos eine Minute in der Vagina behalten, sollte zum nächst schwereren gewechselt werden.
Beckenbodenschwäche: Wenn der PC-Muskel nicht mehr hält
Ist die Beckenbodenmuskulatur nicht stark genug, kann sie ihre Aufgaben nicht erfüllen. Häufig beginnt es mit einer leichten, vorübergehenden Blasenschwäche: Die Blase tröpfelt beispielsweise beim Husten oder Niesen (Stressinkontinenz). Im fortgeschrittenen Stadium können Harninkontinenz und Stuhlinkontinenz auftreten, sowie schwerwiegende Probleme wie eine Blasensenkung oder Gebärmuttervorfall (Prolaps).
Ursachen von Beckenbodenschwäche
Verstopfung, starkes Pressen beim Stuhlgang
Husten, starke Bronchitis
falsches Heben, häufiges Heben von schweren Gegenständen
Stress und permanente Anspannung im Beckenboden
Bindegewebsschwäche
Schwangerschaft und Geburt sowie falsches Heben und Tragen des Kindes
Hormonumstellung in den Wechseljahren (Östrogenmangel)
Operationen an der Prostata
Beckenbodenschwäche betrifft auch Männer
Bei Männern zeigt sich ein geschwächter Beckenboden in Form von Prostataproblemen mit
- häufigem Harndrang,
- Harninkontinenz,
- Erektionsstörungen und
- Potenzschwierigkeiten.
Die beschriebenen Übungen zum Beckenbodentraining eignen sich auch für den Mann. Hilfreich ist es sich vorzustellen, dass er den Penis sanft in das Becken hineinzieht und wieder loslässt. Bei fortgeschrittener Technik lässt sich die Kegelübung gezielt dazu einsetzen, einen vorzeitigen Samenerguss zu vermeiden.
Beckenboden: Tipps für den Alltag
Heben: Jedes Mal, wenn man etwas Schweres anhebt, wird auf die Beckenbodenmuskulatur enormer Druck ausgeübt. Damit sie diesem besser standhält, sollte der Beckenboden vor dem Heben gezielt angespannt werden. Schwere Gegenstände sollten immer nahe am Körper mit geradem Rücken und aus der Kraft der Oberschenkel heraus angehoben werden.
Husten und Niesen: Dabei entsteht eine große Spannung im Unterbauch, weshalb es leicht zum Harnverlust kommen kann. Um dem entgegenzuwirken, hilft ein einfacher Trick: Den Oberkörper beim Husten und Niesen leicht zur Seite ziehen und über die Schulter husten. Das nimmt die Spannung aus dem Unterbauch und schont die Beckenbodenmuskulatur.
Beckenboden entspannen: Nervosität, Aufregung und Stress im Berufsleben führen dazu, dass der Beckenboden permanent angespannt wird. Die Folge sind jedoch Verspannungen und Krämpfe.
Sport: Sportarten, bei denen man viel springt, stellen tendenziell eine Belastung für den Beckenboden dar. Dazu zählen Trampolinspringen, Joggen, Tennis, Volleyball und Aerobic. Auf der anderen Seite trainieren Sportarten wie Yoga, Pilates, Schwimmen und Reiten den Beckenboden und helfen ihn zu stärken.
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