Krämpfe: Wann sie auftreten und was dagegen hilft
Nach höchsten wissenschaftlichen Standards verfasst und von Expert*innen geprüftFast jeder kennt es, wenn man durch einen stechenden Wadenkrampf aus dem Schlaf gerissen wird. Treten Krämpfe in Armen oder Beinen nur gelegentlich auf, ist das kein Grund zur Sorge. Häufige Krämpfe sollten allerdings abgeklärt werden. Was können die Ursachen sein und was hilft gegen Krämpfe?
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Artikelinhalte im Überblick:
Was sind Krämpfe?
Ein Krampf ist ein unwillkürliches, heftiges und meist schmerzhaftes Zusammenziehen der Muskeln. Der medizinische Fachausdruck dafür ist Spasmus. Krämpfe können in allen Muskeln des Körpers auftreten, sie können ganze Muskelgruppen betreffen oder nur an einem einzelnen Muskel entstehen, wie zum Beispiel bei Wadenkrämpfen. Auch die Muskulatur von Organen kann Krämpfe auslösen.
Es gibt verschiedene Arten von Muskelkrämpfen. Nächtliche Krämpfe in den Beinen sind am häufigsten. Sie sind zwar unangenehm und schmerzhaft, aber meistens harmlos. Ein Krampf kann aber auch Anzeichen für eine Mangelerscheinung oder eine Erkrankung sein.
Medizinisch werden Krämpfe wie folgt unterschieden:
Klonischer Krampf: kurzes, rasch aufeinander folgendes Zusammenziehen der Muskeln
Tonischer Krampf: länger anhaltende Muskelkontraktion
Klonisch-tonischer Krampf: eine Mischform beider Krampfarten, die vor allem bei Epilepsie vorkommt
Wie oft kommen Muskelkrämpfe vor und wer ist betroffen?
Muskelkrämpfe gehören zu den häufigsten körperlichen Beschwerden, von denen jeder Mensch ab und zu betroffen ist. Die Häufigkeit nimmt mit dem Alter zu. Bei 90 Prozent der jungen Erwachsenen kommen vereinzelt Muskelkrämpfe vor. Bei den über 65-Jährigen leiden bereits 33 bis 65 Prozent mindestens einmal pro Woche an Muskelkrämpfen.
Anzeichen des mitunter schmerzhaften Symptoms
Muskelkrämpfe werden häufig von heftigen Schmerzen begleitet, die oft explosionsartig in den Muskel einschießen. Der betroffene Muskel ist dann bewegungsunfähig und spürbar verhärtet. Die Krämpfe halten in der Regel nur wenige Sekunden bis Minuten an und klingen von allein wieder ab. Manche Krämpfe sind allerdings so stark, dass im betroffenen Muskel Schmerzen oder sogar Muskelkater entsteht. Besonders Wadenkrämpfe verursachen Wadenschmerzen, die bis zu zwei Tage anhalten können.
Ursachen für Krämpfe
Die meisten Muskelkrämpfe treten ohne erkennbare Ursache auf. Das betrifft vor allem Krämpfe in den Füßen oder Waden, die vorwiegend nachts oder in Ruhe entstehen. Ein verkürzter Muskel begünstigt jedoch häufig den Krampf.
Zu Spasmen mit erkennbarer Ursache gehören hingegen Krämpfe im Oberschenkel, in den Waden oder anderen Muskeln, die nach schwerer körperlicher Arbeit oder Sport hervorgerufen werden. Auslöser ist hier häufig ein Wasser- oder Elektrolytverlust durch starkes Schwitzen. Muskelkrämpfe, können zudem auch durch folgende Ursachen ausgelöst werden:
Schwangerschaft
Flüssigkeitsmangel
Erkrankungen im Bereich des Nervensystems, wie Polyneuropathien oder neurale Tumore
Hormon- und Stoffwechselerkrankungen, wie Schilddrüsenunterfunktion oder Unterfunktion der Nebennierenrinde (Morbus Addison)
Übermäßiger Alkoholkonsum
Bestimmte Medikamente zur Behandlung von Bluthochdruck, Asthma, COPD oder Alzheimer-Demenz
Neben Bein- und Wadenkrämpfen treten Spasmen auch an anderen Körperteilen auf. Krämpfe in den Händen oder im Gesicht können zum Beispiel darauf hindeuten, dass Nerven abgedrückt oder eingeklemmt sind. Auch innere Organe wie der Darm, die Gallenblase oder die Harnblase besitzen eine Muskulatur und können von Krämpfen befallen werden. Solche Krämpfe äußern sich dann als Kolik. Mögliche Ursache dafür sind Entzündungen, chronische Erkrankungen oder Blockaden.
Auch Epilepsie kann Ursache für Krämpfe und Krampfanfälle sein
Epilepsie ist eine Erkrankung, bei der das Gehirn zu viele Signale sendet. Diese lösen sogenannte epileptische Anfälle aus, bei denen die Muskeln unwillkürlich zittern, zucken und krampfen. Der Anfall kann nur ein einzelnes Körperteil oder als Krampfanfall den ganzen Körper erfassen. Diese können dann zu Verletzungen durch Stürze oder Stöße führen. Manche Menschen werden auch bewusstlos. Ursache für eine Epilepsie können Entzündungen der Hirnhaut oder des Gehirns, Tumore oder Schlaganfälle sein. Oft lässt sich aber keine Ursache feststellen.
Krämpfe bei Kindern
Treten bei Kinder Muskelkrämpfe auf, dann häufig aufgrund derselben Ursachen wie bei Erwachsenen. Eltern wird empfohlen, darauf zu achten, dass das Kind ausreichend trinkt. Besonders wichtig ist das vor allem, wenn Kinder viel Sport treiben. Treten Krämpfe nur gelegentlich auf, dann besteht in der Regel kein Grund zur Sorge. Bei häufigen oder langanhaltenden Krämpfen, starken Schmerzen oder einem Krampfanfall ohne Fieber sollten Eltern aber besser einen*eine Kinderarzt*Kinderärztin aufsuchen.
Wann bei Krämpfen ärztliche Hilfe suchen?
In den meisten Fällen sind Muskelkrämpfe unbedenklich und müssen nicht behandelt werden. Treten sie allerdings öfter auf oder kommen sie an anderen Körperteilen als an den Füßen oder Beinen vor, dann sollte dies medizinisch abgeklärt werden. Das gilt auch und besonders bei einem plötzlich auftretenden Krampfanfall. Erster Ansprechpartner ist der*die Hausarzt*Hausärztin.
Muskelkrämpfe: Untersuchungen und Diagnose
Um die Ursache von Krämpfen ausfindig zu machen, ist zunächst eine umfangreiche Befragung zu den Symptomen und der Krankengeschichte notwendig. Dabei wird unter anderem erfragt, wann und wie häufig die Krämpfe auftreten, welche Körperteile betroffen sind und wie lange die Krämpfe andauern.
Relevant sind auch Medikamente, die Betroffene einnehmen sowie weitere Symptome oder Verhaltensweisen, die auf Ursachen hindeuten können, wie
- Durchfall oder Erbrechen
- Gewichtszunahme
- Frieren
- Schwäche
- Schmerzen oder Gefühlsstörungen in Gliedmaßen
- übermäßige körperliche Betätigung
- Alkoholkonsum
An die Befragung schließt sich eine körperliche Untersuchung an, bei der vor allem die neurologischen Reflexe und die Muskeln überprüft werden. Zudem wird eine Blutuntersuchung durchgeführt, um die Elektrolytwerte, inklusive Kalzium und Magnesium, Nieren- und Leberwerte, den Blutzucker, Schilddrüsenhormone sowie das Muskelenzym Kreatinkinase zu kontrollieren.
Behandlung von Krämpfen
Wird bei der Untersuchung eine Erkrankung festgestellt, die die Muskelkrämpfe verursacht, wird sie entsprechend behandelt. Zudem wird als erste Therapiemaßnahme empfohlen, den Muskel bei einem Krampf zu dehnen und regelmäßig Dehnübungen durchzuführen.
Zur Wirksamkeit von Magnesium zur Linderung von Krämpfen gibt es keine ausreichenden wissenschaftlichen Belege. Dennoch wird eine Therapieversuch damit empfohlen, weil Magnesium sehr wenige Nebenwirkungen hat. Bei Muskelkrämpfen, die sehr schmerzhaft sind, häufig auftreten oder die Nachtruhe regelmäßig stören, können auch Chininpräparate verschrieben werden. Diese werden aber nur bei besonders schwerer Ausprägung der Krämpfe eingesetzt, weil Chinin zu seltenen schweren Nebenwirkungen führen kann. Für Schwangere und Stillende werden Chininpräparate grundsätzlich nicht empfohlen.
Was hilft schnell gegen Krämpfe?
Tritt plötzlich ein Krampf auf, kann sich jeder selbst schnell helfen, indem der betroffene Muskel gedehnt wird. Im Fall eines Wadenkrampfs hilft es, die Fußspitzen Richtung Knie zu ziehen. So kann das schmerzhafte Zusammenziehen des Muskels unterbrochen werden. Zusätzliches Massieren lockert die Muskulatur und hilft dabei, den Krampf zu lösen. Auch Wärme wirkt krampflösend.
So kann man Muskelkrämpfen vorbeugen
Muskelkrämpfe sind unangenehm, können aber oft vermieden werden. Mit den folgenden Tipps lassen sie sich vorbeugen:
Bei gelegentlichen Krämpfen hilft es, den betreffenden Muskel regelmäßig sanft zu dehnen. Wer zu nächtlichen Wadenkrämpfen neigt, kann dies zum Beispiel abends vor dem Schlafengehen tun.
Treten Krämpfe vor allem nach dem Sport oder einer körperlich schweren Tätigkeit auf, dann können Dehnübungen vor und Massagen nach der Belastung für Linderung sorgen. Gegebenenfalls sollte auch das Training angepasst werden. Denn Krämpfe können auch ein Hinweis sein, dass man sich zu viel zugemutet hat.
Ausreichend Wasser trinken, hält den Flüssigkeitshaushalt im Gleichgewicht und beugt einer Elektrolytstörung vor. Achtung: Bei großer Hitze, viel Sport oder körperlich anstrengender Arbeit erhöht sich der Flüssigkeitsbedarf.
Da Alkohol Muskelkrämpfe begünstigen kann, sollte der Konsum gegebenenfalls reduziert werden.
Magnesium trägt zu einer normalen Muskelfunktion bei. Ob die zusätzliche Einnahme von Magnesium Muskelkrämpfen vorbeugt, ist wissenschaftlich nicht belegt. In jedem Fall hilft es, bei seiner Ernährung auch auf magnesiumhaltige Lebensmittel zu setzen. Gute Magnesiumquellen sind Vollkornprodukte, Milch und Milchprodukte, Geflügel, Fisch, Gemüse wie Kartoffeln, Mangold und Spinat, Hülsenfrüchte wie weiße Bohnen und Sojabohnen, Beeren, Bananen, Orangen sowie Nüsse.
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