Synthetisches Opioid

Fentanyl: Starkes Schmerzmittel und gefährliche Droge

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Fentanyl ist ein synthetisches Opioid, das in der Medizin bei sehr starken Schmerzen eingesetzt wird. In der Drogenszene wird der Wirkstoff zunehmend als Ersatz für Heroin missbraucht – mit zum Teil tödlichen Folgen. Erfahren Sie mehr über Wirkung und Nebenwirkungen von Fentanyl.

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© Getty Images/Guido Mieth

Kurzübersicht


Anwendung: Fentanyl ist ein sehr starkes Schmerzmittel, das bei Krebspatient*innen sowie als Narkosemittel verwendet wird.

Wirkung: Das Opioid wirkt schmerzstillend, beruhigend und je nach Dosis auch euphorisierend.

Risiken: Vor allem in den USA wird Fentanyl auch als Droge missbraucht. Dabei kann es leicht zu einer tödlichen Überdosierung kommen.

Artikelinhalte im Überblick:

Drogen: Das sind die gefährlichsten Arten

Was ist Fentanyl?

Fentanyl ist ein schmerzstillendes Opioid, das eine bis zu 100-mal stärkere Wirksamkeit als Morphin besitzt. Das Schmerzmittel (Analgetikum) wurde 1960 von dem belgischen Chemiker Paul Janssen entwickelt. Es wird vor allem bei Krebs im fortgeschrittenen Stadium, schweren Verbrennungen sowie zur Narkose vor Operationen angewandt.

Da der Wirkstoff eine hohe Suchtgefahr hat und zu Nebenwirkungen wie Schwindel, Verwirrtheit oder einer abgeflachten Atmung führen kann, ist er in Deutschland in jeder Dosierung verschreibungspflichtig. Das Opioid fällt unter das Betäubungsmittelgesetz, eine Verwendung ohne ärztliche Verschreibung ist illegal.

Fentanyl: Missbrauch als Droge

Das Schmerzmittel Fentanyl wurde in den letzten Jahren in vielen Staaten zu einem zunehmenden Problem: Drogenabhängige verwenden es als Ersatz für Heroin und andere Opioide. Vor allem in den USA hat der Konsum des stark süchtig machenden Wirkstoffes zugenommen.

Das Arzneimittel ist vergleichsweise billig: Während ein Kilo Heroin zwischen 30.000 und 50.000 US-Dollar kostet, ist ein Kilo Fentanyl bereits für etwa 12.000 US-Dollar erhältlich. Auch deshalb mischen Dealer*innen die Substanz häufig als Streckmittel in andere Drogen. Das Mittel wirkt sedierend und euphorisierend, allerdings ist das Rauscherlebnis weniger ausgeprägt als beispielsweise bei Heroin.

Das Fentanyl in den USA stammt vor allem von mexikanischen Drogenkartellen. Die Rohstoffe für die Produktion werden zum Großteil aus China bezogen. Viele Konsumierende zerkauen aber auch Fentanylpflaster, um den Wirkstoff über die Mundschleimhaut schnell in die Blutbahn zu befördern. Andere schneiden neue oder gebrauchte Pflaster auf, kochen das Opioid heraus und injizieren sich den Sud per Spritze. Da die in den Schmerzpflastern enthaltene Menge an Fentanyl oft falsch eingeschätzt wird, kommt es häufig zu Todesfällen. Bereits zwei Milligramm können für einen normalgewichtigen Erwachsenen tödlich sein.

Gut zu wissen: Fentanyl hat in der Drogenszene viele Namen. Unter anderem wird das Schmerzmittel als China White, Drop Dead, Apache, China Girl, Great Beat, Dance Fever Flatline und synthetisches Heroin bezeichnet.

Wirkung von Fentanyl gegen Schmerzen

Das Opioid Fentanyl ist ein stark wirksames Schmerzmittel. Es besitzt sowohl

  • analgetische (schmerzlindernde),
  • sedierende (dämpfenden, beruhigenden) sowie
  • psychotrope (die Psyche beeinflussenden) Eigenschaften.

Das Arzneimittel greift in die Schmerzbahnen ein, blockiert die Schmerzweiterleitung und reduziert so das Schmerzempfinden. Da es sich im Körperfett auflöst, tritt die Wirkung in Tablettenform zudem schneller ein als bei anderen Opioiden. Allerdings ist die Wirkdauer wesentlich kürzer.

Darüber hinaus hat Fentanyl einen sedierenden Effekt. In hohen Dosen wirkt das Mittel sogar komatös oder kann zu einem Atemstillstand führen. Der lipophile (fettlösliche) Wirkstoff passiert problemlos die Blut-Hirn-Schranke und gelangt durch seine geringe Größe und Struktur rasch in das Gehirn. Deshalb besitzt Fentanyl ein hohes Suchtpotenzial und wirkt dosisabhängig zusätzlich euphorisierend.

Wann wird Fentanyl eingesetzt?

Fentanyl findet vor allem in der Notfallmedizin sowie der Anästhesie im Rahmen von Narkosen Anwendung und wird intravenös gespritzt. Zudem wird das Opioid in Form von Nasensprays oder Lutschtabletten zur Behandlung von Durchbruchschmerzen eingesetzt. Durchbruchschmerzen sind besonders starke, anfallsartige Schmerzen, die bei Krebspatient*innen auftreten können. Bei starken chronischen Schmerzen können zudem Fentanylpflaster verschrieben werden. Die Anwendung erstreckt sich dann über einen längeren Zeitraum.

Gegenanzeigen

Fentanyl kann nicht allen Personen mit starken Schmerzen verabreicht werden. Ärzt*innen müssen daher im Einzelfall prüfen, ob der Nutzen die möglichen Risiken überwiegt und ob bestimmte Unverträglichkeiten, Grunderkrankungen (beispielsweise Epilepsie) oder die Einnahme andere Medikamente gegen die Verabreichung von Fentanyl sprechen.

Das Schmerzmittel darf beispielsweise nicht in folgenden Fällen verabreicht werden:

  • Abgeflachte oder herabgesetzte Atmung (Atemdepression)
  • Beeinträchtigung der Hirnfunktion oder des zentralen Nervensystems
  • Bewusstseinsstörungen
  • Abhängigkeit von opioiden Schmerzmitteln
  • Schwangerschaft und Stillzeit

Zudem ist bei älteren oder immungeschwächten Menschen sowie bei Erkrankungen der Lunge, Leber und Niere Vorsicht geboten. Bei Kindern unter zwei Jahren dürfen Fentanylpflaster nicht angewandt werden. Buccal- und Sublingualtabletten mit Fentanyl dürfen erst von Kindern und Jugendliche ab 18 Jahren eingenommen werden, da es keine ausreichenden Erkenntnisse über die Risiken gibt.

In welchen Darreichungsformen ist Fentanyl verfügbar?

Je nach Indikation ist Fentanyl in verschiedenen Dosierungen und Darreichungsformen verfügbar:

  • Venöse Injektionslösung: In dieser Form kommt das Opioid vor allem in der Anästhesie und Notfallmedizin zum Einsatz.

  • Transdermales Pflaster: Bei der längerfristigen Behandlung wird oft ein Matrixpflaster verwendet. Der Wirkstoff gelangt über Haut und Blut über einen längeren Zeitraum in den Körper. Allerdings ist die Therapie mit einem Fentanylpflaster unsicher, weil die Wirkstoffmenge durch einige Faktoren schnell verringert oder erhöht wird. Das Schmerzpflaster wird daher vor allem bei Menschen angewandt, die nicht schlucken können oder bei denen die Aufnahme über den Magen-Darm-Trakt gestört ist.

  • Tabletten: Bei akuten Schmerzspitzen (beispielsweise bei Tumoren) werden vor allem Sublingualtabletten (die unter der Zunge platziert werden) oder Buccaltabletten (die in die Wangentasche eingelegt werden) verabreicht. Die Wirkung tritt in wenigen Minuten ein, hält aber nur kurze Zeit an. Dies birgt die Gefahr, dass die Schmerztabletten zu häufig eingesetzt werden.

  • Nasenspray: Alternativ zur Tablettenform kann der Wirkstoff auch über die Nase verabreicht werden.

Das Arzneimittel wird zudem in verschiedenen Dosierungen angeboten. Beispielsweise ist das Schmerzpflaster mit den Stärken 12 μg/h (Mikrogramm pro Stunde), 25 μg/h, 37,5 μg/h, 50 μg/h, 75 μg/h, 100 μg/h und 150 μg/h erhältlich. Die Dosis wird anhand verschiedener Faktoren wie Alter, Gewicht, Indikationsstellung und allgemeinem Gesundheitszustand gewählt. Wird von anderen Opioiden auf Fentanyl umstellt, muss dies ebenfalls bei der Dosierung berücksichtigt werden.

Welche Nebenwirkungen kann Fentanyl haben?

Zu den Nebenwirkungen, die bei einer Therapie mit dem Schmerzmittel auftreten können, gehören:

Sehr häufig (bei mehr als 10 Prozent der Behandelten)

Häufig (bei bis zu 10 Prozent der Behandelten)

Gelegentlich bis selten (bei bis zu 1 Prozent der Behandelten)

  • Störung der Sexualfunktion
  • Verlangsamter Herzschlag
  • Kältegefühl
  • Grippeähnliche Beschwerden, Fieber
  • Desorientiertheit, Amnesie (Gedächtnisverlust)
  • Seh- und Sprachstörungen
  • Muskelzucken
  • Bei Sublingualtabletten: Schmerzhafte Entzündungen im Mund-Rachenraum
  • Bei Nasensprays: Nasenbluten

Die Häufigkeit einiger Nebenwirkungen ist zudem noch unbekannt. So fehlen beispielsweise Zahlen, wie häufig Fentanyl zu einer psychischen oder körperlichen Abhängigkeit und Entzugserscheinungen führt. Patient*innen, denen Fentanyl intravenös gespritzt wurde, dürfen anschließend nicht mehr aktiv am Straßenverkehr teilnehmen.

Gefahr der Überdosierung bei Fentanyl

Der Grat zwischen einer therapeutischen und einer toxischen (giftigen) Dosis ist bei Fentanyl sehr schmal. Bei einer Überdosierung verlangsamt die Atmung und es besteht das Risiko eines Atemstillstands. Eine Fentanyl-Überdosis kann durch die Verabreichung des Notfallmedikaments Naloxon aufgehoben werden.

Mögliche Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten

Bei der Anwendung von Fentanyl muss berücksichtigt werden, dass es zu Wechselwirkungen mit anderen Stoffen kommen kann. Die mögliche Interaktion hängt von der jeweiligen Darreichungsform sowie der Dosierung ab. Während einige Substanzen die Wirkung abschwächen oder verstärken können, kann die gleichzeitige Einnahme von anderen Präparaten zu kritischen Wechselwirkungen wie schweren Kreislauf- und Atemstörungen führen.

Nicht kombiniert werden sollte Fentanyl beispielsweise mit Beruhigungsmitteln (Barbiturate und Benzodiazepine), anderen Opioiden, Antiepileptika sowie Alkohol.

Der*die Arzt*Ärztin kann Betroffene über weitere mögliche Wechsel- und Nebenwirkungen aufklären. Zudem sollten die Hinweise auf der Packungsbeilage beachtet werden.

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