Cloud 9 – die Zombiedroge aus dem Labor
Die Droge Cloud 9 wirkt stimulierend bis aufputschend und macht mitunter sehr aggressiv. Wie andere psychotisch wirkende Drogen hat die in Cloud 9 enthaltene Substanz MDPV ein hohes Suchtpotenzial. Erfahren Sie hier, warum der Konsum auch für Außenstehende zu einem Horrortrip werden kann.
- © Getty Images/Witthaya Prasongsin
Unbeteiligte werden auf Mallorca angefallen und gebissen, in Miami zerbiss ein Mann einem Obdachlosen auf offener Straße das Gesicht – die Droge Cloud 9 (alternative Schreibweise: Cloud Nine) sorgte bereits mehrfach für blutig-bizarre Schlagzeilen. Was macht die "Kannibalen-Droge" so gefährlich?
Artikelinhalte im Überblick:
Was ist Cloud Nine?
Hinter Cloud Nine, zu Deutsch sinngemäß "Wolke Sieben", verbirgt sich der chemische Stoff Methylendioxypyrovaleron (MDPV) – ein Stimulans aus der Klasse der Cathinone. Das in Reinform körnige bis pudrige weiße Pulver gehört wie Crystal Meth oder Ecstasy zu den Amphetamin-Derivaten. Medizinisch hat MDPV keine Bedeutung. In den 1960er-Jahren wurde es als Alternative zu Ritalin erforscht. Es soll eine vierfach stärkere Wirkung als das Mittel haben, das zur Behandlung von ADHS eingesetzt wird. Aufgrund von starken Nebenwirkungen wie Suchtverhalten wurde die Entwicklung allerdings einstellt.
MDPV wird in der Regel über die Nase oder Mundschleimhaut konsumiert und selten gespritzt, da sich die Wirkung in flüssigen Lösungen schnell verflüchtigt. Die Substanz wird jedoch nicht nur in Reinform angeboten, sondern auch anderen Drogen, wie zum Beispiel Ecstasy-Pillen, Kokain oder Speed beigemischt.
Weitere Bezeichnungen von Cloud Nine
In Drogenkreisen ist Cloud 9 auch unter folgenden Namen bekannt:
- Monkey Dust
- Magic
- Cannibal
- MTV
- Super
- Coke
- Flex
- Flakka
- Peeve
- Neue LSD
Cloud 9: Verbreitung und mediale Aufmerksamkeit
Die Substanz MDPV wurde bereits in den 1960er-Jahren von einem deutschen Pharmaunternehmen entwickelt. Sie ist aber erst seit 2005 im Umlauf. Lange Zeit wurde sie als Inhaltsstoff in Badesalzen verkauft. Und das ganz legal, da die Verpackungen mit dem Hinweis "Nicht zum Verzehr geeignet" versehen waren.
Im Jahr 2012 erschienen in den USA vermehrt Berichte über die Droge und deren schockierende Wirkung: In mehreren Fällen wurden Menschen angegriffen. Konsument*innen hatten vollkommen die Kontrolle über sich verloren, benahmen sich extrem aggressiv und verstümmelten sich selbst wie im Blutrausch.
Im Sommer 2014 schlugen die Behörden auch in Europa Alarm: Auf Mallorca und Ibiza registrierte die Polizei mehrere Gewalttaten und warnte vor Kannibalismus-Attacken: Menschen unter Einfluss der Droge verfolgten Tourist*innen am Strand, wollten sie beißen und benahmen sich sehr gewalttätig. Polizist*innen wurden angeknurrt und gebissen. Und auch in Deutschland meldet die Polizei immer wieder Gewalttaten in Verbindung mit der "Zombiedroge".
Wirkung von Cloud 9 auf Körper und Psyche
MDPV ähnelt dem chemischen Aufbau von Ecstasy (MDMA), die Wirkung entspricht allerdings eher Amphetaminen, Methylphenidat (Ritalin) oder Kokain. Im Körper wirkt die Substanz als Noradrenalin-Dopamin-Wiederaufnahmehemmer. Der Drogenstoff besetzt die Rezeptoren an den Nervenzellen und verhindert, dass sich die Konzentration der beiden körpereigenen Botenstoffe auf Normalwerte reguliert. Dopamin wirkt dabei auf Antrieb und Motivation, Noradrenalin regt das Kreislaufsystem an und lässt den Blutdruck steigen.
Zu den beschriebenen Wirkungen bei Einnahme der Droge gehören:
- Hochgefühl bis hin zur Euphorie
- Gesteigerte Aufmerksamkeit und Erregbarkeit
- Intensivere Wahrnehmung von Farben und Geräuschen
- Gesteigerter Rededrang
- Unterdrückung von Müdigkeit und Hungergefühl
Beim Konsum durch die Nase tritt die Wirkung etwa fünf bis 20 Minuten nach dem Konsum, über die Mundschleimhaut nach etwa 15 bis 30 Minuten ein. Je nach Aufnahmeart und Dosis halten die Effekte für etwa zwei bis sieben Stunden an.
Gesundheitliche Gefahren bei der Einnahme von Cloud 9
Menschen, die Cloud Nine einnehmen, berichten von einem sehr heftigen Verlangen (Craving) nachzulegen, um die Wirkung zu verlängern. Dadurch kann MDPV leicht überdosiert werden. Die euphorisierende und belebende Wirkung schlägt aber bereits bei geringer Dosierung schnell ins Gegenteil um. Dabei besteht die Gefahr von:
- Herzrasen, Herzbeklemmung, Herzrhythmusstörungen
- Atemstörungen bis hin zum Atemstillstand
- Muskelkrämpfen
- Kreislaufzusammenbruch
- Dehydration (Flüssigkeitsmangel)
- Hyperaktivität und Ruhelosigkeit
- Panikattacken
- Paranoia (Verfolgungswahn)
- Halluzinationen (Wahnvorstellungen)
Diese psychotischen Zustände gehen oft mit einer hohen Gewaltbereitschaft einher, die sich gegen andere Menschen oder die eigene Person richten kann. Betroffene verfallen in ein aggressives Delirium und legen zum Teil tierisches Verhalten an den Tag, das an Zombies aus Filmen erinnert.
MDPV ist ein starkes Nervengift. Folgen des dauerhaften Missbrauchs sind sowohl körperlich (Herzrhythmus- und Schlafstörungen, starker Gewichtsverlust, Kopfschmerzen, sexuelle Dysfunktion) als auch psychisch mit chronischen Angstzuständen bis hin zu Schizophrenie zu spüren. Der Langzeitkonsum kann zu Nervenschäden im Gehirn führen.
Hohes Suchtpotenzial bei Cloud Nine
Ähnlich wie Heroin hat MDPV ein hohes Suchtpotenzial. Konsument*innen wollen die einmal erlebte stimulierende Wirkung wiederholen, brauchen dafür jedoch immer höhere Dosen, da sich der Körper schnell an den Stoff gewöhnt. Daraus kann sich eine hohe psychische Abhängigkeit entwickeln.
Verbot von Cloud 9 und der Kampf gegen Designerdrogen
Cloud Nine wird häufig auch als Designerdroge bezeichnet. Darunter verstehen Fachleute eine synthetische (künstlich hergestellte) Version einer illegalen Droge, die chemisch leicht verändert wurde. Da sie aufgrund der fehlenden Gesetzgebung lange nicht unter das Betäubungsmittelgesetz fielen, werden die Drogen häufig auch als "Legal High" bezeichnet. Personen, die diese Substanzen herstellen, "vermarkten" ihre Produkte oft über das Internet als Badesalze, Düngemittel oder Kräutermischungen.
Mittlerweile gelten allerdings folgende Verbote:
Deutschland: MDPV unterliegt seit Juli 2012 dem Betäubungsmittelgesetz (BtmG).
Europäische Union: Im September 2014 wurden Methylendioxypyrovaleron und andere Stoffe auf die Liste der Mittel gesetzt, deren Herstellung und Verkauf illegal ist.
USA: Cloud Nine ist in einigen Bundesstaaten verboten.
Trotzdem bleiben Designerdrogen oder "Research Chemicals", wie sie international genannt werden, weiter ein Problem für die Gesetzgebung. Denn die Entwicklung von neuen psychoaktiven Substanzen in illegalen Laboren schreitet immer rasanter voran. Zwischen 2005 und 2011 hat die europäische Beobachtungsstelle für Drogen und Drogensucht im Rahmen ihres Frühwarnsystems mehr als 164 neue psychoaktive Substanzen ermittelt. Zudem werden den Behörden immer mehr Stoffe aus eher seltenen chemischen Gruppen gemeldet.
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