Übergewicht: Wie es entsteht und was dagegen hilft
Nach höchsten wissenschaftlichen Standards verfasst und von Expert*innen geprüftMehr als die Hälfte der Deutschen ist übergewichtig. Das Plus auf der Waage kann gesundheitliche Folgen haben. Denn Übergewicht ist oft Mitursache für viele Beschwerden und kann chronische Erkrankungen begünstigen. Was gilt als Übergewicht und wann wird es behandelt?
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Artikelinhalte im Überblick:
- Was ist Übergewicht?
- Übergewicht: Ab wann?
- Häufigkeit von Übergewicht
- Ursachen und Risikofaktoren
- Folgen von Übergewicht
- Behandlung von Übergewicht
- Übergewicht vorbeugen
Was ist Übergewicht?
Als Übergewicht wird ein hohes Körpergewicht bezeichnet, welches durch die Zunahme von Körperfett über das Normalmaß hinausgeht. Ist der Fettanteil überdurchschnittlich hoch, spricht man von Fettsucht, auch Adipositas genannt.
Es wird zwischen primärem und sekundärem Übergewicht entschieden. Primäres Übergewicht entsteht durch eine erhöhte Energiezufuhr und einen geringen Energieverbrauch. Sekundäres Übergewicht kann aufgrund einer angeborenen oder erworbenen Hormonstörung entstehen. Diese Form des Übergewichts tritt jedoch sehr selten auf.
Ab wann hat man Übergewicht?
Übergewicht kann durch verschiedene Messmethoden ermittelt werden. Die gebräuchlichste Methode ist die Bestimmung des Body-Mass-Index (BMI), mit dem der Körperfettanteil eines Menschen geschätzt wird. Errechnet wird der BMI aus der Körpergröße und dem Körpergewicht. Als Übergewicht gilt ein BMI zwischen 25 bis 29,9. Werte darüber gelten als adipös.
BMI-Tabelle: Klassifizierung des Body-Mass-Index
BMI | |
Untergewicht | unter 18,5 |
Normalgewicht | 18,5 bis 24,9 |
Übergewicht | 25 bis 29,9 |
Adipositas Grad 1 | 30 bis 34,9 |
Adipositas Grad 2 | 35 bis 39,9 |
Adipositas Grad 3 | über 40 |
Der BMI gilt allerdings nur als begrenzt aussagefähig, weil der Fettanteil damit nicht direkt gemessen werden kann. So können zum Beispiel Personen mit einer großen Muskelmasse aufgrund ihres Körpergewichts fälschlicherweise als übergewichtig eingeordnet werden. Sinnvoll sind deshalb weitere Messmethoden. Einfach in der Anwendung ist die Bestimmung des Taillenumfangs. Dieser wird knapp oberhalb des Bauchnabels gemessen und sollte bei Männern nicht mehr als 102 Zentimeter sowie bei Frauen nicht mehr als 88 Zentimeter betragen. Werte darüber gelten als gesundheitlich bedenklich.
Häufigkeit: Übergewicht bei Erwachsenen und Kindern
Übergewicht und Adipositas sind in Deutschland weit verbreitet. Laut Robert Koch-Institut (RKI) ist mehr als die Hälfte der Bevölkerung mindestens übergewichtig. Vor allem Männer bringen zu viel auf die Waage. Etwa 44 Prozent der Männer gelten hierzulande als übergewichtig. Bei den Frauen sind es 29 Prozent. Das durchschnittliche Gewicht nimmt mit dem Alter zu. Während in einem Alter von 20 bis 29 Jahren rund 34 Prozent der Männer Übergewicht haben, ist es zwischen 60 bis 69 Jahren jeder zweite Mann. Erst im hohen Alter nimmt das Gewicht wieder leicht ab.
Aber auch schon in jungen Jahren tritt Übergewicht häufig auf. Rund 15 Prozent der Kinder und Jugendlichen leiden hierzulande unter zu vielen Kilos. Mehr als ein Drittel von ihnen so stark, dass sie adipös sind. Übergewicht bei Kindern ist besonders problematisch, weil davon ausgegangen wird, dass in der Kindheit angelegtes Übergewicht auch zu Gewichtsproblemen im Erwachsenenalter führt.
Ursachen und Risikofaktoren: Das begünstigt Übergewicht
Übergewicht entsteht meist schleichend. Die Hauptursache ist in der Regel, dass über einen längeren Zeitraum mehr Energie beziehungsweise Kalorien aufgenommen als verbraucht werden. Der Überschuss wird in Form von Fett im Körper gespeichert. Energie bekommt der Körper über die Nahrung. Wie viel Energie der Körper benötigt, ist abhängig von verschiedenen Faktoren:
Stoffwechsel: Circa 70 Prozent der aufgenommenen Energie wird für den Stoffwechsel benötigt, zum Beispiel um die Muskeln zu versorgen oder die Körpertemperatur zu regulieren. Dieser Verbrauch wird Grundumsatz oder Ruheumsatz genannt. Wie hoch er ist, ist bei jedem Menschen individuell verschieden und abhängig vom Muskelanteil, dem Geschlecht, der Körpergröße und dem Alter.
Körperliche Aktivität: Aktivität und Bewegung verbrauchen Energie. Die dabei verbrauchte Energie wird auch Leistungsumsatz genannt und macht durchschnittlich etwa 20 Prozent des täglichen Kalorienbedarfs aus. Umso bewegter und sportlicher der Alltag, desto höher ist der Energieverbrauch.
Thermogenese: Damit ist die Energie gemeint, die der Körper verbraucht, um Nahrungsmittel zu verdauen und zu verstoffwechseln. Das macht circa zehn Prozent des täglichen Kalorienumsatzes aus.
Nimmt der Körper mehr Energie auf als er verbraucht, sind häufig eine ungesunde Ernährungsweise und Bewegungsmangel die Ursache, wie:
Zu viel, zu fettiges und zu süßes Essen
Häufiger Verzehr von Fertigprodukten, süßen Limonaden, Fast Food
Häufiges Snacken und Naschen
Überwiegend sitzende Tätigkeit
Sitzen in der Freizeit, zum Beispiel im Auto, vorm Fernseher und Computer
Kein regelmäßiger Sport
Aber auch andere Faktoren können die Entwicklung von Übergewicht begünstigen. Zu den relevantesten Risikofaktoren für Übergewicht zählen:
Hormonelle Störungen: Einige hormonelle Erkrankungen können Übergewicht verursachen. Zum Beispiel verlangsamt eine Schilddrüsenunterfunktion den Stoffwechsel, was zu einer Gewichtszunahme führen kann. Auch Männer, denen es an Testosteron mangelt, können Gewicht zulegen.
Familiäre Veranlagung: Übergewicht ist erblich. Heutzutage sind mehrere Gene bekannt, die das Gewicht beeinflussen. Es gibt sowohl Gene, die Übergewicht verursachen, als auch Gene, die eine schlanke Linie begünstigen. Ebenso können Genmutationen auftreten, die dafür sorgen, dass sich das Gewicht drastisch erhöht.
Medikamente: Bestimmte Medikamente können als Nebenwirkung Gewichtszunahme verursachen. Dazu gehören vor allem Arzneimittel zur Behandlung von psychischen Erkrankungen sowie Hormonpräparate.
Psychische oder körperliche Erkrankungen: Erkrankungen, die die Beweglichkeit einschränken, wie zum Beispiel Arthrose können zu einer Gewichtszunahme führen. Übergewicht kann auch im Zusammenhang mit psychischen Erkrankungen wie Ängste oder Depression stehen.
Folgen von Übergewicht
Im medizinischen Sinn gilt Übergewicht nicht als krankhaft. Dennoch kann es sich auf die Lebensqualität Betroffener auswirken. So wird zum Beispiel körperliche Aktivität mit Übergewicht anstrengender wahrgenommen als mit Normalgewicht. Übergewichtige sind zudem schneller erschöpft und schwitzen stärker. Neben der wahrnehmbaren Anstrengung belastet es auch den Körper: Knochen und Gelenke werden stärker beansprucht und können dadurch schneller verschleißen. Rücken- oder Knieschmerzen können die Folge sein. Ebenfalls steigt das Risiko für bestimmte Erkrankungen wie Diabetes mellitus Typ 2, Bluthochdruck oder Koronare Herzkrankheiten. Nicht zuletzt kann sich Übergewicht zu einer Adipositas entwickeln und weitere Folgeerkrankungen begünstigen.
Corona: Übergewicht erhöht Risiko für schweren Verlauf
Starkes Übergewicht bis Adipositas gilt als Risikofaktor für einen schweren Verlauf einer Corona-Infektion. Neben dem zusätzlichen Risiko durch Folgeerkrankungen wie Diabetes mellitus oder Bluthochdruck sind übergewichtige Menschen vor allem aufgrund von chronischen Entzündungsreaktionen und einer Störung der Lungenfunktion durch das Fettgewebe gefährdet. Bei Übergewicht oder Adipositas sind Schutzmaßnahmen wie Abstand halten und Maske tragen während der Corona-Pandemie deshalb besonders relevant.
Behandlung: Was hilft bei Übergewicht?
Liegen keine Begleiterkrankungen vor, dann muss Übergewicht mit einem BMI bis 30 nicht behandelt werden. Auch eine Gewichtsabnahme gilt nicht als zwingend notwendig. Betroffene sollten aber darauf achten, nicht weiter an Gewicht zuzulegen. Eine Behandlung wird allerdings empfohlen, bei:
Übergewichtsbedingten körperlichen oder psychischen Erkrankungen
Erkrankungen, die durch Übergewicht verschlimmert werden
Überwiegender Fettablagerung im Bauchbereich, sogenanntes Abdominal- beziehungsweise Viszeralfett
Starkem psychosozialen Leidensdruck
Behandelt wird Übergewicht grundsätzlich mit einer Reduzierung der Kalorienaufnahme und gleichzeitiger Erhöhung des Energieverbrauchs. Empfohlen wird dafür eine langfristige Änderung des Ernährungs- und Bewegungsverhalten hin zu einem gesunden Lebensstil:
Ernährung: Ideal ist eine energiereduzierte und ausgewogene Ernährung. Dazu gehören vor allem pflanzliche Lebensmittel wie Obst, Gemüse, Vollkornprodukte und Hülsenfrüchte. Auch Milchprodukte sollten täglich auf dem Speiseplan stehen. Wasser und ungesüßte Tees gehören zu den empfohlenen Getränken. Sie enthalten keinen Zucker und sind somit komplett energiefrei. Eher in Maßen sollten hingegen fettreiche und tierische Produkte genossen werden, Fisch und Fleisch ein- bis zweimal die Woche. Vorsicht gilt zudem bei Alkohol, Süßigkeiten sowie fettigen Snacks. Sie sind mit einer hohen Kalorienzufuhr verbunden. Wer unsicher ist, wie viele Kalorien täglich aufgenommen werden, kann ein Ernährungstagebuch zur Kontrolle führen.
Bewegung: Ergänzend zur Ernährungsumstellung wird empfohlen, mehr Bewegung in den Alltag zu integrieren, zum Beispiel kurze Strecken zu laufen statt mit dem Auto zu fahren oder die Treppe statt dem Aufzug zu benutzen. Auch Sport erhöht den Energieverbrauch. Da sich Übergewicht auf die Gelenke auswirkt, sollten eher Sportarten gewählt werden, die diese weniger belasten, wie Schwimmen, Fahrrad fahren oder Walken. Ausdauersportarten senken zudem das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Grundsätzlich führt Sport aber nicht zwangsläufig zu einem großen Gewichtsverlust, weil zwar Fettmasse abgebaut, aber Muskelmasse zugelegt wird. Dennoch sind Bewegung und Sport essentiell für einen dauerhaften Gewichtsverlust. Denn mit Zunahme der Muskelmasse, steigt auch der Grundumsatz. Das hilft wiederrum, überschüssige Kalorien leichter zu verbrennen.
Nicht empfohlen: Blitzdiäten
Diäten, mit denen in kurzer Zeit viel Gewicht reduziert wird, werden hingegen nicht empfohlen. Diese Diäten sind oft mit einer einseitigen Ernährung oder einer starken Kalorienreduzierung verbunden. Dies kann zu Mangelernährung, Erschöpfung, Blutdruckabfall, Schwindel oder Haarausfall führen. Auch für Abspecktipps wie Apfelessig gibt es keine wissenschaftlichen Belege, ob sie das Abnehmen tatsächlich unterschützen.
Übergewicht vorbeugen
Die Entwicklung des Körpergewichts ist wesentlich davon abhängig, wie viele Kalorien über die Nahrung aufgenommen werden und wie viel Bewegung stattfindet. Bewegungsmangel, ein sitzender Lebensstil und eine ungesunde Ernährungsweise tragen maßgeblich dazu bei, dass das Gewicht steigt. Um Übergewicht dauerhaft vorzubeugen, ist es deshalb wichtig, sich ausgewogen und dem eigenen Bedarf entsprechend zu ernähren sowie so viel Bewegung wie möglich in den Alltag und in die Freizeit zu integrieren.
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