Erblich bedingte Erkrankung

Sichelzellanämie: Symptome und Therapiemöglichkeiten

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Die Sichelzellkrankheit tritt in Nordeuropa nur selten auf. Betroffene leiden an Blutarmut und Durchblutungsstörungen. Die Erbkrankheit erfordert eine lebenslange Behandlung.

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Ärzte bezeichnen alle Erkrankungen als Sichelzellkrankheiten, bei denen ein bestimmter, von der Norm abweichender und als HbS bezeichneter roter Blutfarbstoff auftritt. Die Ursache dieser Erkrankungen ist eine Veränderung im Erbgut der Betroffenen, die zur Folge hat, dass der rote Blutfarbstoff – das Hämoglobin – zur Verklumpung neigt.

Artikelinhalte im Überblick:

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Formen, Verbreitung und Häufigkeit der Sichelzellenanämie

Ärzte unterscheiden verschiedene Formen von Sichelzellkrankheiten. Die früher als Sichelzellanämie und heute als Sichelzellkrankheit bezeichnete schwerste Krankheitsform liegt vor, wenn von beiden Elternteilen eine HbS-Anlage geerbt wurde. Auch Mischformen mit anderen Blutbildungsstörungen können auftreten, unter anderem die schwer verlaufende Sichelzell-beta-Thalassämie, bei der von einem Elternteil die Anlage für HbS und vom anderen die Anlage fürThalassämie geerbt wird.

Die Sichelzellkrankheit ist im europäischen Raum sehr selten. Nach Schätzungen beläuft sich die Zahl der Betroffenen in Deutschland auf bis zu 1.000 Personen. Häufiger ist die Erbanlage für die Sichelzellkrankheit in Afrika, Lateinamerika, Asien sowie im östlichen Mittelmeerraum anzutreffen. Diese Verteilung deckt beziehungsweise deckte sich bis zur neuzeitlichen Bekämpfung der Erkrankung mit dem Verbreitungsgebiet der Malaria. Da Personen, die die HbS-Anlage nur von einem Elternteil geerbt haben, einen natürlichen Schutz gegenüber Malaria besitzen, hatte sich die Erbanlage im Verbreitungsgebiet der Tropenkrankheit als Überlebensvorteil erwiesen, obwohl Träger von mütterlicher und väterlicher HbS-Anlage bereits früh an der Sichelzellkrankheit verstarben.

Typische Symptome der Sichelzellkrankheit

Durch die typsichen Veränderungen des roten Blutfarbstoffs sind die roten Blutzellen (Erythrozyten) weniger leicht verformbar und gehen, vor allem bei geringem Sauerstoffgehalt im Blut, von der normalen rundlich eingedellten in eine Sichelform über. Sowohl die geringere Verformbarkeit als auch die Sichelgestalt behindern das Gleiten der roten Blutkörperchen in den Blutgefäßen. Bleiben die Blutzellen in den engen Blutgefäßen stecken, behindern sie die Versorgung des Gewebes mit Sauerstoff und Nährstoffen. Die Folge sind Durchblutungsstörungen.

Sichelförmige rote Blutzellen zerreißen zudem leicht und sterben vorzeitig ab. Darüber hinaus werden sie von der Milz als defekt erkannt und zurückgehalten, sodass sie nicht mehr zum Sauerstofftransport zur Verfügung stehen.

Zu den Symptomen der Sichelzellkrankheit gehören:

  • Blutarmut
  • Fieber
  • wiederholt auftretende Schmerzkrisen in den betroffenen Körperregionen (unter anderem oft Knochenschmerzen) in Folge von Durchblutungsstörungen
  • Gelbsucht aufgrund des vermehrten Abbaus von rotem Blutfarbstoff

Zu den schwerwiegenden Komplikationen gehören:

  • "Milzsequestration": ein Teil oder auch nahezu alle roten Blutkörperchen versacken binnen weniger Stunden in der Milz; die Folge ist ein Schockzustand
  • "akutes Thorax-Syndrom" (ATS): Brustschmerz, Husten, Kurzatmigkeit und Fieber ähnlich einer Lungenentzündung
  • Schlaganfall
  • "Priapismus": schmerzhafte Dauererektion, die zu Schäden an den Penisschwellkörpern und Zeugungsunfähigkeit führen kann
  • Bluthochdruck in der Lunge

Erkrankungsalter: Wann zeigen sich Symptome?

Im Blut von Kleinkindern weist ein Teil des roten Blutfarbstoffs eine andere Zusammensetzung auf als im späteren Leben. Dieses so genannte fetale Hämoglobin wird durch die Erbgutveränderung, die zur Sichelzellkrankheit führt, nicht beeinflusst. Erste Symptome der Krankheit zeigen sich daher erst ab einem Alter von etwa sechs Monaten, wenn der Anteil des fetalen Hämoglobins deutlich abgenommen hat.

Die Sichelzellkrankheit wird aus diesem Grund zumeist im Kindesalter nach dem sechsten Lebensmonat diagnostiziert. Bei weniger schweren Krankheitsformen kann es auch erst im Erwachsenenalter zu Beschwerden und zur endgültigen Diagnose kommen.

Diagnose der Sichelzellkrankheit

Die typischen Beschwerden zusammen mit der zumeist südländischen Herkunft der Betroffenen liefern erste Hinweise auf das Vorliegen der Krankheit. Die exakte Diagnose wird auf der Grundlage von Blutuntersuchungen und der Analyse des roten Blutfarbstoffs gestellt. Darüber hinaus untersucht der Arzt, in welchem Maß die Erkrankung bereits zu Schäden am Skelettsystem, insbesondere den Hüftknochen, und an anderen Organen wie der Lunge, dem Herzen oder den Augen geführt hat.

Behandlungsmöglichkeiten

Die einzige Therapie, die die Sichelzellkrankheit vollständig heilen kann, ist die Knochenmark- oder Stammzellentransplantation. Aufgrund der mit der Behandlung verbundenen Risiken, die infolge der Transplantationsvorbereitung insbesondere für erwachsene Patienten bestehen und bis zum Tod reichen können, wurden Stammzelltransplantation weltweit bisher jedoch nur bei wenigen, zumeist sehr jungen Patienten durchgeführt.

Andere Behandlungsmaßnahmen bei Sichelzellkrankheit zielen darauf ab, bestehende Symptome zu lindern, Infektionen zu verhindern und Schmerzattacken vorzubeugen. Dabei kommt eine Vielzahl von Maßnahmen und Medikamenten zum Einsatz.

Bluttransfusionen erfolgen trotz eines oft sehr niedrigen Gehalts an rotem Blutfarbstoff im Blut nur in Ausnahmefällen. Denn der Versuch, bei den Betroffenen "normale" Blutwerte zu erreichen, kann aufgrund der schlechteren Fließeigenschaften der Sichelzellen zu schweren Komplikationen führen.

Prognose: Lebenserwartung bei Sichelzellanämie

In Europa und den USA erreichen etwa neun von zehn Kindern mit Sichelzellkrankheit das Erwachsenenalter. Die Lebenserwartung der Betroffenen ist jedoch auch in den Industrieländern verkürzt. Die durchschnittliche Lebenserwartung beträgt bei optimaler medizinischer Versorgung rund 50 Jahre. Die Patienten*Patientinnen können, von den Einschränkungen durch ein akutes Krankheitsgeschehen abgesehen, jedoch ein normales Leben führen.

Auch ein Kinderwunsch lässt sich erfüllen. Um auszuschließen, dass sich die Sichelzellkrankheit auf das Kind überträgt, besteht die Möglichkeit, zwischen der zehnten und zwölften Schwangerschaftswoche eine Gewebeprobe aus der Plazenta entnehmen und untersuchen zu lassen. Stellt sich heraus, dass der Fetus von der Genveränderung betroffen ist, kann die Schwangerschaft zu diesem Zeitpunkt auf Wunsch der Eltern abgebrochen werden. Die so genannte Präimplantationsdiagnostik, mit deren Hilfe die genetischen Eigenschaften eines durch künstliche Befruchtung gezeugten Embryos vor der Einpflanzung in den Mutterleib bestimmt werden kann, ist in Deutschland verboten.

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