Turner-Syndrom: Ursachen, Symptome und Behandlungsmöglichkeiten

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Das Turner-Syndrom (auch Ullrich-Turner-Syndrom) ist eine genetische Erkrankung, die ausschließlich Mädchen und Frauen betrifft und zu Störungen in Wachstum und Reifung führt. Mit einer Durchschnittsgröße von 146,5 Zentimetern sind die Betroffenen kleinwüchsig. Darüber hinaus haben sie ein erhöhtes Risiko für spezifische Gesundheitsprobleme.

ullrich turner syndrom
© iStock.com/PeopleImages

Artikelinhalte im Überblick:

Was ist das Turner-Syndrom?

Rund eines von 2.500 neugeborenen Mädchen ist betroffen – damit gehört das Turner-Syndrom zu den häufigeren unter den seltenen Erkrankungen. Prominente Vertreterinnen sind die Schauspielerinnen Lydia Susanne Hunter („NCIS: Los Angeles“) und Christine Urspruch („Tatort“).

Seinen Namen hat das Syndrom von dem US-amerikanischen Endokrinologen Henry H. Turner, der 1938 auf einem Ärztekongress über sieben Mädchen und junge Frauen sprach, die eine Wachstums- und Reifungsstörung gemeinsam hatten. Neun Jahre zuvor hatte der Münchener Kinderarzt Otto Ullrich bereits ähnliche Anomalien beschrieben, weshalb die Erkrankung in Deutschland auch Ullrich-Turner-Syndrom (UTS) genannt wird.

Ursachen: Wie entsteht das Turner-Syndrom?

Ein gesunder Mensch hat 46 Chromosomen in 23 Chromosomenpaaren. Eines der Chromosomenpaare entscheidet, ob es sich um einen Jungen oder um ein Mädchen handelt: Beim männlichen Karyotyp (Chromosomensatz) liegt ein X- und ein Y-Chromosom vor, Mädchen haben zwei X-Chromosomen. Bei Mädchen und Frauen mit Turner-Syndrom ist das zweite X-Chromosom unvollständig oder fehlt ganz, was zu Entwicklungsstörungen vor und nach der Geburt führt. Dabei sind drei verschiedene Varianten bekannt:

  1. Bei ungefähr der Hälfte der Betroffenen fehlt das zweite X-Chromosom in jeder einzelnen Körperzelle – dies wird als Monosomie X bezeichnet. Die Ursache dafür ist ein fehlendes X-Chromosom im Spermium des Vaters oder in der Eizelle der Mutter.
  2. Fehlt das zweite X-Chromosom nur in einigen, aber nicht in allen Zellen, spricht man von einem Mosaik. Hierfür ist ein Fehler in der Zellteilung zu einem frühen Zeitpunkt der Embryonalentwicklung verantwortlich.
  3. Bei einigen wenigen Frauen und Mädchen mit Turner-Syndrom liegt neben dem ersten X-Chromosom ein zweites, unvollständiges X-Chromosom oder sogar Y-Chromosomen-Material vor. Grund dafür ist entweder ein Fehler in der frühen Embryonalentwicklung oder eine Mutation im väterlichen Spermium oder der mütterlichen Eizelle.

Das Turner-Syndrom wird durch eine zufällige Mutation ausgelöst, es gibt keine Möglichkeit der Vorbeugung. Für Eltern, die bereits ein Kind mit Turner-Syndrom haben, besteht kein erhöhtes Risiko, ein weiteres Kind mit dieser Erkrankung zu bekommen. Anders als früher vermutet, besteht kein Zusammenhang zwischen dem Alter der Eltern und der Wahrscheinlichkeit, eine Tochter mit Ullrich-Turner-Syndrom zu bekommen.

Wie zeigt sich das Turner-Syndrom?

Ein Syndrom bezeichnet in der Medizin eine Kombination von verschiedenen Krankheitszeichen, die typischerweise gleichzeitig auftreten und in einem Zusammenhang stehen. So ist es auch beim Turner-Syndrom: Die Symptome sind vielfältig und treten nicht bei allen Betroffenen vollständig auf. Fast alle von ihnen fallen jedoch durch Wachstumsstörungen und eine Unterfunktion der Eierstöcke auf.

Die Mädchen sind bei der Geburt nahezu durchschnittlich groß, spätestens im Alter von fünf Jahren fallen sie jedoch im Wachstum hinter Gleichaltrige zurück. Als Erwachsene haben sie eine Durchschnittsgröße von 146,5 Zentimetern. Auch die vorgeburtliche Eierstockentwicklung ist zunächst normal, dann bilden diese sich jedoch nach und nach zurück. Bei Jugendlichen sind meist nur noch Stränge aus Bindegewebe (Streak-Gonaden) vorhanden. Pubertät und Menstruation bleiben daher aus, die Betroffenen sind fast immer unfruchtbar.

Circa 30 Prozent der Frauen und Mädchen mit Ullrich-Turner-Syndrom haben

  • eine verbreiterte Hautfalte zwischen Nacken und Schultern,
  • einen tief sitzenden Haaransatz im Nacken,
  • Schwellungen an Händen und Füßen (Lymphödem),
  • Skelett-,
  • Ohren- oder
  • Nierenfehlbildungen.

30 bis 50 Prozent der Betroffenen werden mit einem Herzfehler geboren. Die meisten Mädchen und Frauen mit Turner-Syndrom sind normal intelligent.

Welche Krankheiten sind typisch für das Turner-Syndrom?

Menschen mit Turner-Syndrom haben ein erhöhtes Risiko für bestimmte Erkrankungen, am häufigsten kommen Herzprobleme vor. Durch die Ohrenfehlbildung können Ohrentzündungen und Schwerhörigkeit auftreten, Nierenfehlbildungen sind für wiederkehrende Harnwegsinfektionen verantwortlich. Der Mangel an Östrogen führt oftmals schon in jungem Alter zu Osteoporose. Auch Typ 2-Diabetes, Schilddrüsenerkrankungen und Gluten-Unverträglichkeit (Zöliakie) treten bei Mädchen und Frauen mit Turner-Syndrom überdurchschnittlich häufig auf.

Wie wird das Turner-Syndrom festgestellt?

Das Turner-Syndrom lässt sich mittels vorgeburtlicher Untersuchungen (Pränataldiagnostik) bereits im Mutterleib feststellen. So kann eine Probe des Fruchtwassers oder des Mutterkuchens (Plazenta) entnommen und untersucht werden. Durch diesen Eingriff erhöht sich jedoch das Risiko einer Fehlgeburt. Alternativ kann bei der Mutter ein Bluttest (Harmanoy-Test, Praena-Test) durchgeführt werden – die darin enthaltenen Spuren kindlichen Erbguts können auf Chromosomenveränderungen wie das Turner-Syndrom untersucht werden.

In den meisten Fällen wird das Ullrich-Turner-Syndrom jedoch erst nach der Geburt festgestellt – typische Erkrankungen, das verminderte Größenwachstum oder die ausbleibende Pubertät veranlassen den behandelnden Arzt, einen Gentest durchzuführen. Dabei wird der Betroffenen eine Blutprobe entnommen, anhand derer sich der Karyotyp (Chromosomensatz) bestimmen lässt. Ist das zweite X-Chromosom unvollständig oder fehlt es ganz, gilt die Diagnose Turner-Syndrom als gesichert.

Wie wird das Turner-Syndrom behandelt?

Da ein Gendefekt für das Turner-Syndrom verantwortlich ist, ist es nicht heilbar. Aufgrund des erhöhten Risikos für bestimmte Erkrankungen sollten Mädchen und Frauen mit Turner-Syndrom regelmäßig untersucht werden, um eventuelle Probleme frühstmöglich zu erkennen und zu behandeln.

Zur Behandlung des Kleinwuchses kann bereits im Alter von vier bis sechs Jahren mit der Gabe von Wachstumshormonen begonnen werden. Diese werden täglich unter die Haut gespritzt und können zu einem Größenwachstum von fünf bis acht Zentimetern führen. Die Behandlung kann so lange fortgeführt werden, bis die Betroffene mit der erreichten Größe zufrieden ist oder das Wachstumspotenzial ausgeschöpft ist. Das ist der Fall, wenn der Wachstumszuwachs weniger als zwei Zentimeter pro Jahr beträgt.

Im Alter von elf bis zwölf Jahren sollte mit einer ansteigenden Gabe von Östrogen begonnen werden, um die Pubertät – und damit das Wachstum von Brüsten und Hüften – einzuleiten und Osteoporose vorzubeugen. Sobald die Menstruation einsetzt, wird zusätzlich Progesteron gegeben, um einen normalen Zyklus zu gewährleisten. Diese Therapie wird bis in ein Alter fortgesetzt, in dem üblicherweise die Wechseljahre eintreten.

Leben mit dem Turner-Syndrom

Mädchen und Frauen mit Turner-Syndrom sollten regelmäßig ärztlich untersucht werden, um die typischen Gesundheitsprobleme frühestmöglich erkennen und behandeln zu können. Abgesehen von den Beeinträchtigungen durch diese Erkrankungen ist mit Ullrich-Turner-Syndrom ein vollkommen normales Leben möglich, auch die Lebenserwartung ist bei regelmäßiger medizinischer Kontrolle normal. In einigen Bereichen ist jedoch besondere Aufmerksamkeit erforderlich:

Turner-Syndrom und Schwangerschaft

Die meisten Frauen mit Turner-Syndrom können nicht auf natürlichem Wege schwanger werden oder haben ein erhöhtes Risiko für Fehlgeburten. Besteht die Chance auf eine Schwangerschaft, sollte so früh wie möglich mit einer Fruchtbarkeitsbehandlung begonnen werden, da die Chancen mit steigendem Alter rapide sinken. Frauen mit Turner-Syndrom, die eine Schwangerschaft planen, sollten vorher unbedingt ihr Herz untersuchen lassen, da ein deutlich erhöhtes Risiko für Herzerkrankungen während der Schwangerschaft besteht.

Turner-Syndrom und Sport

Aufgrund des erhöhten Risikos für Herzerkrankungen und Bluthochdruck sollte die individuelle Belastung immer mit dem behandelnden Arzt besprochen und auf die persönlichen Umstände abgestimmt werden.

Turner-Syndrom und ärztliche Begleitung

Im Kinderalter sind Mädchen mit Turner-Syndrom typischerweise bei einem Kinder-Endokrinologen in Behandlung, der sie in regelmäßigen Abständen untersucht. Während der Pubertät oder im jungen Erwachsenalter geht dieser Kontakt oft verloren, der Übergang zu einer professionellen Begleitung durch spezialisierte Ärzte für Erwachsene gelingt schlecht oder gar nicht. Da Frauen mit Turner-Syndrom lebenslange ärztliche Betreuung benötigen, sollten sie frühzeitig auf ihre Selbstverantwortung hingewiesen und mit allen erforderlichen Informationen ausgestattet werden.

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