Wenn die Muskelkraft verloren geht

Sarkopenie: Krankhafter Muskelschwund im Alter

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Wer an Sarkopenie erkrankt ist, verliert mit den Jahren immer mehr an Muskelmasse und Muskelkraft. Die körperliche Leistungsfähigkeit und Beweglichkeit nimmt ab, Stürze und Knochenbrüche können die Folge sein. Welche Ursachen hat Sarkopenie und wie lässt sie sich behandeln?

sarkopenie
© Getty Images/Westend61

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Was ist Sarkopenie?

Muskelschwund im Alter ist erst mal nichts Ungewöhnliches – bereits mit 30 Jahren baut der Körper bis zu ein Prozent Muskelmasse im Jahr ab. Ohne Gegenmaßnahmen hat ein 80-Jähriger so rund 40 Prozent seiner Muskelmasse eingebüßt. Bei Sarkopenie läuft dieser Vorgang allerdings verstärkt ab.

Der Begriff stammt aus dem Griechischen und setzt sich aus den Begriffen „sarx“ (Fleisch) und „penia“ (Verlust) zusammen. Betroffene verlieren mit zunehmendem Alter übermäßig viel Muskelmasse und -kraft. Im Alltag geraten sie daher mehr und mehr an ihre körperlichen Grenzen. Schon simple Dinge wie Treppensteigen oder Anziehen werden zur Belastungsprobe. Selbst das Aufstehen fühlt sich irgendwann wie ein unüberwindbares Hindernis an. Betroffen von der Krankheit sind ausschließlich Senioren.

Symptome bei Sarkopenie

Weil die Muskelkraft fehlt, leiden Betroffene unter Gleichgewichtsproblemen und Gangunsicherheit. Sie neigen häufiger zu Stürzen und damit zu Knochenbrüchen.

Sarkopenie tritt nicht von heute auf morgen, sondern schleichend auf. Typische erste Symptome sind:

  • Gangunsicherheiten
  • Allgemeines Schwächegefühl
  • Verlangsamte Gehgeschwindigkeit

Betroffene nehmen die ersten Anzeichen oft als natürliche Alterserscheinung hin und verordnen sich Ruhe. Damit beginnt der Teufelskreis, denn ohne Bewegung baut der Körper weiter Muskeln ab, die Krankheit verschlimmert sich.

Im klinischen Alltag wird die Diagnose noch selten gestellt, daher ist nicht bekannt, wie viele Senior*innen tatsächlich an Sarkopenie erkranken. Vorliegende Studien liefern unterschiedliche Zahlen. Manche Mediziner*innen schätzen etwa, dass fünf bis 13 Prozent der 60- bis 70-Jährigen an übermäßigem Muskelschwund leiden. Bei den über 80-Jährigen soll jede zweite Person betroffen sein.

Ursachen: Wie kann Sarkopenie entstehen?

Wenn der Körper altert, schüttet er weniger Hormone aus, die für den Aufbau von Muskeln verantwortlich sind. Dafür produziert er nun verstärkt Cortisol, das den Muskelaufbau hemmt. Anstelle der fehlenden Muskelmasse lagert der Körper deshalb Fettgewebe ein. Zudem brauchen Muskeln bei älteren Menschen länger, um sich zu regenerieren. Neben den natürlichen Faktoren des Alterns gibt es weitere Ursachen, die eine Sarkopenie begünstigen können. Dazu zählen etwa:

  • Mangelernährung: Wenn die Muskelmasse verloren geht, sinkt der Energieverbrauch und der Stoffwechsel verlangsamt sich. Alte Menschen haben daher weniger Appetit und nehmen infolge nicht genug Kalorien auf – das verstärkt den Muskelschwund. Doch auch wenn die Energiezufuhr stimmt, fehlen dem Körper oft Proteine, die für den Erhalt und den Aufbau von Muskeln entscheidend sind. Studien deuten zudem darauf hin, dass auch Vitamin D einen großen Einfluss auf die Muskelkraft hat. Liegt ein Mangel vor, führt dies eher zu Gebrechlichkeit.

  • Inaktiver Lebensstil: Ausreichend Bewegung ist entscheidend für eine funktionstüchtige Muskulatur. Sarkopenie betrifft daher häufig Menschen, die im Alltag viel sitzen oder liegen. Studien zeigen, dass gerade Krafttraining für Senior*innen das A und O ist, wenn es darum geht, der Krankheit entgegenzuwirken.

  • Entzündungsprozesse: Ein weiterer Risikofaktor für Sarkopenie ist vor allem die rheumatoide Arthritis. Laut einer Studie sind Rheuma-Patient*innen elfmal öfter betroffen als Menschen ohne entzündliche Grunderkrankung.

  • Hormonmangel: Mit zunehmenden Alter wird auch der Stoffwechsel immer träger. Das führt dazu, dass der Körper weniger Östrogen und Testosteron produziert, die für den Muskelaufbau eine wichtige Rolle spielen.

Wie wird die Diagnose bei Sarkopenie gestellt?

Um zwischen altersbedingtem Muskelschwund und Sarkopenie zu unterscheiden, sind drei Kriterien von Bedeutung:

  1. Geringe Muskelmasse
  2. Geringe Muskelkraft
  3. Geringe körperliche Leistungsfähigkeit

Um die Muskelmasse festzustellen, nutzen Mediziner*innen verschiedene Messungen. Im Praxisalltag kommt oft die Bioelektrische Impedanzanalyse (BIA) zum Einsatz. Hierbei messen kleine Elektroden am Körper den Anteil an Muskel- und Fettgewebe. Um die Muskelkraft festzustellen, nutzen Ärzt*innen einen Handdruckmesser.

Die körperliche Leistungsfähigkeit beurteilen Mediziner*innen etwa anhand eines Gehtests. Liegt die Gehgeschwindigkeit bei weniger als 0,8 Meter die Sekunde, kann dies ein Hinweis auf Sarkopenie sein. Auch der "Chair-Rising-Test" kann zum Einsatz kommen. Hierbei wird gemessen, wie schnell Betroffene von einem Stuhl aufstehen können, ohne die Arme zur Hilfe zu nehmen.

Ein wichtiger Punkt bei der Diagnose ist zudem der sogenannte SARC-F-Test. Betroffene füllen hier einen Fragebogen aus, der Aufschluss über Leistungsfähigkeit und Muskelkraft gibt.

Welche Therapie hilft bei Sarkopenie?

Aktuell gibt es kein spezielles Medikament zur Behandlung der Sarkopenie. Das bedeutet aber nicht, dass Patient*innen nichts an ihrem Zustand ändern können. Laut Studien haben sich zwei entscheidende Maßnahmen im Kampf gegen die Erkrankung bewährt.

Ohne Krafttraining geht es nicht

Medizinisches Krafttraining gilt als das wirksamste Mittel, um den Verlauf der Krankheit günstig zu beeinflussen, dies konnte eine aktuelle Studie bestätigen. Selbstverständlich sollten die Übungseinheiten hierbei auf die Bedürfnisse und Möglichkeiten der Person abgestimmt sein. Gerade Personen, die sportlich bisher kaum aktiv waren, sollten sich ärztlich oder physiotherapeutisch beraten lassen und einen geeigneten Trainingsplan erstellen lassen. Wichtig ist, dass die Muskulatur gezielt und regelmäßig trainiert wird. Um Gleichgewichtsprobleme und Stürze zu vermeiden, sollten zusätzliche Trainingsansätze zum Einsatz kommen, die die Koordination und Motorik verbessern.

Einen Ernährungsplan aufstellen

Zusätzlich zum Krafttraining sollte eine ausgewogene Ernährung mit viel proteinreicher Kost auf dem Plan stehen. Für Senior*innen gilt dabei ein Richtwert von 1-1,2 Gramm Protein pro Körpergewicht am Tag als optimal. Fleisch, Fisch, Eier und Milch sind gute Eiweißlieferanten. Aber auch pflanzliche Lebensmittel wie Hülsenfrüchte und Sojaprodukte sollten bei Sarkopenie auf dem Ernährungsplan stehen. Eine ausgewogene Mischkost wird empfohlen.

Sich nur auf eiweißhaltige Lebensmittel zu beschränken, ist allerdings nicht ratsam. Neben Protein spielen auch die relevanten Nährstoffe in Sachen Muskelaufbau eine Rolle. Vor allem Vitamin D sticht dabei hervor, wie Studien zeigen. In ärztlicher Absprache kann es also sinnvoll sein, ergänzend Nahrungsergänzungsmittel einzunehmen.

Verlauf bei Sarkopenie und Einfluss auf die Lebenserwartung

Ohne Gegenmaßnahmen kann Sarkopenie die Lebenserwartung verkürzen. Eine Langzeitstudie über 19 Jahre mit 8.800 Männern zeigte etwa, dass eine schwache Muskulatur oft mit einer erhöhten Sterblichkeit einhergeht. Die schwindenden Muskeln haben außerdem auch Auswirkung auf die Knochendichte, eine Osteoporose ist oft die Folge. Nicht zuletzt schlägt sich die Krankheit auf die Psyche nieder: Betroffene fühlen sich hilflos, schwach und empfinden weniger Lebensfreude.

Umso wichtiger ist es, erste Anzeichen nicht als gegeben hinzunehmen, sondern aktiv gegen die Krankheit vorzugehen. Auch wenn Sarkopenie nicht heilbar ist, lässt sich ihr Verlauf günstig beeinflussen.

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