Pocken sind heute ausgerottet
Die Pocken, eine der schlimmsten Krankheiten der Menschheitsgeschichte, gelten heute als ausgerottet. Warum das Pockenvirus so gefährlich ist und woran man eine Infektion erkennt.
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Wer vor dem Jahr 1970 geboren wurde, kennt die kleine, runde Narbe von der Pockenimpfung an Oberarm oder Schulter. Dank flächendeckender Impfung ist die hochansteckende und lebensbedrohliche Infektionskrankheit Pocken heute ausgerottet. 1980 wurde die Welt offiziell für "pockenfrei" erklärt.
Artikelinhalte im Überblick:
- Was sind Pocken?
- Windpocken oder Pocken?
- Symptome
- Formen und Verlauf
- Diagnose der Pocken
- Pocken behandeln
- Vorbeugen durch Impfung
Was sind Pocken?
Die Pocken (Variola) sind eine hochansteckende und gefährliche Virusinfektion. Verursacht werden sie durch das Pockenvirus, auch Variolavirus genann. Dasdf Virus wird ausschließlich von Mensch zu Mensch weitergegeben. Lediglich Unterformen wie Kuh- oder Affenpocken können auch über Tiere auf den Menschen übertragen werden.
Betroffene entwickeln ein schweres Krankheitsbild mit hohem Fieber, Kopf- und Gliederschmerzen und sehr schlechtem Allgemeinzustand. Nach ein paar Tagen tritt ein bläschenförmiger Hautausschlag (Exanthem) auf. Die Bläschen wachsen über mehrere Stadien hinweg zu flüssigkeitsgefüllten Pusteln an, die beim Aufplatzen extrem ansteckend sind.
Pocken ausgerottet durch Impfung
Der letzte Fall von Pocken wurde 1977 aus Somalia gemeldet. Danach traten ausschließlich und nur vereinzelt Infektionen aufgrund von Laborunfällen auf. Im Mai 1980 wurden die Pockenviren von der Weltgesundheitsorganisation WHO für ausgerottet erklärt – als erste Infektionskrankheit überhaupt. Die erfolgreiche Ausrottung des Virus ist direkt auf die konsequente, weltweite Schutzimpfung zurückzuführen.
Pockenepidemie durch Terroranschlag möglich?
Ein erneuter Ausbruch der Erkrankung beziehungsweise eine Pockenepidemie könnte heute theoretisch durch den Einsatz von Pockenviren als biologische Waffe ausgelöst werden. Allerdings wird das Virus nur noch in zwei Speziallaboren in den USA und Russland aufbewahrt und ist dort hochgradigb gesichert. Eine Vernichtung dieser letzten Viren aus Sicherheitsgründen wird diskutiert.
Zum Schutz der Bevölkerung bei einem Angriff ist seit Jahren ein Impfstoff in ausreichenden Mengen verfügbar. Durch die Massenimpfung könnte ein Ausbruch der Pocken im Keim erstickt werden. Somit gilt eine Pockenepidemie nach heutigem Stand als praktisch ausgeschlossen.
Windpocken und Pocken unterscheiden
Pocken und Windpocken haben außer dem Namen und der optischen Ähnlichkeit der flüssigkeitsgefüllten Bläschen wenig gemeinsam. Bei Windpocken zeigen sich aber immer Bläschen in unterschiedlichen Stadien – von frischen Pickelchen bis hin zu abgeheilten, verkrusteten Pusteln. Bei den echten Pocken treten die Pusteln hingegen immer überall im gleichen Stadium auf. Ein weiterer Unterschied: Bei den Windpocken sind in erster Linie Kopf und Rumpf befallen. Bei Variola sitzen die Bläschen schwerpunktmäßig im Gesicht und an den Extremitäten.
Symptome bei Pocken
Pocken beginnen mit grippeähnlichen Symptomen und einem stark eingeschränkten Allgemeinzustand. Dabei können auftreten:
- hohes Fieber bis 41 Grad
- Kopfschmerzen
- Rückenschmerzen, Lendenschmerzen
- Rachenentzündung (Pharyngitis) mit Halsschmerzen und Schluckbeschwerden
Nach einem treppenförmigen Temperaturabfall kommt es zum erneuten Fieberanstieg und zum Hautausschlag. Er entwickelt sich synchron über mehrere Stadien in der typischen Reihenfolge:
- Flecken
- Knötchen
- Blasen
- Pusteln
- Schorf
- Abheilung unter Narbenbildung
Symptome der schwarzen Pocken
Die schwarzen Pocken verlaufen wesentlich schneller und bedrohlicher als die echten Pocken. Nach einer kurzen Inkubationszeit kommt es innerhalb weniger Tage zu ausgedehnten Blutungen (Hämorrhagien) der Haut und der Schleimhäute, außerdem an den inneren Organen.
Pocken: Formen und Verlauf
Auslöser der Pocken ist das Variolavirus aus der Familie der Orthopoxviren. Unterschieden werden drei Untergruppen (Subtypen) des Virus:
Die sogenannten echten Pocken werden durch die Variola-major-Viren ausgelöst. Dieser Erreger war am weitesten verbreitet und führt zum typischen Krankheitsbild.
Eine mildere Form, die weißen Pocken, wird durch das Variola-minor-Virus verursacht.
Die schwarzen Pocken, auch hämorrhagische Pocken, sind die gefährlichste Form. Auslöser ist der Erreger Variola haemorrhagica. Schwarze Pocken verlaufen zu 90 Prozent und meist innerhalb von wenigen Tagen tödlich.
Verlauf der Pocken in mehreren Stadien
Typischerweise verläuft eine Pockeninfektion in drei Phasen:
Die Krankheit beginnt mit unspezifischen Allgemeinsymptomen wie hohem Fieber und zunehmend starken Kopf- und Rückenschmerzen. Dieses Initialstadium dauert etwa zwei bis vier Tage. Mund- und Rachenschleimhaut erscheinen geschwollen und gerötet. Dort treten die ersten Pusteln auf. Die Viren gelangen in den Speichel und der Patient ist nun ansteckend.
Während der folgenden Phase (Eruptionsstadium) kommt es zum treppenförmigen Fieberabfall und es entwickelt sich über ein bis drei Wochen ein typischer Hautauschlag. Er beginnt mit insektenstichartigen roten Flecken, die Ähnlichkeit mit Masern oder Scharlach haben können. Daraus entwickeln sich Knötchen (Papeln), die sich mit Flüssigkeit füllen. Die Bläschen weisen oft in der Mitte eine Delle auf. Die Pusteln können am ganzen Körper auftreten, hauptsächlich sind sie jedoch im Gesicht, am behaarten Kopf, an den Unterarmen und Handflächen zu finden. Nur die Innenseiten der Oberschenkel und die Achseln bleiben typischerweise frei.
Nach etwa drei Wochen beginnt die Abheilung. Die Bläschen verkrusten und es kommt teilweise zu sehr starkem Juckreiz. Sehr häufig bleiben nach der Abheilung Narben zurück, vor allem im Gesicht.
Ansteckung und Inkubationszeit
Die Infektion wird in den meisten Fällen durch Tröpfcheninfektion über infektiösen Speichel weitergegeben. Möglich sind auch Infektionen über Kleidung, Bettwäsche oder andere von Kranken kontaminierte Gegenstände (Schmierinfektion). Des Weiteren kann sich das Virus über die Luft, beispielsweise über Klimaanlagen oder Lüftungen, verbreiten.
Die Zeit von der Ansteckung bis zum Ausbruch der Krankheit (Inkubationszeit) kann zwischen 7 und 19 Tagen liegen, in den meisten Fällen beträgt sie 12 bis 14 Tage. Die Krankheit dauert insgesamt drei bis sechs Wochen. Erst mit dem Abheilen der letzten Krusten ist die Ansteckungsgefahr vorüber.
Nach überstandener Pockeninfektion ist der Betroffene lebenslang vor einer erneuten Erkrankung geschützt.
Sonderformen: Affenpocken, Kuhpocken
Mit den Pocken eng verwandt sind die Affen-, Kuh- oder Katzenpocken. Diese Viren können von Säugetieren auch auf den Menschen übertragen werden (Zoonose). Tierpocken verlaufen beim Menschen milder und eine Infektion verursacht Immunität gegen andere Pockenarten.
Affenpocken-Ausbruch in Westafrika
Die Affenpocken kommen heute noch in West- und Zentralafrika vor und werden von Affen und Nagetieren übertragen. Eine direkte Übertragung der Viren auf den Menschen ist selten, dennoch kommt es immer wieder zu Epidemien durch den Verzehr von infiziertem Affenfleisch, zuletzt 2017 in Nigeria. Auch hier bietet die Pockenimpfung einen relativ sicheren Schutz.
Die Affenpocken verlaufen beim Menschen in der Regel milder als eine echte Variolainfektion. Dennoch ist die Sterblichkeit gerade in Afrika mit bis zu zehn Prozent relativ hoch aufgrund der vielen HIV-Infizierten. Nach einer Reise nach Afrika oder einem Biss durch einen Affen oder ein Nagetier sollte die Möglichkeit einer Ansteckung mit Affenpocken grundsätzlich in Betracht gezogen werden.
Diagnose der Pocken
Die Diagnose von Pocken ist nicht einfach: Ärzte haben keine Erfahrung mehr mit dem Virus, zudem besteht Verwechslungsgefahr mit anderen Infektionen mit Hautausschlag wie Masern oder Windpocken. Bei Verdacht auf Pocken oder Affenpocken sollten sich Betroffene an ein Tropeninstitut wenden.
Erregernachweis: Vorsicht Ansteckung!
Der Erregernachweis erfolgt durch Blutentnahme oder einen Abstrich an befallenen Hautarealen. Einen raschen Nachweis ergibt eine Untersuchung mit dem Elektronenmikroskop, wo die Viren aufgrund ihrer typischen Form gut erkennbar sind. Eine Virenkultur oder ein Antikörpernachweis geben Aufschluss über den Virustyp.
Therapie: Wie werden Pocken behandelt?
Einen relativ sicheren Schutz bietet nur die nachträgliche Impfung bei Kontakt mit Pockenviren oder infektiösen Menschen. Um wirksam zu sein, muss diese Postexpositionsprophylaxe innerhalb von 4 Tagen erfolgen.
Ist es bereits zum Ausbruch der Krankheit gekommen, kann nur noch symptomatisch behandelt werden. Virostatika können die Virulenz der Erreger eindämmen und das Immunsystem unterstützen. Ob sie wirken, ist allerdings ungewiss. Weitere Maßnahmen sind:
- fiebersenkende Medikamente
- körperliche Schonung und strenge Bettruhe
- hochkalorische Ernährung
- ausreichende Flüssigkeitszufuhr
Wichtigste Maßnahme: Quarantäne bei Pockeninfektion
Die wichtigste Maßnahme bei Verdacht auf eine Ansteckung ist die Quarantäne. Erkrankte Menschen werden auf spezialisierten Quarantänestationen behandelt und bis zum Ende der Ansteckungsfähigkeit streng isoliert. Kleidung, Bettwäsche und Möbel des Betroffenen müssen sorgfältig desinfiziert werden.
Komplikationen und Prognose
Eine Pockeninfektion kann auch bei nicht tödlichem Verlauf schwerwiegende Komplikationen nach sich ziehen. Am häufigsten sind Lungenentzündung (Pneumonie), Schäden am Gehirn oder Erblinden.
Die Sterblichkeitsrate ist je nach Erreger unterschiedlich:
- echte Pocken (Variola major): zu etwa 30 Prozent
- weiße Pocken (Variola minor): 1 bis 5 Prozent
- schwarze Pocken: über 90 Prozent
- Kuh- und Affenpocken: selten tödlich. Todesfälle in erster Linie bei geschwächtem Immunsystem
Sehr häufig behalten Betroffene nach der Abheilung der Pusteln Narben zurück, vor allem im Gesicht.
Mit Impfung den Pocken vorbeugen
Moderne Impfstoffe bieten einen wirksamen Schutz gegen alle Arten von Pockenviren, einschließlich der Affenpocken. Allerdings wird die Pockenimpfung nach wie vor nur nach vermuteter Ansteckung empfohlen. Es gibt auch keine Empfehlung für eine Reiseimpfung, da die Infektionskrankheit als ausgerottet gilt und der Impfstoff Nebenwirkungen hat.
Impfung mit dem Vaccinia-Virus
Geimpft wird mit dem Vaccinia-Impfstoff, der aus den Kuhpocken entwickelt wurde. Es handelt sich um einen Lebendimpfstoff, deshalb dürfen Impfungen nicht bei Schwangeren, Kindern unter einem Jahr und Menschen mit angeborener oder erworbener Abwehrschwäche erfolgen. Der Geimpfte entwickelt nach 3 bis 4 Tagen an der Impfstelle eine Hautreaktion in Form einer einzelnen Pocke, die nach etwa 3 Wochen unter Schorfbildung abheilt. Das Bläschen kann stark jucken, meist bleibt eine Narbe zurück. Bis zur vollständigen Abheilung ist die Impfstelle potenziell ansteckend. Die Impfstelle muss abgedeckt werden und darf nicht berührt werden, insbesondere darf kein Kontakt mit den Augen erfolgen wegen einer möglichen Infektion und der Gefahr des Erblindens.
Darüber hinaus steht seit einiger Zeit ein Wirkstoff mit einem abgeschwächten Virenstamm zur Verfügung (MVA-Impfstoff). Er erzielt nicht die gleiche Schutzwirkung wie der Lebendimpfstoff, ist aber nicht infektiös und könnte auch bei immungeschwächten Personen angewandt werden.
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