Ulcus cruris (Offenes Bein): Frühzeitige Behandlung wichtig
Ein Ulcus cruris, auch offenes Bein, ist ein schmerzhafter Defekt der Haut am Unterschenkel, der oft schwer heilt. Lesen Sie hier, warum sich die Haut entzündet, was die ersten Anzeichen für ein Beingeschwür sind und wie es behandelt wird.
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Artikelinhalte im Überblick:
Was ist ein Ulcus cruris?
Ein Ulcus cruris ist ein schlecht heilendes Geschwür beziehungsweise eine Wunde am Unterschenkel und wird auch als offenes Bein bezeichnet. Ursache ist häufig eine Mangelversorgung der Haut und des Gewebes aufgrund von Venenschwäche und Durchblutungsstörungen.
Erste Anzeichen sind Hautveränderungen, die sich im Laufe der Zeit zu einer offenen, nässenden und schmerzenden Wunde entwickeln können. Da die Wunde meistens schlecht heilt, wird sie auch als chronisch bezeichnet.
Beingeschwüre treten häufig erst mit zunehmendem Alter auf. Die meisten Patienten sind über 75 Jahre alt. Laut Schätzungen sind circa eine Millionen Menschen in Deutschland von einem offenen Bein betroffen. Frauen häufiger als Männer.
Ein Geschwür (Ulcus) kann auch an anderen Stellen am Körper auftreten, zum Beispiel im Magen (Ulcus ventriculi) oder im Zwölffingerdarm (Ulcus duodeni).
Ursachen: Wie entsteht ein offenes Bein?
Ein Beingeschwür entsteht, wenn die Haut und das Gewebe aufgrund einer schlechten Durchblutung nicht mehr ausreichend mit Nährstoffen versorgt werden. Dann verliert die Haut an Widerstandsfähigkeit und schon aus einer kleinen Verletzung kann sich eine schlecht oder nicht heilende Wunde entwickeln.
Je nach Ursache für die Durchblutungsstörung wird nach verschiedenen Krankheitsformen unterschieden.
Häufigste Form: venöses Beingeschwür (Ulcus cruris venosum)
Circa 80 Prozent der Beingeschwüre entstehen infolge einer Venenschwäche (chronisch-venöse Insuffizienz). Dabei handelt es sich um eine Venenerkrankung, bei der das schwache Bindegewebe der Venenwände den Blutfluss nicht mehr optimal unterstützt. Die krankhaft veränderten Venen sind instabil und weiten sich oder "leiern" aus. Dadurch können die Venenklappen nicht mehr richtig schließen und das Blut Richtung Herz transportieren.
Stattdessen sackt es ab und staut sich in den Waden, dadurch können Krampfadern entstehen. Flüssigkeit lagert sich im Gewebe ab und verursacht eine Schwellung (Ödem). Der dadurch entstehende Druck erschwert die Durchblutung des umliegenden Gewebes, weshalb es nicht mehr ausreichend mit Sauerstoff und Nährstoffen versorgt wird.
Die schlechte Durchblutung verändert das Haut- und Bindegewebe: Die obere Hautschicht wird dünner, Ekzeme treten häufiger auf, die Haut verfärbt sich bräunlich. Ist das Gewebe durch die Unterversorgung besonders stark geschädigt, sterben die Hautzellen ab (Nekrose) und eine Wunde entsteht. Ein Geschwür, das sich dann entwickelt, wird als venöses Beingeschwür (Ulcus cruris venosum) bezeichnet.
Arterielles Beingeschwür (Ulcus cruris arteriosum)
Das arterielle Beingeschwür ist mit zehn Prozent die zweithäufigste Form des offenen Beins. Ursache dafür sind Ablagerungen in den Arterien, die letztendlich zum Verschluss der Gefäße (periphere arterielle Verschlusskrankheit) führen. Es kommt zu Durchblutungsstörungen der Beine. Haut und Gewebe werden nicht mehr ausreichend mit sauerstoffreichem Blut versorgt. Ist die Haut unterversorgt, entstehen Geschwüre.
Weitere Ursachen für Beingeschwüre
In manchen Fällen können auch venöse und arterielle Ursachen gleichzeitig auftreten. Diese Mischform wird als Ulcus cruris mixtum bezeichnet. Zudem können weitere Ursachen die Entstehung eines Beingeschwürs begünstigen.
Dazu gehören:
Krampfadern
Thrombosen
Verletzungen oder Verbrennungen
Tumorerkrankungen der Haut
Bakterielle Infektionen wie Furunkel, Syphilis oder Tuberkulose
Stoffwechselstörungen wie Diabetes mellitus (Diabetisches Fußsyndrom) oder Gicht
Symptome: Wie sieht ein offenes Bein aus?
Ein offenes Bein macht sich durch eine Reihe von Anzeichen bemerkbar. Werden diese rechtzeitig erkannt und behandelt, kann die Entstehung eines Geschwürs verhindert werden.
Frühwarnzeichen für ein venöses Beingeschwür:
Länger bestehende Schwellungen an den Beinen
Spannungsgefühl in den Waden
Bildung von Thrombosen
Wassereinlagerungen und Ödeme im Bereich der Knöchel
Bräunliche Stauungsflecken am inneren und äußeren Knöchel oder an der Innenseite der Unterschenkel
Geringe Schmerzen
Frühwarnzeichen für ein arterielles Beingeschwür:
Füße und Beine sind aufgrund des Arterienverschluss kühl und blass
Starke Schmerzen in den Beinen, vor allem bei Bewegung und langen Wegstrecken
Hautveränderungen, vor allem am Fußrücken, den Fußrändern sowie an den Außenseiten der Unterschenkel
Kommt es zur Wundbildung, zeigen sich venöse Geschwüre durch einen unregelmäßigen Wundrand und eine mäßigen Wundtiefe. Arterielle Beingeschwüre sind hingegen sehr tief und wirken wie ausgestanzt. Die Geschwüre können sich mit der Zeit ausweiten. Sie sind zudem sehr schmerzhaft und nässen. Im fortgeschrittenen Stadium kann sich auch ein unangenehmer Geruch bilden.
Welche Behandlung ist bei Ulcus cruris sinnvoll?
Die Behandlung eines offenen Beins ist häufig sehr langwierig, besonders wenn das Geschwür schon länger besteht. Grundsätzlich gilt: Je eher ein offenes Bein behandelt wird, desto besser ist der Verlauf. Das gilt auch für kleine Wunden, die nicht von alleine abheilen.
Erstes Ziel der Behandlung sind die Wundversorgung des offenen Beins und Schmerzlinderung. Die Wundbehandlung für die verschiedenen Krankheitsformen ist dabei gleich und sollte regelmäßig von einem Arzt durchgeführt werden. Dazu gehören folgende Schritte:
Wundreinigung: Die Wunde wird zunächst gereinigt. Der medizinische Begriff dafür ist Wundtoilette. Dabei wird abgestorbenes und geschädigtes Gewebe entfernt und die Wunde gegebenenfalls mit einer antiseptischen Lösung gespült.
Wundversorgung: Im Anschluss wird das Geschwür mit speziellen Wundauflagen versorgt. Sogenannte Hydrokolloid-Verbände kommen zum Einsatz, wenn die Wunde wenig nässt. Dieser Verband sorgt für ein feuchtes Wundmilieu, um die Regeneration des Gewebes anzuregen. Bei stärker nässenden Wunden werden hingegen Schaumstoff- oder Alginatverbände verwendet, die sich ebenfalls günstig auf das Wundklima auswirken.
Da Beingeschwüre starke Schmerzen verursachen, sind häufig Schmerzmittel zur Behandlung notwendig.
Ist eine Wunde so groß, dass sie sich nicht mehr von alleine schließt, kann alternativ auch ein Hauttransplantat infrage kommen. Dabei wird eigene Haut von einer anderen Körperstelle oder ein künstlich erzeugtes Hautstück mit der gesunden Haut am Rand der Wunde verbunden. Die gesunden Hautränder verwachsen binnen weniger Tage miteinander.
Nicht nur Geschwür, auch Grunderkrankung bei Ulcus cruris behandeln
Damit die Wundbehandlung erfolgreich ist, muss parallel die Grunderkrankung kuriert werden.
Bei einem venösen Beingeschwür ist es notwendig, den Blutfluss in den Venen wieder anzuregen und die Schwellung im Unterschenkel zu reduzieren. Das wird mit einer Kompressionstherapie erreicht, zum Beispiel mit speziellen Kompressionsverbänden oder -strümpfen. Sind Krampfadern vorhanden, werden diese entfernt. Mit regelmäßiger Bewegung können Betroffene zusätzlich den Blutfluss anregen und Rückstauungen reduzieren.
Bei einem arteriellen Ulcus cruris kann zum Beispiel ein Bypass notwendig werden. Betroffene müssen zudem mögliche Risikofaktoren reduzieren und ihr Bewegungspensum stark erhöhen.
Gibt es Hausmittel gegen ein offenes Bein?
Die Behandlung eines offenen Beins gehört in die professionellen Hände eines Arztes oder eines Wundtherapeuten. Hausmittel wie Salben, Kamilletinkturen oder Honig können die Wunde noch mehr reizen und sollten deshalb nicht verwendet werden. Wer selbst etwas tun will, kann die Wundheilung mit bestimmten Verhaltensweisen unterstützen:
Bei einem venösen Beingeschwür die Beine regelmäßig hochlegen und beim Sitzen nicht überschlagen. Grundsätzlich viel Bewegen und bei gleichbleibenden Tätigkeiten häufig zwischen Stehen und Sitzen wechseln.
Bei einem arteriellen Beingeschwür die Beine tief lagern und ebenfalls viel bewegen.
Krankheitsverlauf und Prognose bei Ulcus crusris
Bei konsequenter und frühzeitiger Behandlung heilt ein offenes Bein bei den meisten Betroffenen innerhalb weniger Monate vollständig ab. Die Heilungschancen bei einem venösen Beingeschwür sind besser als bei einem arteriellen Geschwür. Allerdings treten venöse Beingeschwüre öfter erneut auf. Bestimmte Verhaltensweisen, wie Beine hochlagern oder diese nicht übereinanderschlagen sowie angepasste Kompressionsstrümpfe, können das Risiko eines Rückfalls verringern.
Werden offene Beine hingegen nicht zügig behandelt, können Bakterien bis in tiefe Gewebeschichten vordringen und eine Infektion verursachen. Das kann eine größere Operation oder sogar eine Amputation notwendig machen.
Risikofaktoren für offenes Bein erkennen und vorbeugen
Es gibt Risikofaktoren, die die Entstehung einer peripheren arteriellen Verschlusskrankheit (PAVK) und damit die Entstehung eines arteriellen Beingeschwürs begünstigen. Dazu gehören Diabetes mellitus, hohe Blutfette, Übergewicht, Rauchen und Bluthochdruck. Die Risikofaktoren für eine Venenschwäche sind vor allem erblich und hormonell bedingt.
Aber auch Übergewicht, übermäßiger Alkoholkonsum, Wärme, hohes Schuhwerk sowie eine überwiegend sitzende oder stehende Tätigkeit können die Venengesundheit negativ beeinflussen.
Um ein offenes Bein vorzubeugen, wird deshalb empfohlen:
Regelmäßig und so oft wie möglich bewegen
Übergewicht reduzieren
Mit dem Rauchen aufhören
Gesund und ausgewogen ernähren
Darüber hinaus ist wichtig:
Die Beine und Füße regelmäßig kontrollieren
Weiches und passendes Schuhwerk tragen
Verletzungen und Druckstellen vermeiden
Bei Mückenstichen oder Juckreiz an den betroffenen Hautstellen nicht kratzen
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