Nervenzusammenbruch: Symptome erkennen und was tun?

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Ein Nervenzusammenbruch kann jeden Menschen treffen und stellt eine extreme Belastung für Körper und Psyche dar. Er tritt oft unmittelbar nach einem traumatischen Erlebnis auf, das starke Emotionen wie Angst oder Trauer auslöst. Wie lassen sich Symptome erkennen - und was kann man dagegen tun?

Junge Frau steht im Vordergrund und schaut nachdenklich nach unten, eine andere steht hinter ihr und legt ihr die Hand auf die Schulter
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Kurzübersicht: Häufige Fragen und Antworten zum Nervenzusammenbruch

Was tun bei akutem Nervenzusammenbruch? In einer akuten Situation sollten Sie Ruhe bewahren und eine sichere Umgebung für Betroffene schaffen, um den Stress zu verringern. Suchen Sie Unterstützung bei einer Vertrauensperson, Telefonseelsorge (116 123) oder Webseiten mit spezialisierten Kliniken. Bei Anzeichen von Suizidgefahr ist es wichtig, sofort professionelle Hilfe zu holen.

Was ist ein stiller Nervenzusammenbruch? Er tritt oft ohne äußere Anzeichen auf und bleibt oft unbemerkt. Die Betroffenen fühlen sich innerlich überfordert oder emotional erschöpft.

Wie lange bleiben Symptome nach einem Nervenzusammenbruch? Sie klingen oft innerhalb von 48 Stunden ab. Wenn die Symptome länger als vier Wochen anhalten, sollte professionelle Hilfe in Anspruch genommen werden.

Artikelinhalte im Überblick:

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Was ist ein Nervenzusammenbruch?

Eine akute Belastungsreaktion (umgangssprachlich auch Nervenzusammenbruch genannt) ist eine extreme Stressreaktion des Körpers und der Psyche auf eine kurzfristige Überlastung. In den meisten Fällen wird sie durch ein traumatisches Ereignis ausgelöst. Dazu gehören etwa ein Unfall, eine Gewalterfahrung oder der Verlust eines nahestehenden Menschen.

Typisch sind verschiedene körperliche und emotionale Symptome. Diese Reaktionen sind zwar meist nur vorübergehend, können die Betroffenen aber stark beeinträchtigen.

Dauern die Beschwerden länger als vier Wochen an, kann eine posttraumatische Belastungsstörung (PTBS) entstehen. Zeigen sich die Symptome noch drei Monate nach der Situation, spricht man von einer chronischen PTBS.

Gut zu wissen: Eine Anpassungsstörung ist eine psychische Reaktion auf belastende Lebensereignisse, die Ähnlichkeiten mit einem Nervenzusammenbruch aufweisen kann. Anpassungsstörungen sind meist weniger schwerwiegend und führen nicht zu einem kompletten Zusammenbruch der Funktionsfähigkeit.

Symptome bei Nervenzusammenbruch: Diese Anzeichen deuten darauf hin

Ein Nervenzusammenbruch tritt meist direkt nach einer belastenden Situation auf und kann von ein paar Minuten bis zu mehreren Tagen andauern. Die Anzeichen sind individuell unterschiedlich und können stärker oder schwächer werden.

Körperliche Anzeichen sind:

Nonverbale Signale wie auffällige Mimik und Gestik können Ausdruck der inneren Belastung sein und auf einen akuten Stresszustand hindeuten. Beobachter können anhand dieser Gebärden möglicherweise erkennen, dass eine Person einen Nervenzusammenbruch erlebt, auch wenn keine verbale Kommunikation stattfindet.

Zu den psychischen Symptomen zählen:

  • Gefühl, von der Realität abgeschnitten zu sein (Depersonalisation)
  • Innere Unruhe
  • Nervosität
  • Schreckhaftigkeit und erhöhte Reizbarkeit
  • Schwierigkeiten, das Erlebte in Worte zu fassen (Sprachlosigkeit)
  • Hilflosigkeit und Angstzustände
  • Kreisen der Gedanken um das Erlebte
  • Probleme beim Kontrollieren der Gefühle (Affektstörung)
  • starke Stimmungsschwankungen (z. B. zwischen Angst, Wut und Trauer)
  • Isolation (Vermeidungsverhalten und Rückzug aus sozialen Kontakten)
  • Konzentrationsstörungen und verminderte Leistungsfähigkeit

Manche Menschen haben außerdem Gedächtnislücken (Amnesie) oder erleben Flashbacks, bei denen das traumatische Ereignis erneut lebendig wird. Auch wiederkehrende Albträume, in denen die Situation immer wieder durchlebt wird, sind möglich.

Erste Hilfe: Was tun bei einem akuten Nervenzusammenbruch?

Obwohl eine Belastungsreaktion in der Regel nach 48 Stunden überwunden ist, sollte schnell gehandelt werden, um die Situation zu beruhigen. Vor allem bei psychischer Vorbelastung sollte sofort psychologische Hilfe gesucht werden.

Direkt nach dem auslösenden Ereignis ist es wichtig, die Person zu beruhigen. In dieser akuten Phase gilt es:

  • sichere Umgebung schaffen: Betroffene sollten nicht allein sein. Hilfreich ist es, an einem ruhigen Ort zu bleiben, wo äußere Reize wie grelles Licht oder laute Geräusche minimiert sind.

  • medizinische Unterstützung einholen: Nach traumatischen Erlebnissen können Seelsorger*innen sowie Ärzt*innen oder Therapeut*innen helfen, um die emotionale Belastung zu bewältigen. In Notfällen kann auch ein Krankenhaus mit speziellen Schockräumen zur Stabilisierung aufgesucht werden.

Wie Angehörige helfen können

Damit die Person das Erlebnis langfristig verarbeiten kann, ist die Unterstützung von Angehören wichtig. Besonders wenn Anzeichen für Suizidgefahr bestehen, dürfen Betroffene nicht allein gelassen werden. Angehörige sollten:

  • Verständnis zeigen und beruhigend einwirken. Bewertungen oder Ratschläge möglichst vermeiden, da diese zusätzlichen Druck erzeugen und das Gefühl der Isolation verstärken können.

  • Zuhören und anbieten, über die belastende Erfahrung zu sprechen, kann manchmal eine Erleichterung verschaffen.

  • Hilfe anbieten, um medizinische Unterstützung zu erhalten, dabei jedoch keinen Druck ausüben.

  • Unterstützung weiterhin zusichern, auch wenn die Hilfe zunächst abgelehnt wurde.

In bestimmten Fällen wie Panikattacken können auch Beruhigungsmittel die Symptome lindern. Diese Medikamente sollten jedoch nur unter ärztlicher Aufsicht und kurzfristig eingenommen werden. Wenn die Person sich nach mehreren Stunden nicht beruhigt, können Behandlungsangebote wie Krisenintervention notwendig sein. Bei akuter Suizidgefahr sollte zudem ein stationärer Aufenthalt in einer psychiatrischen Klinik erwogen werden.

Wichtige Anlaufstellen: Bei einer akuten Belastungsreaktion helfen die Telefonseelsorge unter der Nummer 116 123 (kostenfrei und anonym). Auch der psychiatrische Krisendienst für kurzfristige, psychologische Unterstützung ist über regionale Notrufnummern erreichbar. Neben hausärztlichen Praxen oder Notfallambulanzen bieten auch Internetseiten wie „Klinikradar“ Hilfe. Dort werden Kliniken aufgelistet, die etwa auf die Behandlung von Belastungsstörungen spezialisiert sind.

Wie geht es nach einem Nervenzusammenbruch weiter?

Nach einem Zusammenbruch ist es wichtig, den gewohnten Alltag so gut wie möglich aufrechtzuerhalten, da soziale Isolation die Symptome verstärken kann. Der Kontakt zu vertrauten Personen wie Familie oder engen Freund*innen hilft oft, das Erfahrene zu verarbeiten.

Falls weiterhin Flashbacks, Albträume oder starke Ängste auftreten, sollte eine Psychotherapie erwogen werden. Eine traumafokussierte Therapie kann helfen, belastende Erlebnisse zu verarbeiten. Verfahren wie EMDR (Eye Movement Desensitization and Reprocessing) oder Verhaltenstherapie können zudem das Risiko einer posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS) verringern.

Nervenzusammenbruch vorbeugen: Maßnahmen zur Selbsthilfe

Traumatisierende Ereignisse können in der Regel nicht vermieden werden. Um mit diesen aber besser umzugehen, können Bewältigungsstrategien, auch "Coping" genannt, hilfreich sein. Dazu zählen folgende Möglichkeiten:

  • Gefühle annehmen: Angst, Wut und Trauer sind normale Reaktionen auf stressige Erlebnisse. Betroffene sollten sie zulassen und die Gefühle nicht verdrängen, wenn sie aufkommen. So können diese wieder abklingen.

  • soziales Umfeld: Kontakte zu Freunden oder Gruppenaktivitäten verbessern in der Regel das emotionale Gleichgewicht.

  • Entspannungstechniken: Atemübungen, Meditation oder leichte Dehnübungen helfen, sich zu beruhigen und Stress abzubauen.

  • gesunde Gewohnheiten: Auf Alkohol und Drogen verzichten, da diese die Symptome eines Nervenzusammenbruchs verstärken können.

  • regelmäßige Routine: Tägliche Aufgaben wie Duschen, Anziehen und regelmäßige Mahlzeiten unterstützen viele Betroffene, sich wieder zurechtzufinden.

  • Überforderung vermeiden: Um Stress gar nicht erst entstehen zu lassen, sollte man sich nicht zu viel auf einmal vornehmen und regelmäßig Pausen einlegen.

  • Erinnerungsbuch führen: Eine Methode, um positive Gefühle zu verstärken und schwierige Erinnerungen zu bewältigen, die jedoch vorsichtig eingesetzt werden sollte. Auch die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat ein illustriertes Übungsbuch mit Techniken zur Stressbewältigung erstellt.

Hinweis: Eine Belastungsreaktion ist eine ernste psychische Reaktion auf extreme Belastungen. Frühzeitige Unterstützung, eine fachkundige Diagnose und gezielte Maßnahmen helfen, Stabilität zu erlangen und langfristige Folgen zu vermeiden.

PTBS: Welche Symptome sind typisch?

© FUNKE Digital Video

Ursachen und Risikofaktoren für einen Nervenzusammenbruch

Auslöser einer Belastungsreaktion ist in der Regel ein Ereignis, das für eine der beteiligten Personen lebensbedrohlich ist. Doch auch sehr stressige Lebensphasen, etwa durch häufige Auseinandersetzungen in konfliktreichen Partnerschaften oder berufliche Dauerüberlastung, können zu einem Zusammenbruch führen.

Zu den häufigsten Ursachen gehören:

  • Unfälle

  • Gewalterfahrungen

  • anhaltende Stressbelastungen

  • Tod einer nahestehenden Person

  • Naturkatastrophen

  • Terroranschläge

  • Kriege

Prinzipiell kann jeder Mensch einen Nervenzusammenbruch erleiden, manche sind allerdings anfälliger als andere, eine akute Belastungsreaktion zu entwickeln. Das Risiko ist zum Beispiel erhöht bei:

  • bestimmten Berufsgruppen, darunter Rettungskräften, Polizist*innen, Soldat*innen oder Ärzt*innen

  • Vorbelastung durch Erkrankungen

  • anhaltende emotionale und/oder körperliche Erschöpfung

  • psychische Instabilität

  • fehlende Bewältigungsstrategien (Coping)

Verlauf und Prognose bei einem Nervenzusammenbruch

Die Heilungschancen nach einer akuten Belastungsreaktion sind gut, wenn Betroffene frühzeitig in der Verarbeitungsphase unterstützt werden. Oft klingen die Symptome innerhalb von 48 Stunden ab, und nach vier Wochen sind in der Regel keine weiteren Folgen zu spüren.

Halten die Symptome jedoch länger als vier Wochen an und beeinträchtigen das tägliche Leben, können sich auf lange Sicht eine posttraumatische Belastungsstörung (PTBS) oder Depressionen entwickeln.

Oft ist eine Psychotherapie nötig, um langfristige psychische Folgen zu vermeiden.

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