Nervenzusammenbruch: Symptome und Behandlung der akuten Belastungsstörung
Nach höchsten wissenschaftlichen Standards verfasst und von Expert*innen geprüftEinem Nervenzusammenbruch geht eine potentiell traumatisierende Situation voraus. Die vielfältigen Symptome der akuten Belastungsreaktion sollten im Rahmen der Krisenintervention möglichst schnell erstversorgt werden, um langfristigen Folgen des entgegenzuwirken.
- © Justin Case/Stone via gettyimages
Meist tritt ein Nervenzusammenbruch nur wenige Augenblicke direkt nach einer traumatisierenden Erfahrung auf, etwa ein Unfall, eine Gewalterfahrung oder der Tod einer nahestehenden Person. Betroffene erleben die starke Stressreaktion durch verschiedene, teils sehr ausgeprägte körperliche und psychische Symptome, die meist nur kurz anhalten.
Besteht die akute Belastungsreaktion länger als 48 Stunden, sprechen Mediziner*innen von einer akuten Belastungsstörung. Gehen die Symptome dann auch nach vier Wochen nicht vorüber, handelt es sich um eine akute posttraumatische Belastungsstörung, die weiterhin behandelt werden sollte, damit sie nicht in eine langfristige posttraumatische Belastungsstörung (PTBS), eine ernstzunehmende psychische Erkrankung, übergeht.
Im Überblick:
Symptome: Welche Anzeichen deuten auf einen Nervenzusammenbruch hin?
Die Symptome eines Nervenzusammenbruchs können sehr vielfältig und unterschiedlich stark ausgeprägt sein. Anzeichen für einen Nervenzusammenbruch sind unter anderem:
Veränderungen in der Wahrnehmung (Depersonalisation): Betroffene erleben sich und die Umwelt als fremd und surreal.
Körperliche Symptome wie starkes Zittern, Weinkrämpfe, Herzrasen, Schweißausbrüche, Übelkeit, Schwindelgefühle, Druck im Kopf
Nervosität, innere Unruhe und Hyperaktivität
Sprachlosigkeit: Betroffenen fällt es oft schwer, das auslösende Ereignis zu verbalisieren.
Gefühl der Hilflosigkeit
Atembeschwerden: Nach einem Schockerlebnis kann es schwerfallen, ruhig und gleichmäßig zu atmen. Für viele Betroffene fühlt es sich an, als würden sie nicht mehr richtig Luft holen können.
Kloß im Hals: Auch das subjektive Gefühl einen Kloß im Hals zu haben, ist eine häufige Reaktion auf belastende Krisensituationen.
Bewusstseinseinengung: Die Gedanken drehen sich im Kreis und lediglich um das auslösende Ereignis.
Schreckhaftigkeit und erhöhte Reizbarkeit
Vermeidungsverhalten: Wer einen Nervenzusammenbruch erleidet, zieht sich häufig aus seinem sozialen Umfeld zurück.
Gefühlsstörungen (Affektstörung): Die Stimmung der Betroffenen schwankt nach einem Nervenzusammenbruch teilweise sehr stark. Je nachdem, welches Ereignis die akute Belastungsreaktion ausgelöst hat, können sich Gefühle wie Aggressionen, Angst, Trauer oder Wut schnell abwechseln. Auch unangemessenes Lachen ist eine typische Schockreaktion.
Gedächtnisprobleme/Erinnerungslücken: Traumatische Erlebnisse gehen oft mit einer Amnesie einher, durch die Betroffene sich nicht mehr an einen bestimmten Zeitraum, oft das auslösende traumatische Ereignis, erinnern können.
Gefühle wie Trauer oder Wut: Je nachdem, welche Situation der Auslöser für den Nervenzusammenbruch war, sind starke Gefühle, etwa Trauer oder Wut, typische Symptome einer akuten Belastungsreaktion.
Hält ein Nervenzusammenbruch länger an, können auch Symptome wie Schlafstörungen, Konzentrationsprobleme und Muskelverspannungen hinzukommen.
Ursachen und Risikofaktoren für einen Nervenzusammenbruch
Ausgelöst wird ein Nervenzusammenbruch meist durch ein Ereignis, welches auf Betroffene traumatisierend wirkt. Häufig handelt es sich dabei um Situationen, die für eine der anwesenden Personen lebensbedrohlich ist. Doch auch sehr stressige Lebensphasen, etwa durch häufige Auseinandersetzungen in konfliktreichen Partnerschaften oder berufliche Dauerüberlastung, können zu einem Nervenzusammenbruch führen.
Mögliche Ursachen für einen Nervenzusammenbruch können zum Beispiel sein:
- Körperverletzung
- Sexuelle Gewalt
- Schwere Unfälle
- Tod einer nahestehenden Person
- Raubüberfälle
- Naturkatastrophen
- Terroranschläge
- Krieg
Prinzipiell kann jeder Mensch einen Nervenzusammenbruch erleiden, manche sind allerdings anfälliger als andere, eine akute Belastungsreaktion zu entwickeln. Das Risiko ist zum Beispiel erhöht bei:
- Bestimmten Berufsgruppen, darunter Rettungskräfte, Polizisten, Soldaten oder Ärzte
- Vorbelastung durch Erkrankungen
- Anhaltende emotionale und/oder körperliche Erschöpfung
- Psychische Instabilität
- Fehlende Bewältigungsstrategien (Coping-Strategie): Betroffene können schlecht mit als schwierig empfundenen Ereignissen oder Lebensphasen umgehen.
Nervenzusammenbruch behandeln verhindert langfristige Folgen
Direkt nach dem auslösenden Ereignis sollten die Symptome möglichst schnell erstversorgt werden. Hierfür stehen nach Unfällen, Katastrophen und anderen traumatisierenden Schockerfahrungen im Idealfall Seelsorger*innen bereit. Betroffene werden auch häufig zunächst in speziellen Schockräumen in medizinischen Einrichtungen beruhigt.
Vor allem bei psychischer Vorbelastung oder wenn Betroffene allgemein psychisch instabil sind, sollte weiterhin psychologische Hilfe in Anspruch genommen werden. Nach einem Nervenzusammenbruch ist es wichtig, soziale Kontakte aufrechtzuerhalten und sich nicht zu isolieren, damit sich mögliche Symptome wie Ängstlichkeit nicht zusätzlich verstärken. Zur Verarbeitung des erlebten Traumas hilft es Betroffenen meist sehr, mit vertrauten Menschen über das Erfahrene zu sprechen.
Der gewohnte Tagesablauf sollte nach Möglichkeit nicht unterbrochen werden. Auch körperliche Aktivität, Atemübungen und Entspannungstechniken, eine gute Schlafhygiene und gesunde Ernährung können hilfreich sein, um schneller wieder stabil zu werden.
Halten die Symptome länger an und werden Betroffene von dem traumatisierenden Ereignis in Form von Flashbacks oder Alpträumen immer wieder eingeholt, sollte professionelle Hilfe in Anspruch genommen werden. Eine traumafokussierte Psychotherapie, manchmal in Ergänzung mit angstlösenden Medikamenten, kann helfen, die Folgen des Nervenzusammenbruchs zu überwinden und langfristigen Folgen vorzubeugen.
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Verlauf und Prognose
Bei guter Versorgung ist die Prognose nach einem Nervenzusammenbruch in der Regel günstig. Oft klingen die Symptome nach weniger als 48 Stunden ab, meist spüren Betroffene spätestens nach vier Wochen keine Folgen des Nervenzusammenbruchs mehr. Faktoren wie eine allgemeine psychische Vulnerabilität, bei fehlender Erstversorgung und wenn Betroffene nach einem Nervenzusammenbruch das Erlebte alleine mit sich ausmachen wollen, erhöhen allerdings das Risiko für Spätfolgen.
Um keine posttraumatische Belastungsstörung (PTBS) zu riskieren, sollte ein Nervenzusammenbruch nicht leichtfertig abgetan werden. Betroffene sollten Gefühle wie Angst, Unruhe und Scham akzeptieren und mit professioneller Hilfe und der Unterstützung des engen sozialen Umfelds angehen.
Nervenzusammenbruch vorbeugen
Traumatisierende Ereignisse können in der Regel nicht vermieden werden. Um mit diesen aber besser umgehen zu können, kann es hilfreich sein, Bewältigungsstrategien, auch "Coping" genannt, zu erlernen. Zudem können folgende Faktoren helfen, Nervenzusammenbrüchen vorzubeugen, deren Ursache andauernder Stress ist:
- stabiles soziales Umfeld
- Vermeidung von Überforderung am Arbeitsplatz
- geregelte Tagesabläufe mit ausreichend Bewegung, Entspannung, Schlaf sowie einer ausgewogenen Ernährung
- weitgehender Verzicht auf Alkohol und andere Drogen
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