Mukoviszidose: Frühe Diagnose und Therapie erhöhen die Lebenserwartung
Bei der Stoffwechselerkrankung Mukoviszidose (zystische Fibrose) produzieren die Schleimdrüsen zu viel und besonders zähflüssigen Schleim. Dies führt zu irreversiblen Schäden an lebenswichtigen Organen. An welchen Symptomen man die Erbkrankheit erkennt und mit welcher Behandlung die Lebenserwartung gesteigert werden kann.
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Kurzübersicht: Mukoviszidose
Was ist Mukoviszidose? Die Erbkrankheit beruht auf einem genetischen Defekt, in der Folge kommt es zu einer übermäßigen Produktion von zähflüssigem Schleim. Bei der zystischen Fibrose sind vor allem die Atemwege und Verdauungsorgane betroffen.
Ursachen: Eine Mutation des CFTR-Gens auf dem Chromosom 7 führt zur fehlerhaften Produktion von Sekret in den Zellen von bestimmten Drüsen.
Symptome: Reizhusten, häufige Atemwegsinfektionen, Verdauungsstörungen, Wachstumsstörungen, sehr salzhaltiger Schweiß.
Therapie: Bislang gibt es keine ursächliche Behandlung der Stoffwechselerkrankung. Um Lungenschäden und Komplikationen zu verhindern, können Autodrainage, Medikamente, Inhalation von Kochsalzlösung oder Atemübungen angewendet werden.
Mukoviszidose gehört zu den häufigsten erblich bedingten Stoffwechselerkrankungen. Der Begriff leitet sich vom Lateinischen ab und bedeutet so viel wie "zäher Schleim". Die korrekte medizinische Bezeichnung lautet zystische Fibrose (cystische Fibrose, CF).
Artikelinhalte im Überblick:
Was ist Mukoviszidose?
Die Erbkrankheit Mukoviszidose (zystische Fibrose) besteht von Geburt an. Ein genetischer Defekt führt zu einer Fehlfunktion bestimmter Drüsen. Diese verursacht eine übermäßige und veränderte Schleimproduktion. Der abgesonderte Schleim ist zähflüssiger als beim gesunden Menschen und sehr salzhaltig. Auf Dauer "verstopft" der Schleim lebenswichtige Organe und schädigt sie nachhaltig.
Alle Organe, die Schleimhäute aufweisen, können betroffen sein:
- Atmungsorgane wie Lunge und Bronchien
- Verdauungsorgane wie Magen und Darm, Leber, Gallenblase und Bauchspeicheldrüse
Die feinen Gefäße und Gänge der Schleimhautdrüsen in diesen Organen können sich durch den zähen Schleim verschließen, ihre Funktion ist gestört bis gar nicht mehr gegeben. Die Erkrankung führt in der Regel zu einem frühen Tod der Patient*innen, eine ursächliche Behandlung gibt es bislang nicht.
Lebenserwartung stark gestiegen
Noch vor 20 Jahren starben erkrankte Personen normalerweise bereits in der Kindheit. Inzwischen erreichen die meisten Patient*innen mit Mukoviszidose das Erwachsenenalter. Denn mit vorbeugenden Maßnahmen lässt sich Lebensqualität und die Lebenserwartung betroffener Kinder und Jugendlichen erheblich steigern. So liegt sie mittlerweile bei über 40 Jahren – für ein heute neugeborenes Baby mit zystischer Fibrose sogar bei etwa 45 bis 50 Jahren.
Mukoviszidose anhand typischer Symptome erkennen
Am häufigsten sind bei der zystischen Fibrose die Lunge und Verdauungsorgane von Schädigungen betroffen. Auch die Sexualorgane können betroffen sein. Bei Jungen kommt es häufig zur Unfruchtbarkeit, weil sich infolge der übermäßigen Schleimproduktion die Samenleiter verschließen.
Symptome der Mukoviszidose im Überblick:
- hartnäckiger Reizhusten
- Atemnot
- häufige Atemwegsinfektionen wie Bronchitis, Lungenentzündungen oder Entzündung der Nasennebenhöhlen (Sinusitis)
- chronische Verdauungsstörungen
- Nahrungsmittelunverträglichkeiten
- starke Blähungen
- Wachstumsstörungen
- starkes Untergewicht, Arme und Beine sind sehr dünn, der Bauch durch Eiweißmangel aufgebläht
In der Regel zeigen sich erste Symptome einer Mukoviszidose sehr früh. In etwa 15 Prozent der Fälle sind Anzeichen der Erkrankung bereits unmittelbar nach der Geburt vorhanden. Der erste Stuhl der Neugeborenen (Kindspech, Mekonium) ist dann oft extrem zäh, was sogar zum Darmverschluss führen kann (Mekoniumileus).
Wesentliche Anzeichen der Erkrankung sind starkes Schwitzen und extrem salzhaltiger Schweiß. Es kommt zu einem hohen Flüssigkeits- und Elektrolytverlust. Die Kinder haben ständig Durst und trinken sehr viel.
Schädigung der Verdauungsorgane führt zu Mangelernährung
Oft wird die Bauchspeicheldrüse durch die Krankheit geschädigt, es kommt zu einer Pankreasinsuffizienz. In der Folge werden notwendige Verdauungsenzyme nicht ausreichend zur Verfügung gestellt und die Patient*innen leiden an Verdauungsstörungen. Übel riechender, fettig glänzender Stuhl und Durchfall treten auf, ebenso Blähungen mit viel Luft im Darm. Auch Darmeinstülpungen (Invaginationen) sind möglich.
Die Zahl der roten Blutkörperchen ist verringert, die Folge der Anämie sind Müdigkeit, Abgeschlagenheit und ein hoher Puls. Durch den chronisch auftretenden Nährstoffmangel werden die Kinder oft von Heißhungerattacken geplagt. Als Folge einer Schädigung der Bauspeicheldrüse kann sich Diabetes mellitus entwickeln, man spricht vom Diabetes Typ 3.
Spätfolgen durch zystische Fibrose
Durch die verlängerte Lebenserwartung haben sich die Spätfolgen der Mukoviszidose in den letzten Jahren verstärkt. Bei älteren Patient*innen kommt es oft zu starker Osteoporose – etwa ein Drittel von ihnen leidet an verminderter Knochendichte und den entsprechenden Folgen. Häufig kommt es bei Erwachsenen auch zu Leberzirrhose und Gallensteinen.
Ursache der zystischen Fibrose ist Gendefekt
Grund für die tödlich verlaufende Erkrankung ist eine Mutation des CFTR-Gens auf dem Chromosom 7, welches für die Herstellung bestimmter Proteine zuständig ist. Ihr Fehlen führt zur fehlerhaften Produktion von Sekret in den Zellen der Drüsen. Längerfristig führt dies zu einer irreversiblen Schädigung des Drüsengewebes, es bilden sich Zysten und das Gewebe wird fasrig. In der Konsequenz kommt es zu Funktionsausfällen in den betroffenen Organen.
Zystische Fibrose ist eine sehr tückische Erkrankung, weil Eltern ihren Kindern die Krankheit oft ahnungslos vererben. Ein Kind erkrankt nur, wenn beide Elternteile das fehlerhafte Gen in sich tragen, dem Kind also zwei fehlerhafte Gene vererbt werden. Menschen, die nur ein fehlerhaftes CFTR-Gen auf dem Chromosom 7 aufweisen, zeigen keine Symptome und sind völlig gesund. Der Gendefekt wird daher meist gar nicht bemerkt, sie können ihn als Träger*in aber weitervererben.
Frühe Diagnose von Mukoviszidose ist lebenswichtig
Bei Mukoviszidose treten ähnliche Symptome auf wie bei
- chronischer Bronchitis,
- Keuchhusten,
- Asthma
- oder der Stoffwechselstörung Zöliakie.
Da Mukoviszidose eine Erbkrankheit ist, liefert eine gründliche Familienanamnese in der Frühphase der Schwangerschaft erste Hinweise auf das Risiko einer Erkrankung. Gab es in der Familiengeschichte Fälle von zystischer Fibrose, sollten Ärzt*innen mithilfe der Pränataldiagnostik sicher abklären, ob das Ungeborene betroffen ist. Als Methoden kommen eine Fruchtwasseruntersuchung (Amniozentese) oder die Chorionzottenbiopsie infrage. Die Untersuchungen werden zwischen der 12. und 16. Schwangerschaftswoche durchgeführt. Den sicheren Beweis für das Vorliegen einer Mukoviszidose liefert ein Gentest.
Schweißtest ist häufiges Testverfahren bei Babys und Kleinkindern
Bei Neugeborenen können Ärzt*innen die Krankheit durch die Bestimmung des Enzyms Trypsin nachweisen. Fällt der IRT-Test (Test auf immunreaktives Trypsin) positiv aus, wird im Anschluss ein Schweißtest durchgeführt, bei dem ein erhöhter Gehalt an Natrium und Chlorid im Schweiß des Kindes festgestellt werden kann.
Sollten Eltern eine erhöhte Salzkonzentration im Schweiß ihres Kindes bemerken, sollten sie ärztliche Hilfe aufsuchen. Denn je früher die Krankheit erkannt wird, desto günstiger ist der Verlauf. Als weitere Diagnoseverfahren kommen das Röntgen der Luftwege und die Bestimmung von Verdauungsenzymen und des Fettgehalts im Stuhl infrage.
Therapien zur Milderung der Auswirkungen
Da Mukoviszidose nicht heilbar ist, können verschiedene Therapieansätze nur die Symptome mildern. Je früher die Erkrankung diagnostiziert und mit einer Behandlung begonnen wird, desto weiter können mögliche Folgeerkrankungen hinausgezögert werden.
Patient*innen mit Mukoviszidose müssen lebenslang Medikamente nehmen. Es kommen unterschiedlichste Therapieformen zum Einsatz. Sie sollen den Abtransport von schädlichem Schleim aus den betroffenen Organen unterstützen oder deren Ausfall von Funktionen ausgleichen, die durch die anormale Schleimbildung entstanden sind.
Lungenfunktion erhalten, Schäden an der Lunge verringern
Entscheidend für das Überleben der Betroffenen ist oft das Ausmaß der Lungenschädigung. Durch eine geeignete vorbeugende Therapie können Lungenschäden begrenzt und Lungenkomplikationen vermieden werden:
mehrmals täglich eine spezielle Krankengymnastik (Autodrainage) durchführen
medikamentöse Therapie mit schleimlösenden (Mukolytika) oder bronchienerweiternden Wirkstoffen (ß-2-Sympathomimetika) und CFTR-Modulatoren wie Ivacaftor und Elexacaftor (seit 2020 zugelassen)
regelmäßige Inhalation von Kochsalzlösung
körperliche Betätigung
physiotherapeutische Maßnahmen wie das Abklopfen der Lunge (Abklopfdrainage) und Atemübungen
Bei anhaltender nächtlicher Atemnot kann die Gabe von Sauerstoff Erleichterung bringen. Auch Kuraufenthalte in wärmeren Regionen bringen erkrankten Kindern oft Linderung.
Frühzeitig und gezielt eingesetzte Antibiotika beugen bakteriellen Infektionen der Atemwege vor. Zusätzlich sind Impfungen gegen Masern und Pneumokokken (Erreger der Lungenentzündung) sowie eine jährliche Grippeimpfung ratsam. Denn mögliche Komplikationen, etwa durch auftretende Infektionskrankheiten, können in Verbindung mit Mukoviszidose zum Tod führen. Hat sich die Lungenfunktion drastisch verschlechtert, muss eine Lungentransplantation erwogen werden.
Besondere Ernährung bei Mukoviszidose
Ist die Bauchspeicheldrüse geschädigt, wird die Gabe von Verdauungsenzymen notwendig. Sie werden als Tabletten zu den Mahlzeiten eingenommen. Eine eiweiß- und kalorienreiche Nahrung und die Gabe von Vitaminpräparaten gleichen Verdauungsstörungen aus, Elektrolytlösungen kompensieren den Salz- und Flüssigkeitsverlust durch das starke Schwitzen.
Gerade der Ernährung kommt eine große Bedeutung zu, da Studien erwiesen haben, dass ausreichend ernährte Patient*innen gleichzeitig weniger unter Lungenproblemen bei Mukoviszidose leiden.
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