Morbus Bechterew: Symptome und Therapie
Morbus Bechterew (Spondylitis ankylosans) ist eine chronische, entzündlich-rheumatische Erkrankung, die insbesondere die Wirbelsäule und die Iliosakralgelenke betrifft. Im Endstadium kann es zu einer Versteifung der Wirbelsäule und einer gebückten Haltung bei den Betroffenen kommen. Erfahren Sie mehr über die Behandlungsmöglichkeiten!
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Kurzübersicht
Definition: Morbus Bechterew ist eine chronisch-entzündliche Erkrankung, bei der vor allem die Wirbelsäule betroffen ist.
Symptome: Typische Anzeichen für Morbus Bechterew sind Rückenschmerzen und eine morgendliche Steifheit im Rücken. Im Verlauf der Erkrankung kann es zu einer eingeschränkten Beweglichkeit der Wirbelsäule kommen.
Ursachen: Morbus Bechterew zählt zu den Autoimmunerkrankungen, die genauen Ursachen sind aber bisher nicht geklärt.
Diagnose: Morbus Bechterew kann in der Regel durch eine körperliche Untersuchung festgestellt werden. Gegebenenfalls kommen bildgebende Verfahren oder Blutuntersuchungen zum Einsatz.
Behandlung: Der Verlauf der Erkrankung lässt sich mithilfe von Medikamenten und Physiotherapie positiv beeinflussen. In seltenen Fällen ist eine Operation notwendig.
Artikelinhalte im Überblick:
Was genau ist Morbus Bechterew?
Morbus Bechterew zählt zu den rheumatischen Erkrankungen und wurde erstmals von dem russischen Neurologen Wladimir Bechterew (1857-1927) beschrieben. Nach ihm wurde die Krankheit lange benannt. Heute sprechen Fachleute allerdings von der ankylosierenden Spondylitis.
Morbus Bechterew ist eine Form der axialen Spondyloarthritis (axSpA). Dabei handelt es sich um entzündliche Erkrankungen, die unter anderem die Wirbelsäule betreffen. Meist beginnt die Entzündung im Bereich der Iliosakralgelenke (Entzündung der Kreuzbein-Darmbein-Gelenke, Sakroiliitis). Unbehandelt kommt es zu einer zunehmenden Verknöcherung mit schrittweiser Abnahme der Beweglichkeit bis hin zur Versteifung.
Im fortgeschrittenen Stadium zeigt sich Morbus Bechterew unter Umständen durch eine stark nach vorn gebeugte Haltung, bei der Betroffene nur noch auf den Boden blicken können. Dies ist allerdings durch gezielte Physiotherapie vermeidbar. Neben der Wirbelsäule können auch Gelenke der Gliedmaßen (zum Beispiel Hüft- und Kniegelenke) sowie innere Organe von den entzündlichen Veränderungen betroffen sein.
Häufigkeit von Morbus Bechterew
Schätzungsweise 0,1 bis 1,4 Prozent der erwachsenen Bevölkerung sind weltweit von Morbus Bechterew betroffen. Der Krankheitsbeginn liegt meist zwischen dem 15. und 35 Lebensjahr. Vermutlich sind Frauen und Männer etwa gleich häufig betroffen.
Morbus Bechterew: Welche Symptome sind typisch?
In der Regel entwickelt sich Morbus Bechterew sehr schleichend und wird erst im fortgeschrittenen Stadium diagnostiziert. Akute Entzündungsphasen wechseln sich meist mit mehr oder weniger beschwerdefreien Zeiten ab.
Ein Entzündungsschub bei Morbus Bechterew beginnt oft mit Rückenschmerzen, die vor allem nachts auftreten. Diese tiefliegenden, entzündlichen Rückenschmerzen sind das Leitsymptom bei Morbus Bechterew. Die Schmerzen können bis ins Gesäß oder die Oberschenkel ausstrahlen. Durch Bewegung bessern sie sich meist kurzfristig. Typisch ist ebenso eine Morgensteifigkeit, die länger als 30 Minuten anhält.
Im Spätstadium der Spondylitis ankylosans kommt es zu Bewegungseinschränkungen der Wirbelsäule. Auch eine Verkrümmung und Buckelbildung ist möglich. Ist die Brustwirbelsäule betroffen, kann dies zudem zu Einschränkungen bei der Atmung führen.
Gelegentlich kommt es zudem zu Entzündungen an
- anderen Gelenken (wie Schulter- oder Hüftgelenke),
- Sehnenansätzen,
- Augen oder
- inneren Organe wie Herz, Lunge und Nieren.
Morbus Bechterew: Symptome bei Frauen
Lange wurde angenommen, dass Morbus Bechterew überwiegend Männer betrifft. Mittlerweile weiß man, dass sich die Krankheit bei Frauen nur anders zeigt: So machen sich bei Frauen meist zuerst Symptome an peripheren Gelenken (etwa Handgelenken) bemerkbar, was an eine rheumatoide Arthritis denken lässt. Auch sind bei ihnen die Sehnenansätze zu Beginn häufiger befallen. Allgemein bleiben Frauen in der Regel über einen längeren Zeitraum besser beweglich und aufrecht als Männer.
Ursachen von Morbus Bechterew
Die genauen Ursachen für Morbus Bechterew sind bis heute nicht bekannt. Der Krankheit liegt wie bei vielen rheumatischen Krankheitsbildern eine Fehlsteuerung des Immunsystems zugrunde. Dies hat zur Folge, dass sich die Immunabwehr gegen körpereigene Zellen und Gewebe richtet und auf diese Weise die Entzündungsreaktionen ausgelöst werden. Die Spondylitis ankylosans zählt somit zu den Autoimmunerkrankungen. Zudem gehen Fachleute davon aus, dass eine erbliche Veranlagung besteht.
Diagnose bei Verdacht auf Morbus Bechterew
Zwischen dem Auftreten der ersten Symptome und der sicheren Diagnose vergehen durchschnittlich sechs Jahre. Das liegt daran, dass die Beschwerden im Frühstadium oft uncharakteristisch sind und sich Entzündungen des Kreuzbein-Darmbein-Gelenks erst nach längerem Verlauf im Röntgenbild nachweisen lassen.
Gängige Diagnosemethoden sind:
körperliche Untersuchung: Bei Verdacht auf Morbus Bechterew wird im Rahmen einer körperlichen Untersuchung meist zunächst die Beweglichkeit des Rückens und der Gelenke untersucht.
bildgebende Verfahren: Da das Röntgenbild trotz anhaltender Beschwerden im Anfangsstadium meist unauffällig ist, kann der Nachweis anhand einer Magnetresonanztomographie (MRT) gelingen. Dieses Verfahren erfasst Veränderungen in den Kreuzbein-Darmbein-Gelenken frühzeitiger als durch Röntgen.
Blutuntersuchung: Der Nachweis von HLA-B27, einem genetischen Marker, unterstützt den Verdacht auf Morbus Bechterew, für eine sichere Diagnose reicht der Test jedoch nicht.
Therapie: Wie wird Morbus Bechterew behandelt?
Morbus Bechterew ist bisher nicht heilbar. Deshalb zielt eine optimale Behandlung darauf ab
- Schmerzen zu lindern,
- Entzündungen zu hemmen,
- die Bewegungsfähigkeit zu erhalten und
- die Lebensqualität Betroffener zu steigern.
Bei der Behandlung von Morbus Bechterew wird zwischen einer Entzündungsphase und der schubfreien Zeit unterschieden. Die ärztliche Therapie sieht in einer akuten Phase meist eine Behandlung mit entzündungshemmenden Mitteln und Schmerzmitteln vor. Zwischen den Schüben ist Physiotherapie äußerst wichtig, um den verschiedenen Bewegungseinschränkungen entgegenzuwirken.
Medikamente bei Morbus Bechterew
Zur Schmerzlinderung und Entzündungshemmung werden wie bei anderen rheumatischen Erkrankungen bevorzugt nichtsteroidale Antirheumatika (NSAR) verabreicht.
Neben NSAR kann der*die Arzt*Ärztin bei schwerem Krankheitsverlauf auch sogenannte Biologika verschreiben, die vor allem bei der rheumatoiden Arthritis und bei Psoriasis Anwendung fanden, aber auch bei Morbus Bechterew eine gute Wirkung erzielen können. Sie bewirken eine ursächliche Behandlung der Erkrankung, indem sie direkt im Immunsystem ansetzen und entzündungsfördernde Botenstoffe blockieren.
Kortisonhaltige Medikamente (Glukokortikoide) werden bei Morbus Bechterew nicht empfohlen, da ihre Wirksamkeit bei dieser Erkrankung nicht ausreichend belegt ist.
Physiotherapie
Neben der Gabe von Medikamenten ist eine möglichst konsequente physiotherapeutische Behandlung wichtig, bestenfalls mit Wassergymnastik, Ergo- und Sport- sowie physikalischer Therapie (zum Beispiel Wärme, Kälte, Ultraschall). Maßnahmen wie Schulungen und Psychotherapie unterstützen den Behandlungserfolg.
Operation bei Morbus Bechterew
Für schwerere Erkrankungsformen, die auf dieses Behandlungskonzept nicht ansprechen, stehen auch operative Maßnahmen zur Verfügung. Bei dem Eingriff wird der Rücken wieder aufgerichtet und die Wirbelsäule in ihre natürliche Doppel-S-Form gebracht.
Morbus Bechterew: Verlauf und Lebenserwartung
Morbus Bechterew verläuft chronisch und führt in der Regel zu einer Versteifung der Wirbelsäule. Der Verlauf der Erkrankung ist sehr unterschiedlich. Es gibt leichte Verläufe mit langen beschwerdearmen Phasen ohne wesentliche funktionelle Beeinträchtigungen. Bei 80 Prozent der Menschen mit Spondylitis ankylosans bleibt die Arbeitsfähigkeit über Jahrzehnte hinweg erhalten.
Auch nach langem Verlauf kann die Krankheit zum Stillstand kommen. Nur bei sehr wenigen Betroffenen versteift die Wirbelsäule trotz optimaler Behandlung bereits nach zehn Jahren. Wenn keine Organbeteiligung vorliegt, ist die Lebenserwartung bei Menschen mit Morbus Bechterew in der Regel nicht beeinträchtigt.
Leben mit Morbus Bechterew: Bewegung und Ernährung sind wichtig
Eine gesunde Lebensweise beeinflusst den Verlauf von Morbus Bechterew positiv. Dazu gehört vor allem regelmäßige körperliche Bewegung. Sport hilft
- beweglich zu bleiben,
- Übergewicht abzubauen,
- Muskeln und Kreislauf zu kräftigen und
- die Atemfunktion zu verbessern. Denn diese kann durch die Versteifung der Wirbelkörper im Brustbereich eingeschränkt sein.
Welche Sportarten geeignet sind, hängt davon ab, wie weit die Erkrankung bereits fortgeschritten ist. Günstig sind bei rheumatischen Erkrankungen grundsätzlich sanfte Sportarten, die Gelenke und Wirbelsäule nicht stark belasten, wie zum Beispiel Schwimmen, Radfahren oder Wandern.
Ernährungstipps bei Morbus Bechterew
Auch die Ernährung scheint bei vielen rheumatischen Erkrankungen eine wichtige Rolle zu spielen. Krankheitsschübe und Beschwerden bei Morbus Bechterew lassen sich durch eine geeignete Ernährung positiv beeinflussen.
Besonders tierische Fette und Fleisch gelten als entzündungsfördernd. Fettes Fleisch, sowie verarbeitetes Fleisch, wie Wurst und Schmalz, aber auch Eigelb sollten deshalb nur sehr selten auf dem Speiseplan stehen. Der Verzehr von Fischen wie Hering, Lachs oder Forelle sowie von Milchprodukten wirkt sich dagegen günstig auf den Krankheitsverlauf aus. Am meisten sollten Obst und Gemüse aufgrund der enthaltenen Vitamine und Spurenelemente mit antioxidativer Wirkung auf dem Speiseplan stehen. Diese können Sauerstoffradikale abfangen, welche an entzündlichen Prozessen im Körper beteiligt sind.
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