Häufig bei Neugeborenen

Lippen-Kiefer-Gaumenspalte: Ursache und Folgen der Fehlbildung

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Statt Lippen-Kiefer-Gaumenspalte wurde früher umgangssprachlich oft "Hasenscharte"“ oder „Wolfsrachen“ gesagt. Sie zählt zu den weltweit häufigsten angeborenen Fehlbildungen des Menschen. Was sind die Ursachen und wie wird sie behandelt?

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© Getty Images/jegesvarga

Kurzübersicht


Was ist eine Lippen-Kiefer-Gaumenspalte? Hierbei handelt es sich um eine angeborene Fehlbildung. Sie entsteht, wenn es in der embryonalen Phase der Gesichtsbildung zu Störungen kommt. Oberlippe, Oberkiefer und Gaumen sind ganz oder zum Teil gespalten.

Symptome: Probleme bei der Atmung, Näseln, Fehlstellung der Zähne, Schwierigkeiten bei der Nahrungsaufnahme, Hörprobleme.

Behandlung: Variiert je nach Ausprägung der Fehlbildung. Bei einer Gaumenspalte wird in den ersten Lebenstagen eine individuelle Gaumenplatte eingesetzt. Ab dem 3. Lebensmonat sind verschiedene operative Eingriffe notwendig. Die Therapie ist langwierig und geht meist bis ins Erwachsenenalter.

Prognose: Der Verlauf ist dank moderner Methoden in der Regel sehr gut und Betroffene können ein normales Leben führen. Von der Spalte bleibt am Ende nur eine kleine Narbe zurück.

Im Überblick:

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Was ist eine Lippen-Kiefer-Gaumenspalte?

Bei Babys, die mit einer Lippen-Kiefer-Gaumenspalte (LKG-Spalte oder LKGS) zur Welt kommen, haben sich die ausbildenden Gesichtsteile während der embryonalen Entwicklung im Mutterleib nicht vollständig geschlossen. Oberlippe, Oberkiefer und Gaumen sind teilweise oder komplett von einem Spalt durchzogen. Viele kennen LKG-Spalten noch unter den eher abwertend klingenden Worten "Hasenscharte" oder "Wolfsrachen". Der medizinische Fachbegriff lautet Cheilognathopalatoschisis.

Die Fehlbildung kommt in vielfältigen Ausprägungen und überall auf der Welt vor. In Europa ist etwa eines von 500 Babys betroffen. Dabei leiden Jungen vermehrt an einer Spaltung von Lippen und Kiefer, bei Mädchen ist der Gaumen öfter fehlgebildet.

Spalten in Lippe, Kiefer und Gaumen sind nicht nur kosmetisch störend und für betroffene Kinder und Eltern seelisch belastend, sondern können bei einer unzureichenden Behandlung auch die Nahrungsaufnahme, die Atmung, das Hören und Sprechen beeinträchtigen. An spezialisierten Kliniken lassen sich die Fehlbildungen jedoch gut behandeln.

Wie kommt es zu einer Lippen-Kiefer-Gaumenspalte?

Eine Lippen-Kiefer-Gaumenspalte entsteht, wenn in der frühen Schwangerschaft Teile des kindlichen Gesichts nicht oder nicht wie vorgesehen miteinander verwachsen. Grundsätzlich verläuft die Gesichtsentwicklung in mehreren Prozessen: Teile von Nase, Lippe und Kiefer entstehen zunächst unabhängig voneinander und vereinigen sich zwischen der 5.und 7. Woche. In der 10. bis 12. Woche wachsen dann auch die einzelnen Teile des Gaumens zusammen. Erfolgen diese beiden Entwicklungsprozesse nicht wie vorgesehen, reißt das Gewebe wieder auf oder verwächst nicht richtig miteinander, eine Spalte entsteht.

Je nachdem, wann es in der Schwangerschaft zu einer Störung der Gesichtsentwicklung kam, entstehen verschiedene Spaltformen.

  • Bei etwa 50 Prozent der Betroffenen liegt eine komplette Lippen-Kiefer-Gaumenspalte vor

  • Reine Gaumenspalte machen etwa 30 Prozent aus

  • Bei den restlichen 20 Prozent handelt es sich um Lippenkerben, Lippenspalten oder eine Lippen-Kieferspalte

Die Spalten können einseitig oder beidseitig auftreten, wobei meistens die linke Seite betroffen ist.

Vererbung und äußere Risikofaktoren als Ursachen

Die genaue Ursache für eine Lippen-Kiefer-Gaumenspalte ist nicht eindeutig geklärt. Vielmehr wird ein Zusammenspiel verschiedener Faktoren vermutet. Als sicher gelten genetische (erbliche) Hintergründe. Dafür spricht, dass etwa bis zu 25 Prozent der Lippen-Kiefer-Gaumenspalten in Familie auftreten, in denen die Fehlbildung schon in der Vergangenheit vorkam.

Das bedeutet nicht, dass sich eine Lippen-Kiefer-Gaumenspalte durch Vererbung auf jeden Fall entwickelt. Fest steht: Ist bereits ein Elternteil oder ein Geschwisterkind betroffen, liegt das Risiko für eine Lippen-Kiefer-Gaumenspalte bei vier bis fünf Prozent.

Neben den genetischen spielen äußere Ursachen eine Rolle, die die empfindliche Phase der Gesichtsentwicklung ungünstig beeinflussen können. Diese umfassen die Gesundheit und das Verhalten der werdenden Mutter. Dazu zählen etwa:

  • Rauchen
  • Alkohol- und Drogenkonsum
  • Mangel an Folsäure 
  • Überdosierung von Vitamin A und E
  • Energiereiche Strahlung (wie Röntgen- oder Gammastrahlen)
  • Körperlicher und/oder psychischer Stress
  • Erkrankungen während der Schwangerschaft, vor allem Viruserkrankungen wie Röteln
  • Mangelhafte Versorgung des Embryos mit Sauerstoff

Welche Symptome und Folgen verursacht eine LKG-Spalte?

Die Symptome einer LKG-Spalte variieren je nach Spaltform und ihrer Schwere. Während eine Lippenkerbe in erster Linie ästhetisch störend ist, fehlt bei anderen Spaltformen die Trennung von Mund- und Nasenraum. Auch verläuft das Zusammenspiel der Muskulatur im Bereich von Lippen und weichem Gaumen nicht wie vorgesehen. Ohne Behandlung kann eine Lippen-Kiefer-Gaumenspalte eine Vielzahl von Beschwerden verursachen, wie:

  • Näseln
  • Störungen bei der Sprachentwicklung
  • Schwierigkeiten bei der Atmung
  • Hörprobleme
  • Fehlstellung der Zähne
  • Schwierigkeiten bei der Nahrungsaufnahme

Eine Lippen-Kiefer-Gaumenspalte kann zudem Begleiterkrankungen wie Herzfehler, Stoffwechselstörungen oder Lungenprobleme mit sich bringen.

Lippen-Gaumen-Kieferspalte erkennen: Diagnose und Früherkennung durch Ultraschall

Eine Lippen-Kiefer-Gaumenspalte ist grundsätzlich schon direkt nach der Geburt äußerlich zu erkennen, was die Diagnose leicht macht. Um eine reine Gaumenspalte ohne Deformation der Lippen zu diagnostizieren, muss allerdings erst die Mundhöhle des Babys untersucht werden.

Bei Familien, in denen Spaltbildungen schon in der Vergangenheit vorkamen, besteht ein gewisser Prozentsatz, dass weiterer Nachwuchs auch betroffen ist. Für Schwangere spielt in diesem Fall die Pränataldiagnostik eine entscheidende Rolle: Durch sie ist es möglich, eine Lippen-Gaumen-Spalte im Ultraschall schon vor der Geburt zu erkennen (spätestens ab der 20. Schwangerschaftswoche). Eine reine Gaumenspalte ist durch Ultraschall nur schwer zu diagnostizieren.

Die Untersuchung sollte in einer Spezialeinrichtung für Pränatalmedizin stattfinden. Sollte ein konkreter Verdacht oder ein Risiko für eine LKG-Spalte vorliegen, übernimmt die Krankenkasse oft die Kosten der Behandlung.

Wie wird eine Lippen-Gaumen-Kieferspalte behandelt?

Die Behandlung einer Lippen-Gaumen-Kiefer-Spalte verläuft je nach Schwere der Fehlbildung unterschiedlich. In jedem Fall sollten die Eltern das Baby schon kurz nach der Geburt in einem spezialisierten Zentrum vorstellen. Hier arbeiten Ärzt*innen verschiedener Fachrichtung Hand in Hand. Ziel ist es, dem Kind durch verschiedene Therapien und operative Eingriffe ein normales Leben zu ermöglichen.

Hat das Kind eine Gaumenspalte, wird bereits in den ersten Lebenstagen ein Abdruck vom Gaumen des Babys gemacht und eine sogenannte individuelle Gaumenplatte angefertigt. Diese dient zur Trennung von Mund- und Nasenraum und ermöglicht es dem Säugling, weitgehend normal zu trinken. Zudem unterstützt die regelmäßig angepasste Gaumenplatte die korrekte Lage und Funktion der Zunge und die Wuchsrichtung von Kiefer und Gaumen. Ab einem Alter zwischen drei und fünf Monaten sind dann mehrere operative Eingriffe notwendig, um die Fehlbildung zu korrigieren.

Unter Umständen ist durch die Spaltform auch die Belüftung des Mittelohrs beeinträchtigt, was zu Hörproblemen und Ohrentzündungen führen kann. Um das zu vermeiden, wird dem Kind ein so genanntes Paukenröhrchen eingesetzt.

Die Rolle der Logopädie und Kieferorthopädie

Bereits im Säuglingsalter beginnt zudem meist eine logopädische Therapie, zunächst mit Übungen zum Trinken und Schlucken und dann auch zum Kauen und Atmen. Um die Sprachentwicklung zu fördern, wird im Kleinkindalter dann die Lautbildung und Aussprache behandelt. Damit sich die Zähne richtig und gesund ausbilden, sollten regelmäßige kieferorthopädische und zahnärztliche Untersuchungen auf dem Plan stehen. Häufig ist schon im Milchgebiss eine kieferorthopädische Behandlung mit herausnehmbaren Zahnspangen notwendig, der sich im Jugendalter eine Therapie mit festsitzenden Geräten anschließt.

Da die zahlreichen Eingriffe für die betroffenen Kinder (und Eltern) eine große seelische Belastung darstellen, kann es hilfreich sein, psychotherapeutische Hilfe in Anspruch zu nehmen.

Wann wird eine LKG-Spalte operiert?

Bei den Operationen stehen generell die Wiederherstellung der Sprech- und Schluckfunktion und der Verschluss der Lippenspalte im Vordergrund.

Ab einem Alter von drei bis sechs Monaten werden Lippenspalten, Oberkiefer und weicher Gaumen chirurgisch verschlossen. Hierfür sind Ärzt*innen aus der Mund-, Kiefer- und Plastischen Gesichtschirurgie verantwortlich. Oftmals ist auf der entsprechenden Seite auch die Nase fehlgebildet und wird korrigiert. Die Operation der Gaumenspalte erfolgt, wenn das Kind frühstens ein Jahr alt ist.

Laut spezialisierten Zentren ist ein Kind meist mit Eintritt ins Schulalter weitgehend rehabilitiert. Doch auch wenn die Primäroperationen gute Ergebnisse erzielen, können bei einer Lippen-Kiefer-Spalte dennoch weitere Operationen bis ins Erwachsenenalter notwendig sein. Dazu zählen ästhetische Korrekturen von Nase und Mund, Veränderung der Zahnstellung, Lippenverlängerung, Eingriffe am weichen Gaumen, welche die Aussprache und die Nahrungsaufnahme erleichtern.

Einige Operationen, beispielsweise an Nase und Oberkiefer, sind erst nach Wachstumsabschluss, also frühstens ab dem 16. Lebensjahr möglich.

Darstellung Vorher Nachher Lippen-Gaumen-Spalte nach OP
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Verlauf bei Lippen-Kiefer-Gaumenspalte

Die Therapie bei einer Lippen-Kiefer-Gaumenspalte mag langwierig sein. Am Ende hat sie aber – meist dank moderner Operations- und Therapieverfahren – ein gutes Ergebnis. Von der Spalte ist zum Schluss oft nur noch eine kleine Narbe an der Oberlippe zu sehen und die Betroffenen können ein Leben ohne Beschwerden führen.

Im Vergleich zur isolierten Lippenspalte stellt die reine Gaumenspalte ein größeres Gesundheitsrisiko dar. Untersuchen zeigen aber, dass der Großteil der Kinder im späteren Leben auch in diesem Fall keine gesundheitlichen Schwierigkeiten hat.

Bei vielen Eltern kommt die Frage auf, ob es sich bei einer Lippen-Gaumen-Kieferspalte um eine Behinderung handelt. Dies ist davon abhängig, wie stark die Fehlbildung ausgeprägt ist. Entsprechen ist es möglich, unterschiedliche Behinderungsgrade zu beantragen und finanzielle Hilfen zu bekommen. Durch den Pflegemehraufwand steht Eltern unter Umständen Pflegegeld zu.

Lässt sich eine LKG-Spalte vorbeugen?

Da die Ursachen nicht vollständig geklärt sind, können Eltern eine Lippen-Gaumen-Kieferspalte nicht vorbeugen. Dennoch lässt sich das Risiko reduzieren. Zu den wichtigsten Maßnahmen zählen eine ausgewogene Ernährung und der Verzicht von Alkohol und Zigaretten – insbesondere während der Schwangerschaft. Die Einnahme von Medikamenten (auch rezeptfreien) sollte stets nur in ärztlicher Absprache erfolgen. Zudem ist es ratsam, sich schon vor der Empfängnis Rat bezüglich einzunehmender Nährstofftabletten zu holen. In der Regel wird empfohlen, spätestens nach der Feststellung der Schwangerschaft zusätzlich Jod und Folsäure einzunehmen, um die Entwicklung des Babys zu unterstützen.

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