Gefahr beim Bergsteigen

Höhenkrankheit: Ab wann wird die Höhe gefährlich?

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Bereits ab einer Höhe von 2.000 bis 2.500 Metern kann die Höhenkrankheit, auch Bergkrankheit genannt, auftreten. Erfahren Sie, wie sich die Sauerstoffunterversorgung bemerkbar macht, wie im Notfall reagiert werden sollte und wie die Höhenkrankheit vermieden werden kann.

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© Getty Images/Andre Schoenherr

Die Höhenkrankheit wird vor allem mit spektakulären Expeditionen, beispielsweise im Himalaya-Gebirge, in Verbindung gebracht. Tatsächlich können bei einigen Menschen allerdings bereits bei 2.000 Höhenmetern Beschwerden wie Kopfschmerzen, Übelkeit, Schwindel und Schlafstörungen auftreten. Dann sollte der weitere Aufstieg umgehend abgebrochen werden. Es drohen lebensbedrohliche Hirn- oder Lungenödeme.

Artikelinhalte im Überblick:

Schwindel: Erste-Hilfe-Tipps

Was ist die Höhenkrankheit?

Die Höhenkrankheit ist eine Gefahr, die insbesondere in den Bergen auftritt. Sie entsteht, wenn durch verminderte Sauerstoffzufuhr der Druck in den Lungenbläschen (Sauerstoffpartialdruck) deutlich abnimmt und dem Körper Zeit fehlt, sich auf diese neuen klimatischen Bedingungen einzustellen.

Bei der mild verlaufenden akuten Höhenkrankheit versucht der Körper, den Sauerstoffmangel mit beschleunigter, vertiefter Atmung und steigendem Blutdruck auszugleichen. Es kommt zu unspezifischen Beschwerden wie Kopfschmerzen, Übelkeit und Schlafstörungen (akute Höhenkrankheit).

Die unzureichende Sauerstoffversorgung (Hypoxie) und der sinkende Sauerstoffpartialdruck können ebenfalls dazu führen, dass sich vermehrt Wasser aus dem Blutkreislauf in das umgebende Gewebe einlagert. Diese Wasseransammlungen (Ödeme) können in Lunge und Gehirn für einen extremen Druckanstieg sorgen und somit schwere Verläufe der Höhenkrankheit auslösen. Betroffene entwickeln ein Höhenhirn- und/oder Höhenlungenödem. Unbehandelt können beide Erkrankungen innerhalb kürzester Zeit zum Tod führen, weshalb sofortiges Handeln notwendig ist.

Wer ist von der Höhenkrankheit betroffen?

Grundsätzlich kann die Höhenkrankheit jede*n treffen. Vor allem Menschen, die nicht an die klimatischen Bedingungen in höheren Lagen gewöhnt sind, haben ein besonders hohes Risiko, eine Höhenkrankheit zu entwickeln. Bei über 2.500 Höhenmetern leiden etwa 20 Prozent der Bergsteiger*innen an der Höhenkrankheit, die jedoch meist mild verläuft. Bei über 3.000 Höhenmetern berichten etwa 40 Prozent von Symptomen der Höhenkrankheit, die einen weiteren Aufstieg verhindern.

Weitere Risikofaktoren neben der Höhenlage sind:

  • Geschwindigkeit des Aufstieges
  • Übernachtung in Höhenlage
  • Fehlende oder nicht ausreichende Akklimatisation vor dem Aufstieg
  • Bereits aufgetretene Höhenkrankheit zu einem früheren Zeitpunkt

Ältere und junge Menschen sind gleich häufig betroffen, Männer ebenso oft wie Frauen. Auch eine gute körperliche Fitness scheint das Erkrankungsrisiko nicht zu verringern.

Einige Völker, beispielsweise die im Himalaya lebenden Sherpa, leiden hingegen kaum an der Höhenkrankheit. Wie Fachleute herausfanden, fließt besonders viel zellfreies Blutplasma durch ihre Adern, was sie ebenfalls weniger anfällig für Herzinfarkte oder Schlaganfälle macht.

Todeszone – was ist das?

Mit zunehmender Höhe sinken Luftdruck und Sauerstoffgehalt in der Luft. Ab 7.000 Metern Höhe wird in den Lungenbläschen der kritische Sauerstoffpartialdruck unterschritten, wodurch die Sauerstoffsättigung des Hämoglobins im Blut unter einen tolerablen Wert sinkt – ein dauerhafter Aufenthalt in diesen Höhen ist daher nicht möglich. Die Höhenkrankheit nimmt bei längerem Aufenthalt in diesen Höhen einen tödlichen Verlauf. Oberhalb von 8.000 Metern gilt das Überleben von mehr als 48 Stunden als unwahrscheinlich.

Welche Verlaufsformen der Höhenkrankheit gibt es?

Je nach Symptomen und betroffenen Organen werden drei Formen der Höhenkrankheit unterschieden:

  1. Akute Höhenkrankheit ("acute mountain sickness", AMS): Die akute Höhenkrankheit ist die häufigste Form. Meist treten uncharakteristische Symptome wie plötzlicher Leistungsabfall, Kopfschmerzen, Übelkeit und Müdigkeit auf, die nach etwa 24 bis 48 Stunden wieder abklingen – sie können sich aber auch drastisch verstärken.

  2. Akutes Höhenlungenödem ("high altitude pulmonary edema", HAPE): Das eher seltene Höhenlungenödem (Wasser in der Lunge) tritt fast ausschließlich nach 48-stündigem Aufenthalt in einer Höhe von über 4.000 Metern auf und stellt eine lebensbedrohliche Situation dar. Sauerstoff, spezielle Medikamente und ein rascher Abtransport unter 2.500 Meter Höhe sind erforderlich.

  3. Akutes Höhenhirnödem ("high altitude cerebral edema", HACE): Ein Höhenhirnödem tritt meist bei sehr raschem Aufstieg über 4.000 Höhenmetern auf. Es lagert sich Wasser im Gehirn an, was innerhalb von 24 Stunden zum Tod führen kann.

Symptome: Diese Warnzeichen weisen auf die Höhenkrankheit hin

Je nach Art der Höhenkrankheit sind verschiedene Symptome möglich. Bei allen Formen gilt jedoch: Anzeichen sollten stets ernst genommen werden. Wer Beschwerden bemerkt, die auf die Bergkrankheit hinweisen, sollte erst weiter aufsteigen, wenn diese völlig verschwunden sind und sich der Körper an die neue Höhe gewöhnt hat.

Akute Höhenkrankheit (AMS)

Ein prägnantes Leitsymptom der akuten Bergkrankheit ist der Höhenkopfschmerz. Betroffene klagen über dumpf pochende Schmerzen, die sich nachts und bei körperlicher Anstrengung häufig verstärken.

Weitere Symptome der akuten Höhenkrankheit:

Wird der Aufstieg trotz dieser Beschwerden fortgesetzt, sind schwere Gleichgewichtsstörungen und Bewusstseinseintrübungen mit Realitätsverlust möglich.

Akutes Höhenlungenödem (HAPE)

Das Höhenlungenödem beginnt häufig am zweiten bis fünften Tag auf einer neuen Höhe. Es kann vollkommen unabhängig von der akuten Höhenkrankheit, aber auch gemeinsam mit deren Symptomen auftreten. Nach zirka fünf Tagen tritt bei Akklimatisation in der Höhe in der Regel kein Höhenlungenödem mehr auf.

Weitere Symptome des HAPE:

  • Trockener Husten
  • Atemnot/Kurzatmigkeit (auch in Ruhe)
  • Deutliche Abnahme der körperlichen Leistungsfähigkeit
  • Druck auf der Brust 

Schreitet das Höhenlungenödem weiter fort, sind darüber hinaus folgende Warnzeichen möglich:

  • Rasselnde Atmung
  • Schaumig-rötlicher Auswurf beim Husten
  • Brennender Schmerz hinter dem Brustbein
  • Atemfrequenz von mehr als 25 Atemzügen pro Minute
  • Bläuliche Hautverfärbung
  • Flaches Liegen ist unangenehm/unmöglich

Das akute Höhenlungenödem kann unbehandelt zum Tod führen. Wird es rechtzeitig behandelt, heilt es allerdings vollständig aus und gegebenenfalls kann die Tour sogar fortgesetzt werden.

Akutes Höhenhirnödem (HACE)

Ein deutlicher Hinweis auf das akute Höhenhirnödem ist starker Höhenkopfschmerz, der sich mit Schmerzmitteln kaum unterdrücken lässt.

Weitere Symptome des Höhenhirnödems:

  • Gang- und Standunsicherheit
  • Übelkeit
  • Mehrmaliges Erbrechen
  • Schwindel
  • Koordinationsstörungen
  • Lichtscheue
  • Sehstörungen
  • Leichtes Fieber
  • Halluzinationen

Wie lässt sich die Höhenkrankheit feststellen?

Wer häufig Expeditionen in extremen Höhenlagen unternimmt, sollte die Leitsymptome der drei Ausprägungsformen der Bergkrankheit kennen. So kann im Notfall schnell und richtig gehandelt werden. Besteht Verdacht auf ein akutes Höhenhirn- oder Höhenlungenödem, ist ein sofortiger Abtransport des Betroffenen in tiefere Lagen (mindestens 1.000 Höhenmeter) die wichtigste Maßnahme.

Medizinische Untersuchung von Herz, Lunge und Gleichgewichtssinn

Wenn zur Diagnosestellung medizinische Fachleute anwesend sind oder schnell herbeigerufen werden können, werden diese als Erstes nach den typischen Symptomen der Bergkrankheit in ihren verschiedenen Ausprägungen fragen, Herz und Lunge abhören und den Blutdruck kontrollieren.

Zur Abgrenzung der verschiedenen Ausprägungsformen der Höhenkrankheit werden auch Wachheitszustand und das Gleichgewicht der Erkrankten überprüft. Bewusstseinsstörungen und/oder Probleme mit dem Gleichgewichtssinn können Hinweise auf seltene, lebensbedrohliche Verlaufsformen (Hirnödem und/oder Lungenödem) der Höhenkrankheit sein.

Behandlung der Höhenkrankheit: Welche Maßnahmen helfen?

Bei der akuten, meist mild verlaufenden Höhenkrankheit ist eine Nachtruhe auf gleicher Höhe meist zu verantworten. Gegen Symptome wie Kopfschmerzen oder Übelkeit können frei verkäufliche Medikamente wie Schmerzmittel (etwa Ibuprofen) und Antiemetika (Mittel gegen Übelkeit und Erbrechen) eingenommen werden. Bei starkem Erbrechen oder Durchfällen ist zudem auf eine ausreichende Zufuhr von Flüssigkeit zu achten. Verschwinden die Beschwerden nach einem Ruhetag, können Betroffene langsam mit dem Aufstieg fortfahren (maximal 300 bis 500 Meter pro Tag).

Was tun bei einem Höhenhirnödem oder Höhenlungenödem?

Beim ersten Hinweis auf ein Höhenhirnödem oder ein Höhenlungenödem ist der sofortige Abtransport des*der Betroffenen in Höhen unter 2.500 Meter oder zumindest ein Abstieg um 1.000 Meter die erste und zwingende Maßnahme. In tieferen Höhenlagen verschwinden die Symptome der akuten Bergkrankheit meist innerhalb weniger Stunden.

Wenn ein Abstieg nicht möglich ist, sollte ein Rettungsdienst alarmiert werden, um Patient*innen auszufliegen. Notfallmaßnahmen wie die Gabe von Sauerstoff und/oder der Aufenthalt im sogenannten Überdrucksack können die Zeit bis dahin überbrücken. Bei einem Überdrucksack handelt es sich um eine leichte Tragetasche aus Stoff, die eine Person vollständig einhüllen kann und eine von Hand betriebene Pumpe erhält. Mit dieser wird der Innendruck im Sack erhöht, was ein Absteigen auf eine tiefere Höhenlage simuliert (mobile hyperbare Kammer).

Medikamentös kann das (auch beginnende) Höhenhirnödem mit den Wirkstoffen Dexamethason und Acetazolamid, das Höhenlungenödem mit blutdrucksenkenden Mitteln (Nifedepin) behandelt werden.

Lässt sich einer Höhenkrankheit vorbeugen?

Es gibt einige Maßnahmen, um das Risiko der Bergkrankheit zu verringern. Dazu gehören:

  • Langsamer Aufstieg (Akklimatisation): Ab 2.500 Höhenmetern gilt die Faustregel, pro Tag nicht mehr als 400 bis 600 Meter aufzusteigen, um dem Körper ausreichend Gelegenheit zur Anpassung an den verringerten Sauerstoffgehalt der Luft in höheren Lagen zu geben und eine Überanstrengung zu vermeiden.

  • Schlafhöhe: Für die Schlafplätze sollten möglichst niedrige Höhenlagen gewählt werden ("Climb high, sleep low").

  • Medizinischer Check-up: Bei bekannter Neigung zur Höhenkrankheit ist eine sportmedizinische Abklärung empfehlenswert.

  • Medikamente: In einigen Fällen wird die prophylaktische Einnahme von Acetazolamid, ein Wirkstoff, der zu einer verbesserten Ansprechbarkeit des Atemzentrums führt und die Zeit für die Akklimatisation verkürzen kann, empfohlen. Allerdings ist die Verträglichkeit oft schlecht. Bei höherer Dosierung kann das Medikament zu Nebenwirkungen wie Kopfschmerzen, Schwindel oder Hautirritationen führen. Das Medikament darf daher nur nach ärztlicher Beratung eingenommen werden.

Checkliste für Packliste bei Hochgebirgstouren

Um im Falle der Bergkrankheit schnell reagieren zu können, sollten Bergsteiger*innen gut vorbereitet sein. Bei Touren in extremen Höhenlagen empfiehlt sich daher, folgende Ausrüstung mitzuführen:

  • Sauerstoffflaschen für mindestens zwölf Stunden Beatmung
  • Überdrucksack (mobile hyperbare Kammer) für schwer Erkrankte
  • Medikamente (nach ärztlicher Absprache!)
  • Kontakt zu Rettungsmöglichkeiten in der Nähe
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