Glasknochenkrankheit: Ursachen, Symptome und Behandlung
Die genetisch bedingte, seltene Glasknochenkrankheit geht mit einer erhöhten Brüchigkeit der Knochen einher. Sie kann harmlos verlaufen, aber auch zu Kleinwuchs und Knochenverformungen führen. Alles zu Therapie und Verlauf der Erkrankung.
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Kurzübersicht: Häufige Fragen und Antworten zur Glasenknochenkrankheit
Wie hoch ist die Lebenserwartung mit der Glasknochenkrankheit? Die Lebenserwartung hängt vom Typ und Schweregrad der Erkrankung ab. Die meisten Betroffenen haben bei angemessener Versorgung jedoch eine normale Lebenserwartung.
Wie äußert sich Glasknochenkrankheit? Typisch ist die überdurchschnittliche Neigung zu Knochenbrüchen sowie ein bläulich verfärbtes Augenweiß. Auch Wachstumsstörungen, Knochen- und Skelettdeformierungen können auftreten.
Was hilft gegen Glasknochenkrankheit? Die Glasknochenkrankheit ist nicht heilbar. Mit einer angemessenen Behandlung kann jedoch das Risiko für Knochenbrüche verringert werden.
Ist die Glasknochenkrankheit erblich? Ja, die Glasknochenkrankheit ist vererbbar. Ist ein Elternteil betroffen, haben die Kinder ein 50-prozentiges Risiko, die Krankheit ebenfalls zu haben.
Artikelinhalte im Überblick:
Was ist die Glasknochenkrankheit?
Die Glasknochenkrankheit ist eine seltene angeborene Bindegewebsstörung. Der medizinische Fachbegriff lautet Osteogenesis imperfecta (OI), was unvollkommene Knochenbildung bedeutet.
Durch einen Gendefekt ist die Produktion von Kollagen beeinträchtigt, welches ein Schlüsselelement des Bindegewebes und der Knochen ist. Aufgrund der fehlerhaften Synthese von Kollagen sind Knochenstruktur und -festigkeit erheblich geschwächt.
Basierend auf klinischen Merkmalen und genetischen Ursachen wird die Krankheit in verschiedene Typen eingeteilt:
Typ I (60 Prozent): mildeste Form, oft normale Körpergröße, blaue Skleren (Augenweiß), oft Schwerhörigkeit, selten Zahnanomalien
Typ II (10 Prozent): schwerste Form, oft tödlich vor, bei oder kurz nach der Geburt, zahlreiche Knochenbrüche und Verformungen
Typ III (20 Prozent): schwere Form, viele Knochenbrüche, ausgeprägte Skelettverformungen, Kleinwuchs, oft Schwerhörigkeit und Zahnanomalien
Typ IV (10 Prozent): mäßig schwere Form, variable Symptome, häufig Kleinwuchs und moderate Verformungen
Nicht immer lassen sich Betroffene eindeutig einem bestimmten Typ zuordnen, da die Ausprägung der Osteogenesis imperfecta sehr variabel ist.
Glasknochenkrankheit: Ursachen und Risikofaktoren
Die Ursache sind Mutationen in den Genen, welche für die Synthese von Kollagen Typ 1 verantwortlich sind. Durch die Mutationen wird entweder fehlerhaftes oder nicht genügend Kollagen gebildet. Dies führt zu einer gestörten Knochenmatrix, was die Struktur der Knochen schwächt. Das richtungsweisende Anzeichen der Glasknochenkrankheit ist daher eine hohe Knochenbrüchigkeit.
Zudem fallen Betroffene durch eine Insuffizienz der Osteoblasten auf – das sind die Zellen, welche für den Knochenaufbau verantwortlich sind. Gleichzeitig besteht eine erhöhte Aktivität der Osteoklasten, die den Knochenabbau steuern.
Die Vererbung der Glasknochenkrankheit erfolgt meist autosomal-dominant: Bereits ein mutiertes Gen reicht aus, um die Erbkrankheit auszulösen. In selteneren Fällen kann die Krankheit auch autosomal-rezessiv vererbt werden, wobei beide Genkopien mutiert sein müssen, damit die Krankheit auftritt. Diese Form ist oft mit schwereren Symptomen verbunden.
Symptome der Glasknochenkrankheit
Die Glasknochenkrankheit betrifft vor allem Strukturen, die in ihrem Aufbau Bindegewebe enthalten. Die Ausprägung der Symptome kann von Person zu Person stark variieren.
Häufige Symptome sind:
erhöhte Neigung zu Knochenbrüchen (oft bei geringfügigen Traumata oder Belastungen)
Knochen- und Skelettdeformierungen, also Verbiegungen der Knochen, insbesondere der langen Röhrenknochen (Arme und Beine), Skoliose und Kyphose (Witwenbuckel)
chronische Knochenschmerzen
eingeschränkte Mobilität
Wachstumshemmung und Kleinwuchs
blaue Skleren (Verfärbung des Augenweiß)
Störung der Zahnbildung (Dentinogenesis imperfecta) mit spröden und verfärbten Zähnen
Schwerhörigkeit im Erwachsenenalter
verminderte Muskelspannung (Hypotonie) und überdehnbare Gelenke
Neigung zu Leistenbrüchen
Glasknochenkrankheit: Untersuchungen und Diagnose
In einigen Fällen wird die Diagnose bereits im Mutterleib gestellt: Im Ultraschall fallen erste Anzeichen der Erkrankung auf. Üblicherweise beginnt die Diagnose der Osteogenesis imperfecta jedoch mit einem ausführlichen Gespräch zu den konkreten Symptomen und eventuell vorhandenen Vorerkrankungen (Anamnese). Da die Glasknochenkrankheit eine genetische Komponente hat, wird hierbei auch nach Familienmitgliedern mit ähnlichen Symptomen gefragt.
Im Anschluss folgt eine gründliche körperliche Untersuchung – es wird besonders auf Verfärbungen des Augenweiß, Wachstumsstörungen, Knochen- und Skelettdeformierungen, die Muskelspannung und Zahnprobleme geachtet.
Mithilfe von Röntgenaufnahmen lassen sich typische Veränderungen wie Deformierungen oder eine geringe Knochendichte nachweisen. Im Röntgenbild erscheinen die Knochen oft milchglasartig transparent.
Genetische Tests mithilfe von Blutproben ermöglichen es nicht nur, Glasknochen zu bestätigen, sondern auch den spezifischen Typ zu bestimmen. Weitere Untersuchungen – wie Knochendichtemessungen oder Hörtests – helfen dabei, das Ausmaß der Krankheit festzustellen.
Therapie der Glasknochenkrankheit
Osteogenesis imperfecta ist nicht heilbar – Ziel der Therapie ist es, Knochenbrüche vorzubeugen, die Mobilität zu erhalten und die allgemeine Knochenfunktionalität zu verbessern. Dazu ist eine ganzheitliche Behandlung durch ein Team aus spezialisierten Ärzt*innen und Physiotherapeut*innen erforderlich. Diese unterstützen vor allem mit folgenden Maßnahmen:
Medikamente: Bisphosphonate helfen, den Knochenabbau zu verlangsamen, die Knochendichte zu erhöhen und das Risiko von Frakturen zu reduzieren. Kalzium und Vitamin D unterstützen eine gesunde Knochenmineralisierung, auch um einer Osteoporose vorzubeugen. Bedarfsabhängig werden weitere Medikamente wie Schmerzmittel oder gegen Herz-Kreislauf-Erkrankungen verschrieben.
Physiotherapie: Regelmäßige Physiotherapie hilft, die Muskulatur zu stärken, Beweglichkeit, Koordination und Balance zu verbessern und das Risiko weiterer Knochenbrüche zu verringern.
chirurgisch-orthopädische Therapie: Orthopädische Chirurgie kann notwendig sein, um Deformitäten von Knochen und Wirbelsäule zu korrigieren und Brüche zu verhindern oder zu behandeln. Dazu zählt die Marknagelung, ein chirurgisches Verfahren um die Knochenstabilität zu erhöhen und die Heilung von Frakturen zu unterstützen.
Verlauf und Prognose der Glasknochenkrankheit
Glasknochen sind eine lebenslange Erkrankung, welche massive Auswirkungen auf Lebensqualität, Arbeitsalltag und Sozialleben haben kann. Die Art der Erkrankung bestimmt den Verlauf und die Prognose:
Typ I und Typ IV zeigen einen leichten bis mittelschweren Verlauf. Betroffene können oft ein weitgehend uneingeschränktes Leben führen. Nach der Pubertät werden die Knochen stabiler und brechen weniger leicht, was die Lebensqualität erheblich verbessert.
Typ II und Typ III führen zu schweren körperlichen Einschränkungen und können sogar tödlich sein. Patient*innen erleiden oft schon bei geringen Belastungen wie einem Hustenanfall oder beim Umdrehen im Bett Knochenbrüche. Sie sind häufig auf einen Rollstuhl angewiesen, die Knochen sind meist stark deformiert und sie sind ausgeprägt kleinwüchsig. Besonders durch Verformungen der Wirbelsäule bedingte Atemwegskomplikationen können die Lebenserwartung beeinflussen.
Für alle Betroffenen sind regelmäßige medizinische Kontrollen essenziell. Eine frühzeitige und konsequente Behandlung kann die Lebensqualität verbessern und Komplikationen vorbeugen.
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