Gicht: Ernährung spielt Schlüsselrolle bei Gelenkentzündung
Bei Gicht ist der Harnsäuregehalt im Blut zu hoch. Dadurch lagern sich Harnsäurekristalle im Bindegewebe der Haut und der Gelenke sowie den Organen ab. Mit welchen Symptomen sich Gicht bemerkbar macht und warum eine purinarme Ernährung so wichtig ist.
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Kurzübersicht: Gicht (Hyperurikämie)
Symptome: Ein akuter Gichtanfall äußert sich in starken Schmerzen. Außerdem ist das Gelenk geschwollen, gerötet und berührungsempfindlich. Im chronischen Verlauf bilden sich Gichtknoten (Tophi).
Ernährung: Wichtig ist eine Ernährungsumstellung auf purinarme Lebensmittel, bei deren Verstoffwechselung wenig Harnsäure entsteht und Verzicht auf Alkohol.
Ursachen: Ein Gichtanfall wird durch einen Anstieg der Harnsäure im Körper verursacht. Grund ist häufig purinreiche Nahrung, Alkohol und Bewegungsmangel.
Therapie: Einnahme von harnsäuresenkenden Medikamenten (Urikostatika oder Urikosurika) zur Hemmung der Harnsäurebildung bzw. verstärkten Ausscheidung, Gelenk schonen und kühlen sowie Ernährungsumstellung.
Artikelinhalte im Überblick:
Was ist Gicht?
Obwohl Gicht durch eine Stoffwechselstörung ausgelöst wird, zählt die Hyperurikämie zu den rheumatischen Erkrankungen, weil sie den Bewegungsapparat angreift. Die Krankheit tritt meist anfallsartig auf. Medizinisch handelt es sich dabei um eine akute Entzündung eines Gelenks.
Ein Gichtanfall wird in der Regel durch erhöhte Harnsäurespiegel ausgelöst. Der normale Harnsäurewert liegt
- bei Männern zwischen 3,4 und 7 Milligramm pro Deziliter (mg/dl),
- bei Frauen mit 2,4 bis 5,7 mg/dl etwas niedriger.
Steigt die Harnsäurekonzentration über 7 mg/dl, kann es zur Ablagerung von Harnsäurekristallen in Körpergeweben kommen.
Welche Symptome bei Gicht auftreten
Am Anfang entzündet sich nur ein Gelenk, in über 50 Prozent der Fälle das Großzehengrundgelenk. Es können aber auch einzelne Fingergelenke einschließlich des Daumengrundgelenks, Sprung- oder Kniegelenke oder der Ellenbogen beteiligt sein.
Entzündungszeichen am Gelenk:
- Schwellung
- rot bis violett glänzende Haut
- Wärme
- sehr starke Schmerzen bei Berührung oder Bewegung
Zusammen mit den Gelenkschmerzen können auch Übelkeit, Fieber oder Herzrasen (Tachykardie) auftreten. Da auch Nierensteine auf einen zu hohen Harnsäurespiegel im Blut hinweisen, können sie ebenfalls ein Symptom bei Gicht sein.
Symptome unterscheiden sich je nach Stadium
Die Erkrankung verläuft in verschiedenen Stadien, in denen sich auch die Symptome unterscheiden:
Stadium 1: Phase ohne Krankheitszeichen, in der die Harnsäurewerte erhöht sind. Diese Phase kann etwa fünf bis zehn Jahre andauern.
Stadium 2: Als erstes Symptom tritt oft ein akuter Gichtanfall auf, meist nachts ohne vorherige Anzeichen. Bereits davor bestehen (oft unbekannt) erhöhte Harnsäurewerte. Ein Gichtanfall dauert unbehandelt einige Stunden bis mehrere Tage.
Stadium 3: Zeitraum zwischen zwei Gichtanfällen ohne Krankheitszeichen (intermediäre Phase), der sechs Monate bis zwei Jahre dauern kann. Trotz weiter erhöhter Harnsäurewerte treten keine Beschwerden auf. Weiterhin kommt es zur Ablagerung von Harnsäurekristallen in Knochen, Gelenken und Weichteilen.
Stadium 4: Am Schluss steht die chronische Gicht mit typischen Knoten (Tophi) und fortschreitenden Gelenkveränderungen. Die gelblich-kreidigen Knoten im Unterhautbindegewebe bilden sich meistens am Ohr, aber auch an Händen, Füßen, Ellenbogen, Schleimbeuteln und Sehnenscheiden.
Ist das chronische Stadium erreicht, dauern die schmerzhaften Gichtanfälle länger an und es sind mehrere Gelenke gleichzeitig betroffen. Die symptomfreien Zeiträume werden dagegen immer kürzer. Die chronischen Entzündungen zerstören den Gelenkknorpel und greifen den Knochen an. Durch Verformung oder Versteifung verlieren die Gelenke ihre normale Funktion. Der Entzündungsvorgang ähnelt dem bei Rheuma.
Wie sieht die Therapie der Gicht aus?
Liegt ein akuter Gichtanfall vor, sollen die Schmerzen und Entzündung gelindert werden. Dies geschieht mit
- Medikamenten (Prednisolon, Colchicin oder nichtsteroidale Antirheumatika),
- Gelenkschonung,
- Kühlen,
- viel Flüssigkeit und
- Ernährungsumstellung.
Die Medikamente sollten 12 bis 24 Stunden nach Schmerzbeginn bis zum Abklingen des akuten Gichtanfalls (maximal 14 Tage) eingenommen werden.
Langfristige Behandlung der Gicht
Nach einem akuten Gichtanfall sollten weitere Anfälle vermieden werden, denn sie schädigen auf Dauer die Gelenke und Organe. Um erhöhte Harnsäurewerte zu senken, werden harnsäuresenkende Wirkstoffe verschrieben. Sie hemmen die Harnsäurebildung im Körper (Urikostatika wie Allopurinol) oder fördern die Ausscheidung von Harnsäure über die Nieren (Urikosurika wie Benzbromaron oder Probenecid).
Außerdem sollten Betroffene ihre Ernährungsgewohnheiten umstellen und weitestgehend auf Alkohol verzichten. Auch Risikofaktoren, die eine Erhöhung der Harnsäurewerte begünstigen, sollten verringert werden. Dazu gehören Übergewicht, Bluthochdruck (Hypertonie) und zu hohe Cholesterinwerte.
Lesetipp: Purintabelle als PDF zum Ausdrucken
Ernährung bei Gicht
Bei Gicht wird empfohlen, weniger Fleisch zu essen und auf den Puringehalt von Lebensmitteln zu achten. Besonders purinreiche Lebensmittel sollten bei einem erhöhten Harnsäurespiegel gemieden werden. Dazu gehören:
- Innereien wie Leber, Herz, Niere
- Schweinefleisch
- Rindfleisch
- Gänsefleisch
- Wurstwaren
- Hülsenfrüchte
- Sardinen, Heringe und Forellen
- Muscheln, Krebse und Garnelen
- Alkohol, vor allem Bier und Hochprozentiges
Erlaubt sind dagegen eiweißreiche Lebensmittel, also Milch und Milchprodukte, Obst sowie die meisten Gemüsesorten.
Gibt es Hausmittel gegen Gicht?
Über den Urin wird anfallende Harnsäure ausgeschieden. Um die Ausscheidung zu fördern, sollte viel getrunken werden. Allerdings gelingt das nur bei normaler Nierenfunktion. Daneben können bestimmte Hausmittel die Gelenkschmerzen bei einem Gichtanfall lindern.
Bewährte Hausmittel:
Quarkwickel: Quark wirkt entzündungshemmend und kann so die akuten Beschwerden bei Gicht lindern. Dazu ein Päckchen kühlen Quark in ein feuchtes Stofftuch streichen. Das Tuch so einschlagen, dass sich zwischen Quark und Gelenk nur eine dünne Stoffschicht befindet. Den Quarkwickel für ein bis zwei Stunden auf dem Gelenk belassen.
Essigwickel: Er kühlt das heiße und schmerzende Gelenk. Dazu einen Teil Essig (zum Beispiel Apfelessig oder Essigessenz) mit zwei Teilen Wasser mischen und tränken ein leichtes Stofftuch in der Mischung tränken. Das Gelenk damit für etwa 20 Minuten umwickeln.
Heublumen-Säckchen: Getrocknete Heublumen sind in der Apotheke, Drogerie oder im Online-Handel erhältlich. Für das schmerzlindernde Hausmittel einen kleinen Stoffbeutel mit Heublumen füllen und das Säckchen in heißem Wasser liegen lassen, bis der Inhalt warm ist. Anschließend das Heublumen-Säckchen für 30 Minuten auf das betroffene Gelenk legen. Achtung: Bei einer akuten Entzündung sollte Wärme nicht angewendet werden, da sie die Entzündungsprozesse fördert.
Ursachen und Auslöser der Gicht
Ursache der Gicht ist ein erhöhter Harnsäurespiegel, also eine erhöhte Harnsäurekonzentration im Blut (Hyperurikämie). Harnsäure entsteht auch beim gesunden Menschen als Abbauprodukt des Zellstoffwechsels und wird über die Nieren und Darm ausgeschieden. Außerdem entsteht Harnsäure, wenn der Körper purinhaltige Nahrung abbaut.
Steigt die Harnsäurekonzentration über 7 mg/dl, kann es zur Ablagerung von Harnsäurekristallen in Gelenken und anderen Körperbereichen kommen. Die Kristalle bilden sich bevorzugt in Gelenken der Extremitäten sowie an den Ohren, weil es dort etwas kühler ist als im Rumpf – Harnsäure kristallisiert bei niedrigeren Temperaturen eher aus.
Auslöser für erhöhte Harnsäurekonzentration:
Fettreiches Essen: Der klassische Gichtanfall tritt nach fettreichem Essen sowie dem Verzehr stark purinhaltiger Lebensmittel auf.
Alkohol: Ein wichtiger Auslöser der Gicht. Vor allem Bier und hochprozentiger Schnaps erhöhen den Harnsäurespiegel.
Medikamente: Einige Arzneimittel lassen den Harnsäurespiegel ansteigen. Dazu gehören Diuretika und bestimmte kortisonfreie Entzündungshemmer.
Genetik: Die Neigung zu einem erhöhten Harnsäurespiegel wird vererbt.
Grunderkrankungen: Beispielsweise Nierenerkrankungen verhindern die Ausscheidung von Harnsäure, auch chronischer Alkoholismus sorgt für erhöhte Harnsäurewerte im Blut.
Diagnose bei Verdacht auf Gicht
Der*die Arzt*Ärztin beginnt die Untersuchung mit einer ausführlichen Befragung zur Krankengeschichte (Anamnese) und Symptomen. Ein Hinweis für einen Gichtanfall ist, dass er innerhalb von zwei Wochen wieder abklingt. Oftmals sind schon ähnliche Anfälle vorausgegangen. Auch Erkrankte in der Verwandtschaft erhärten den Verdacht auf Gicht.
Ein Gichtanfall muss von anderen Erkrankungen, insbesondere einer sehr ähnlich verlaufenden bakteriellen Infektion abgegrenzt werden. Dazu erfolgt eine Punktion des Gelenks mit anschließender Auswertung der Gelenkflüssigkeit im Labor.
Röntgenuntersuchungen von Rheumaknoten oder Weichteilknoten sind erst in fortgeschrittenen Stadien sinnvoll.
Harnsäurespiegel bestimmen
Bei einem akuten Gichtanfall kann der Harnsäurespiegel erhöht sein, muss aber nicht. Manchmal löst gerade das Absinken der Harnsäurekonzentration einen Gichtanfall aus, etwa im Zusammenhang mit Fastenkuren. Daher ist der Harnsäurespiegel ein wichtiger Faktor, das Risiko in symptomfreien Phasen zu erkennen. Auch zur Verlaufskontrolle ist er ein entscheidender Indikator.
Verlauf der Gicht
Gicht verläuft normalerweise in vier Stadien mit unterschiedlichen Anzeichen. Dabei wechseln sich akute Phasen und solche mit Beschwerdefreiheit ab. Je früher Gicht diagnostiziert und behandelt wird, desto günstiger ist die Prognose. Über einen längeren Zeitraum unbehandelte Gicht führt zu chronischen Schmerzen, Gelenkdeformationen oder Invalidität.
Mögliche Komplikationen
Eine Komplikation stellt die chronische Gichtniere dar. Sie führt zu Nierenschwäche bis hin zum Nierenversagen. Werden auch die Nierengefäße geschädigt, kommt es außerdem zu Bluthochdruck (Hypertonie).
Die akute Uratnephropathie ist ein akutes Nierenversagen aufgrund der Harnsäureablagerungen. Sie wird durch eine akute Steigerung der Harnsäurekonzentration mit gleichzeitiger geringer Flüssigkeitszufuhr verursacht.
Durch die heutigen Behandlungsmöglichkeiten ist die chronische Form sehr selten. Meist tritt sie nur bei Gichtpatient*innen auf, die sich nicht konsequent an die ärztlich verordnete Therapie halten.
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