Neurologische Erkrankung

Epilepsie: Symptome und Ursachen epileptischer Anfälle

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Eine Epilepsie ist eine Erkrankung des Gehirns, bei der die Leitung elektrischer Nervenimpulse gestört ist. Dadurch kommt es zu epileptischen Anfällen, die in Form von Zuckungen oder Krämpfen auftreten können. Woran lässt sich eine Epilepsie erkennen und wie sollte im Fall eines Anfalls reagiert werden?

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© Getty Images/ sallywatts

Die Epilepsie ist eine der häufigsten neurologischen Erkrankungen. Schätzungen zufolge leidet einer von 100 Menschen an einer Epilepsie. Epileptische Anfälle sind noch häufiger: Etwa 10 Prozent aller Menschen haben einmal in ihrem Leben mindestens einen epileptischen Anfall – zum Beispiel einen Fieberkrampf. Eine Epilepsie kann in jedem Lebensalter auftreten. Meist beginnt die Erkrankung allerdings im Kindes- und Jugendalter. Aber auch bei Menschen über 60 Jahren kommen Neuerkrankungen wieder häufiger vor.

Artikelinhalte im Überblick:

Gehirn: Mythen und überraschende Fakten

Was ist eine Epilepsie?

Unter dem Begriff Epilepsie werden viele verschiedene Formen zusammgefasst. Allen gemeinsam sind wiederkehrende Anfälle, die durch eine überschießende elektrische Aktivität im Gehirn verursacht werden. Je nachdem, welche Bereiche im Gehirn gestört werden, kann es zu kurzen motorischen Störungen bei vollem Bewusstsein bis hin zu Bewusstseinstrübungen oder vollständiger Bewusstlosigkeit kommen.

Ein epileptischer Anfall bedeutet nicht, dass Betroffene unter der Krankheit Epilepsie leiden. Vor allem bei Kleinkindern kommt es häufig bei sehr hohem Fieber zu Krampfanfällen – sogenannte Fieberkrämpfe. Und auch infolge von übermäßigem Alkoholkonsum und starkem Schlafmangel kann es zu krampfartigen Anfällen kommen.

Von dem Krankheitsbild Epilepsie sprechen Fachleute erst, wenn folgende Bedingungen erfüllt sind:

  • Mindestens zwei nicht provozierte Anfälle im Abstand von mehr als 24 Stunden
  • Kein Hinweis auf einen Gelegenheitsanfall (zum Beispiel infolge von hohem Fieber)
  • Risiko für weitere Anfälle ist deutlich erhöht

Ursachen und Risikofaktoren von Epilepsien

Bei Epilepsien liegen Veränderungen im Gehirn vor. Das Zusammenspiel von Nervenzellen ist vorübergehend gestört und einzelne Gehirnbereiche oder das gesamte Gehirn sind übermäßig aktiv und geben zu viele Signale ab. Es entsteht ein "Gewitter im Gehirn", das im übrigen Körper einen Anfall auslöst.

Eine Epilepsie kann angeboren, vererbt oder durch bestimmte Erkrankungen oder Verletzungen erworben sein. Bei Kindern sind epileptische Anfälle oft auf die noch unreife Gehirnentwicklung, angeborene Fehlentwicklungen oder genetische Ursachen zurückzuführen. Im Erwachsenenalter treten epileptische Anfälle hingegen meist infolge von Erkrankungen oder Verletzungen auf (symptomatische Epilepsie).

Mögliche Ursachen sind:

  • Schädigungen des Gehirns durch Traumata 
  • Hirntumore 
  • Aneurysmen und andere Ursachen für Blutungen im Gehirn
  • Schlaganfall
  • Infarkte
  • Entzündungen im Gehirn
  • Stoffwechselkrankheiten
  • Fehlbildungen der Blutgefäße

Die Ursache für die Epilepsie lässt sich trotz umfassender Diagnostik nicht immer herausfinden. In ungefähr 40 Prozent der Fälle bleibt diese unklar.

Gelegenheitsanfall

Nicht zu verwechseln sind die Ursachen von Epilepsien zudem mit Faktoren, die auch bei Menschen ohne Epilepsie Anfälle auslösen können. Dazu gehören etwa Flackerlicht in einer Diskothek, Alkoholentzug oder sehr hohes Fieber bei Kindern. In diesem Fall ist von sogenannten Gelegenheitsanfällen die Rede.

Epilepsie: Diese Symptome sind möglich

Je nachdem, welche Bereiche des Gehirns betroffen sind und wie viele Nervenzellen sich entladen, können sich die Symptome bei einem epileptischen Anfall stark unterscheiden.

Mögliche Symptome bei epileptischen Anfällen sind:

  • Zuckungen einzelner Gliedmaßen (etwa Arme und Beine) oder Körperhälften
  • Wegwerfen von gerade in Händen gehaltenen Gegenständen
  • Aussetzen des Bewusstseins
  • Spannungsverlust der Muskulatur
  • Veränderte Sinneswahrnehmung, wie Geschmacks-, Gefühls- oder Sehstörungen
  • Fehlende Ansprechbarkeit oder Reaktionsfähigkeit
  • Unbewusste Bewegungen mit den Fingern, Schmatzen oder Ausziehen von Kleidungsstücken

Das Gehirn wird bei einem einzelnen Anfall nicht geschädigt und der Anfall hört in der Regel nach einigen Sekunden bis Minuten wieder auf. Betroffene sind anschließend sehr erschöpft und schlafen viel. Zwischen den Anfällen bestehen in der Regel keine körperlichen Beschwerden.

Anfallsformen: Welche gibt es?

Epileptische Anfälle werden in zwei Hauptgruppen eingeteilt:

  • Strukturelle (fokale) Anfälle: Betroffen sind nur Teile des Gehirns oder bestimmte Hirnregionen.

  • Generalisierte Anfälle: Das ganze Gehirn wird von Entladungen der Nervenzellen erfasst.

Finden Entladungen zunächst nur in einem Teil des Gehirns statt und breiten sich anschließend auf die andere Gehirnhälfte aus, sprechen Fachleute von einer bilateralen Ausbreitung des Anfalls.

Zudem werden Anfallsformen entsprechend der Symptomatik eingeteilt:

Absence Bewusstseinsverlust oder kurze Bewusstseinspause. Tätigkeit wird danach ohne Übergang wieder aufgenommen
Tonischer Anfall Alle Muskeln des Körpers versteifen sich
Klonischer Anfall Rhythmische Zuckungen der Arme und Beine treten auf
Myoklonischer Anfall Kurze Zuckungen im Bereich des Schultergürtels, meist nach dem Aufwachen
Tonisch-klonischer Anfall ("Grand mal") Arme und Beine versteifen sich, begleitet von rhythmischen Zuckungen
Atonischer Anfall Verlust der Muskelspannung, Patient wird schlaff und bewusstlos

Grand mal: Die bekannteste Epilepsie-Form

Die bekannteste Form der Epilepsie ist der Grand mal (großer Anfall). Bei dem tonisch-klonischen Anfall kommt es zunächst zu einer Verkrampfung des Körpers (tonische Phase), der mit einem kurzen Atemstillstand verbunden sein kann. Betroffene stürzen meist zu Boden, die Augen sind geöffnet. Es folgen Zuckungen der Arme und Beine (klonische Phase), gelegentlich kommt es dabei zum Biss auf die Zunge. Unter Umständen verlieren Betroffene auch die Kontrolle über ihre Blase.

Status epilepticus: Schwerer Notfall

Eine weitere schwere Form der Epilepsie ist der Status epilepticus. Davon ist die Rede, wenn ein epileptischer Anfall länger als fünf Minuten andauert. Dieser Zustand ist für Betroffene lebensbedrohlich. Es sollte schnellstmöglich ein*e Notarzt*Notärztin verständigt werden.

Erste-Hilfe-Maßnahmen bei einem Anfall:

  • Ruhe bewahren
  • Betroffene aus einer möglichen Gefahrenzone bringen, etwa im Straßenverkehr oder im Schwimmbad
  • Den Kopf mit einer Unterlage vor Verletzung schützen
  • Krampfende Personen nicht gewaltsam festhalten
  • Gefährliche oder spitze Gegenstände aus dem Bewegungsradius entfernen
  • Bei längeren Anfällen oder lebensbedrohlichen Situationen (Status epilepticus) eine*n Notärztin*Notarzt verständigen
  • Nach dem Anfall in der folgenden Ruhephase in die stabile Seitenlage bringen
  • Betroffene beruhigen und freundlich ansprechen, wenn sie wieder zu sich kommen

Hilfreich ist auch, wenn Betroffene eine Notfallkarte bei sich tragen, auf der die wichtigsten Erste-Hilfe-Maßnahmen vermerkt sind.

Diagnose: Wie werden Epilepsien festgestellt?

Bei epileptischen Anfällen sind in der Regel Fachärzt*innen der Neurologie aufzusuchen. Sie werden Betroffene zunächst ausführlich nach der Vorgeschichte und dem Ablauf des Anfalles befragen (Anamnese). Da sich Patient*innen allerdings oft selbst nicht gut an den Anfall erinnern, kann es hilfreich sein, wenn Begleitpersonen die einzelnen Symptome beschreiben.

Darüber hinaus finden meist körperliche und neurologische Untersuchungen statt. Zudem wird ein Elektroenzephalogramm (EEG) durchgeführt. Hierfür werden Elektroden am Kopf befestigt, welche die Hirnströme aufzeichnen. Diese geben wichtige Hinweise über die Aktivität von Nervenzellen in verschiedenen Hirnregionen. Eine Computer- oder Magnetresonanztomografie (CT oder MRT) können Aufschluss darüber geben, ob eine Hirnerkrankung wie beispielsweise ein Tumor Ursache für die Epilepsie ist.

Zur weiteren Abklärung möglicher Ursachen können ebenfalls Untersuchungen von Blutproben oder der Gehirnflüssigkeit (Liquor) sinnvoll sein.

Behandlung bei Epilepsie

Eine Therapie wird in der Regel erst nach einem zweiten epileptischen Anfall eingeleitet oder wenn davon ausgegangen wird, dass sich Anfälle wiederholen. Meist erfolgt die Behandlung mit Medikamenten, sogenannten Antiepileptika. Diese wirken nicht ursächlich, sondern blockieren die Anfälle.

Allerdings können Antiepileptika mehr oder weniger starke Nebenwirkungen wie Müdigkeit, Schwindel oder auch Hautreaktionen auslösen. Die Medikation muss daher individuell angepasst und regelmäßig kontrolliert werden. Häufig erfolgt die Einnahme von Medikamenten lebenslang.

Gelingt es nicht, mit Antiepileptika eine Anfallsfreiheit zu erreichen, stehen weitere Therapiemöglichkeiten zur Verfügung:

  • Operation: Wenn eine fokale Epilepsie besteht und sich der Anfallsherd exakt bestimmen lässt, kann die entsprechende Stelle bei einem chirurgischen Eingriff entfernt werden.

  • Vagusnerv-Stimulation (VGN): Der Vagusnerv verbindet das Gehirn mit den inneren Organen und kontrolliert Körperfunktionen wie Herzschlag und Verdauung. Durch Druck auf die Nerven im Bereich des Schlüsselbeins sollen epileptische Anfälle unterdrückt werden. Dafür werden Stimulatoren unter die Haut implantiert, welche in regelmäßigen Abständen elektrische Impulse abgeben.

Epilepsie im Alltag – Leben mit epileptischen Anfällen

Die Anfallshäufigkeit bei Betroffenen kann stark varrieren. Die Wahrscheinlichkeit von einem erneuten Anfall ist in den ersten zwei Jahren am höchsten und beträgt 21 bis 45 Prozent. Viele Epilepsieformen sind allerdings sehr gut behandelbar, sodass viele Betroffenen anfallsfrei leben können. Die beste Prognose besteht bei Epilepsien unbekannter Ursache ohne neurologischen Symptomen, die erstmal im Kindesalter aufgetreten ist.

Bei einigen Epilepsieformen kommt es allerdings nie zu einer Anfallsfreiheit. Das kann den Alltag von Betroffenen stark beeinträchtigen.

  • Autofahren: Anfälle am Steuer können lebensgefährlich sein, für Betroffene und andere. Menschen mit Epilepsie sollten kein Auto, Motorrad oder keinen LKW steuern, solange sie nicht anfallsfrei sind. In der Regel sollten mindestens ein Jahr lang keine Anfälle mehr auftreten, bevor wieder Auto gefahren werden darf.

  • Berufsleben: Epileptiker*innen sind nicht per se berufsunfähig. Einige Berufe, die beispielsweise das Klettern auf Dächern oder Fahren von Maschinen erfordern, sind jedoch wegen der Risiken nicht geeignet. Berufe mit Nachtdienst oder Schichtarbeit können aufgrund des Schlafmangels Anfälle begünstigen. Grundsätzlich hängt eine berufliche Eignung vor allem davon ab, wie gut man medikamentös eingestellt ist.

  • Reisen: Grundsätzlich sollten Reisen sorgfältig geplant und immer ein ausreichender Vorrat an Medikamenten mitgenommen werden. Hilfreich ist außerdem, vorher zu recherchieren, wo es vor Ort geeignete Arztpraxen oder Kliniken gibt.

  • Sport: Körperliche Bewegung wirkt sich grundsätzlich eher positiv aus. Vermieden werden sollten allerdings Sportarten mit Absturzgefahr wie Klettern. Auch Tauchen oder Schwimmen eignen sich nicht, da Betroffene bei epileptischen Anfällen ertrinken könnten.

  • Versicherung: Lange war es für Menschen mit Epilepsie besonders problematisch, eine Versicherung zu bekommen. Inzwischen haben sich die Bedingungen aber verbessert, sodass Betroffenen auch die Möglichkeit einer privaten Unfall- oder Krankenversicherung offensteht.

  • Schwangerschaft: Frauen mit Epilepsie und Kinderwunsch sind oft beunruhigt, doch eine Schwangerschaft verläuft mit der richtigen Medikamenteneinstellung meist problemlos. Betroffene sollten dies aber möglichst schon vor einer geplanten Schwangerschaft mit ihrer*ihrem Ärztin*Arzt besprechen, da manche Antiepileptika schädlich für das ungeborene Baby sein können. Außerdem sollten sie über die genetische Disposition zu Epilepsie und die Möglichkeit einer Vererbung auf das Kind aufgeklärt werden.

Vorbeugung: Lassen sich epileptische Anfälle vermeiden?

Es gibt keine Vorsorgemethoden, die das Auftreten der Krankheit Epilepsie verhindern können. Dennoch haben verschiedenste Untersuchungen gezeigt, dass sich Epilepsieanfälle bei Betroffenen durch eine gezielte Vorsorge einschränken oder sogar völlig vermeiden lassen. Wirksamstes Mittel ist eine gut eingestellte Medikation.

Anfallsselbstkontrolle

Ergänzend kann für einige Epileptiker*innen die Anfallsselbstkontrolle hilfreich sein. Ziel ist es, herauszufinden, unter welchen Bedingungen Anfälle auftreten. Anfallsauslösende Faktoren können sehr unterschiedlich sein. Während bei manchen äußere, physikalische Reize (Farben, Töne, starke Kontraste) identifiziert werden, sind es bei anderen unter Umständen Gemütszustände (etwa Ärger oder Angst). Sind Auslöser bekannt, können – auch zusammen mit einem*einer Therapeut*in – Strategien entwickelt werden, mit denen sich das Auftreten von Anfällen vermeiden lässt. Das können beispielsweise Entspannungstechniken sein.

Kohlehydratarme Ernährung

Studien haben gezeigt, dass Menschen mit Epilepsie von einer fettreichen und kohlenhydratarmen Ernährung profitieren. Diese besondere ketogene Diät kann auch Patient*innen helfen, bei denen die medikamentöse Therapie nicht anschlägt. Sie verlangt allerdings starke Einschränkungen und wird deshalb häufig wieder abgebrochen.

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