Hypoglykämie: Welche Symptome treten bei Unterzuckerung auf?
Nach höchsten wissenschaftlichen Standards verfasst und von Expert*innen geprüftViele Menschen mit Diabetes fürchten einen Unterzucker, fachsprachlich als Hypoglykämie bezeichnet. Er geht mit Schwäche, Schweißausbruch, Verwirrtheit und manchmal auch Krampfanfällen einher. Hypoglykämie kann aber auch unbemerkt auftreten.
Im Überblick:
- Das passiert im Körper
- Ursachen
- Unterzuckerung ohne Diabetes
- Symptome
- Folgen
- Vorbeugen
- Was tun im Notfall?
Hypoglykämie: Was passiert im Körper?
Der Blutzuckerspiegel liegt im Körper im Normalfall zwischen 70 und 100 Milligramm pro Deziliter (mg/dl) beziehungsweise zwischen 3,9 bis 6,1 Millimol pro Liter (mmol/l). Schafft der Körper es nicht, diesen Gehalt im Blut aufrechtzuerhalten, kommt es zur Hypoglykämie. Bei einer Unterzuckerung, also einem zu geringen Gehalt an Glukose im Blut, können die Zellen ihre Funktionen unzureichend ausführen. Ihnen mangelt es an der nötigen Energie.
Die Unterzuckerung macht sich zunächst im Gehirn bemerkbar, das auf Zucker als Energielieferant angewiesen ist. Die Hirnleistung ist eingeschränkt. Beeinträchtigt sind:
- Konzentrationsfähigkeit
- Bewusstsein
- Bewegungskoordination
- Sprachvermögen
- Orientierungsfähigkeit
Bewegungssinn
Damit das Gehirn so gut es geht mit Zucker versorgt wird, stimuliert es andere Organe, welche wiederum die Leber dazu veranlassen, Glukose ins Blut freizusetzen. Das Gehirn beeinflusst dann unter anderem die Nebennieren, um Epinephrin und Cortisol auszuschütten sowie die Bauchspeicheldrüse zur Freisetzung von Glukagon.
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Mögliche Ursachen: Wie bekommt man eine Unterzuckerung?
Am häufigsten sind Menschen mit Diabetes mellitus von einer Hypoglykämie betroffen. Die Ursache der Unterzuckerung liegt dann in der Regel an den Medikamenten wie Insulin oder Sulfonylharnstoffen. Sie werden eingenommen, um den Blutzuckerspiegel zu senken. Zu einer Unterzuckerung kommt es meist, wenn der Blutzuckerspiegel nicht regelmäßig kontrolliert wird. Weiterhin sind Diabetiker und Diabetikerinnen gefährdet, die
- an einer chronischen Nierenkrankheit leiden,
- gerade abnehmen,
- älter sind und Sulfonylharnstoffe einnehmen.
Hypoglykämien können außerdem entstehen, wenn nach Gabe des Diabetesmedikaments eine verzögerte Mahlzeit, verringerte Kohlenhydrataufnahme oder körperliche Anstrengung vorherrscht. Zudem kann die Einnahme von Medikamenten für andere Erkrankungen wie Pentamidin und Chinin zu einer Unterzuckerung führen.
Außerdem fördert Alkohol nicht nur das Hypoglykämierisiko an sich, sondern mindert auch die Wahrnehmung der ersten Anzeichen einer Unterzuckerung. Daher sollten alkoholische Getränke nur in Maßen genossen werden.
Kommt es häufig zu schwereren Unterzuckerungen, kann sich eine Unterzuckerungswahrnehmungsstörung entwickeln.
Unterzuckerung bei Menschen ohne Diabetes
Bei Nicht-Diabetiker*innen ist eine Hypoglykämie selten. Dennoch können auch Menschen ohne diagnostizierten Diabetes in den Unterzucker gelangen. Das kann entweder nüchtern, also ohne vorherige Nahrungszufuhr, als auch in Abhängigkeit der Nahrung auftreten. Diese Ursachen bestehen, wenn Menschen ohne Diabetes in den Unterzucker gelangen:
Nüchtern-Hypoglykämie (Nahrungsaufnahme ist mehr als sechs Stunden her), die durch starke körperliche Anstrengung oder vermehrten Alkoholkonsum ausgelöst wird
Chronische Lebererkrankungen
Insulin-produzierender Tumor
operative Entfernung oder Verkleinerung des Magens (funktionelles Dumping-Syndrom)
genetisch bedingte Formen einer Hypoglykämie wie bei erblicher Fructoseintoleranz oder Leuzin-Empfindlichkeit
Hypoglykämien bei Neugeborenen, wenn der Diabetes der Mutter nicht richtig eingestellt ist
Funktionsschwäche der Schilddrüse, Nebenniere oder Hirnanhangsdrüse
Symptome einer Unterzuckerung
Fällt der Blutzuckerspiegel ab, schütten die Nebennieren zunächst Adrenalin aus. Das Hormon regt die Ausschüttung von Glukose aus den Glukosespeichern im Körper an. Zusätzlich führt es im Körper aber zu weiteren Reaktion, weshalb bei einer leichten Unterzuckerung folgende Symptome möglich sind:
Hunger
Ohnmacht
Herzklopfen
Bekommt das Gehirn keine Energie in Form von Glukose mehr, entsteht eine schwere Form von Hyoglykämie. Diese kann sich durch folgende weitere Symptome äußern:
Verwirrung
Schwäche
Sehschwäche
kalter Schweiß
starkes Gähnen
Sprachprobleme, etwa Lallen
Gangunsicherheiten wie Torkeln
Blässe um Mund und Nase
Ohnmacht
Die frühen Anzeichen können ansonsten plötzlich oder aber auch langsam auftreten. Je länger eine schwere Hypoglykämie besteht, desto wahrscheinlicher sind dauerhafte Schäden am Gehirn. Schnelles Handeln ist daher wichtig.
Das vegetative Nervensystem kann bei einer drohenden Unterzuckerung aber auch gegensteuern, ohne dass der*die Betroffene dies bewusst wahrnimmt. Dies gilt insbesondere beim Typ-2-Diabetes, bei dem der Körper schneller und bei höheren Blutzuckerwerten gegensteuert als beim Typ-1-Diabetes. Dann fehlen die Warnsymptome und es kann zu einer schweren Hypoglykämie kommen. Menschen, die schon jahrelang an Diabetes leiden und schon öfter eine Unterzuckerung hatten, können direkt ohne vorwarnende Symptome in Ohnmacht oder ins Koma fallen.
Nur die Blutzuckermessung offenbart die asymptomatische Blutzuckerkrise und die Notwendigkeit für eine Therapieanpassung.
Mögliche Folgen einer Unterzuckerung
Bereits eine einzige schwere Hypoglykämie kann tödlich sein. So ist das Risiko eines plötzlichen Herztodes bei Menschen mit Diabetes um das doppelte erhöht.
Für das Auftreten eines Herzinfarkt bleibt das Risiko nach einer schweren Unterzuckerung auch langfristig bestehen. So ist innerhalb von sechs Monaten nach einer Hypoglykämie die Infarktrate noch um 20 Prozent erhöht und im gesamten Einjahreszeitraum immerhin noch um zwölf Prozent. Auch typische Warnzeichen eines Herzinfarktes wie starke Brustschmerzen werden aufgrund eines geringeren Schmerzempfindens meist nicht oder verspätet wargenommen.
Inzwischen ist bekannt, dass bei wiederholten Hypoglykämien das Risiko für eine Demenz deutlich zunimmt. Viele leichte Unterzuckerungen steigern wiederum das Risiko für eine schwere und verringern die Wahrnehmungsfähigkeit für Hypoglykämien. Gerade nächtliche Unterzuckerungen bleiben oft unbemerkt.
Der Hypoglykämie vorbeugen
Der Blutzucker sollte gut eingestellt sein und durch Blutzuckerselbstmessung kontrolliert werden. Definitionsgemäß spricht man von einer Hypoglykämie bei Blutzuckerwerten unter 65 (mg/dl) beziehungsweise unter 3,6 mmol/l und zwar unabhängig davon, ob typische Anzeichen einer Unterzuckerung auftreten oder nicht.
Um einer Unterzuckerung vorzubeugen, können diese Tipps helfen:
- Traubenzucker immer griffbereit haben
- regelmäßige Kontrolle der Blutzuckerwerte
- vor körperlichen Aktivitäten sollten zusätzlich zwei Broteinheiten (BE) gegessen werden
- langfristige körperliche Anstrengung kann eine Anpassung des Diabetesmedikaments erforden. Hier sollte eine ärztliche Absprache erfolgen.
- Ernährung und Alkoholkonsum sollte immer im Blick behalten werden.
Vor allem vor der Teilnahme am Straßenverkehr ist es ratsam, den Blutzuckerspiegel zu testen.
Was tun bei Unterzuckerung?
Treten erste Anzeichen einer Unterzuckerung auf, muss umgehend gegengesteuert werden. Daher sollten Diabetiker*innen immer Traubenzucker bei sich haben. Auch Limonade kann als "Antidot" (Gegenmittel) eingesetzt werden. Bei Ohnmacht sollte nicht durch Dritte versucht werden, Flüssigkeit einzuflößen (Erstickungsgefahr).
Eine weitere Möglichkeit sind bei schweren Unterzuckerungen Glukagonspritzen durch Angehörige. Glukagon neutralisiert als Gegenspieler des Insulins die blutzuckersenkende Wirkung. Glukagon ist in einem Hypoglykämie-Notfallset vorhanden. Es sollte in jedem Fall eine*ein Notärztin*Notarzt verständigt werden.
Auf Dauer sollte die Ursache für das Auftreten der Hypoglykämie behandelt werden. Das kann zum Beispiel eine Medikamentenanpassung oder Ernährungsanpassung sein. Liegen andere Medikamente oder organische Ursachen zugrunde, berät der*die behandelnde Arzt*Ärztin über das weitere Vorgehen.
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