Was tun gegen Winterdepression?
Die Winterdepression, auch saisonale affektive Störung genannt, tritt vor allem in den dunklen Monaten des Jahres auf. Sie äußert sich durch Symptome wie Niedergeschlagenheit, Müdigkeit und Heißhunger. Welche Ursachen hat eine Winterdepression und was hilft dagegen?
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Kurzübersicht: Häufige Fragen und Antworten zum Thema Winterdepression
Wie erkenne ich eine Winterdepression? Typisch für eine Winterdepression sind anhaltende Müdigkeit, Antriebslosigkeit, Heißhunger und ein erhöhtes Schlafbedürfnis. Die Symptome dauern oft über Wochen an und treten in den dunklen Monaten auf.
Ist Winterdepression dasselbe wie Winterblues? Nein. Der Winterblues ist eine leichte Verstimmung und verschwindet meist von selbst. Eine Winterdepression geht mit stärkeren Symptomen einher und erfordert mitunter eine ärztliche Behandlung.
Was hilft gegen eine Winterdepression? Hilfreich sind etwa Lichttherapie, regelmäßige Bewegung an der frischen Luft und eine ausgewogene Ernährung. Schwere Symptome sollten ärztlich abgeklärt werden.
Wie kommt es zu einer Winterdepression? Laut Fachleuten sorgt der Lichtmangel in den Herbst- und Wintermonaten für eine gestörte Produktion der Botenstoffe Melatonin und Serotonin im Gehirn. Dieses hormonelle Ungleichgewicht beeinflusst die Stimmung und den Schlaf-Wach-Rhythmus.
Artikelinhalte im Überblick:
Was ist eine Winterdepression?
Die Winterdepression ist eine Form der Depression, die wiederkehrend in den dunklen Monaten des Jahres auftritt. Sie beginnt meist im Herbst (Oktober/November) und klingt im Frühjahr (März/April) wieder ab.
Dabei treten die Symptome unabhängig von psychosozialen Stressoren auf und verschwinden meist vollständig, sobald die dunkle Jahreszeit vorüber ist.
Sie ist auch bekannt als saisonale affektive Störung (SAD, Seasonal Affective Disorder).
Winterdepression oder Winterblues?
Dass Herbst und Winter mit kürzeren Tagen oder schlechtem Wetter hin und wieder auf die Laune schlagen, ist nicht ungewöhnlich. Beim Herbst- oder Winterblues verschwindet die trübe Stimmung in der Regel jedoch schnell wieder.
Ein Warnzeichen ist, wenn die Symptome mindestens zwei aufeinanderfolgende Jahre über mehr als zwei Wochen auftreten. In solchen Fällen sollte ärztliche oder psychotherapeutische Hilfe in Anspruch genommen werden.
Wie häufig ist die Winterdepression?
Die Häufigkeit der Winterdepression variiert je nach Region. Besonders betroffen sind Länder mit langen, dunklen Wintern. So zeigen Studien, dass in Skandinavien bis zu 10 Prozent der Bevölkerung betroffen sein könnten. In Deutschland liegt die Prävalenz zwischen 2 und 5 Prozent.
Die Krankheit wird bei Frauen drei- bis viermal häufiger als Männern diagnostiziert und tritt meist im mittleren Lebensalter auf. Es können jedoch auch Kinder und Jugendliche betroffen sein.
Symptome der Winterdepression
Die Beschwerden ähneln einer klassischen Depression, jedoch mit einigen charakteristischen Unterschieden:
erhöhtes Schlafbedürfnis: Während andere Formen der Depression oft mit Schlafstörungen einhergehen, verspüren Betroffene einer Winterdepression einen starken Drang, länger zu schlafen.
Heißhunger auf Süßes und Kohlenhydrate: Anstatt Appetitlosigkeit zu entwickeln, steigt das Verlangen nach kohlenhydratreichen Lebensmitteln deutlich an.
Gewichtszunahme: Durch den veränderten Appetit nehmen Betroffene an Gewicht zu. Bei einer klassischen Depression nehmen Betroffene häufig ab.
Zusätzlich treten folgende Symptome auf:
- anhaltende Müdigkeit und Antriebslosigkeit
- körperliche Abgeschlagenheit
- Traurigkeit und gedrückte Stimmung
- Rückzug aus sozialen Aktivitäten
- Interessenverlust
- Reizbarkeit
Besonders in der Anfangsphase ist oft nicht eindeutig zu erkennen, ob die Symptome tatsächlich saisonal bedingt sind oder ob eine andere Form der Depression vorliegt.
Zudem können die Symptome einer Depression individuell abweichen und auch untypisch sein. Auch im Rahmen einer "normalen" Depression können eine Gewichtszunahme und ein erhöhtes Schlafbedürfnis vorkommen. Bei starken Beschwerden sollte in jedem Fall ärztlicher Rat aufgesucht werden.
Therapie der Winterdepression
Ein anhaltendes Stimmungstief sollte Anlass sein, Rat bei einer*einem Ärztin*Arzt einzuholen. Betroffene können sich zunächst an die hausärztliche Praxis wenden.
Falls keine körperliche Ursache vorliegt, kann eine Überweisung an eine psychiatrische oder psychologische Fachpraxis.
Folgende Therapien kommen bei Winterdepressionen zum Einsatz:
Lichttherapie: Die Lichttherapie ist die erste Wahl bei der Behandlung saisonal abhängiger depressiver Störungen. Sie wird vor allem bei leichten und mittelschweren Winterdepressionen eingesetzt. Betroffene setzen sich täglich nach dem Aufstehen für 30 bis 60 Minuten vor eine spezielle Lichtquelle mit mindestens 2.500 bis 10.000 Lux. Wichtig: Wer sich eine Tageslichtlampe für daheim anschafft, sollte die Anwendungshinweise beachten. Liegen Erkrankungen der Augen vor, sollte ärztlich geklärt werden, ob die Lichttherapie geeignet ist.
Medikamente: Bei schweren Symptomen können Antidepressiva zum Einsatz kommen, insbesondere Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (SSRI). Leichtere Ausprägungen können auch mit pflanzlichen Präparaten, zum Beispiel mit Johanniskraut, behandelt werden.
Psychotherapie: Die kognitive Verhaltenstherapie (CBT) hat sich bei saisonalen Depressionen bewährt. Sie hilft, negative Denkmuster zu erkennen und Strategien zu entwickeln, um besser mit der Erkrankung umzugehen.
Was tun gegen Winterdepression und Winterblues?
Eine Winterdepression oder auch der mildere Winterblues lassen sich mit gezielten Maßnahmen lindern. Entscheidend ist, den Lichtmangel auszugleichen und für ausreichend Bewegung zu sorgen. Folgende Maßnahmen sind empfehlenswert:
Tageslicht nutzen: Regelmäßige Aufenthalte im Freien sind eine der wichtigsten vorbeugenden und therapeutischen Maßnahmen. Dabei muss die Sonne nicht direkt scheinen – selbst an bewölkten Tagen erreicht das natürliche Tageslicht eine Intensität von etwa 5.000 Lux, was deutlich stärker ist als die meisten künstlichen Lichtquellen in Innenräumen.
regelmäßig bewegen: Spaziergänge und Sportarten wie Radfahren oder Yoga fördern die Produktion von Endorphinen und wirken stimmungsaufhellend.
ausgewogen ernähren: Eine gesunde Ernährung mit reichlich frischem Gemüse, Obst und Vollkornprodukten kann das Wohlbefinden positiv beeinflussen.
bewusst entspannen: Meditation, Achtsamkeitsübungen oder ein Kurzurlaub wirken Stress entgegen und stärken das emotionale Gleichgewicht.
soziale Kontakte pflegen: Freund*innen treffen, Zeit mit der Familie zu verbringen oder kleine Unternehmungen im Alltag können helfen, Stimmungstiefs zu durchbrechen.
pflanzliche Depressionshilfe: Johanniskraut kann bei leichten Depressionen zum Einsatz kommen und ist freiverkäuflich in der Apotheke erhältlich. Wegen möglicher Neben- und Wechselwirkungen sollte die Einnahme jedoch ärztlich abgeklärt werden.
Austausch mit Gleichgesinnten: Der Austausch mit anderen betroffenen Menschen, etwa im Rahmen einer Selbsthilfegruppe, kann eine weitere emotionale Stütze sein.
Ursachen einer Winterdepression
Als Hauptursache für eine Winterdepression gilt ein Ungleichgewicht der Botenstoffe Melatonin und Serotonin im Gehirn.
Bereits im September nimmt die durchschnittliche Sonnenscheindauer in vielen Ländern in Europa beträchtlich ab. Im November liegt sie in Deutschland mit durchschnittlich knapp 50 Stunden nur noch bei einem Viertel der Werte aus den Sommermonaten (ca. 200 Stunden).
Das hat Auswirkungen auf den Körper, denn Licht reguliert den Hormonhaushalt. Die Folgen von Lichtmangel sind:
weniger Serotonin: Der Körper produziert bei Lichtmangel geringere Mengen des "Glückshormons" Serotonin, was zu gedrückter Stimmung und Antriebslosigkeit führen kann.
mehr Melatonin: Gleichzeitig steigt die Produktion des Schlafhormons Melatonin, das den Schlaf-Wach-Rhythmus steuert.
Fachleute gehen davon aus, dass das Schlafhormon Melatonin für die schlechte Gemütsverfassung verantwortlich ist. Aufgrund der Dunkelheit kann es nicht abgebaut werden, es kommt zu einer erhöhten Konzentration des Stoffes im Gehirn. Als Folge davon können Müdigkeit, Niedergeschlagenheit und andere Symptome auftreten.
Weitere mögliche Auslöser der SAD
Folgende Punkte werden als weitere mögliche Ursachen diskutiert:
Verschiebung des Biorhythmus: Späte Sonnenaufgänge im Winter können die innere Uhr aus dem Takt bringen und den Tag-Nacht-Rhythmus stören.
evolutionärer Schutzmechanismus: Einige Fachpersonen vermuten, dass die Winterdepression möglicherweise ein Überbleibsel des Winterschlafs ist. Der Körper reduziert seine Aktivität, steigert das Schlafbedürfnis und fördert eine Gewichtszunahme, um Energiereserven für die kalte Jahreszeit zu sichern.
Vitamin-D-Mangel: Untersuchungen zeigen, dass niedrige Vitamin-D-Werte depressive Symptome verstärken. Da der Körper Vitamin D vor allem durch Sonnenlicht bildet, gilt der Mangel in den Wintermonaten als ein zusätzlicher Auslöser.
Risikofaktoren für Winterdepression
Mehrere Faktoren können das Erkrankungsrisiko erhöhen. Dazu gehören:
- genetische Veranlagung
- Geschlecht
- Alter
- berufliche und familiäre Situation
- aktuelle psychische Belastungen
Diagnose: Wie wird eine Winterdepression festgestellt?
Die Diagnose einer Winterdepression erfolgt in der Regel durch eine ärztliche oder psychotherapeutische Untersuchung. Da sich die Symptome mit denen einer klassischen Depression überschneiden, ist eine genaue Abklärung wichtig.
Die Diagnose beginnt normalerweise mit einer ausführlichen Anamnese, in der die Krankengeschichte erfragt wird. Von Interesse sind etwa die Art, Dauer und Schwere der Symptome sowie deren saisonales Muster.
Depressive Beschwerden können auch körperliche Ursachen haben – sie sind mitunter Anzeichen eines Vitaminmangels oder einer Schilddrüsenerkrankung. Diese sollten durch Blutuntersuchungen ausgeschlossen werden.
Auch andere psychische Erkrankungen, wie Angststörungen müssen ausgeschlossen werden. Um die Diagnose zu sichern, nutzen Fachleute daher standardisierte Fragebögen, zum Beispiel den Seasonal Pattern Assessment Questionnaire (SPAQ).
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