Long Covid: Welche Symptome treten bei dem Syndrom auf?
Nach höchsten wissenschaftlichen Standards verfasst und von Expert*innen geprüftImmer mehr Menschen kämpfen mit den Langzeitfolgen einer Corona-Infektion, medizinisch als Long Covid und Post Covid bezeichnet. Welche Symptome treten bei Long Covid auf und wie wird die Folgekrankheit behandelt?
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Artikelinhalte im Überblick:
Was ist Long Covid?
COVID-19 ist eine Multiorgan-Krankheit, die zahlreiche Symptome auslösen kann. Neben der akuten Infektion gibt es zwei weitere Zustände:
Long Covid: Symptome, die mindestens vier Wochen nach einer Corona-Infektion fortbestehen oder neu auftreten
Post Covid: Symptome, die über 12 Wochen nach der Infektion bestehen und für mindestens zwei Monate anhalten oder wiederkehren
Das bedeutet, dass Betroffene auch Monate nach einer Corona-Infektion weiterhin mit Beschwerden zu kämpfen haben. Je nach Ausprägung der Symptome und Schweregrade des Long-Covid-Syndroms können Betroffene ihren Alltag nicht bewältigen und sind in schweren Fällen sogar vorübergehend berufsunfähig. Frauen und jüngere Menschen sind häufiger von den Langzeitfolgen betroffen.
Nicht nur schwere Verläufe können zu Long Covid führen – auch Menschen mit symptomlosem oder nur leichtem Verlauf sind häufig betroffen.
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Long Covid: Symptome des Syndroms
Betroffene leiden bei Long Covid und Post Covid unter zahlreichen Beschwerden: Bisher sind über 200 verschiedene Symptome in vielen Organen bekannt. Sehr häufig werden von Betroffenen genannt:
extreme Müdigkeit, Erschöpfung und eingeschränkte Belastbarkeit (Fatigue)
Schwierigkeiten bei der Konzentration und Gedächtnisverlust (Brain Fog)
gestörte Atmung wie Kurzatmigkeit bis hin zur Atemnot (Dyspnoe)
trockener Husten
Störungen von Geruchs- und Geschmackssinn bis hin zum Verlust
Muskelschmerzen sowie Muskelschwäche
Rückenschmerzen und
psychische Beschwerden wie depressive Verstimmungen oder Ängstlichkeit
posturales Tachykardiesyndrom (POTS)
Auch die geistigen Fähigkeiten werden durch Long Covid beeinträchtigt, zum Beispiel logisches Denken, bei dem Planung und Problemlösung erforderlich sind. Das ergab eine Auswertung der IQ-Tests von über 81.000 Menschen (davon mehr als 12.600 COVID-19-Patient*innen) durch britische Forschende.
Signifikante Defizite der geistigen Leistungsfähigkeit hatten demnach auch Menschen, die wegen ihrer Corona-Infektion nicht im Krankenhaus behandelt werden mussten. Am stärksten betroffen waren Menschen, die auf der Intensivstation behandelt und beatmet wurden: Sie hatten einen um sieben Punkte niedrigeren IQ als Vergleichspersonen – umgerechnet entspricht das einer Alterung des Gehirns um 10 Jahre.
An Long Covid können auch Kinder erkranken
Auch Kinder und Jugendliche können an Long Covid erkranken, und das, obwohl sie oft nur einen milden oder moderaten Krankheitsverlauf hatten. Häufige Symptome bei Kindern sind
- Kopfschmerzen,
- chronisches Fatigue Syndrom (CFS),
- eingeschränkte Belastbarkeit,
- Konzentrationsschwäche,
- Atembeschwerden,
- Schlafstörungen und
- Geschmacks- und Riechstörungen.
Daneben gibt es unter jungen Menschen bis 18 Jahre eine seltene Form von Long Covid, das Pädiatrische Inflammatorische Multiorgan-Syndrom (PIMS). In den meisten Fällen entwickeln sie das Syndrom einige Wochen nach einer symptomlosen Corona-Infektion. Betroffene Kinder leiden unter hohem Fieber, Hautausschlägen, Schmerzen hinter dem Brustbein und Magen-Darm-Beschwerden.
Das Syndrom wird als Notfall eingestuft, der umgehend im Krankenhaus behandelt werden muss.
Behandlung von Long Covid und Post Covid
Bisher gibt es für Long Covid keine spezielle Behandlung. Der Wirkstoff BC 007 gilt als Hoffnungsträger und kann zukünftig in einer Studie an Patient*innen untersucht werden. Um eine überschießende Immunreaktion zu regulieren, können Ärzt*innen Kortisonspray verschreiben. Auch das Corona-Medikament Paxlovid kann zum Einsatz kommen, um die Vermehrung des Virus im Körper zu hemmen.
In vielen Fällen wird versucht, vorrangig die vorliegenden Symptome zu behandeln – zur Linderung der Beschwerden und um ein dauerhaftes Auftreten (Chronifizierung) zu verhindern.
In der Kritik steht dagegen die Blutwäsche, auch HELP-Apherese genannt, die eine Heilung von Long Covid ermöglichen soll. Das Blut wird gefiltert, Fette sowie Gerinnungsfaktoren und Entzündungsmediatoren werden entfernt. Bisher gibt es jedoch keine validen Nachweise für die Wirksamkeit der Therapie. Fachleute wie die Deutsche Gesellschaft für Nephrologie warnen sogar vor der Anwendung der HELP-Apherese bei Long Covid, da eine unsachgemäße Anwendung zu schweren Komplikationen führen kann.
Im Rahmen der Behandlung von Long Covid ist ebenso die Rehabilitation wichtig. Das Spektrum an rehabilitativen Maßnahmen ist sehr groß und richtet sich nach dem Schweregrad der Erkrankung: Von ambulanten Heilmitteln wie Physiotherapie über frühe Reha-Maßnahmen im Krankenhaus bis hin zur Nachsorge in speziellen Einrichtungen. Damit sollen eingeschränkte Körperfunktionen wiederhergestellt werden und Betroffene besser zurück in den Alltag finden.
Lässt sich den Spätfolgen vorbeugen?
Um Long Covid nach Möglichkeit vorzubeugen, sollten Patient*innen ihre akute Infektion gründlich ausheilen. Selbst wer nur milde Symptome hatte, sollte dem Körper genügend Ruhezeit geben, damit er die Virusinfektion vollständig bekämpfen kann. Dazu zählt, dass man eine mehrwöchige Sportpause einlegen sollte und Anstrengungen möglichst vermeidet.
Long Covid trotz Corona-Impfung?
Die Corona-Impfungen reduzieren das Risiko sich mit Corona anzustecken und einen schweren Verlauf zu entwickeln. Auch vollständig geimpfte Mensche erkranken an Long Covid, dennoch kann eine Impfung das Risiko um die Hälfte bis 70 Prozent reduzieren.
Ein weiteres Phänomen, das zunehmend beobachtet wird: Menschen entwickeln nach der Corona-Impfung ähnliche Symptome wie Long Covid, obwohl sie sich zuvor nie mit SARS-CoV-2 infiziert hatten. Für aussagekräftige Fallzahlen sind hierzu allerdings weitere Studien notwendig.
Ursachen für Long Covid und Post Covid
Da es sich bei COVID-19 um eine neuartige Krankheit handelt, wird auch an den Langzeitfolgen noch geforscht, um herauszufinden, welche Ursachen hinter Long Covid stecken. Bisher wurden verschiedene Mechanismen identifiziert, wodurch Long Covid entstehen kann. Sie sind jedoch sehr individuell, können sich also zwischen einzelnen Betroffenen stark unterscheiden.
Mögliche Ursachen für Long Covid:
Anhaltender Befall durch das Virus und Überdauern von Virusbestandteilen im Körper
Nebenwirkungen der Behandlung von COVID-19, zum Beispiel ECMO
Chronische Entzündungen
Überschießende Immunreaktionen
Immundefekte
Andauernde Gewebeschäden durch die Infektion, darunter auch Schäden an Blutgefäßen
Gestörte Mikrovaskularisierung, also Abweichungen in der Neubildung von Blutgefäßen und Versorgung von Gewebe mit Blutgefäßen
Störungen im Renin-Angiotensin-Aldosteron-System (RAAS), das den Blutdruck und Elektrolyt-Haushalt reguliert
Diagnose: Wann liegt Long Covid vor?
Die Diagnose von Long Covid durch eine*n Ärztin*Arzt ist aufgrund des neuartigen Charakters der Erkrankung und des komplexen Krankheitsbildes nicht einfach. Eine Anlaufstelle können Long-Covid-Ambulanzen sein, die sich auf die Spät- und Langzeitfolgen von Corona spezialisiert haben. Informationen finden Betroffene unter https://longcoviddeutschland.org/ambulanzen/.
Obwohl es bisher keine spezifischen Parameter zur Diagnose von Long Covid gibt, ist die Laboruntersuchung beim Verdacht auf die Erkrankung wichtig. Daneben spielen eine ausführliche Anamnese, körperliche Untersuchung und Beurteilung des neurologischen und psychischen Zustands der Patient*innen eine große Rolle.
Laut der aktuellen Leitlinie zum Long Covid-Syndrom liegt es vor, wenn eines der folgenden vier Kriterien erfüllt ist:
Symptome einer akuten Corona-Infektion bestehen fort
Symptome, die den Gesundheitszustand erneut beeinträchtigen
Neue Symptome, die als Folge von COVID-19 nach der akuten Phase der Infektion aufgetreten sind
Vorbestehende Grunderkrankungen wie Diabetes mellitus, Bluthochdruck oder Herzkrankheiten verschlechtern sich
Insbesondere Menschen mit Vorerkrankungen sollten sich umgehend ärztliche Hilfe suchen, wenn sich ihr Gesundheitszustand verschlechtert oder neue Symptome auftreten. In diesen Fällen kann die Behandlung der Grunderkrankung überprüft und bei Bedarf angepasst werden.
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