Herzfrequenz unter 60 Schlägen pro Minute

Bradykardie: Wann wird ein niedriger Puls gefährlich?

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Bradykardie (niedriger Puls) ist ein Begriff aus der Kardiologie. Dabei schlägt das Herz langsamer, als es für das jeweilige Alter normal ist. Hier lesen Sie alles über die Ursachen, akuten Auslöser, Therapien und Hausmittel gegen niedrigen Puls.

bradykardie

Das Herz eines Erwachsenen sollte in Ruhe 60 bis 80 Mal pro Minute schlagen. Im Zusammenspiel mit einem durchschnittlichen Blutdruck von 120/80 mmHg (Millimeter Quecksilbersäule) und bei normaler Herzgröße – das Herz soll so groß sein wie die eigene Faust – wird der gesamte Körper mit ausreichend Blut versorgt und der Kreislauf ist stabil.

Bestimmte chronische und akute Erkrankungen können die Reizleitung am Herzen stören und das Herz aus dem Takt bringen (Arrhythmie), die Frequenz erhöhen (Tachykardie) oder verlangsamen. Letzteres wird als Bradykardie (griechisch βραδυκαρδία [bradykardía], wörtlich übersetzt "Langsamherzigkeit") bezeichnet.

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Ursachen einer Bradykardie

Eine Bradykardie kann als gewollte Wirkung, aber auch als Nebenwirkung durch ein Medikament verursacht werden. Weitere mögliche Ursachen sind:

  • Niedriger Puls bei Sportler*innen: Durch regelmäßiges Training kann eine Bradykardie entstehen, die in der Regel harmlos ist.

  • Fehlfunktionen eines Herzschrittmachers: Ebenso kann eine mechanische Fehlfunktion eines Herzschrittmachers zu einem verlangsamten Herzschlag führen.

  • Schilddrüsenunterfunktion: Schilddrüsenhormone regulieren unter anderem die Herzfrequenz und das zirkulierende Blutvolumen. Bei einer Unterfunktion der Schilddrüse kann daher ein niedriger Puls beobachtet werden. 

Es ist ebenso möglich, dass die Bradykardie durch eine Erkrankung des Herzens entsteht. Diese wird auch als Herzrhythmusstörung bezeichnet, bei der es zu einem Fehler in der Regulation der Herzfrequenz kommt.

Typische Formen der Bradykardie

Der Sinusknoten im Vorhof des rechten Herzens ist der Taktgeber des Herzens. Hier bilden sich die elektrischen Potenziale, die sich über den gesamten Herzmuskel kontrolliert ausbreiten und dadurch ein Zusammenziehen des Herzens (Kontraktion) sowie das Auswerfen des Blutes verursachen. Der Sinusknoten gibt in der Regel 60 bis 80 Impulse pro Minute ab und kann bei Belastung bis zu 250 und mehr Stromstöße binnen 60 Sekunden durch das Herz schicken.

Sinus-Bradykardie und Sick-Sinus-Syndrom:

Beim Sick-Sinus-Syndrom ist der Sinusknoten gestört und das Herz schlägt unregelmäßig (absolute Arrhythmie) oder er fällt ganz aus. Dann übernehmen andere Bereiche des Herzens die Funktion des Taktgebers (AV-Knoten oder His-Bündel), die jedoch deutlich weniger oft einen Stromstoß entsenden können, also unter 60 Mal pro Minute.

Chronotrope Inkompetenz:

Die Ursache liegt hierbei ebenfalls im Sinusknoten. In Ruhe schlägt das Herz fast normal. Bei Anstrengung bleibt die Herzfrequenz allerdings gleich niedrig, da der Mehrbedarf an Herzschlägen nicht ausgeglichen werden kann.

Herzblock:

Bei einem Herzblock ist das Herz nicht mechanisch blockiert, sondern die Weiterleitung des elektrischen Impulses. Kann sich der Stromschlag nicht im Vorhof ausbreiten, wird dies als Sinuatrialer Block (SA-Block) bezeichnet. Kann der Herzschlag vom Vorhof aus nicht die Herzkammern erregen, wird dies als Atrio-ventrikulärer Block in unterschiedlicher Schwere (AV-Block 1. bis 3. Grades) bezeichnet.

Vorhofflimmern:

Wäre das Herz ein Automotor, dann wäre das Vorhofflimmern eine Reihe von Fehlzündungen. Ein paar der Zündungen kommen durch und lassen den Motor einmal drehen, also das Herz zusammenziehen und einmal pumpen. Die meisten anderen Funken gehen jedoch ins Leere und lösen keinen Schlag aus. In der Folge schlägt das Herz unregelmäßig und langsam (absolute Bradyarrhythmie).

Niedriger Puls: Symptome

Meist verursacht ein niedriger Puls keine Symptome. In manchen Fällen jedoch ist der Puls so niedrig, dass Beschwerden entstehen.

Wenn die Herzfrequenz und damit auch der Puls sinken, bedeutet dies für das Herz, dass es sich weniger häufig zusammenzieht. Mit jedem Herzschlag weniger zirkuliert das Blut langsamer im Kreislauf. Der Körper versucht dies meist durch einen gesteigerten Blutdruck auszugleichen. Dazu verengt er die Gefäße, durch die aber dann weniger Blut strömen kann. Daraus resultiert eine Unterversorgung aller Muskeln und der Organe. Dies kann sich – je nach Gewöhnung – unterschiedlich äußern:

  • allgemeines oder akutes Schwächegefühl
  • Erschöpfung und Müdigkeit
  • Sehstörungen
  • Schwindel
  • nervöse Angstzustände
  • Kaltschweißigkeit
  • Atemnot
  • Bewusstseinstrübung bis Ohnmacht (Bewusstlosigkeit)

Wie wird eine Bradykardie festgestellt?

Bei Kreislaufproblemen können Sie selbst bei der richtigen Diagnose helfen. Sobald die akuten Beschwerden auftreten, sollten Sie Ihren Puls fühlen und daraus die Herzfrequenz bestimmen. Mit einem Blutdruckmessgerät lässt sich neben dem Blutdruck auch der Puls bestimmen.

Der*die Arzt*Ärztin wird zusätzlich mit dem Stethoskop die Herztöne abhören (Auskultation). In einem ausführlichen Anamnesegespräch werden familiäre Risikofaktoren, Vorerkrankungen und aktuell eingenommene Medikamente als Einflussfaktoren abgeklärt. Eine Blutentnahme zur Untersuchung im Labor ist notwendig, um Stoffwechselerkrankungen oder ein akutes Geschehen wie einen Herzinfarkt auszuschließen.

Was genau am Herzen passiert, kann von außen nur indirekt ermittelt werden. Die wichtigsten Untersuchungsmethoden zur Untersuchung einer Bradykardie sind dabei ein Elektrokardiogramm (EKG), das eine Momentaufnahme der elektrischen Leitungsverhältnisse am Herzen zeigt. Zusätzlich erfolgt eine EKG-Untersuchung unter Anstrengung auf dem Fahrrad (Belastungs-EKG), gefolgt vom Langzeit-EKG, das über 24 Stunden hinweg die Herzaktivität aufzeichnet.

Bleiben Fragen zur Ursache des niedrigen Puls offen, eignen sich weitere Untersuchungsmethoden wie die elektrophysiologische Untersuchung (EPU) des Herzens, bei der das EKG nicht über den Brustkorb (transthorakal), sondern direkt mittels Einstichelektroden im Herzmuskel gemessen wird. Vor diesem minimalinvasiven Eingriff können mittels weiteren Methoden wichtige Informationen zur Herzaktivität ermittelt werden. Weitere Untersuchungsverfahren sind:

  • Echo-, beziehungsweise Ultraschallkardiographie (UKG)

  • Kardio-Magnetresonanztomographie (Kardio-MRT)

  • Kardio-Computertomographie (Kardio-CT)

  • Herzkatheter (HKT)

Therapie der Bradykardie: So wird niedriger Puls behandelt

Die Therapie der Bradykardie richtet sich immer nach der Ursache. Ist der Herzschlag aufgrund der Nebenwirkung eines Medikaments verlangsamt, muss dieses weggelassen oder ersetzt werden. Beispiel: Beta-Blocker können nicht nur den Blutdruck senken, sondern auch den Herzschlag verlangsamen und so zu einem niedrigen Puls führen. Um bestehenden Bluthochdruck weiterhin zu behandeln, aber das Herz wieder schneller schlagen zu lassen, verschreibt der*die Arzt*Ärztin dann ein anderes Hypertensivum, etwa einen ACE-Hemmer oder ein Diuretikum.

22 Tipps für ein gesundes Herz

Lässt sich der Herzschlag nicht mit Medikamenten normalisieren, besteht die Möglichkeit einen Herzschrittmacher einzusetzen. Dieser überwacht den Herzrhythmus und übernimmt entweder permanent die Funktion des Taktgebers, wenn etwa der Sinusknoten komplett ausgefallen ist, oder kann – wie bei der chronotropen Inkompetenz nötig – bei Bedarf aktiv werden, in dem er körperliche Belastungsphasen erkennt und nur dann seine Impulse aussendet. Diese als On-Demand bezeichnete Betriebsart eines Herzschrittmachers erzeugt nur dann einen Stromimpuls, wenn das Herz ihn benötigt, sonst bleibt der Herzschrittmacher inaktiv.

Leben mit niedrigem Puls: Hausmittel und Tipps

Liegt der Bradykardie keine Herzerkrankung zugrunde, bleibt den Betroffenen nur eine Anpassung der Lebensweise, die das Herz entlastet.

Die allgemeinen Tipps für eine gesunde Lebensweise wie

  • vitamin- und ballaststoffreiche Ernährung,
  • Gewichtsreduktion falls nötig,
  • ein Verzicht auf Alkohol und Rauchen,
  • Stressabbau und
  • Bewegung,

gelten auch bei der Bradykardie. Beim Sport in der Freizeit oder körperlicher Anstrengung im Beruf gilt aber Vorsicht, damit sich das Herz nicht überanstrengt.

In einer Koronarsportgruppe kann unter ärztlicher Aufsicht von speziell geschulten Trainer*innen das Herz nur mit genau definierten Belastungen fit gehalten werden. Der*die Trainer*in achtet darauf, dass der Grad der Anstrengung einer Übung das Herz nicht überfordert. Auch für Menschen mit Herzschrittmacher ist eine solche Sportgruppe empfehlenswert. Für sie gilt, dass prinzipiell alle Aktivitäten des täglichen Lebens, wie gewöhnlicher Freizeitsport, (Haus-)Arbeit, Reisen und auch Sexualität, nach dem Einsetzen des Herzschrittmachers weiterhin oder eben erst wieder möglich sind.

Zu Hausmitteln gegen niedrigen Puls zählen unter anderem verschiedene Teesorten, die den Kreislauf antreiben sollen. Darunter Süßholztee, Rosmarintee und Lindenblütentee. Auch frische Ingwer wirkt sich positiv auf Herz und Kreislauf aus.

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