Bornavirus: Seltene Ursache für tödliche Gehirnentzündung
Das Bornavirus ist als Erreger von tödlichen Gehirnentzündungen bei Tieren bekannt. In seltenen Fällen können sich auch Menschen infizieren. Welche Symptome auftreten und wie man sich schützen kann.
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Kurzübersicht: Bornavirus
Definition: Das Bornavirus (BoDV-1) ist der Erreger der Borna’schen Krankheit, einer seltenen Zoonose, die auch Menschen betreffen kann.
Symptome: Beginn mit unspezifischen Symptomen wie Kopfschmerzen und Fieber, gefolgt von neurologischen Beschwerden wie Sprach- und Gangstörungen und schließlich einer oft tödlichen Gehirnentzündung.
Ursachen: Das Virus wird von Tieren (hauptsächlich Feldspitzmaus) auf Menschen übertragen. Übertragung durch Speichel, Urin, Kot infizierter Tiere oder direkten Kontakt möglich.
Diagnose: Anamnese und Laboruntersuchungen, einschließlich PCR-Test von Nervenwasser und Nachweis von Antikörpern im Blut.
Behandlung: Bislang ist keine spezifische Therapie verfügbar, lediglich unterstützende Behandlung und intensivmedizinische Betreuung ist möglich.
Vorbeugung: Kontakt mit Feldspitzmäusen und deren Ausscheidungen meiden sowie allgemeine Hygienemaßnahmen im Umgang mit Tieren einhalten.
Artikelinhalte im Überblick:
Was ist das Bornavirus?
Das Bornavirus (auch Borna-Virus, Borna Disease Virus 1, BoDV) ist seit über 200 Jahren bekannt und galt bis vor wenigen Jahren noch als reines Tiervirus. Verwandt ist das Bornavirus mit den Erregern von Tollwut und Masern. Durch das Bornavirus wird die Borna'sche Krankheit ausgelöst, eine schwere meist tödlich verlaufende neurologische Erkrankung des Gehirns und des Rückenmarks.
Speziell BoDV-1 befällt hauptsächlich Feldspitzmäuse als natürliche Wirte, kann aber auch auf andere Säugetiere übertragen werden. Zu den Tieren, die als sogenannte "Fehlwirte" vom Bornavirus befallen werden können, gehören Pferde, Schafe, Alpakas oder Katzen. Ein neuartiger Subtyp des Bornavirus (VSBV-1) wurde 2017 in Schön- und Bunthörnchen entdeckt.
Infektion mit Bornaviren sehr selten
Auch wenn eine Ansteckung bei Menschen eine sehr schwere Erkrankung darstellt, handelt es sich dabei um äußerst seltene Einzelfälle. Fachleute gehen von 2 bis 6 Infektionen im Jahr aus.Bornavirus kann auch Mensch befallen
Immer wieder werden Einzelfälle von schweren oder tödlich verlaufenden Infektionen bekannt. Bisher sind in Deutschland etwa 50 Fälle der Borna'schen Krankheit bei Menschen registriert worden. Von diesen überlebten vier Personen mit teilweise schweren Folgeschäden, alle anderen Fälle verliefen tödlich (Stand: 11/2023).
Zwischen 2011 bis 2013 erkrankten drei befreundete Züchter von infizierten exotischen Bunthörnchen an einer Gehirnentzündung, die durch eine abgewandelte Form des Bornavirus hervorgerufen wurde. Möglicherweise haben sich die Züchter über Kratzer oder Bisse der Tiere angesteckt.
2015 erkrankten außerdem drei Organempfänger*innen an dem Bornavirus, die jeweils Organe desselben offenbar infizierten Spenders erhalten hatten. Der Organspender hatte zuvor jedoch keinerlei Symptome einer Erkrankung gezeigt. Zwei der erkrankten Organempfänger starben infolge der massiven Enzephalitis (Gehirnentzündung). Der dritte überlebte mit schweren Nervenschäden.
Bornavirus: Symptome beim Menschen
Die Symptome einer Infektion beim Menschen sind zunächst unspezifisch und können Kopfschmerzen, Fieber, Müdigkeit und ein allgemeines Krankheitsgefühl umfassen. Nach einigen Tagen kommt es zu Verhaltensauffälligkeiten und neurologischen Einschränkungen:
- Desorientierung
- Aggressivität
- Antriebslosigkeit
- Apathie
- Muskelzuckungen, epileptische Anfälle
- Sprachstörungen
- Schluckstörungen
- Gangstörungen ( Ataxie)
Da es eine Vielzahl an Ursachen für schwere neurologische Symptome gibt, kommt das Bornavirus nur bei Kontakt zu Tieren möglicherweise infrage.
Im weiteren Verlauf kann sich eine schwere Gehirnentzündung entwickeln, die oft innerhalb weniger Tage bis Wochen zum Koma und meistens zum Tod führt.
Ansteckung und Inkubationszeit des Bornavirus
In Deutschland vermehrt sich das Virus in Feldspitzmäusen. Über Ausscheidungen wie Urin, Kot und Speichel gelangt es in die Umwelt, wodurch sich andere Säugetiere infizieren können (Übertragungsweg).
Da bei sämtlichen Fehlwirten eine Ausscheidung des Virus nicht nachgewiesen werden kann, geht man davon aus, dass eine direkte Ansteckung von Pferden und Schafen untereinander und auch beim Menschen nicht stattfinden kann.
Seit März 2020 besteht in Deutschland eine Meldepflicht für Infektionen mit dem Bornavirus. Wird das Virus beim Menschen nachgewiesen, muss das betreffende Labor den Fall an das zuständige Gesundheitsamt melden.
Wann besteht Risiko für eine Ansteckung?
Ein mögliches Risiko zur Infektion besteht bei Kontakt mit Spitzmäusen und ihren Ausscheidungen. Dazu zählen zum Beispiel
- Gartenarbeiten
- Land- und Forstwirtschaft
- Aktivitäten im Bauwesen und
- Aufenthalt/Reinigung von Gebäuden, in denen Spitzmäuse vorkamen.
Wer eine tote Spitzmaus beseitigen möchte, sollte mindestens Einmalhandschuhe und eine Feinstaubmaske tragen. Zunächst die Maus und ihre Ausscheidungen mit einem Reinigungsmittel besprühen, dann in einer über die Hand gestülpten Plastiktüte verstauen. Die Maus kann im Restmüll entsorgt werden. Kontaminierte Flächen anschließend desinfizieren, Haare und Kleidung waschen.
Mögliche Risikogebiete
Das Bornavirus tritt bei Tieren regional begrenzt auf. Vermehrte Vorkommen wurden vor allem in folgenden Gegenden beobachtet:
- in Teilen Süd- und Ostdeutschlands
- Österreich
- Schweiz
- Liechtenstein
Diagnose bei Verdacht auf Borna'sche Krankheit
Zunächst erfolgt eine ausführliche Anamnese der Patient*innen zu den vorliegenden Beschwerden. Außerdem wird bei Verdacht auf das Bornavirus geklärt, ob kürzlich Kontakt zu Tieren bestand. Neben der körperlichen Untersuchung spielt die Labordiagnostik eine große Rolle.
Bei unklarer Ursache für eine akute Enzephalitis können Blutserum, Gehirn-Rückenmarksflüssigkeit (Liquor) und Hirngewebe untersucht werden. Zur Verfügung stehen folgende Methoden:
- Polymerase-Kettenreaktion (PCR) aus Liquor und Gehirngewebe
Nachweis von Antikörpern aus Blutserum und Liquor
In der Regel werden diese Nachweise im spezialisierten Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin in Hamburg durchgeführt.
Therapie bei Infektion mit Bornaviren
Bislang gibt es gegen Bornavirus-Infektionen beim Menschen keine zugelassene antivirale Therapie. Allerdings gelten bestimmte antivirale Wirkstoffe, die zur Behandlung von anderen Viruserkrankungen zugelassen sind, auch als vielversprechend. Da der Körper die infizierten Zellen im Gehirn bekämpft und zerstört, wird die Möglichkeit zur Behandlung erschwert.
Bei ungeklärten Fällen von Gehirnentzündungen raten Expert*innen deshalb inzwischen dazu, auch auf eine mögliche Infektion zu testen – was routinemäßig bislang nicht erfolgt. Nur so kann die Ursache der Erkrankung frühzeitig entdeckt werden.
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