Anämie: Symptome und wann ist Blutarmut gefährlich?
Eine Anämie (Blutarmut) liegt vor, wenn zu wenig rote Blutkörperchen oder Blutfarbstoff Hämoglobin vorhanden sind. Typische Symptome sind Müdigkeit, Blässe und Konzentrationsschwierigkeiten. Welche Ursachen infrage kommen und wann eine Behandlung wichtig ist.
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Kurzübersicht: Häufige Fragen und Antworten
Was ist Anämie? Anämie ist der Zustand einer unzureichenden Anzahl an roten Blutkörperchen oder einer verminderten Hämoglobinkonzentration in diesen Zellen. Dies führt zu einer verringerten Sauerstoffversorgung des Gewebes.
Was sind die Symptome einer Anämie? Typisch sind Müdigkeit und Schwäche, Blässe oder gelbliche Haut, Kurzatmigkeit, Schwindel oder Benommenheit.
Was sind weitere Ursachen von Anämie? Häufigste Ursache ist Eisenmangel, daneben kommen Vitamin-B12- oder Folsäuremangel, Tumorerkrankungen oder Erkrankungen des Knochenmarks infrage.
Welche Krankheit löst Blutarmut aus? Chronische Nierenerkrankungen, Autoimmunerkrankungen, HIV-Infektion und AIDS, chronische-entzündliche Erkrankungen wie rheumatoide Arthritis oder Morbus Crohn
Wann ist eine Anämie gefährlich? Schwere oder langanhaltende Fälle, die nicht behandelt werden, können lebensgefährlich sein.
Artikelinhalte im Überblick:
Was ist eine Anämie und welche Formen gibt es?
Anämie (Blutarmut) ist eine Erkrankung, bei der die Zahl der roten Blutkörperchen oder die Hämoglobinkonzentration in diesen Zellen unterhalb des Normalwerts liegt. Der Blutfarbstoff Hämoglobin ist für den Sauerstofftransport wichtig. Infolge verringert sich die Fähigkeit des Blutes, Sauerstoff im Körper zu transportieren.
Die häufigsten Formen der Anämie sind:
Eisenmangelanämie: Sie ist die häufigste der erworbenen Formen von Blutarmut. Etwa 80 Prozent aller Anämien beruhen auf einem Eisenmangel. Neben Blutverlust als Ursache kann Eisenmangel auch ernährungsbedingt auftreten.
Folsäure-Mangelanämie: Vitamin B9 ist an der Bildung von Blutzellen beteiligt, weshalb ein Mangel mit Blutarmut einhergehen kann.
perniziöse Anämie: Auch ein Mangel an Vitamin B12 kann zu einer Anämie führen. Meist liegt eine unzureichende Zufuhr über die Nahrung vor.
renale Anämie: Das für die Blutbildung wichtige Hormon Erythropoetin (Epo) wird von den Nieren produziert. Bei Nierenerkrankungen kann die Produktion des Hormons beeinträchtigt sein und es kann zu einer Blutarmut führen, was als renale Anämie bezeichnet wird.
aplastische Anämie: Bei der sogenannten aplastischen Anämie werden mindestens zwei der drei Blutzellarten (rote Blutkörperchen, weiße Blutzellen und/oder Blutplättchen) vermindert oder gar nicht gebildet.
erbliche hämolytische Anämien: Diese Formen beruhen auf einem gesteigerten Abbau der Blutzellen, weshalb die Lebensdauer der Erythrozyten verkürzt ist. Beispiele sind die Kugelzellanämie, Sichelzellanämie und Thalassämie.
Wirkt sich eine Anämie auf die Lebenserwartung aus?
Die Lebenserwartung kann je nach Art, Schweregrad und Ursache der Anämie variieren. Bei vielen Formen der Anämie, insbesondere wenn sie rechtzeitig erkannt und behandelt wird, ist die Lebenserwartung nicht negativ beeinflusst. Bei schwerwiegenderen Formen wie Sichelzellanämie oder Thalassämie hängt die Prognose vom Zeitpunkt der Diagnose und Behandlung ab – je früher, desto günstiger die Prognose.
Anämie: Diese Symptome verraten eine Blutarmut
Bei allen Anämieformen ist der Transport von Sauerstoff gestört. Das führt in der Regel zu körperlichen Beschwerden. Vor allem eine beginnende Eisenmangelanämie kann mitunter auch symptomlos sein.
Mögliche Anzeichen einer Anämie sind:
- blasse Haut und Schleimhäute
- Erschöpfung
- Konzentrationsschwäche
- Kopfschmerzen
- Luftnot bei Belastung
- erhöhter Herzschlag in Ruhe
Beschwerden variieren je nach Anämieform
Entzündungen von Haut und Schleimhäuten (Eisenmangelanämie): Neben den Entzündungen sind eingerissene Mundwinkel, brüchige Nägel, Haarausfall, trockene Haut, gelegentlich auch mit Juckreiz, sowie Schluckbeschwerden möglich.
Gelbfärbung und Gallensteine (hämolytische Anämie): Personen mit hämolytischer Anämie weisen zusätzlich Zeichen des gesteigerten Blutabbaus auf. Da dieser in der Milz stattfindet, ist das Organ meist vergrößert. Ein Abbauprodukt ist Bilirubin. In der Folge können sich Haut und Schleimhäute gelb färben (Ikterus). Zudem können sich durch die Ansammlung von Bilirubin Gallensteine bilden, die bei Verschluss der Gallenabflusswege starke Schmerzen bereiten.
Knochenschmerzen und Organschäden (Sichelzellenanämie): Verformen sich die roten Blutkörperchen zu Sichelzellen, können sie kleine Blutgefäße verstopfen. In der Folge wird die Sauerstoffzufuhr zum Gewebe unterbrochen. Typisch sind Knochenschmerzen und Organschäden.
- neurologische Beschwerden (perniziöse Anämie): Bei einer Vitamin-B12-Mangelanämie kommt es häufig auch zu neurologischen Beschwerden. Dazu zählen Muskelschwäche, Gangunsicherheiten sowie schmerzhafte oder kribbelnde Missempfindungen an Händen und Füßen bis hin zu Lähmungen.
Ursachen einer Anämie
In vielen Fällen ist Eisenmangel für eine Blutarmut verantwortlich. Dahinter steckt häufig ein deutlicher Blutverlust. Dieser kann auftreten bei:
- starken Regelblutungen
- Hämorrhoiden
- Magenschleimhautentzündung (Gastritis) oder Magengeschwüren
- Tumorerkrankungen
- chronisch-entzündlichen Darmkrankheiten
- Blutungen im Verdauungstrakt
Für die Eisenmangelanämie spielt hierzulande auch die langfristige Einnahme von Schmerzmitteln eine Rolle, da diese die Bildung von Geschwüren begünstigen können. Auch eine verminderte Zufuhr von Eisen durch Mangel- oder Fehlernährung spielt eine ebenso wichtige Rolle für Eisenmangelanämien. Weiterhin können Essstörungen wie Magersucht und Ess-Brech-Sucht (Bulimie) führen zu einer gestörten Eisenversorgung führen.
Weitere Ursachen für Anämien:
- mangelnde Zufuhr von Vitamin B12 und Folsäure
- Alkoholmissbrauch
- Infektionen
- Krebserkrankungen
- Myelodysplastisches Syndrom (MDS), krankhafte Veränderungen von Knochenmarkszellen
Diagnose der Blutarmut
Eine Anämie wird in der Regel durch eine Blutuntersuchung festgestellt. Dabei wird die Zahl der roten Blutkörperchen, der Hämoglobinwert sowie der Zellanteil am Blutvolumen (Hämatokrit) bestimmt. Eine Anämie liegt vor,
wenn der Hämoglobinwert bei Frauen unter 12 Gramm (g)/Deziliter (dl) beziehungsweise bei Männern unter 13 g/dl sinkt oder
der Hämatokrit bei Frauen weniger als 38 Prozent und bei Männern weniger als 42 Prozent ausmacht.
Außerdem werden Patient*innen zu weiteren Symptomen wie Blässe oder Müdigkeit befragt. Auch eine gründliche körperliche Untersuchung hilft dabei, die richtige Diagnose zu stellen.
Weiterführende Blutuntersuchung
Wichtige Parameter für die Einteilung von Anämien sind die Größe der roten Blutkörperchen (mittleres Zellvolumen, MCV) sowie ihre Beladung mit Hämoglobin (mittlerer Zellhämoglobingehalt, MCH).
Um einen Eisenmangel zu erfassen, wird unter anderem das Speicherprotein des Eisens (Ferritin) bestimmt. Bei Eisenmangel ist die Konzentration im Blut erniedrigt. Ein Mangel an anderen Nährstoffen und Vitaminen lässt sich ebenfalls durch Blutuntersuchungen nachweisen.
Darüber hinaus lassen sich die typischen krankhaften Formen roter Blutkörperchen unter dem Mikroskop erkennen: bei der Sichelzellanämie verformen sie sich bei luftdichtem Verschluss sichelförmig, bei der Thalassämie können sie wie Schießscheiben wirken, und bei der Kugelzellanämie sehen sie teilweise kugelig aus.
Behandlung von Anämien
Besteht ein Eisenmangel, wird dieser häufig mit der Gabe von Eisen ausgeglichen. Viele Patient*innen reagieren jedoch mit Magen-Darm-Störungen, sodass eine maximale Tagesdosis von 100 Milligramm und die Einnahme zu oder kurz vor den Mahlzeiten empfohlen wird. Eine Schwarzfärbung des Stuhls während der Einnahme von Eisenpräparaten ist in der Regel kein Grund zur Beunruhigung.
Ein Mangel an Vitamin B12 oder Folsäure kann ebenfalls durch eine entsprechende eine Einnahme von Nahrungsergänzungsmitteln oder Arzneimitteln ausgeglichen werden. Um Nebenwirkungen zu vermeiden, sollte die Therapie unter Aufsicht eines*einer Arztes*Ärztin erfolgen.
Wurde die Anämie durch eine Blutung im Verdauungstrakt hervorgerufen, steht die Blutstillung an erster Stelle. Zusätzlich können Bluttransfusionen gegeben werden.
Stammzelltransplantation und Milz entfernen
Bei erblich bedingten Formen der Blutarmut können Bluttransfusionen oder eine Stammzelltransplantation angebracht sein. Die gespendeten Stammzellen nisten sich im Knochenmark der Empfänger*innen ein und sorgen dort für die Bildung gesunder Blutzellen.
Durch eine Kugelzellanämie wird die Milz bereits frühzeitig funktionslos und daher meist chirurgisch entfernt. Dadurch normalisiert sich die Lebensdauer der Erythrozyten, auch wenn der Membrandefekt und die Kugelform erhalten bleiben. Auch die Hämoglobinkonzentration normalisiert sich in der Regel. Ohne Milz haben Betroffene allerdings eine lebenslang erhöhte Infektionsgefahr.
Prävention der Blutarmut: Kann man einer Anämie vorbeugen?
Ein gravierender Eisenmangel ist in Industrieländern selten. Während des Wachstums, in der Schwangerschaft oder bei starker Regelblutung sollte jedoch auf eisenhaltige Nahrungsmittel geachtet werden. Dies gilt auch für eine vegetarische oder vegane Lebensweise: Pflanzliche Lebensmittel enthalten zwar viel Eisen, aber dieses kann der Körper nicht so gut aufnehmen wie bei Eisen aus tierischen Lebensmitteln.
Komplikationen vermeiden
Eine Infektion mit Ringelröteln kann eine aplastische Krise auslösen, also die Bildung von roten und weißen Blutzellen sowie von Blutplättchen zum Versiegen bringen.
Wird die Milz bei der Sichelzellkrankheit plötzlich größer, kann dem ein lebensbedrohlicher Zustand zugrunde liegen, die "Milzsequestration". Dabei wird fast das gesamte Blut, das eigentlich durch den Körper fließen soll, in der Milz zurückgehalten. Da es nicht mehr für den Kreislauf zur Verfügung steht, kommt es zu einem Schockzustand mit schnellem Herzschlag, niedrigem Blutdruck und extremer Blässe.
Im Falle einer Milzsequestration sollte umgehend der Notruf gewählt werden. Zur Behandlung können Transfusionen, aber auch die sofortige chirurgische Entfernung der Milz angezeigt sein.
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