Faszien: Ihre Aufgaben und warum sie schmerzen können
Seit ein paar Jahren sind Faszien in aller Munde. Denn das dünne Gewebe scheint für viele Schmerzen etwa am Rücken oder auch in den Gelenken eine Rolle zu spielen. Aber was sind Faszien überhaupt und weshalb können sie problematisch werden?
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Faszien können mehr Beschwerden verursachen als man zunächst vermutet. Egal ob bei Knieproblemen, Rücken- oder auch Spannungskopfschmerz: Bislang vermuteten Mediziner*innen die Ursache häufig in der Muskulatur. Doch mit dieser Erkenntnis allein konnte den Betroffenen bislang nicht geholfen werden. Forscher*innen haben die eigentlichen Übeltäter für Schmerzen im Bewegungsapparat enttarnt: Faszien. Sie umhüllen als kollagenhaltiges Bindegewebe jeden Muskel, einzelne Muskelfasern sowie den Körper als Ganzes.
Artikelübersicht:
- Was sind Faszien?
- Faszienflüssigkeit
- Faszienarten
- Schmerzende Faszien
- Faszientraining
- Ernährung und Schlaf
Faszien: Netzartiges Gewebe aus Proteinen, Wasser und Zellen
Heutzutage verwenden viele Mediziner*innen und Forscher*innen die Begriffe Faszien und Bindegewebe synonym. Es durchzieht den gesamten Körper und hat verschiedene Aufgaben. Vorrangig aber hält es alle Körperteile an den richtigen Stellen und schützt sie.
Faszien sind wie eine Art Netz aufgebaut, denn die im Gewebe enthaltenen Fasern verlaufen gekreuzt. Faszien bestehen aus bestimmten Zellen, Flüssigkeit sowie den Proteinen Kollagen und Elastin. Kollagene sind eher feste Strukturen, die nur wenig dehnbar, dafür aber reißfest sind. Sie halten den Körper in Form und stecken vor allem in Sehnen, Bändern und den Hüllen von Muskeln, Nieren oder auch des Herzbeutels. Elastin ist dagegen – wie der Name schon andeutet – elastisch. Es lässt sich stark dehnen, geht dann aber wieder zurück in seine Ursprungsform. Viel Elastin steckt zum Beispiel in den Faszien der Aorta, Lunge, (Gallen-)Blase oder Unterhaut.
Die Bindegewebszellen dagegen sind für die Produktion von Kollagen und Elastin zuständig. Sie erneuern außerdem regelmäßig das Fasziengewebe. Das dauert aber seine Zeit: Erst nach etwa zwei Jahren haben sie das Gewebe vollständig ausgetauscht.
Regelmäßige Erneuerung der Faszienflüssigkeit nötig
Schließlich sind Fasern und Zellen von einer Flüssigkeit, der sogenannten Grundsubstanz, umgeben. Sie besteht aus Wasser und Hyaluronsäure. Die Flüssigkeit ernährt die Faszien und die von ihr umhüllten Strukturen. Für diese Versorgung ist es aber essenziell, dass die Grundsubstanz regelmäßig ausgetauscht wird. Das geschieht, indem die Faszien durch Druck und Zug "ausgequetscht" werden. Anschließend saugen sie sich wieder mit neuer Flüssigkeit voll.
Wird die Grundsubstanz nicht regelmäßig erneuert, sammeln sich dort Abfallprodukte an. Diese machen die Faszien weniger elastisch. Das Gewebe entsorgt die Stoffwechselabfälle über die Lymphbahnen, die sich ebenfalls durch den gesamten Körper ziehen. Daneben wirkt die Grundsubstanz und insbesondere die darin enthaltene Hyaluronsäure als Schmiermittel, um reibungslose Bewegungen zu ermöglichen.
Drei Gruppen: Oberflächliche, viszerale und tiefe Faszien
Neben Rezeptoren für Schmerz sitzen auch Sinnesrezeptoren im Bindegewebe. Dadurch können die Faszien auf Druck, Temperatur und Schwingungen reagieren. Außerdem erkennen sie Änderungen in der Bewegung, etwa die Muskelspannung oder Gelenkstellung, und der chemischen Zusammensetzung des umgebenden Gewebes.
Je nach Lage und Aufgabe der Faszie, unterteilen sie Mediziner*innen in drei Gruppen:
oberflächliche Faszien: Sie liegen unterhalb der Haut und stellen die Verbindung zwischen Organen und Gewebe dar. Außerdem umhüllen sie Blutgefäße, Nerven und Drüsen.
viszerale Faszien: Sie schützen die inneren Organe und halten sie an Ort und Stelle. Nur Teile wichtiger Organe wie Hirnhaut, Herzbeutel oder Brustfell sind mit viszeralen Faszien überzogen.
tiefe Faszien: Sie umhüllen einzelne Muskeln, Muskelgruppen, Knochen und Gelenke.
Im Körper haben Faszien wichtige Aufgaben, denn sie sorgen für Beweglichkeit und Leistungsfähigkeit: Sie stützen bei jeder Bewegung, schützen die Muskeln vor Verletzungen und ermöglichen dem Körper, sich geschmeidig fortzubewegen. Denn sie übertragen Kräfte der Muskeln auf Knochen und Gelenke und sind dafür verantwortlich, dass sich Muskeln und Organe, etwa bei der Atmung, gegeneinander verschieben können.
Schmerzende Faszien durch Überbelastung, Bewegungsmangel, Stress
Gesunde Faszien unterstützen den Organismus. Es kann aber auch sein, dass das Bindegewebe durch bestimmte Einflüsse in Mitleidenschaft gezogen und immer schlaffer wird. Man spricht dann auch von Bindegewebsschwäche, die sich oberflächlich meist als Cellulite bemerkbar macht. Außerdem können Faszien mit zunehmendem Lebensalter immer starrer werden, während sie in jungen Jahren noch sehr elastisch und beweglich sind. Sie leiden ebenfalls bei:
- falscher Belastung – die Bewegungen werden nicht richtig ausgeführt oder belasten nur einseitig (beispielsweise Tennisarm)
- Bewegungsmangel
- Überbelastung/zu viel Sport
- Verletzungen
- permanentem Stress
Die Flüssigkeit, die normalerweise bei jeder Muskelbewegung weitergeleitet wird, wird dadurch nicht mehr ordentlich transportiert – die Faszie gleitet nicht mehr richtig. Dadurch fließt die Grundsubstanz nicht mehr, sondern staut sich. Die Faszien verfilzen, verkleben, verhärten regelrecht oder werden dünn und spröde. Es kommt zu Schmerzen und Verspannungen hauptsächlich an Nacken, Schultern, Rücken, Beinen oder auch den Gelenken. In diesen Fällen sind Faszien nicht nur deutlich weniger elastisch, sondern schränken die Betroffenen in ihrer Beweglichkeit ein.
Faszientraining hält Bindegewebe gesund
Wer also das Gewebe elastisch und widerstandsfähig hält, hat den bestmöglichen Schutz gegen vielfältige Beschwerden. Wird das Fasziennetz – darunter auch ihre Verbindungen zu Sehnen, Bändern und Gelenkkapseln – dagegen vernachlässigt, kommt es früher oder später zu Verspannungen und Schmerzen, außerdem zu Verletzungen wie Zerrungen.
Wer Schmerzen und Verletzungen vorbeugen möchte, kann selbst einiges tun. Ob mit einem Tennisball, Yoga, Dehnübungen oder einer Faszienrolle: Beim Faszientraining sind langsame, achtsame (Dehn-) Bewegungen oder federnde Bewegungen entscheidend. In der Bildergalerie sind einige Tipps und Übungen zum Faszientraining mit einer Faszienrolle zusammengestellt.
Faszien stärken mit den richtigen Lebensmitteln und Schlaf
Neben Bewegung sind auch Ruhe und Ernährung wichtig für gesunde Faszien: Um wachsen zu können, benötigt das Bindegewebe ausreichend Schlaf. In dieser Zeit wird das Wachstumshormon STH gebildet, das die Kollagensynthese anregt. Chronischer Schlafmangel kann daher eine gesunde Faszienerneuerung verhindern.
Auch die Ernährung und gesunde Faszien hängen zusammen. So sollten bei schwachem Bindegewebe oder verklebten Faszien besonders Lebensmittel mit essentiellen Aminosäuren auf dem Teller landen.