Gesunde Bakterien

Probiotika: Wie Sie Immunsystem und Darm gesund halten

Probiotika sind unverzichtbar für eine intakte Verdauung und Immunabwehr. Doch können probiotisch angereicherte Lebensmittel wie Joghurt oder Medikamente mit Probiotika auch dabei helfen, Darmbeschwerden und Erkankungen wie das Reizdarmsyndrom oder Colitis ulcerosa positiv zu beeinflussen?

Probiotika
©iStock.com/Astarot

Probiotika sind lebende Mikroorganismen, die eine positive Wirkung auf die Darmflora (Mikrobiom) und das Immunsystem haben – sofern sie in ausreichender Menge über bestimmte Lebensmittel oder gezielt als Nahrungsergänzungsmittel dem Körper zugeführt werden.

Artikelinhalte im Überblick:

Probiotische Lebensmittel: Top Ten der natürlichen Probiotika-Quellen

Wie unterstützen Probiotika die Darmflora?

Die Darmflora besteht aus etwa hundert Billionen von Mikroorganismen, insgesamt macht sie bis zu zwei Kilogramm des Körpergewichts eines Erwachsenen aus. Die Darmbakterien haben wichtige Funktionen im Körper:

  • Sie sind an der Verdauung von Nahrung beteiligt.

  • Darmbakterien verhindern, dass sich schädliche Keime im Darm vermehren.

  • Die Darmflora ist wichtigstes Organ des Immunsystems.

  • Der Darm steht sogar über Blut und Lymphe mit der Lunge in Verbindung (Darm-Lungen-Achse) und unterstützt sie bei der Abwehr von Keimen und bei bestehenden Infekten.

Jeder Mensch hat ein individuell zusammengesetztes Mikrobiom, wie die Besiedelung mit Mikroorganismen im Darm genannt wird. Im Schnitt befinden sich etwa 400 verschiedene Bakterienarten im Darm. Je größer die Artenvielfalt und je mehr Darmbakterien vorhanden sind, desto besser. Die Bakterienstämme sind stark spezialisiert: Jeder Stamm übernimmt spezifische Aufgaben und unterstützt die Gesundheit so auf seine Weise. Auch das Verhältnis der verschiedenen Arten zueinander spielt eine entscheidende Rolle.

Darmbakterien bauen Ballaststoffe wie Pektin und Zellulose ab, wozu die menschliche Verdauung nicht in der Lage ist. Bei diesen Vorgängen entstehen kleine Moleküle (kurzkettige Fettsäuren), die von den Zellen der Darmwand als Energiequelle genutzt werden können. Daneben haben die kurzkettigen Fettsäuren einen positiven Einfluss auf die Darmbewegung und stimulieren die Wiederaufnahme von Wasser und Elektrolyten aus dem Verdauungsbrei.

Störungen und Schädigungen der Darmflora können deutliche Auswirkungen auf das funktionelle Gleichgewicht im Darm haben. Bestimmte probiotische Lebensmittel und Nahrungsergänzungsmittel unterstützen die Darmflora und leisten dadurch einen positiven Beitrag für die Gesundheit aus dem Bauch heraus: Sie sollen unter anderem das Immunsystem stärken, schädliche Keime aus dem Darm fernhalten und die Verdauung regulieren.

Probiotische Lebensmittel

Gesunde Mikroorganismen wie Milchsäure- und Bifidobakterien befinden sich nicht nur in mit Probiotika angereicherten Lebensmitteln, sondern auch von Natur aus in herkömmlichem Joghurt, Kefir und Sauerkraut sowie anderen Nahrungsmitteln. Allerdings überstehen nur wenige dieser Bakterien die Magen-Darm-Passage unbeschadet.

Anders Lebensmittel, denen Probiotika künstlich zugesetzt wurden: Denn sie enthalten gezielt ausgewählte Bakterienkulturen, die resistenter gegen die Magen- und Gallensäure sind. Dennoch siedeln auch sie sich nicht dauerhaft im Darm an, sondern verbleiben nur kurzzeitig an der Dickdarmwand.

Probiotische Lebensmittel müssen daher eine hohe Bakterienanzahl aufweisen (mindestens eine Million Mikroben pro Gramm Joghurt) und täglich verzehrt werden, um ihre positive Wirkung zu entfalten. "Das schaffen aber auch konventionelle milchsaure Produkte, wenn sie regelmäßig auf dem Speiseplan stehen", erklärt Ökotrophologin Beate Ebbers in einem Beitrag für ein Online-Portal für Verbraucherschutz.

Auch eine ballaststoffreiche Ernährung unterstützt die Darmtätigkeit, unter anderem deswegen, weil die unverdaulichen Fasern den Bakterien als Nahrung dienen.

Probiotische Lebensmittel enthalten meist Milchsäurebakterien

Jeder probiotische Bakterienstamm besitzt spezifische Eigenschaften, die nicht ohne weiteres auf andere Arten übertragbar sind. Deshalb können die Darreichungsform probiotischer Kulturen und die Rezeptur entsprechender Produkte einen Einfluss auf deren Wirkung haben.

So sind mit Probiotika angereicherte Lebensmittel, bei denen die Kulturen in einer "natürlichen" Umgebung vorliegen, für die gesunde Ernährung besonders vorteilhaft. Daneben werden probiotische Kulturen in Nahrungsergänzungsmitteln, zum Beispiel in Form von Kapseln, die die Magen-Darm-Passage überstehen sollen, angeboten.

Die im humanbiologischen Bereich am häufigsten verwendeten probiotischen Mikroorganismen gehören zu den Milchsäurebakterien wie Laktobakterien (Lactobacillus) und Bifidobakterien (Bifidobacterium).

Probiotika als Nahrungsergänzungsmittel

Probiotika in Form von Nahrungsergänzungsmitteln können uns mit weiteren Bakterienstämmen, die in der Ernährung oftmals nicht in ausreichenden Mengen vorkommen, versorgen. Durch die Wahl spezieller Stämme oder Kombination aus diesen lässt sich auch die Gesundheit positiv beeinflussen.

Bei Menschen mit Erkrankungen wie dem Reizdarmsyndrom ist die Darmflora anders zusammengesetzt als bei Gesunden, wobei einzelne Bakterienarten im Vergleich seltener, andere häufiger vorkommen. Probiotika können bei einem solchen Ungleichgewicht oftmals Abhilfe schaffen und die typischen Beschwerden lindern, darunter zum Beispiel Blähungen und Schmerzen. Aber auch infektiöse Durchfallerkrankungen, chronisch-entzündliche Darmerkrankungen wie Colitis ulcerosa, chronische Verstopfung lassen sich durch die Ergänzung der Ernährung mit speziellen Präparaten vorteilhaft beeinflussen. Den Effekt den Nahrungsergänzungsmittel haben können, geht aber auch deutlich über den Darm hinaus, so kann auch das Immunsystem positiv beeinflusst werden.

Probiotika fördern gesunde Verdauung

Der positive Einfluss von Probiotika auf den Stoffwechsel der Darmflora konnte in Studien nachgewiesen werden. Bei keimfreien Ratten, denen menschliche Darmflora eingebracht wurde, führte die Einnahme von Laktobakterien zur Vermehrung dieser nützlichen Darmbakterien. Studien an Mäusen haben weiterhin gezeigt, dass bestimmte Probiotika die Regenerationsfähigkeit der Darmschleimhaut (Mukosa) verbessern können. Darüber hinaus sind Probiotika wie Bifidobakterien auch in der Lage, Vitamine und Abwehrstoffe zu produzieren.

Zudem können bestimmte zugeführte Probiotika den Transport der Nahrungsreste im Dickdarm beschleunigen und so einer Verstopfung entgegenwirken. So verkürzte ein Joghurt mit Bifidobacterium ActiRegularis im Vergleich zu einem Kontrollprodukt ohne diese Kulturen die Transitzeit im Dickdarm deutlich. Auch bei älteren Menschen (im Durchschnitt 66 Jahre) führte der Verzehr eines Produkts mit diesen Bifidobakterien bereits nach zwei Wochen zu einer deutlichen Verringerung der Transitzeit, teilweise um bis zu 40 Prozent.

Elf faszinierende Fakten über den Darm

Probiotika stärken Immunsystem

Über 70 Prozent der Zellen des menschlichen Immunsystems befinden sich im Darm, der aufgrund seiner großen Oberfläche mit einer Vielzahl von Fremdstoffen und potenziellen Risiken in Kontakt kommt. Ständig werden Zellbestandteile der Mikroflora (Antigene) von bestimmten Immunzellen im Darm aufgenommen und untersucht. Das Abwehrsystem im Darm wird so trainiert und in seiner Funktionsfähigkeit unterstützt. Gleichzeitig kann die Darmflora auch beruhigend auf bestimmte Immunzellen des Darms wirken, indem unter ihrem Einfluss antientzündliche Signalmoleküle des Immunsystems gebildet werden.

Die Darmflora stellt eine Barriere gegenüber unerwünschten Keimen dar (Kolonisationsresistenz):

  • Ein "Bakterienfilm" lagert sich an der Darmwand (Darmepithel) an. Je dichter er ist, desto schwerer haben es eindringende Keime.

  • Die normale Darmflora produziert eine Reihe von speziellen Substanzen, die die Vermehrung eingedrungener, unerwünschter Keime unterbinden kann.

Die regelmäßige Zufuhr nützlicher Probiotika unterstützt die Darmflora und erschwert die Anlagerung von Erregern. Durch die Abbauprodukte von Milchsäure produzierenden Organismen (wie etwa Lacto- und Bifidobakterien) entsteht außerdem ein leicht saurer pH-Wert, der den Eindringlingen die Vermehrung und Ausbreitung erschwert.

Bei bestimmten Erkrankungen sowie Entzündungen wird die Darmwand durchlässiger, sodass Erreger leichter eindringen können. Manche Probiotika festigen die Verbindungen zwischen den Epithelzellen und stärken so die Barrierefunktion der Darmwand.

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Wie Probiotika die Lunge stärken können

Darm und Lunge sind eng miteinander verbunden: Über das Blut und das lymphatische System können verschiedenste Substanzen ausgetauscht werden. So gelangen von Darmbakterien gebildete Stoffe, die entzündungshemmend wirken, in die Lunge.

Außerdem konnte beobachtet werden, dass bei bestimmten Atemwegserkrankungen wie Asthma auch das Mikrobiom des Darms verändert ist. Ob das eine Ursache oder Folge der Erkrankung ist, ist bislang noch ungeklärt. Wissenschaftlich gefestigt gilt allerdings die Erkenntnis, dass der Darm die Lunge in der Infektabwehr unterstützt und auch bei einer bestehenden Erkrankung, die Darmflora dazu beitragen kann, Symptome zu lindern.

Wer häufig an Atemwegserkrankungen leidet oder Erkältungen im Winter vorbeugen möchte, dem kann es helfen, seinen Darm zu stärken und Probiotika etwa in Form eines Nahrungsergänzungsmittels einzunehmen.

Probiotische Säuglings-Nahrung: Ja oder nein?

Bei gestillten Säuglingen entwickelt sich die Darmflora mit Bifidusbakterien ganz von alleine. Denn Muttermilch enthält Stoffe, die das Wachstum dieser "gesunden Bakterien" fördern. Daher erkranken gestillte Säuglinge seltener an Darminfektionen. Mütter, die ihren Nachwuchs nicht Stillen können oder möchten, stellen sich deshalb oft die Frage, ob eine mit Probiotika angereicherte Säuglingsnahrung empfehlenswert ist.

Die Nährstoffzusammensetzung probiotischer Säuglings- oder Kleinkindmilchnahrung unterscheidet sich nicht von herkömmlicher Babynahrung – bis auf die zugesetzten Bifidobakterien. Bislang gibt es keinen sicheren Beweis dafür, dass Bifidobakterien in der Säuglingsnahrung Vorteile bringen. Einige Kinder reagieren sogar mit eher flüssigen Stuhlgang, insbesondere in den ersten Lebenswochen.

Auch dürfen nicht alle Kinder eine solche Nahrung bekommen. Die deutsche Gesellschaft für Kinder und Jugendärzte e.V. empfiehlt: "Ist Muttermilch nicht oder nicht ausreichend verfügbar, sollen herzkranke Säuglinge, Säuglinge mit geschwächtem Immunsystem sowie alle immunsupprimierten Säuglinge und Kinder aufgrund der derzeit in diesen Risikosituationen nicht eindeutig belegten Sicherheit nicht mit einer probiotisch angereicherten Säuglingsnahrung ernährt werden. Ist Muttermilch nicht oder nicht ausreichend verfügbar, sollen Frühgeborene mit einer Frühgeborenennahrung ernährt werden, die keine Probiotika enthält."

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