Aminosäuren: So regeln sie unseren Stoffwechsel
Aminosäuren sind die Bausteine, aus denen Proteine, also Eiweiße, aufgebaut sind. Worin sind sie enthalten? Welche Funktionen haben sie? Helfen sie beim Muskelaufbau und beim Abnehmen?
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Aminosäuren erfüllen im Körper zahlreiche Funktionen und regeln den Stoffwechsel. Einige Aminosäuren kann der Körper selbst herstellen, andere müssen mit der Nahrung aufgenommen werden.
Artikelinhalte im Überblick
Was sind Aminosäuren?
Aminosäuren sind chemische Verbindungen, die in Form von langen Ketten Proteine bilden, also die Eiweiße in unserem Körper. Proteine haben zahlreiche Funktionen im Organismus und kommen in jeder Zelle vor, unter anderem als Baustoff für Muskeln, Haut, Haare, Nägel, Knochen, Sehnen und andere Organe.
Die fürs Immunsystem wichtigen Antikörper, Blutgerinnungsfaktoren und Enzyme gehören ebenfalls zu den Proteinen. Auch Hormone und sogenannte Neurotransmitter bestehen aus Aminosäuren. Sie sind als Botenstoffe für Stoffwechselvorgänge beziehungsweise für das Weiterleiten der Nervenreize zuständig.
Aminosäuren haben als Bausteine der Proteine somit vielfältige Aufgaben, die für Gesundheit, Energiegewinnung, Wachstum, Entwicklung und Fortpflanzung von Bedeutung sind. Bestimmte Aminosäuren sollen auch den Muskelaufbau im Sport sowie das Abnehmen bei Diäten unterstützen.
Wie werden aus Aminosäuren Proteine?
Verbinden sich zwei Aminosäuren über die sogenannte Peptidbindung, entstehen Dipeptide. Kommt eine dritte Aminosäure hinzu, spricht man von Tripeptiden. Einige (bis zu zehn) Aminosäuren bilden Oligopeptide, bei mehr als zehn spricht man von kettenförmigen Polypeptiden.
Solche Polypeptide können sich falten oder zusammenlegen und so Proteine mit über 100 beziehungsweise mehreren Tausenden von Aminosäuren bilden.
Wie viele und welche Aminosäuren gibt es?
Biologen kennen über 250 verschiedene Aminosäuren, von denen 23 sogenannte proteinogene Aminosäuren für den Aufbau von Proteinen zuständig sind. Aufgrund ihrer chemischen Struktur bezeichnet man 20 davon als (kanonische) Standard-Aminosäuren. Die anderen nicht-proteinogenen Aminosäuren haben ebenfalls wichtige Aufgaben, sind jedoch nicht Bestandteil der Körperproteine.
Essentielle und nicht-essentielle Aminosäuren
Acht der proteinogenen Aminosäuren kann unser Körper selbst herstellen. Man spricht von nicht-essentiellen (oder entbehrlichen) Aminosäuren. Daneben gibt es acht essentielle (oder nicht-entbehrliche) Aminosäuren – der Körper kann sie nicht selbst herstellen und muss sie über die Nahrung aufnehmen. Des Weiteren gibt es bedingt-essentielle Aminosäuren.
Was sind bedingt-essentielle Aminosäuren?
Bedingt-essentiell sind Aminosäuren, die eigentlich nicht-essentiell sind, in bestimmten Lebenssituationen jedoch essentiell werden. So kann der Körper von gesunden Erwachsenen zum Beispiel die Aminosäure Tyrosin selbst herstellen.
Für Kinder ist die chemische Verbindung allerdings essentiell, da die Körperfunktion zu dessen Herstellung in jungen Jahren noch nicht ausgereift ist. Bei Neu- und Frühgeborenen sind zu Beginn zusätzlich Arginin, Cystein und Histidin essentiell.
Auch in der Schwangerschaft oder bei erhöhter körperlicher Aktivität kann sich der Bedarf an einigen Aminosäuren ändern.
Des Weiteren gibt es Erkrankungen, die den Aminosäurestoffwechsel beeinträchtigen. Betroffene müssen dann ebenfalls eigentlich nicht-essentielle Aminosäuren mit der Nahrung aufnehmen.
Liste bekannter proteinogener Aminosäuren
Essentielle Aminosäuren
- Phenylalanin
- Isoleucin
- Tryptophan
- Methionin
- Leucin
- Valin
- Lysin
- Threonin
Nicht-essentielle Aminosäuren
- Alanin
- Asparagin
- Aspartat
- Glutamat
- Glutamin
- Glycin
- Prolin
- Serin
- Arginin (bedingt-essentiell)
- Histidin (bedingt-essentiell)
- Cystein (semi-essentiell)
- Tyrosin (semi-essentiell)
Welche Lebensmittel enthalten essentielle Aminosäuren?
Essentielle Aminosäuren sind in pflanzlichen sowie in tierischen Proteinquellen enthalten, wobei die tierischen Lebensmittel oft mit ihrem Gehalt überwiegen. Hühnereier beispielsweise enthalten alle essentiellen und semi-essentiellen Aminosäuren, die der menschliche Körper benötigt. Aber auch Fleisch, Fisch und Milchprodukte sowie Nüsse, Hülsenfrüchte und Sojabohnen sind aminosäurehaltige Lebensmittel.
Wo kommen Aminosäuren vor und wann benötigen wir sie vermehrt?
Aminosäure | Durchschnittlicher Bedarf | Möglicher erhöhter Bedarf | Vorkommen |
Phenylalanin | circa 14 mg/kg Körpergewicht | akuter und chronischer Stress, Depressionen, Morbus Parkinson | Thunfisch, Rindfleisch, Sojabohnen, Erdnüsse |
Isoleucin | circa 10 mg/kg Körpergewicht | bei intensivem Sporttraining, körperlichem Stress, Leber- und Nierenerkrankungen | Erdnüsse, Lachs, Thunfisch, Rindfleisch |
Tryptophan | circa 4-5 mg/kg Körpergewicht | bei Leistungssportlern, Schlafstörungen, Depressionen | Thunfisch, Spirulina, Kürbiskerne, Cashewkerne,Walnüsse, Käse, Kalb- und Rindfleisch |
Methionin | circa 13 mg/kg Körpergewicht | bei Harnwegserkrankungen, Allergien, Depressionen | Lachs, Garnelen, Putenbrust, Hartkäse, Sojabohnen |
Leucin | circa 14 mg/kg Körpergewicht | bei intensivem Sporttraining, körperlichem Stress, Leber- und Nierenerkrankungen, Schizophrenie | Eier, Lachs, Thunfisch, Erdnüsse, Rind- und Kalbfleisch |
Valin | circa 10 mg/kg Körpergewicht | bei intensivem Sporttraining, körperlichem Stress, Leber- und Nierenerkrankungen, Schizophrenie | Lachs, Thunfisch, Erdnüsse, Rind- und Kalbfleisch |
Lysin | circa 15 mg/kg Körpergewicht | bei geschwächtem Immunsystem, Vireninfekten, Osteoporose, Herz-Kreislauf-Erkrankungen | Fisch, Parmesankäse, Schweinefleisch, Garnelen |
Threonin | circa 6-7 mg/kg Körpergewicht | bei starker körperlicher Belastung, häufigen Infekten, hyperaktiven Nervenreaktionen, Multiple Sklerose | Papaya, Sojabohnen, Linsen, Weizenkeime |
Wirkung: Wozu braucht man Aminosäuren?
Aminosäuren sind sehr wichtige chemische Verbindungen, die aufgrund ihrer unterschiedlichen Struktur verschiedene Aufgaben haben. So sind sie zum Beispiel für den Aufbau von Kollagen, dem Strukturprotein von Knochen, Bindegewebe und Haut, ebenso zuständig wie für den Aufbau von Enzymen, Hormonen, Blutgerinnungsfaktoren, Antikörpern sowie der Muskulatur.
Aufgaben der essentiellen Aminosäuren
Phenylalanin: Vorläufersubstanz der Hormone Adrenalin, Noradrenalin, Dopamin und Thyroxin, wirkt entzündungshemmend, Bildung von Melanin
Isoleucin: Energiequelle der Muskulatur, hemmt den Eiweißabbau
Tryptophan: Vorläufersubstanz für Serotonin (Schlaf-Wach-Rhythmus und Stimmungsaufheller), Leberstoffwechsel, Aufbau von Niacin und Tryptamin
Methionin: Entgiftungsfunktion, Regeneration von Leber- und Nierenschäden, Selenstoffwechsel, Aufbau von verschiedenen Aminosäuren und Hormonen
Leucin: Energiequelle und Aufbau der Muskulatur, hemmt den Eiweißabbau
Valin: Energiequelle der Muskulatur, Eiweißaufbau und -einlagerung, hemmt den Eiweißabbau
Lysin: Unterstützung des Immunsystems, wirkt antiviral, Bildung von Enzymen, Hormonen und Antikörpern, Wachstum, Knochengesundheit, Gewebereparatur, Stabilität der Gefäße
Threonin: Wachstum und Energiegewinnung, Harnsäure- und Eiweißstoffwechsel, stärkt das Immunsystem und bildet Antikörper, Vorläufersubstanz der Aminosäuren Glycin und Serin
Aufgaben der nicht-essentiellen Aminosäuren
Alanin: Wichtiger Bestandteil der Muskeln, beeinflusst den Blutzuckerspiegel, das Immunsystem und den Leberstoffwechsel
Asparagin: Regt Nierenaktivität an und reinigt so den Körper
Aspartat: Beteiligung am Entgiftungsprozess; wirkt als Neurotransmitter, ist also sehr wichtig für die Botenstoffe im Gehirn
Glutamat: Überträgt als Neurotransmitter Signale zwischen den Nervenzellen
Glutamin: Energiegewinnung, wichtiger Bestandteil der Muskeln, unterstützt deren Regeneration
Glycin: Hämoglobinstoffwechsel, sorgt also für den Sauerstofftransport im Blut; beteiligt am Aufbau von Muskeln, Knochen, Knorpeln, Sehnen, Haut und Zähnen
Prolin: Regeneration von Knochen- und Knorpelentzündungen, schützt vor Kollagen- und Gelenkabbau
Serin: Wachstum, Energiegewinnung, Harnsäure- und Energiestoffwechsel, Bildung von Antikörpern
Arginin (bedingt-essentiell): Anregung der Zellbildung, Leucocytenbildung, Freisetzung von Wachstumshormonen, Insulin und Noradrenalin, beeinflusst Durchblutung und Herz-Kreislauf-System
Histidin (bedingt-essentiell): Aufbau von Kreatin, also wichtig für Energiegewinnung im Muskel
Cystein (semi-essentiell): Am Aufbau von Haaren und Nägeln beteiligt, Muskelaufbau und Entgiftung des Körpers
Tyrosin (semi-essentiell): Bildung von Adrenalin, Noradrenalin und Dopamin, als Neurotransmitter an der Kommunikation zwischen Nervenzellen beteiligt
Mangel an Aminosäuren
Essentielle Aminosäuren müssen wir mit der Nahrung aufnehmen. Bei einer unausgewogenen Ernährung, einseitigen Diäten, Stress oder Leistungssport sowie bei chronischen Erkrankungen kann es zu einem Mangel an bestimmten Aminosäuren kommen. Auch bei Neugeborenen, bei einer Schwangerschaft oder beispielsweise nach schweren Verletzungen kann sich der Bedarf an speziellen Aminosäuren erhöhen.
Nicht-essentielle Aminosäuren sind genauso wichtig wie essentielle Aminosäuren. Unser Körper stellt sie jedoch im Normalfall ohne unser bewusstes Zutun selbst her. Wie viel der Körper an semi-essentiellen und nicht-essentiellen Aminosäuren benötigt beziehungsweise produziert, hängt unter anderem vom Alter, von einer eventuellen Schwangerschaft sowie vom jeweiligen Leistungsbedarf ab.
Mit einem sogenannten Aminogramm, einem Profil der Aminosäuren im Körper, beurteilen Labors anhand einer Blutprobe, ob ein Mangel vorliegt.
Mögliche Anzeichen eines Aminosäure-Mangels:
- Antriebslosigkeit
- Geschwächtes Immunsystem
- Konzentrationsschwierigkeiten
- Innere Unruhe
- Verdauungsprobleme
- Depressive Stimmungen
- Schlafschwierigkeiten
- Leistungsabfall
- Gelenkbeschwerden
- Defizite beim Muskelaufbau
Einnahme von Aminosäuren
Aminosäuren regulieren zahlreiche Stoffwechselprozesse im Körper, sie sind also äußerst wichtig für unsere Gesundheit. Bei einer einseitigen Ernährung oder wenn sich die Ansprüche an unsere Leistungsfähigkeit ändern, beispielsweise beim Leistungssport, bei anhaltender körperlicher Anstrengung, Krankheit oder Stress, kann sich der Bedarf an einzelnen Aminosäuren ändern.
Unter den Lebensmitteln sind besonders Eier, Milchprodukte, Muskelfleisch und Hülsenfrüchte gute Aminosäure-Quellen. Manche Aminosäuren kann man auch in Form von Nahrungsergänzungsmitteln kaufen.
Aminosäuren nicht überdosieren
Wer einzelne Aminosäuren mit Nahrungsergänzungsmitteln überdosiert, kann im Stoffwechsel jedoch ein Aminosäuren-Ungleichgewicht auslösen und riskiert unter Umständen Magen-Darm-Beschwerden, eine zu starke Belastung der Nieren oder andere gesundheitliche Probleme. Man sollte daher bei dem Verdacht auf einen Mangel nicht in Eigenregie zu einzelnen Präparaten greifen, sondern sich von einem Ernährungsmediziner beraten lassen.
Aminosäuren im Sport
Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) empfiehlt für Breiten- und Leistungssportler keine gesonderte Einnahme von Aminosäure-Präparaten. Einige Aminosäuren können jedoch für den Sportler in angemessener Konzentration eventuell von Vorteil sein.
Arginin soll beispielsweise die Durchblutung der Muskulatur verbessern, das Immunsystem stärken und die Wundheilung fördern. Als Quellen eignen sich besonders Nüsse, Hülsenfrüchte und Hühnchenbrust.
Cystein ist bekannt dafür, dass es den Aufbau von Muskelmasse fördert und die Funktion der Muskulatur verbessert. Diese Wirkung nutzen auch Patienten bestimmter Krankheiten, die einen starken Muskelabbau aufhalten wollen. Einen besonders hohen Cysteingehalt hat beispielsweise das Molkenprotein.
Isoleucin, Leucin und Valin unterstützen eine schnelle Erholung des Immunsystems, stabilisieren die Glutaminkonzentration und können Muskelstoffwechsel sowie Ausdauerleistungsfähigkeit verbessern. Die drei Aminosäuren kommen vor allem in Thunfisch, Lachs und Erdnüssen vor.
Übrigens: Bei Produkten aus „Whey-Protein“ handelt es sich um eine Aminosäurenmischung, die aus dem besonders gut löslichen und wertigen Molkeeiweiß hergestellt wird.
Helfen Aminosäuren beim Abnehmen?
Um dauerhaft an Gewicht beziehungsweise Körperfett zu verlieren, sind eine Umstellung der Ernährung sowie sportliche Betätigung unerlässlich. In bestimmten Fällen können dabei einige Aminosäuren in exakter Dosierung unterstützen.
So kann beispielsweise der Bedarf an Leucin, Isoleucin und Valin bei Reduktionsdiäten oder körperlicher Belastung ansteigen. Unser Körper benötigt sie für den Muskelstoffwechsel. Gute Quellen sind Thunfisch, Lachs und Erdnüsse.
Bei Diäten kann es auch zu einem Mangel an Phenylalanin, Tryptophan und Methionin kommen. Eine besonders gut geeignete Quelle ist dann zum Beispiel die Kombination aus Magerquark mit Vollkorn.
Achtung: Zu viele Proteine in der Nahrung können die Nieren belasten. Auch Aminosäuren in Form von Nahrungsergänzungsmitteln kann man überdosieren.
Methionin kann überdosiert zu einer vermehrten Ausscheidung von Calcium führen sowie ein Risikofaktor für Herz-Kreislauf-Erkrankungen sein.
Tryptophan kann überdosiert zu Muskelschmerzen und Müdigkeit führen.
Bei Überdosierungen mit Phenylalanin können unter anderem Kopfschmerzen, Angstzustände und Bluthochdruck auftreten.
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