Immunglobuline: So wirken die Antikörper
Nach höchsten wissenschaftlichen Standards verfasst und von Expert*innen geprüftImmunglobuline spielen eine zentrale Rolle im Immunsystem. Sie sind darauf programmiert, jeweils ganz spezielle Krankheitserreger zu erkennen und abzuwehren. Die Konzentration der Immunglobuline im Blut gibt Hinweise auf bestimmte Erkrankungen und darauf, wie gut das Abwehrsystem funktioniert.
Immunglobuline werden auch Antikörper genannt und sind Teil unseres Immunsystems. Es handelt sich um Eiweiße, deren Funktion es ist, verschiedene Krankheitserreger und Stoffe, die in den Körper eindringen, aufzuspüren. Die Immunglobuline können dabei ganz verschiedene körperfremde chemische Strukturen erkennen: Bakterien, Viren, Gifte oder auch Pollen und andere Allergene.
Im Überblick:
- Wie wirken Immunglobuline?
- Immuntherapie
- Werte im Labor bestimmen
- Immunstatus prüfen
- Immunglobulin A (IgA)
- Immunglobulin G (IgG)
- Immunglobulin E (IgE)
- Immunglobulin M (IgM)
Antikörper: Wie Immunglobuline wirken
Die Immunglobuline werden in verschiedene Klassen eingeteilt – je nachdem, wo im Körper und in welchem Stadium des Kontakts sie wirken. Beim Menschen sind vier Klassen von Immunglobulinen wichtig:
- Immunglobulin A (IgA)
- Immunglobulin G (IgG)
- Immunglobulin E (IgE)
- Immunglobulin M (IgM)
Die Immunglobuline sind ypsilonförmige Eiweiße. Wegen ihrer Form, die an den griechischen Buchstaben Gamma erinnern, werden sie auch Gamma-Globuline genannt. Gebildet werden sie von speziellen weißen Blutkörperchen, den B-Lymphozyten. Jedes Immunglobulin ist dabei auf ganz bestimmte Krankheitserreger geschult und passt wie ein Schlüssel in nur ein Schloss. Es kann jeweils die spezifische chemische Struktur erkennen und mit seinen Ypsilon-Armen an diese andocken. Das dritte Ende des Ypsilons verbindet sich mit körpereigenen Abwehrzellen, welche die fremden Stoffe schließlich vernichten.
Der Großteil der Antikörper wird zunächst beim "Erstkontakt" zusammengebaut, also einer Erstinfektion mit Bakterien oder Viren. Ist die Infektion überstanden, bleiben die Immunglobuline gegen den jeweiligen Erreger dem Körper erhalten, er ist dann immun gegen ihn.
Dieses Prinzip macht man sich bei vielen Schutzimpfungen zunutze. Dabei wird ein Kontakt mit pathogenen Keimen (Viren oder Bakterien) simuliert: Abgetötete oder abgeschwächte Krankheitserreger oder auch nur Teile davon werden gespritzt. Das Immunsystem wird dadurch angeregt, die jeweils passenden Immunglobuline zu bilden. Bei einer späteren, echten Infektion hat der Körper bereits die passenden Antikörper parat und kann sie gleich zur Abwehr ins Feld schicken.
Antikörper können jedoch auch fehlprogrammiert sein und sich gegen körpereigene Stoffe richten. Dadurch kommt es zu Entzündungen, körpereigenes Gewebe wird geschädigt und zerstört. Typische Beispiele für solche Autoimmunerkrankungen sind Rheuma, Diabetes mellitus Typ 1, Morbus Crohn oder Multiple Sklerose.
Immuntherapie: Wenn Antikörper heilen
Antikörper können auch künstlich hergestellt und zur Behandlung von Krankheiten eingesetzt werden. Solch eine Immun- oder Antikörpertherapie kommt mittlerweile bei bestimmten Krebsarten, bei Autoimmunerkrankungen sowie bei chronisch entzündlichen Darmerkrankungen (CED) zum Einsatz. Bei der spezifischen Immuntherapie oder Hyposensibilisierung von Allergien wird versucht, das Immunsystem zu trainieren, damit es unempfindlicher auf bestimmte Allergene reagiert.
Wann Immunglobulin-Werte bestimmt werden
Immunglobuline sind im Blut, in der Lymphe sowie zum Teil auch in Speichel, Tränenflüssigkeit, dem Schleim aus Magen und Darm und anderen Sekreten zu finden. Labordiagnostisch werden die Ig-Werte vorwiegend im Blut bestimmt, Immunglobulin A auch manchmal im Speichel.
Die Blutwerte für Immunglobuline sind keine Standard-Parameter in der Diagnose. Ihre Konzentration im Blut kann jedoch Auskunft darüber geben, wie gut das Immunsystem aufgestellt ist und ob jemand gegen bestimmte Erkrankungen bereits immunisiert ist.
Im Einzelnen können die Immunglobulin-Werte bestimmt werden bei/zur
erhöhter Neigung zu Infekten und Infektionen
Verdacht auf Autoimmunerkrankungen
Diagnose von Infektionskrankheiten wie HIV, Syphilis, Chlamydien und anderen
Überprüfung, ob ein Kontakt mit einem Krankheitserreger stattgefunden hat
Überprüfung der Immunität gegenüber bestimmten Krankheitserregern, zum Beispiel, ob eine Impfung wirksam war
Diagnose von Allergien
Kontrolle der konventionellen Therapie oder Antikörpertherapie und des Verlaufs bei einer Infektionskrankheit oder Autoimmunerkrankung
Bei der Diagnose bestimmter Infektionskrankheiten (zum Beispiel HIV) wird oft nur nach den spezifischen Antikörpern für die jeweilige Erkrankung gesucht. Bei Schwangeren kann zum Beispiel das Blut gezielt nach Antikörpern gegen Toxoplasmose und Röteln (bei fehlender Röteln-Schutzimpfung) untersucht werden.
Kompletter Immunstatus keine Kassenleistung
Manche Labore und medizinischen Praxen bieten auch die Überprüfung aller Immunglobuline in einem kompletten Immunstatus oder Basis-Immun-Check an – oft in Verbindung mit einem großen Blutbild. Als IgeL-Leistung muss diese Laboruntersuchung selbst gezahlt werden.
Zwar kann solch ein Immunstatus Hinweise auf Immundefekte und Immunschwächen geben. Bei beschwerdefreien Menschen kommt es dabei jedoch höchstens zu Zufallsfunden für ganz wenige Erkrankungen.
Als Routine- oder Vorsorgeuntersuchung wird der Immunstatus deshalb von Fachleuten nicht empfohlen. Anders bei genetisch vorbelasteten Menschen: Hier übernehmen die gesetzlichen Krankenkassen bei bestimmten Indikationen die Kosten für die Bestimmung der Immunglobulin-Werte.
Immunglobulin A (IgA)
Immunglobulin A (IgA) ist für die Abwehr von Krankheitserregern an den Eintrittspforten des Körpers verantwortlich, zum Beispiel an den Schleimhäuten im Nasen- und Rachenraum sowie im Verdauungssystem verantwortlich. Immunglobulin A macht rund zehn bis 15 Prozent aller Antikörper aus und kommt im Magen-Darm-Trakt, im Genitalbereich oder auch in der Tränenflüssigkeit vor. Über die Muttermilch werden die IgA-Antikörper auf das Neugeborene übertragen und schützen den Säugling so vor Infektionen über die Schleimhäute.
Leidet ein*e Patient*in häufig an Infektionen, kann zur Sicherheit der Immunglobulin-A-Wert bestimmt werden. Auch Autoimmunkrankheiten können mit diesem Immunglobulin-Wert diagnostiziert werden.
Normbereich für IgA-Wert
Der IgA-Wert kann im Blut oder Speichel bestimmt werden. Die Normalwerte weichen dann etwas voneinander ab. Im Speichel ist ein Ig-A-Wert zwischen acht und 12 mg/dl normal.
Im Blutserum liegt der Immunglobulin-A-Wert normalerweise zwischen 70 und 400 mg/dl (Milligramm pro Deziliter), bei Kindern gelten niedrigere Richtwerte.
Ursachen für einen zu hohen IgA-Wert
Ist der Immunglobulin-A-Wert angestiegen, kann das ein Hinweis auf eine Lebererkrankung (Leberzirrhose), übermäßigen Alkoholkonsum oder eine Autoimmunerkrankung sein. Auch bei akuten Infektionen kann der Immunglobulin-A-Wert erhöht sein.
Ursachen für einen zu niedrigen IgA-Wert
Der selektive IgA-Mangel (auch IgA-Antikörpermangelsyndrom) ist der häufigste vorkommende Immundefekt. Dabei liegen die IgA-Werte unter dem Normalbereich. Diese Erbkrankheit geht meist mit vermehrten Atemwegsinfektionen einher. Auch bei Nierenerkrankungen kann der Immunglobulin-A-Wert zu niedrig ausfallen.
Immunglobulin G (IgG)
Die größte Gruppe der Antikörper bilden die Immunglobuline G (IgG). Sie schützen den Körper gegen Viren und Bakterien. IgG machen etwa 60 bis 80 Prozent der Antikörper aus. Sie werden recht spät bei einem Infekt gebildet – sind jedoch für das "Gedächtnis" des Immunsystems äußerst wichtig. Denn sie kommen später, bei einem erneuten Kontakt mit Krankheitserregern (Bakterien, Viren), zum Einsatz. Auch bei chronischen Infektionen, zum Beispiel Hepatitis, und chronisch-entzündlichen Prozessen sind sie von Bedeutung.
Mit Immunglobulin G wird ein Embryo bereits während der Schwangerschaft über die Plazenta versorgt. Dieser "Nestschutz" hält jedoch nur drei Monate. Danach muss das Immunsystem des Neugeborenen selbst Antikörper produzieren.
Normale Werte für IgG
Der Immunglobulin-G-Wert liegt zwischen 650 und 1600 mg/dl (6,5 und 16 g/l) im Normbereich.
Ursachen für einen zu hohen IgG-Wert
Besonders für akute oder chronische Infektionen ist der erhöhte IgG-Wert ein Indikator. Aber auch Lebererkrankungen (Leberzirrhose, Hepatitis) lassen den Spiegel ansteigen. Patienten, die an Multipler Sklerose leiden, weisen ebenso des Öfteren einen erhöhten Immunglobulin-G-Wert auf.
Ursachen für niedrige IgG-Werte
Liegt bei der*dem Patient*in eine Nierenerkrankung vor, kann sich dies am geringen Immunglobulin-G-Wert zeigen. Auch bei einer Leukämie lässt sich oft ein zu niedriger IgG-Wert feststellen.
Immunglobulin E (IgE)
Antikörper der Klasse Immunglobulin E (IgE) schützen gegen Darmbakterien und Parasiten. Darüber hinaus ist IgE für allergische Reaktionen verantwortlich. Es stellt den kleinsten Teil der Antikörper mit etwa 0,1 Prozent. Immunglobulin E spielt bei der Parasitenbekämpfung eine große Rolle. Auch im Zusammenhang mit Allergien wird der Wert im Blut gemessen.
Normaler Bereich für den IgE-Wert
Gemessen wird der IgE-Wert im Blutserum, er wird angegeben in IU/ml (Internationale Units/Milliliter) oder µg/l (Mikrogramm pro Liter). Als normal gelten Werte bis 100 IU/ml (240 µg/l).
Ursachen für einen zu hohen IgE-Wert
Wird ein Immunglobulin-Wert über dem Normalbereich gemessen, kann das für eine Allergie wie etwa Heuschnupfen, für Asthma oder Neurodermitis sprechen.
Ursachen für einen zu niedrigen IgE-Wert
Liegt der Immunglobulin-E-Wert bei der Laboruntersuchung unter dem Normalwert, ist das ein Anzeichen, dass keine Allergie und kein Parasitenbefall vorliegen. Zu niedrige Werte können jedoch auf eine Nierenerkrankung hindeuten.
Immunglobulin M
Immunglobulin M (IgM) stellt die vierte Gruppe der Antikörper. Sie werden als erste bei einem Kontakt mit Krankheitserregern oder anderen körperfremden Stoffen gebildet und stellen die wirksame erste Abwehrlinie gegen Mikroorganismen im Organismus dar. Nach der akuten Phase sinkt die IgM-Konzentration wieder ab, dann übernehmen die IgG-Antikörper die weitere Arbeit. Anhand des Immunglobin-M-Werts lässt sich so eine akute Infektion bestimmen.
Normale Werte für IgM
Der Immunglobulin-M-Wert liegt bei Erwachsenen zwischen 0,4 und 2,3 Gramm pro Liter (g/l) oder 40 und 230 Milligramm pro Deziliter (mg/dl) im normalen Bereich.
Ursachen für einen zu hohen IgM-Wert
Steigt der Immunglobulin-M-Wert über den Normalbereich, kann eine Leukämie-Erkrankung oder eine akute Infektion die Ursache sein. Auch Lebererkrankungen und Autoimmunkrankheiten lassen den IgM-Spiegel ansteigen.
Ursachen für einen zu niedrigen IgM-Wert
Zu niedrige Immunglobulin-M-Werte können ein Hinweis auf eine Nierenerkrankung sein.
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