Schamlippenverkleinerung: Wann Intimchirurgie nötig ist
Nach höchsten wissenschaftlichen Standards verfasst und von Expert*innen geprüftImmer mehr Frauen lassen sich die Schamlippen verkleinern, die Vagina verengen oder sogar das Jungfernhäutchen wieder aufbauen. Nicht nur ästhetische Gründe spielen eine Rolle für die Intim-OP.
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Wie viele Frauen sich pro Jahr einer Intim-OP unterziehen, ist nicht genau bekannt. Hochrechnungen zufolge ist die Nachfrage in den letzten Jahren jedoch enorm gestiegen: Jährlich werden schätzungsweise 5.400 Operationen allein zur Korrektur der Schamlippen durchgeführt, berichtet die Deutsche Gesellschaft der Plastischen Chirurgen (DGPRÄC).
Vermutlich ist der Trend zur Intimrasur mitentscheidend, warum sich immer mehr Frauen für die Intimchirurgie entscheiden. Was vorher von Haaren bedeckt war, ist glatt rasiert nun deutlich zu sehen. Unwillkürlich wird verglichen und kritisch betrachtet. Und viele Frauen möchten dann einen idealen Schambereich – so wie er in Hochglanzmagazinen und Filmen gezeigt wird. Zu große innere Schamlippen, die nicht von den äußeren bedeckt werden, werden zum Beispiel als unschön empfunden. Sie können aber auch körperliche Beschwerden verursachen.
Wenn eine Veränderung im Intimbereich die Lebensqualität stark einschränkt oder sogar Gesundheitsprobleme verursacht, spricht man von einer medizinischen Indikation für eine Operation. Der Eingriff ist dann wichtig, um das Wohlbefinden zu erhalten oder wieder herzustellen.
Je nachdem, welcher Eingriff durchgeführt wird, belaufen sich die Kosten auf etwa 1.200 (zum Beispiel Schamlippenverkleinerung) bis 3.000 Euro (zum Beispiel Verengung der Vagina).
Schamlippenverkleinerung kommt am häufigsten vor
Die verbreitetste Maßnahme in der Intimchirurgie ist die Verkleinerung der inneren Schamlippen, sagt Ziah Taufig, Facharzt für Ästhetische Chirurgie und Präsident der Gesellschaft für Ästhetische Chirurgie Deutschland (GÄCD). Etwa jede zehnte Frau hat relativ große innere Schamlippen, so Daten der Deutschen Gesellschaft der Plastischen Chirurgie.
Das Schönheitsideal gibt vor, dass die äußeren, symmetrischen Schamlippen die inneren und die (nicht erigierte) Klitoris überdecken. Bei vielen Frauen ist das aber nicht so. Die inneren Schamlippen sind größer als die äußeren. Das kann genetisch bedingt sein, altersbedingt auftreten oder durch Geburten gefördert werden.
Eine medizinische Indikation für die innere Schamlippenverkleinerung liegt dann vor, wenn die übergroßen Schamlippen Beschwerden verursachen: Sie scheuern an enger Kleidung, reiben beim Gehen aneinander und stören beim Radfahren oder Reiten. Die Hautreizung begünstigt Entzündungen und Pilzerkrankungen. Eine Schamlippenverkleinerung kann das beheben. Auch bei einer ausgeprägten Asymmetrie kann es medizinisch sinnvoll sein, die Schamlippen verkleinern zu lassen.
Bei der etwa 30-minütigen ambulanten Operation entfernt der Chirurg Teile der inneren Schamlippen. "Wichtig ist, dabei ihre natürliche Rundung wiederherzustellen", betont der Experte. Für den Eingriff ist nur Lokalanästhesie nötig oder wer möchte, eine leichte Schlummernarkose, wie bei der Darmspiegelung.
Verkleinerung der äußeren Schamlippen nicht aus kosmetischen Gründen
Auch die äußeren Schamlippen können vergrößert sein. "Zu lange äußere Schamlippen können anlagebedingt sein, oder entstehen, wenn sich nach den Wechseljahren der Hormonspiegel verändert und die Schamlippen an Volumen verlieren, sowie nach Geburten", erklärt Dr. Taufig. Die ambulante Operation dauert etwa 45 Minuten. Der Chirurg entfernt dabei Gewebe. "Die Nähte müssen sorgfältig gearbeitet werden, weil sie ja im sichtbaren Bereich liegen", sagt Taufig. Der Eingriff findet unter Lokalanästhesie oder Schlummernarkose statt.
Taufigs Kollege, der plastische Chirurg Matthias Gensior, warnt davor, die äußeren Schamlippen lediglich aus kosmetischen Gründen zu verkleinern, denn "sie müssen den Eingang zur Scheide sicher verschließen. Das ist ihre Funktion."
Was passiert bei der Vergrößerung der äußeren Schamlippen?
Bei einer Schamlippenvergrößerung handelt es sich eher um einen ästhetischen Eingriff, weil im Idealfall die äußeren Schamlippen die inneren überdecken sollten. "Ursache für kleine äußere Schamlippen sind meist starke Gewichtsabnahme, Alter oder hormonelle Schwankungen, etwa im Rahmen der Menopause", führt Taufig aus.
Mithilfe von Hyaluronsäure- oder Eigenfettunterspritzung lassen sich die äußeren Schamlippen vergrößern. "Allerdings setze ich bei diesem Thema weniger auf Hyaluronsäure, weil hier relativ große Mengen nötig sind und dann besteht die Gefahr, dass sich Granulome bilden können." Granulome sind gutartige, entzündungsbedingte Gewebeknötchen. Das Fett entnimmt der Arzt aus dem Venushügel. Der ambulante Eingriff dauert eine Stunde, wieder mit Lokalanästhesie oder Schlummernarkose.
Vagina lässt sich straffen
Übergewicht, Geburten, Alter, Senkung der Gebärmutter und der Blase lassen die Vagina erschlaffen. "Nach mehreren natürlichen Geburten oder einer schweren ist die Vaginastraffung häufig eine medizinische Indikation", sagt Dr. Taufig. Nicht nur das Vaginagewebe wird durch die immense Belastung schlaff, sondern auch die Aufhängungsbänder von Blase und Gebärmutter. Die Organe sind deshalb gesenkt, was zu verschiedenen Problemen führen kann, etwa Restharnbildung, Inkontinenz und Schwierigkeiten beim Geschlechtsverkehr.
Eine Vaginastraffung kann die Beschwerden ausgleichen, wenn nicht nur das Gewebe angehoben wird, sondern auch die Bänder gestrafft werden. Bei der Operation (Vollnarkose), wird die Schleimhaut etwas aufgeschnitten, die darunter liegenden Muskeln gestrafft und danach auch die Schleimhaut. "Die intravaginale Sensibilität wird dabei erhalten", betont Taufig. Er empfiehlt, dass ein Gynäkologe bei diesem etwa ein bis eineinhalbstündigen Eingriff anwesend ist. Denn manchmal werden dabei Veränderungen entdeckt, die am besten gleich vom Facharzt abgeklärt werden sollten. Nach der Operation sollte die Frau einen Tag zur Beobachtung in der Klinik bleiben.
Sogar das Jungfernhäutchen lässt sich wiederherstellen
Gerade bei Muslimen ist es eine gesellschaftliche, religiöse Forderung, dass die Frau erst in der Hochzeitsnacht entjungfert wird. Bei der Operation – "ambulant und anonym", betont Taufig – setzt der Chirurg in der Vagina etwa zwei Zentimeter tief einen kleinen Schnitt und klappt etwas Gewebe einfach nach vorne. Dort fixiert er es nur leicht an der Seite, damit es bei der Penetration problemlos reißt. Die kleine Operation sollte erst einen Monat vor der Hochzeit durchgeführt werden, sonst könnten die Menstruation oder Sport die neue Jungfernschaft zu früh beenden.
Für die Hymenrekonstruktion gibt es keine medizinische Indikation. "Es handelt sich also ausschließlich um ästhetische Gründe“, sagt Taufig. Auch bei der Venushügelverkleinerung sei das der Fall.
Kritik an Intim-OPs
Die Londoner Gynäkologin Sarah Creighton und die Psychologin Lih Mei Liao warnen vor dem Trend zu Schamlippenverkleinerung oder Vaginastraffung. Oft kämen Frauen bereits mit Vorlagen zum Chirurgen. Viele der Beispielbilder stammten aus pornographischen Zeitschriften – die sehr wahrscheinlich digital verändert worden seien.
In ihrem Beitrag für die Fachzeitschrift British Medical Journal (BMJ) kritisierten die beiden Engländerinnen Schönheitschirurgen, die weibliche Komplexe schamlos ausnutzten. Sie warnen vor den Risiken solcher Eingriffe: Bei nicht fachgerechten Operationen könnten Nerven beschädigt und die sexuelle Erregbarkeit der erogenen Zonen geschmälert werden. Zudem gäbe es keine Daten über die langfristigen Folgen solcher Eingriffe.
Intimchirurgie: Welcher Arzt ist der Richtige?
An welchen Arzt sollten sich Frauen wenden, wenn Sie eine Intimoperation brauchen? "Dabei gibt es drei Fachärzte", sagt Dr. Taufig: primär der Facharzt für Plastische und Ästhetische Chirurgie oder der Facharzt für Gynäkologie mit dem Schwerpunkt "spezielle operative Gynäkologie" oder aber der Facharzt für Urologie. Eine jüngere Frau, die sich beispielsweise die Schamlippen operieren lassen möchte, sollte zu einem der ersten beiden genannten Fachärzte gehen. Sind Blase und Gebärmutter betroffen, ist die Frau gut beraten, ein Haus zu suchen, in dem sowohl Gynäkologe mit dem speziellen Schwerpunkt als auch Urologe praktizieren.
Doch wie kann eine Frau sichergehen, dass die Praxis hohe Behandlungsqualität und beste Erfahrung bietet? "Das Wichtigste ist die Einhaltung der Hygiene", betont Dr. Taufig. Die Patientin sollte ruhig fragen, ob die Praxis über einen "Eingriffraum" oder einen "Operationsraum" verfügt. Nur der OP-Raum garantiert für höchste Hygienestandards.
Die Checkliste für die Intimoperation
Der Arzt sollte auch auf Intimchirurgie spezialisiert sein.
Er sollte pro Jahr mindestens 30 bis 50 Operationen in diesem Bereich durchgeführt haben.
Er sollte sich regelmäßig fortbilden.
Fragen Sie, welches Hygiene-Institut die Praxisklinik überwacht und lassen Sie sich das Zertifikat zeigen.
Die Untersuchung sollte in einem speziellen Raum und auf einem gynäkologischen Stuhl stattfinden.
Das Haus sollte über ein Ultraschallgerät verfügen und der Arzt eine speziell Ausbildung dafür vorweisen können.
Laboruntersuchungen sollten selbstverständlich sein.
Die Praxis sollte über personelle und technische Voraussetzungen für das Management von Komplikationen verfügen.
Sie müssen sich gut aufgehoben fühlen, Ihr medizinisches Anliegen soll sensibel behandelt werden.
Der Arzt sollte Ihnen die Kosten vor der Operation genau darlegen.
Die Praxis sollte die Möglichkeit anbieten, nach der Operation für eine Nacht zur Überwachung zu bleiben.
Die behandelnden Ärzte sollten nach der Operation für 24 Stunden und am Wochenende für Sie erreichbar sein.
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