NSAR: Schmerzmittel mit vielen Einsatzgebieten
NSAR werden als Schmerzmittel in Deutschland sehr häufig verwendet – vor allem im Rahmen der Selbstmedikation. Bei längerer Einnahme kann es aber zu erheblichen Nebenwirkungen kommen. Was gilt es zu beachten und wann sollten die Medikamente nicht eingenommen werden?
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Kurzübersicht
Anwendungsgebiete: Schmerzen, Fieber, Entzündungen, chronische Krankheiten wie Rheuma
Bekannte Wirkstoffe: Acetylsalicylsäure (ASS), Diclofenac, Ibuprofen, Naproxen
Nebenwirkungen: Blähungen, Übelkeit, Sodbrennen, Durchfall, Erbrechen, Magenschleimhautentzündung, Magengeschwüre
NSAR ist die Abkürzung für nichtsteroidale Antirheumatika. Dabei handelt es sich um Schmerzmittel (Analgetika), die keine Steroide und damit kein Kortison enthalten. Eine weitere Bezeichnung dieser Medikamente lautet nichtsteroidale Antiphlogistika.
Schmerzmittel dieser Gruppe gehören zu den am häufigsten verwendeten und verordneten Medikamenten in Deutschland. Bekannte Wirkstoffe aus dieser Gruppe sind zum Beispiel Acetylsalicylsäure, Ibuprofen oder Diclofenac. NSAR-Arzneimittel werden allgemein zur Schmerzlinderung eingesetzt sowie zur Behandlung von rheumatischen Erkrankungen.
Im Überblick:
- Wirkung und Anwendungsgebiete
- Nebenwirkungen
- Wechselwirkungen
- Wann NSAR nicht anwenden?
- Wie lange kann man NSAR einnehmen?
Wirkung und Anwendungsgebiete von NSAR
Nichtsteroidale Antirheumatika (NSAR) wirken schmerzlindernd, fiebersenkend und entzündungshemmend. Sie können allgemein gegen Schmerzen eingenommen werden sowie bei Entzündungen an Muskeln, Sehnen und Gelenken, zum Beispiel durch Überlastung, Reizungen oder entzündlichen Krankheiten wie Rheuma.
Bei der Entstehung von Schmerzen, Entzündungen oder Fieber sind unter anderem die Botenstoffe Prostaglandine beteiligt. Sie sorgen dafür, dass Schmerzrezeptoren empfindlicher werden und Schmerzsignale an das Gehirn schneller weitergeleitet werden. Die Produktion von Prostaglandinen kann mit NSAR-Präparaten gehemmt werden, welche die Enzyme Cyclooxygenase 1 und 2 (Cox-1 und Cox-2) blockieren. Dadurch wird erreicht, dass die Produktion der Schmerzbotenstoffe eingestellt wird und damit auch die Weiterleitung an das Gehirn unterbrochen ist.
Der Nachteil: Das Enzym Cox-1 hat auch eine Schutzfunktion für die Schleimhäute in Magen und Darm. Wird das Enzym blockiert, mindert das auch die schleimhautschützende Wirkung. Um die unerwünschten Nebenwirkungen für den Gastrointestinaltrakt zu reduzieren, wurde eine neue Generation entwickelt, sogenannte Cox-2-Hemmer (Coxibe). Diese sollen nur das Cox-2-Enzym blockieren.
Welche nichtsteroidalen Antirheumatika gibt es?
Acetylsalicylsäure (ASS)
- leichte bis mäßige Schmerzen
- Migräne
- Hemmung der Blutgerinnung
- Vorbeugung von Herzinfarkten und Thrombosen
Ibuprofen
- leichte bis mäßig starke Schmerzen
- Migräne
- Verletzungen und Schwellung an den Weichteilen
- Fieber
- akute Arthritis und Gichtanfall
- chronische und rheumatoide Arthritis
- entzündlich-rheumatische Erkrankungen der Wirbelsäule, zum Beispiel Morbus Bechterew
Diclofenac
- leichte bis mäßige Schmerzen und Fieber (niedrig dosiert)
- Migräne
- Verletzungen und Schwellung an den Weichteilen
- akute Arthritis und Gichtanfall
- chronische und rheumatoide Arthritis
- entzündlich-rheumatische Krankheiten der Wirbelsäule
Naproxen
- Verletzungen und Schwellung an den Weichteilen
- akute Arthritis und Gichtanfall
- chronische und rheumatoide Arthritis
- entzündlich-rheumatische Erkrankungen der Wirbelsäule
- Unterleibskrämpfe während der Menstruation
Acemetacin
- Arthrose
- Rheumatoide Arthritis
- Morbus Bechterew
- Rückenschmerzen
- Scherzbehandlung nach Verletzungen und Operationen
Cox-2-Hemmer (Coxibe) und Meloxicam
- Kurzzeitbehandlung bei Arthrose
- Langzeitbehandlung von rheumatoider Arthritis und Morbus Bechterew
Celecoxib
- Arthrose
- rheumatoide Arthritis
- Morbus Bechterew
Etoricoxid
- rheumatoide Arthritis
- Morbus Bechterew
- akute Gichtanfälle
- Schmerzlinderung nach Zahnoperation
Je nach Einsatzgebiet werden die Wirkstoffe in unterschiedlichen Darreichungsformen wie Tabletten, Zäpfchen, Tropfen, Spray, Gel, Salben oder Pflaster verwendet. So können Patient*innen das Analgetikum Ibuprofen zum Beispiel zur Schmerzbehandlung als Tablette einnehmen oder zur Linderung von Prellungen und Zerrungen äußerlich als Salbe, Spray oder Pflaster auf die Haut auftragen.
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Nebenwirkungen von NSAR
Wie bei den meisten Arzneimitteln, hängt das Risiko für Nebenwirkungen und Komplikationen vom jeweiligen Wirkstoff, der Dosierung, Dauer der Anwendung und vorhanden Grunderkrankungen ab. Nichtsteroidale Antirheumatika sollten deshalb immer möglichst niedrig dosiert und nur solange wie nötig eingenommen werden. Bei einer dauerhaften Einnahme über mehrere Monate und einer hohen Dosierung können alle NSAR Schäden verursachen.
Die häufigsten Komplikationen betreffen die Verdauungsorgane:
- Blähungen, Übelkeit, Sodbrennen, Durchfall oder Erbrechen
- Magenschleimhautentzündung (Gastritis)
- Blutungen im Magen-Darm-Trakt
- Magengeschwüre und Darmgeschwüre
Das Risiko von Schäden im Verdauungstrakt lässt sich durch Wirkstoffe reduzieren, die den Magen schützen. Diese werden häufig Menschen verschrieben, die NSAR länger einnehmen müssen und ein erhöhtes Risiko für Magengeschwüre oder Schleimhautentzündungen haben.
Eine dauerhafte Anwendung und hohe Dosierungen von NSAR kann auch Herz-Kreislauf-Erkrankungen wie Herzinfarkte oder Schlaganfälle begünstigen. Eine Ausnahme ist dabei Acetylsalicylsäure (ASS), das in niedriger Dosierung zur Vorbeugung von Herzinfarkten eingesetzt wird, da es blutverdünnend wirkt.
Bei der Einnahme von NSAR können zudem zentrale Nervenstörungen wie Ohrensausen, Schwindel, Sehstörungen, Kopfschmerzen oder Müdigkeit auftreten. Auch Allergien gegen einzelne Wirk- oder Inhaltsstoffe sind möglich.
Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten
Bei der Einnahme von NSAR und anderen Wirkstoffen kann es zu Wechselwirkungen kommen. Dabei können Wirkungen verstärkt oder abgeschwächt werden oder Komplikationen auftreten. Bei der Verwendung von verschreibungspflichtigen Medikamenten sollte deshalb immer die Einnahme weiterer Arzneimittel mit der*dem Ärztin*Arzt abgesprochen werden.
Die häufigsten bekannten Wechselwirkungen mit NSAR sind:
Glukokortikoide (erhöhes Risiko für Komplikationen im Magen-Darm-Bereich)
Thrombozyten-Funktionshemmer und selektive Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (erhöhtes Risiko für Blutungen im Magen-Darm-Bereich)
orale Antidiabetika (verstärkter blutzuckersenkender Effekt)
harntreibende Mittel (abgeschwächter harntreibender Effekt)
Cumarin-Derivate und andere Blutgerinnungshemmer (verstärkte blutgerinnende Wirkung)
blutdrucksenkenden Arzneimittel, besonders ACE-Hemmer (verringerte blutdrucksenkende Wirkung)
Wann sollten NSAR-Medikamente nicht angewendet werden?
Kontraindikationen für alle NSAR:
- Im letzten Drittel einer Schwangerschaft
- Bei Magen-Darmgeschwüren
Je nach Wirkstoff des Analgetikums müssen zudem weitere Gegenanzeigen beachtet werden. Die Einnahme sollte besonders ärztlich abgesprochen werden bei Vorerkrankungen wie:
- Herzschwäche (Herzinsuffizienz)
- Koronare Herzkrankheit (KHK)
- Schwere Lebererkrankung
- Gestörte Nierenfunktion
- Durchblutungsstörung im Gehirn, Schlaganfall
Besonderheit: ASS bei Kindern
Kinder sollten nur ASS-Schmerzmittel erhalten, wenn ein Arzt diese verschrieben oder ausdrücklich empfohlen hat. Acetylsalicylsäure steht unter dem Verdacht bei Kindern das sogenannte Reye-Syndrom auszulösen, vor allem in Verbindung mit einem fieberhaftem Virusinfekt. Die Krankheit verursacht akute Gehirn- und Leberschäden, die unerkannt zum Tod führen können.
NSAR: Wie oft und wie lange einnehmen?
Es wird empfohlen, die Wirkstoffe nur bei Bedarf und in niedriger Dosierung einzunehmen. Menschen mit chronischen Schmerzen sollten Dauer und Dosis immer mit der*dem behandelnden Ärztin*Arzt absprechen.
Patient*innen mit einer chronischen Erkrankung wird empfohlen, ein Schmerztagebuch zu führen, um nicht öfter als an zehn Tagen pro Monat NSAR in der jeweiligen Tageshöchstdosis zu nehmen. Ansonsten besteht die Gefahr, dass es beispielsweise zu Dauerkopfschmerzen kommt, sogenannten medikamenteninduzierten Kopfschmerzen.
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