Schwindel: Ursachen und was hilft
Nach höchsten wissenschaftlichen Standards verfasst und von Expert*innen geprüftPlötzlich schwankt oder dreht sich alles: Schwindel wird oft durch eine harmlose Störung im Innenohr ausgelöst. Er kann aber auch Symptom verschiedener Grunderkrankungen sein und chronisch werden. Welche Ursachen infrage kommen und was Betroffene bei Schwindel tun können!
- © Getty Images/AntonioDiaz
Kurzübersicht: Häufige Fragen und Antworten
Warum Schwindel bei Erkältung oder COVID-19? Infektionen der oberen Atemwege können zu Kreislaufproblemen und leichtem Schwindel führen. Hält der Schwindel an, liegt möglicherweise eine Entzündung im Mittel- oder Innenohr vor. Auch nach einer Corona-Infektion berichten einige Betroffene von Symptomen wie Schwindel, Kurzatmigkeit oder Konzentrationsproblemen.
Wieso kommt es zu Schwindel im Liegen? Schwindel im Liegen kann beispielsweise durch Blutdruckprobleme, Erkrankungen des Innenohrs, die Einnahme bestimmter Medikamente oder übermäßigen Konsum von Alkohol ausgelöst werden.
Was hilft bei Schwindel? Im akuten Fall ist es am besten, sich hinzusetzen oder hinzulegen, um einen Sturz zu vermeiden. Meist hilft es auch, einen festen Punkt zu fixieren, um sich wieder orientieren zu können. Häufige Schwindelattacken sollten ärztlich abgeklärt werden.
Artikelinhalte auf einen Blick:
- Definition
- Schwindelarten
- Schwindel-Situationen
- Ursachen
- Wann zum Arzt?
- Diagnose
- Therapie
- Vorbeugen
- Hintergrundinfos zum Gleichgewichtssinn
Was ist Schwindel?
Bei Schwindel, medizinisch Vertigo, handelt es sich um eine Störung des Gleichgewichtssinns. Betroffene verlieren die Orientierung im Raum und ihre Körpersicherheit. Schwindelattacken können einige Sekunden, Minuten oder Stunden andauern und werden manchmal von weiteren Beschwerden wie Übelkeit begleitet.
Vertigo ist keine eigenständige Krankheit, sondern ein Symptom vieler Grunderkrankungen. Bei manchen Menschen treten Schwindelattacken immer in ganz bestimmten Situationen oder nach Bewegungen auf, sie können aber auch ohne erkennbaren Auslöser vorkommen.
Die Wahrscheinlichkeit, Schwindelanfälle zu erleiden, steigt mit zunehmendem Alter. Bei jungen Erwachsenen ist Schwindel nur in etwa 2 Prozent der Fälle der Grund für einen Besuch in der hausärztlichen Praxis. Dieser Anteil steigt bei Menschen über 65 Jahre auf mehr als 30 Prozent. Das liegt an natürlichen Alterungsprozessen: Beispielsweise lässt die sensorische Leistung der Gleichgewichtsorgane nach. Zudem spielen alterstypische Erkrankungen und Nebenwirkungen von Medikamenten eine Rolle.
Häufigste Schwindelarten im Überblick
Es gibt mehrere Formen von Schwindel. Die einzelnen Schwindelarten fühlen sich für Betroffene nicht nur unterschiedlich an, sondern gehen auch auf verschiedene Ursachen zurück. Zu den bekanntesten und häufigsten Schwindelformen gehören:
Lagerungsschwindel: Am häufigsten ist der gutartige (benigne) Lagerungsschwindel. Er tritt meist nach raschen Bewegungen des Kopfes wie Aufstehen oder Bücken auf und hält meist nur wenige Sekunden an. Betroffenen erscheint es, als würde sich alles um sie herum drehen.
Schwankschwindel: Betroffene haben das Gefühl, dass sie selbst oder die Umgebung schwanken. Diese Schwindelform kann sowohl durch Muskelverspannungen als auch durch psychische Faktoren hervorgerufen werden. In zweiterem Fall sprechen Fachleute auch vom psychogenen oder phobischen Schwankschwindel, der häufig mit Angststörungen in Verbindung steht.
Morbus Menière: Beim plötzlich auftretenden Drehschwindel fühlen sich die Betroffenen wie bei einer Karussellfahrt. Die Schwindelform geht mit einseitigem Hörverlust, Tinnitus, Übelkeit und einer erhöhten Fallneigung einher.
Liftschwindel: Patient*innen erleben Liftschwindel so, als würden sie angehoben werden oder sinken. Deshalb kann diese Form von Schwindel zu Gangunsicherheit und starker Benommenheit führen, was ein erhöhtes Risiko für Stürze mit sich bringt.
Schwindel im Liegen, beim Aufstehen oder Bücken
Schwindel kann sich unterschiedlich anfühlen und in verschiedenen Situationen auftreten, etwa:
- im Liegen,
- beim Aufstehen,
- beim Bücken,
- bei schnellen Kopfbewegungen,
- nach dem Essen,
- beim Autofahren oder
- im Kino.
Auch während der Schwangerschaft ist Schwindel nicht ungewöhnlich.
Der Zeitpunkt, wann Schwindel auftritt, ist für die ärztliche Diagnose von zentraler Bedeutung. Allerdings sind nicht immer klare Auslöser erkennbar.
Welche Ursachen kann Schwindel haben?
Die Ursachen für Störungen des Orientierungssinns können vielfältig sein. Dazu zählen unter anderem:
Organische Störungen
Erkrankungen des Innenohrs (etwa Morbus Menière)
Entzündung des Gleichgewichtsnervs, die zu einer Funktionsstörung des Gleichgewichtsorgans führen kann (Neuritis vestibularis)
Schädigung des Kleinhirns oder des Hirnstamms infolge von Durchblutungsstörungen (Arteriosklerose, Schlaganfall)
Tumoren, etwa ein gutartiger Tumor am Gleichgewichtsnerv (Akustikusneurinom)
Grunderkrankungen, die mit Schwindel einhergehen können
Herz-Kreislauf-Erkrankungen, etwa niedriger Blutdruck oder Bluthochdruck, eventuell auch Herzrhythmusstörungen
Erkrankungen der Augen
Erkrankungen des zentralen Nervensystems (etwa Multiple Sklerose)
Erkrankungen des peripheren Nervensystems (zum Beispiel Polyneuropathie)
psychische Erkrankungen, etwa eine soziale Phobie oder Angst- und Panikstörung
Diabetes mellitus (bei Unterzuckerung)
Auch bei hohem Fieber oder Druckveränderungen, etwa auf Flugreisen oder bei Tauchgängen, kann es zu Schwindel kommen. Oft sind auch muskuläre Verspannungen oder Probleme mit der Halswirbelsäule oder den Kiefergelenken für Schwindelgefühle verantwortlich.
Wann Schwindel ärztlich abklären lassen?
Wenn leichte Schwindelgefühle nur hin und wieder auftreten, schnell wieder verschwinden und sich keine Begleitsymptome anschließen, ist dies meist kein Grund zur Besorgnis. Wenn Schwindel aber gehäuft und über einen längeren Zeitraum auftritt, sollten die Beschwerden ärztlich abgeklärt werden.
Grundsätzlich ist es immer dann ratsam, ärztlichen Rat einzuholen, wenn:
Betroffene das Gefühl haben, dass der Schwindel ungewöhnlich häufig, heftig oder langanhaltend ist oder
die Schwindelattacken von weiteren Symptomen wie Übelkeit, Erbrechen, Kopfschmerzen, Benommenheit, Angst oder Atemnot begleitet werden.
Diagnose bei Schwindel
Wer bei Schwindel medizinische Unterstützung sucht, sollte sich zunächst an die hausärztliche Praxis wenden. Bereits im Gespräch erhält der*die Arzt*Ärztin wichtige Hinweise auf mögliche Ursachen der Schwindelbeschwerden. Von Interesse sind vor allem Art, Häufigkeit, Form des Schwindels sowie aktuelle oder frühere Erkrankungen.
Weiteren Aufschluss geben:
- Tests zur Überprüfung der Koordinationsfähigkeit,
- Untersuchungen der Funktion von Herz und Kreislauf sowie
- eine Prüfung der Ohren, des Bewegungsapparats und der Nervenfunktionen.
Je nach vorherrschender Symptomatik kann eine Überweisung zu speziellen Fachmediziner*innen erfolgen. Das kann ein*e Neurolog*in oder auch ein*e Hals-Nasen-Ohren-Mediziner*in sein.
Müssen Störungen der Blutdruckregulation oder Herzrhythmusstörungen ausgeschlossen werden, ist das Fachgebiet der Inneren Medizin zuständig. In manchen Fällen ist auch eine augenärztliche, orthopädische oder psychiatrische Untersuchung sinnvoll. Art und Umfang der diagnostischen Maßnahmen richten sich nach der vermuteten Ursache des Schwindels.
Die richtige Therapie gegen Schwindel
Die Art der Behandlung hängt von der Ursache des Schwindels ab:
Es gibt spezielle Medikamente (sogenannte Antivertiginosa), die bei besonders starken Schwindelanfällen, vor allem bei Morbus Menière, eingesetzt werden können.
Liegt eine Übererregbarkeit des Innenohrs beziehungsweise der Gleichgewichtsnerven vor, kommen mitunter Antiepileptika zum Einsatz. Manchmal sind auch durchblutungsfördernde Mittel oder Kortikosteroide angezeigt.
Bei Tumoren oder Gefäßproblemen kann eine Operation notwendig sein.
Beim psychogenen Schwankschwindel kommen in der Regel psychotherapeutische Maßnahmen infrage.
Einige Betroffene profitieren auch von einer Physiotherapie. Mithilfe spezieller Übungen können beispielsweise die Beinkraft und Beweglichkeit verbessert und so die Sturzgefahr reduziert werden.
Beim gutartigen Lagerungsschwindel steht das Lagerungstraining im Vordergrund der Therapie. Dabei werden bestimmte Übungen wie das Epley-Manöver wiederholt durchgeführt, um Ablagerungen im Innenohr in einen Bereich zu befördern, in dem sie die Sinneszellen nicht mehr reizen können.
Lässt sich Schwindel vorbeugen?
Die positive Gestaltung einiger Lebensstilfaktoren trägt dazu bei, die Gefäße, den Stoffwechsel und die Psyche gesund zu erhalten, was Schwindelanfällen vorbeugen kann. Mit diesen Faktoren sind bereits wichtige Voraussetzungen für ein gesundes Gleichgewicht ohne Schwindel geschaffen:
regelmäßig und ausreichend bewegen
übermäßigen Genuss von Alkohol und Nikotin meiden
stressauslösende Faktoren reduzieren (körperlich und psychisch)
ausgewogen und regelmäßig essen, um eine Unterzuckerung zu vermeiden
ausreichend schlafen
genügend trinken
Hintergrundinfos: Gestörtes Gleichgewichtssystem bei Schwindel
Schwindel entsteht aufgrund einer Störung des Gleichgewichtssinns. Dieses ermöglicht es den Menschen, ihre Körperbewegungen wahrzunehmen und die räumliche Orientierung zu bewahren.
Vestibuläres System
Eine zentrale Rolle spielt das Gleichgewichtsorgan (Vestibularorgan) im Innenohr. Es besteht aus drei mit Lymphflüssigkeit gefüllten Bogengängen, die in einer Ausbuchtung (Ampulle) münden. Diese ist mit Sinneszellen mit mikroskopisch kleinen Härchen ausgekleidet. Bei Kopfbewegungen bewegt sich auch die Flüssigkeit mit, wodurch die Sinneszellen im Innenohr gereizt werden. Dies stößt eine Weiterleitung der Informationen an das Gehirn an.
Zum Gleichgewichtsorgan gehören zudem zwei Vorhofsäckchen. Diese informieren das Gehirn, wenn der Körper sich nach vorne, hinten, zur Seite, oben oder unten bewegt.
Optisches und propriozeptives System
Ebenfalls am Gleichgewichtssinn beteiligt sind die Augen sowie Rezeptoren in Gelenken und Muskeln. Alle diese Elemente liefern dem Gehirn die notwendigen Informationen, um Aufschluss über die räumliche Position zu ermöglichen. Liegt in diesem komplexen System eine Störung in der Informationsübermittlung oder -verarbeitung vor oder werden widersprüchliche Informationen transportiert, ist die Orientierungsfähigkeit eingeschränkt. Die Folge: Es kommt zu Schwindel.