Erbrechen – Alarmzeichen oder harmlose Magenverstimmung?
Nach höchsten wissenschaftlichen Standards verfasst und von Expert*innen geprüftErbrechen kann viele Ursachen haben, oftmals steckt ein Infekt dahinter oder es wurde ein Lebensmittel nicht vertragen. Es ist daher harmlos – zumindest meistens.
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"Kotzen", "Speien", "Speiben", "reihern", "sich übergeben" – für das Erbrechen gibt es viele verschiedene Synonyme. Fachleute nennen das ruckweise Entleeren des Mageninhalts durch Speiseröhre und Mund Emesis oder Vomitus.
Im Überblick:
- Natürlicher Schutzmechanismus
- Mögliche Komplikationen
- Unterscheidungsformen
- Erbrechen bei Kindern
- Ursachen
- Diagnose
- Behandlung
- Hausmittel
Natürliche Abwehrreaktion: Brechreiz als Schutzmechanismus
Erbrechen ist eine natürliche Abwehrreaktion des Körpers, der beispielsweise mit verdorbenen Nahrungsmitteln, einem Infekt, unverträglichen Medikamenten, oder auch einem übermäßigen Konsum von Alkohol zu kämpfen hat.
Häufig ist Erbrechen aber auch Symptom einer anderen Erkrankung. Übelkeit und Brechreiz können dem Erbrechen vorangehen, müssen aber nicht. Oft fühlen Menschen sich besser, nachdem sie sich übergeben haben. Verbunden sein kann das Erbrechen mit weiteren Begleitsymptomen wie
- Druckgefühl im Oberbauch
- Durchfall
- Völlegefühl
- Aufstoßen
- Schwindel
- Bauchkrämpfen
- Appetitlosigkeit
- Fieber
- Kopfschmerzen
Wenn das Erbrechen nicht nur einmalig auftritt, sondern länger andauert oder weitere Symptome hinzukommen, sollte ärztlicher Rat eingeholt werden.
Erbrechen unterliegt zumeist nicht der willkürlichen Kontrolle. Nur bei psychischen Erkrankungen wie einer Bulimie (Ess-Brech-Sucht), die zu den Essstörungen zählt, führen die Betroffenen das Erbrechen bewusst herbei.
Welche Komplikationen können auftreten?
Erbrechen ist zunächst nicht gefährlich, jedoch kann es zu Komplikationen führen:
Durch den Verlust des sauren Mageninhalts kann es infolge wiederholten Erbrechens zur Störung des Säure-Basen- sowie des Mineralstoffhaushalts im Körper kommen. Davon ist insbesondere der Kaliumgehalt von Blut und Geweben betroffen. Bestimmte Kaliumkonzentrationen im Körper sind die Voraussetzung für eine ungestörte Herztätigkeit. Schweres anhaltendes Erbrechen kann daher unter Umständen lebensbedrohliche Herz-Kreislaufstörungen verursachen.
Eine andere Komplikation, die sich langfristig aus häufigem Erbrechen ergeben kann, sind Risse in der Speiseröhrenschleimhaut (Mallory-Weiss-Syndrom), die unter Umständen gefährliche Blutungen nach sich ziehen.
Gelangt Erbrochenes über die Atemwege in die Lunge (eine sogenannte Aspiration), kommt es in Folge oft zu schweren Entzündungen.
Akute Lebensgefahr durch Erbrechen besteht bei Bewusstlosigkeit. Gelangt das Erbrochene in die Atemwege, drohen die Betroffenen binnen kürzester Zeit zu ersticken. Deshalb sollten Sie bewusstlose Personen immer sofort in die stabile Seitenlage bringen, damit Erbrochenes aus Mund und Rachen von selbst nach außen abfließen kann. Wenn Sie einen Handschuh zur Verfügung haben, sollten Sie eventuell den Mund leer räumen.
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Spezielle Formen des Erbrechens
Schwangerschaftserbrechen (Emesis gravidarum): In den ersten drei Monaten einer Schwangerschaft sind Übelkeit und Erbrechen relativ häufig Ausdruck der körperlichen sowie der hormonellen Umstellung. Ist es jedoch übermäßig heftig, sollte gynäkologischer Rat eingeholt werden.
Bluterbrechen (Hämatemesis): Meistens handelt es sich um eine Blutung aus dem oberen Bereich des Verdauungssystems. Ist das Blut dunkel bis schwarz, handelt es sich in der Regel um Blut aus dem Magen oder Zwölffingerdarm. Denn Blut färbt sich schwarz, wenn es mit Magensäure in Berührung kommt. Ist das Blut heller, ist dies ein Zeichen, dass es möglicherweise aus dem Bereich der Speiseröhre stammt. In jedem Fall sollten Sie bei Bluterbrechen sofort ärztliche Hilfe suchen oder den Notruf wählen.
Koterbrechen (Miserere oder Kopremesis): Das ist in der Regel ein Zeichen für einen nicht behandelten Darmverschluss. Bei Koterbrechen müssen Betroffene dringend in eine Klinik.
Erbrechen von Galle: Hierfür gibt es viele unterschiedliche Ursachen. Es kann Anzeichen einer Gallenkolik, Verstopfung oder der falschen Ernährung sein. Es ist ein Anzeichen dafür, dass die Nahrung bereits den Magen passiert hat und im Zwölffingerdarm war.
Wenn das Kind oder Kleinkind erbricht
Kleinkinder und jüngere Schulkinder erbrechen viel häufiger als ältere und auch Erwachsene. Bei ihnen ist das Zusammenspiel zwischen Magen und Brechzentrum noch in der Entwicklung. Deshalb kann es bei Kindern bereits nach dem Essen von zu kalten, zu heißen, ungewohnten oder fetten Speisen und Getränken, aber auch bei leichten Infekten zum Erbrechen kommen. Fieber, Aufregung, Angst können weitere Auslöser sein. Meist ist das Erbrechen bei Kindern harmlos. Erbricht das Kind oder der Säugling jedoch immer wieder, kommen starke Bauchschmerzen und andere Begleitsymptome hinzu oder wirkt das Kind apathisch, so sollte ein*e Arzt*Ärztin konsultiert werden.
Erbrechen – das sind die Ursachen
Erbrechen und Übelkeit kommen bei zahlreichen Erkrankungen vor. Meistens ist es aber die direkte Reizung des Magen-Darm-Trakts durch Viren, Bakterien oder auch Medikamente, die das Erbrechen hervorruft. Bei Erbrechen handelt es sich um einen Schutzreflex des Körpers – schließlich können auf diese Weise Fremdkörper, aber auch Krankheitserreger oder schädliche Nahrungsmittel rasch aus dem Körper entfernt werden.
Mögliche Ursachen für Erbrechen ...
... im Magen-Darm-Bereich:
- Magen-Darm-Infekte (Gastroenteritis) zum Beispiel durch Noroviren, Rotaviren oder Salmonellen
- Lebensmittelallergie
- Vergiftungen
- Magenschleimhautentzündung
- Magengeschwür (Ulcus ventriculi)
- Zwölffingerdarmgeschwür (Ulcus duodeni)
- Blinddarmentzündung (Appendizitis)
- alkoholbedingte Magenschleimhautreizung (alkoholassoziierte Gastritis)
- Gallenblasenentzündung (Cholezystitis)
- Bauchspeicheldrüsenentzündung (Pankreatitis)
- Bauchfellentzündung (Peritonitis)
... bei Störungen der Hirnfunktion:
- Reisekrankheit (Störung im Gleichgewichtsorgan)
- Migräne
- Drehschwindel (Morbus Menière)
- erhöhter Hirndruck
- Gehirnverletzungen, Gehirnerschütterung
- Schlaganfall
- Hirntumoren
- Hirnhautentzündung (Meningitis)
- Hitzschlag
- Erhöhung des Augeninnendrucks (Glaukomanfall, Grüner Star)
... bei Stoffwechselstörungen oder hormonellen Faktoren:
- schwangerschaftsbedingte Stoffwechsel- und Hormonumstellungen (insbesondere während der ersten drei Schwangerschaftsmonate)
- Diabetes mellitus (Zuckerkrankheit)
- Nebennierenrindenunterfunktion (Morbus Addison)
- Nebenschilddrüsenüberfunktion
- Vergiftung durch Nierenversagen
- Gelbsucht (Hepatitis)
- schwere Leberschäden mit nachfolgenden Störungen des Gehirnstoffwechsels, etwa bei Leberzirrhose.
... bei Medikamenteneinnahme, Drogen, Giften:
- Brechmittel (wie Apomorphin)
- Narkose (etwa bei einem operativen Eingriff)
- Unterschiedliche Medikamente (Antibiotika, Zytostatika) – die Nebenwirkung wird in der Regel im Beipackzettel aufgeführt
- Vergiftung mit dem Herzmedikament Digitalis
- Drogenmissbrauch (zum Beispiel Alkohol, einige Halluzinogene, Ecstasy)
- Bestrahlung in der Krebstherapie
- Pilzvergiftung
- Schwermetallvergiftung
... bei psychischen und psychosomatischen Erkrankungen:
- Ess-Brech-Sucht (Bulimie)
- Magersucht (Anorexia nervosa)
Erbrechen kann zudem auch psychisch bedingt sein, zum Beispiel bei Ekel (vor Gerüchen, Speisen oder bestimmten Anblicken), in oder nach akuten Stress-Situationen, bei Aufregung, Panik oder großer Angst.
So verläuft die ärztliche Diagnose bei Erbrechen
Wenn das Erbrechen andauert oder mit Begleitsymptomen wie starken Oberbauchschmerzen und Fieber einhergeht, sollte ein*e Arzt*Ärztin aufgesucht werden. Bei der Diagnose werden weitere vorhandene oder auch fehlende Symptome berücksichtigt.
Ärztliche Hilfe sollte dringend eingeholt werden wenn:
- das Erbrechen über mehrere Tage hinweg anhält oder besonders heftig ist.
- zusätzliche Symptome wie Fieber, Durchfall oder auch Kopfschmerzen auftreten
- sich der*die Betroffene zuvor im Ausland aufgehalten hat
- das Erbrochene auffallend verfärbt ist (gelblich bei Galle, blutig oder schwarz-braun bei Kot)
- dem Erbrechen ein Sturz auf den Kopf vorangegangen ist (Gehirnerschütterung)
- es sich bei den Betroffenen um ältere Menschen oder Kinder handelt, da hier die Gefahr ernsthafter Kreislaufprobleme erhöht ist
Wenn im selben Umfeld bereits Personen an ähnlichen Problemen leiden, so ist dies ein Hinweis auf eine ansteckende Erkrankung wie einen Magen-Darm-Virus. Auch die Einnahme neuer Medikamente kann im Zusammenhang mit den Beschwerden stehen, das neue Arzeinmittel sollte dann im Anamnesegespräch erwähnt werden.
Die weiteren, gezielten Diagnosemaßnahmen orientieren sich dementsprechend an der vermuteten Ursache des Erbrechens. Dabei kommen Diagnosetechniken zum Einsatz wie:
- Blutanalysen
- Ultraschall
- Röntgenuntersuchung
- Magnetresonanztomographie (MRT)
- Spiegelungen des Magens und/oder des Darms
Wie wird Erbrechen behandelt?
Die Behandlung des Erbrechens richtet sich nach der ursächlichen Erkrankung. Sie ist daher so vielfältig wie die jeweilige Grunderkrankung. Bei einer Überzuckerung (Hyperglykämie), wie sie im Rahmen eines Diabetes auftreten kann, muss der stark überhöhte Blutzuckerspiegel durch die Gabe von Insulin normalisiert werden.
Bei akutem Bauch (akutes Abdomen) oder einem Darmverschluss (Ileus), die ebenfalls mit Erbrechen, aber auch mit starken Bauchschmerzen einhergehen, müssen Betroffene umgehend ins Krankenhaus. Dort wird bei anhaltendem Erbrechen der Wasser- und Mineralstoffverlust unter Umständen mit Infusionen ausgeglichen.
Mittel bei Reisekrankheit und Chemotherapie
Ist eine Reise- oder Seekrankheit die Ursache des Erbrechens, bietet sich die Behandlung mit Reisetabletten, -kaugummis, oder -pflastern an, die in Apotheken frei verkäuflich sind. Diese Medikamente (H1-Antihistaminika) unterdrücken die Signale vom Brechzentrum im Gehirn, verursachen oft aber eine gewisse Müdigkeit. Die Behandlung muss in der Regel vorbeugend erfolgen. Die Medikamente sollten also bereits vor Beginn der Reise eingenommen oder angewendet werden.
Geht das Erbrechen auf eine Chemotherapie oder Bestrahlung bei Krebs zurück, wird heutzutage zumeist auf sogenannte 5-HT3-Antagonisten (Setrone) oder das Kortisonpräparat Dexamethason zurückgegriffen, die Einnahme sollte ärztlich abgesprochen sein.
Hausmittel gegen das Erbrechen
Bei Übelkeit und Erbrechen können einige Tipps und Hausmittel helfen. Was auch die Ursache für das Erbrechen sein mag, immer gilt:
Ausreichend trinken! Weil der Körper durch das Erbrechen Flüssigkeit und essenzielle Salze (Mineralien) verliert, müssen eventuelle Störungen im Salz- und Wasserhaushalt möglichst umgehend ausglichen werden.
Dabei empfehlen sich klare Brühe, Elektrolytlösungen oder Tee. Fenchel, Pfefferminze und Kamille beruhigen den Magen. Wenn man anfänglich nur wenig bei sich behalten kann, am besten in kleinen Schlucken trinken oder die Flüssigkeit teelöffelweise zu sich nehmen.
Ein Kind, dass im Liegen erbricht, sollte unbedingt mit dem Kopf nach unten hochgenommen werden. So wird gewährleistet, das der erbrochene Mageninhalt nicht in die Luftröhre gelangt. Ein feuchtkühler Lappen auf der Stirn lindert Übelkeit und Schwindel. Nach dem Erbrechen wird der Mund mit Wasser ausgespült. So verschwindet der unangenehme Geschmack im Mund und die Zähne werden von Erbrochenem gesäubert.
Weitere Tipps und Hausmittel bei Erbrechen
- Verdünnter Blaubeersaft beruhigt den Darm.
- Geriebener Apfel hilft bei Übelkeit, Erbrechen und Durchfall.
- Ingwer wirkt als natürliches Antiemetikum: Sie wirken im Gehirn auf das Brechzentrum und helfen so gegen Übelkeit und Erbrechen. Ingwertee langsam löffeln ist ein geeignetes Hausmittel bei Brechreiz.
- Auf feste Nahrung verzichten und fettarme Schonkost sind bei Erbrechen sehr empfehlenswert.
- Kohlensäurehaltige und den Magen belastende Getränke sollten gemieden werden. Das beinhaltet auch Cola, Alkohol und Kaffee. Fruchtsäfte sind nur in kleinen Mengen geeignet, da die enthaltenen Fruchtsäuren den Magen-Darm-Trakt belasten können.
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