Hormone: Wichtige Botenstoffe des Körpers
Hormone sind bedeutsame Signalstoffe für die Vorgänge im Körper: Schon geringe Mengen beeinflussen die Stoffwechselmechanismen des Menschen maßgeblich. Was Sie über die Funktion von Hormonen wissen sollten und welche es gibt.
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Hormone sind organische Verbindungen. Die chemischen Botenstoffe werden vom Körper selbst produziert und hauptsächlich über das Blut verteilt. Als Nachrichtenvermittler geben sie Informationen an die Zellen weiter, um deren Vorgänge zu regulieren. Gemeinsam mit dem Nervensystem sorgt das Hormonsystem dafür, dass im Körper alles reibungslos abläuft.
Artikelinhalte im Überblick:
Was sind Hormone?
Es gibt verschiedene Möglichkeiten, Hormone einzuteilen – zum Beispiel nach ihrem Bildungsort, dem Wirkungsmechanismus oder nach ihrer chemischen Struktur.
Einteilung der Hormone nach Bildungsort
Drüsenhormone: Bei diesen glandulären Hormonen (glandula = Drüse) handelt es sich um Botenstoffe, die von Hormondrüsen produziert und von dort aus direkt über die Blutbahn verteilt werden. Dies ist zum Beispiel bei Hormonen aus der Hypophyse (Hirnanhangsdrüse) der Fall.
Gewebshormone: Diese aglandulären Hormone sind Lokalhormone, die in Einzelzellen produziert und vom Gewebe ausgeschieden werden. Sie entfalten ihre Wirkung direkt an diesem Ort oder in benachbarter Umgebung. Ein typisches Beispiel hierfür sind Prostaglandine, die bei der lokalen Schmerzvermittlung eine Rolle spielen.
Einteilung der Hormone nach Wirkungsmechanismus
Wasserlösliche (hydrophile) Hormone: Diese Hormone dienen dazu, die Aktivität in der Zelle zu beeinflussen. Wasserlösliche Hormone passieren nicht die Zellmembran – sie sind sogenannte „first messenger“ (primäre Botenstoffe). Die Hormone docken an der Außenseite der Zelle an den Rezeptoren an und senden ein Primärsignal. Dieses bewirkt die Freisetzung eines „second messengers“ (sekundärer Botenstoff) innerhalb der Zelle: Das Signal wird durch ihn weitergeleitet und die beabsichtigte Reaktion in Gang gesetzt.
Fettlösliche (lipophile) Hormone: Die Hormone sind dazu in der Lage, an den Rezeptoren innerhalb der Zelle (intrazellulär) zu binden, indem sie die Zellmembran passieren. Sie nehmen direkten Einfluss auf Zellwachstum und -vermehrung – ein sekundärer Botenstoff wird nicht benötigt.
Einteilung der Hormone nach chemischer Struktur
- von Cholesterin abgeleitete Steroidhormone wie Sexualhormone
- von Aminosäuren abgeleitete Peptidhormone wie Schilddrüsenhormone oder Oxytocin
- von ungesättigten Fettsäuren abgeleitete Hormone wie Prostaglandine
Funktion von Hormonen
Hormone erfüllen lebenswichtige Funktionen: Ohne diese Botenstoffe könnten sämtliche körperlichen Prozesse und Körperfunktionen nicht stattfinden. Unter anderem steuern sie zum Beispiel:
- Entwicklung und Wachstum
- Sexualverhalten und Fortpflanzung
- Stoffwechselprozesse wie Wasser- und Elektrolythaushalt und Energiestoffwechsel
- psychisches Befinden, Bewältigung von Stress
Wirkung von Hormonen
Um ihre spezifische Wirkung zu entfalten, werden Hormone von ihrem Bildungsort an ihren jeweiligen Zielort transportiert. Sie wirken nur an den Zellen, für die sie bestimmt sind, indem sie dort an den passenden Rezeptoren andocken. Danach werden sie inaktiviert und abgebaut.
Endokrine Hormone werden über die Blutbahn verteilt.
Autokrine Hormone entfalten ihre Wirkung in der Zelle, in der sie gebildet werden.
Parakrine Hormone wirken in unmittelbarer Umgebung ihres Bildungsortes.
Damit alle Prozesse im Körper perfekt funktionieren, muss der Hormonspiegel stets im richtigen Maß angepasst werden. Um dies zu gewährleisten, wird der Hormonhaushalt zentral vom Hypothalamus-Hypophysen-System im Gehirn überwacht. Es verbindet das zentrale Nervensystem mit dem endokrinen System und steuert die Aktivität der Hormondrüsen. Durch Rückkopplungsprozesse erkennt das Gehirn, ob die Produktion von Hormonen gesteigert oder gedrosselt werden soll.
Einige Hormone werden in einem bestimmten Rhythmus ausgeschüttet. Das Schlafhormon Melatonin wird beispielsweise vermehrt abends bei Dunkelheit produziert – es macht den Menschen müde. Das Wachmacher-Hormon Cortisol holt einen morgens wieder aus dem Schlaf. Auch der Verlauf eines Menstruationszyklus wird durch eine rhythmische Hormonausschüttung gesteuert. Andere Hormone werden von äußerlichen Reizen beeinflusst. Dazu gehören zum Beispiel die Stresshormone Adrenalin und Noradrenalin, die in belastenden Situationen ausgeschüttet werden, um den Körper auf die Notsituation einzustellen.
Bildung von Hormonen
Hormone werden an verschiedenen Stellen im Körper produziert. Die Wichtigsten sind:
Hypothalamus: Der Hypothalamus ist die zentrale Steuerstelle im Gehirn und nimmt im Hormonsystem eine besondere Rolle ein. Gemeinsam mit der Hypophyse stellt er eine Funktionsgemeinschaft dar. Im Hypothalamus werden Steuerungshormone gebildet: Die Releasing-Hormone (auch Liberine genannt) erhöhen die Freisetzung von Hormonen, die Release-Inhibiting-Hormone (auch Statine genannt) bremsen sie.
Hypophyse: Es gibt zwei Möglichkeiten, wie die Hormone der Hypophyse wirken können. Auf dem "indirekten" Weg regen sie die Bildung von Hormonen in einer Hormondrüse an (glandotrope Hormone). Auf dem "direkten" Weg wirken die Hormone unmittelbar auf das Zielorgan (nicht glandotrope oder effektorische Hormone). Dies ist bei Oxytocin und Vasopressin der Fall. Die Hormone werden im Hypothalamus gebildet und im Hypophysenhinterlappen gespeichert. Bei entsprechenden Signalen können sie von dort aus in die Blutbahn abgegeben werden und direkt an den Zielorganen wirken.
Schilddrüse: Sie befindet sich unterhalb des Kehlkopfs. Hier werden die Schilddrüsenhormone T3 und T4 produziert und gespeichert. Die Hormone sind unter anderem für Energiestoffwechsel, Muskelfunktion, Herzschlag und Blutdruck bedeutsam. In den Nebenschilddrüsen wird das Parathormon gebildet, das für den Kalzium- und Phosphatstoffwechsel wichtig ist.
Nebennierenrinde: Hier entstehen unter anderem Glukokortikoide wie Cortisol. Die Steuerung ihrer Produktion erfolgt über Hypothalamus und Hypophyse. In der Nebennierenrinde wird zudem ein kleiner Teil der Androgene gebildet. Dabei handelt es sich um männliche Sexualhormone wie Testosteron.
Nebennierenmark: Die Katecholamine Adrenalin, Noradrenalin und Dopamin werden hier gebildet. Sie vermitteln dem Körper in Stressreaktionen die richtigen Reize: schnellere Herzfrequenz, höherer Blutdruck, erweitere Atemwege, verminderte Darmtätigkeit.
Bauchspeicheldrüse (Pankreas): In den Langerhans-Inseln der Bauchspeicheldrüse (inselförmige Gewebeteile) werden unter anderem Insulin und Glukagon produziert. Glukagon erhöht den Blutzuckerspiegel, Insulin senkt ihn.
Keimdrüsen (Eierstöcke und Hoden): In den Eierstöcken der Frau werden vor allem Östrogene und Gestagene produziert. Die Hormone halten den Menstruationszyklus aufrecht und sind für die Fortpflanzung von großer Bedeutung. Das Follikelstimulierende Hormon (FSH) und Luteinisierende Hormon (LH) sind für das Heranreifen der Eizelle und den Eisprung verantwortlich – sie werden in der Hirnanhangsdrüse gebildet. In speziellen Zellen der Hoden wird unter anderem das Geschlechtshormon Testosteron hergestellt.
Welche Hormone gibt es?
Hormon | Bildungsort | Hauptfunktion |
Adrenokortikotropes Hormon (ACTH)
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Hypophysenvorderlappen
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Anregung der Nebennierenrinde zur Ausschüttung von Cortisol
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Antidiuretisches Hormon (ADH), auch Vasopressin genannt | Hypothalamus | Regulierung des Wasserhaushalts |
Adrenalin | Nebennierenmark | Einfluss auf Blutdruck und Herzfrequenz |
Aldosteron | Nebennierenrinde | Steuerung des Flüssigkeitshaushalts |
Cortisol, als "Stresshormon" bekannt | Nebennierenrinde | Einfluss unter anderem auf Blutzucker und Fettstoffwechsel; entzündungshemmende Wirkung |
Follikelstimulierendes Hormon (FSH) | Hypophysenvorderlappen | Reifung der Eizelle |
Insulin | Inselorgan der Bauchspeicheldrüse | Senkung des Blutzuckerspiegels |
Luteinisierendes Hormon (LH) | Hypophysenvorderlappen | Auslösung des Eisprungs |
Melatonin | Zirbeldrüse (Teil des Gehirns) | Auswirkung auf den Tag-Nacht-Rhythmus |
Östrogene | Eierstöcke (geringe Mengen auch in der Nebennierenrinde, in der Schwangerschaft auch in der Plazenta) | Ausprägung weiblicher Geschlechtsmerkmale; Zyklussteuerung |
Oxytocin, auch als "Kuschelhormon" bekannnt | Hypothalamus | Kontraktionen der Gebärmutter; Stärkung von Bindungen |
Parathormon | Nebenschilddrüsen | Regulation von Kalzium- und Phosphatstoffwechsel |
Prolaktin | Hypophysenvorderlappen | Förderung von Brustwachstum, Milchbildung nach der Geburt |
Progesteron, auch Gelbkörperhormon genannt | Eierstock (geringe Mengen auch in der Nebennierenrinde)
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Aufbau der Gebärmutterschleimhaut; Erhalt der Schwangerschaft |
Somatotropin (STH) | Hypophysenvorderlappen | Einfluss auf Wachstum und Stoffwechsel |
Testosteron | Hoden (geringe Mengen auch in der Nebennierenrinde) | Ausprägung männlicher Geschlechtsmerkmale; Samenproduktion |
Thyreoidea-stimulierendes Hormon (TSH)
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Hypophysenvorderlappen | Anregung der Schilddrüse zur Bildung von Schilddrüsenhormonen |
Trijodthyronin (T3) und Thyroxin (T4)
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Schilddrüse | Steuerung des Stoffwechsels; Wachstum und Reifung |
Hormone und Erkrankungen
Störungen des Hormonsystems haben verschiedene Ursachen – in einigen Fällen sind sie bis heute unbekannt. Hormondrüsen können zum Beispiel von Geburt an fehlen oder ihre Funktion wird durch eine Erkrankung gestört, sodass eine Über- oder Unterproduktion von Hormonen stattfindet. Manchmal fehlen dem Körper auch bestimmte Bausteine, die er für die Produktion von Hormonen braucht – etwa Jod zur Bildung von Schilddrüsenhormonen. Die richtige Anlaufstelle beim Verdacht auf eine hormonelle Erkrankung ist ein*e Arzt*Ärztin für Endokrinologie.
Einige Beispiele für Beschwerdebilder, die mit dem hormonellen System zusammenhängen:
Akromegalie (unkontrollierte Ausschüttung von Wachstumshormonen durch einen gutartigen Tumor der Hypophyse)
Hirsutismus (typisch männliche Behaarungsmuster bei einer weiblichen Person durch eine Überproduktion von Androgenen)
Diabetes mellitus (erhöhter Blutzuckerspiegel durch einen Insulinmangel oder eine verminderte Wirksamkeit des körpereigenen Insulins)
Morbus Addison (Funktionsverlust der Nebennierenrinde, wodurch unter anderem ein Cortisolmangel entsteht)
Morbus Basedow (Autoimmunerkrankung, die eine Schilddrüsenüberfunktion auslöst)
Cushing-Syndrom: Zu viele Hormone im KörperCushing-Syndrom (erhöhter Cortisolspiegel durch einen ACTH-Überschuss, der oft von einem gutartigen Tumor in der Hypophyse ausgelöst wird)
PCO-Syndrom (Fehlfunktion der Eierstöcke durch ein hormonelles Ungleichgewicht)
Schilddrüsenüberfunktion (Schilddrüse produziert zu viele Hormone)
Schilddrüsenunterfunktion (Schilddrüse produziert zu wenig Hormone)
Hormone als Arzneimittel
Bestimmte Erkrankungen erfordern die Einnahme von künstlich hergestellten Hormonen. Dies kann etwa bei Diabetes mellitus der Fall sein: Produziert der Körper kein Insulin oder sprechen die Zellen unzureichend darauf an, müssen Betroffene sich Insulin als Arzneimittel verabreichen.
Eine Hormonersatztherapie kann beispielsweise zur Linderung von Wechseljahresbeschwerden wie Hitzewallungen zum Einsatz kommen. Kortisonhaltige Präparate werden unter anderem bei entzündlichen Hauterkrankungen oder Bronchialbeschwerden verwendet. Die Einnahme von hormonellen Verhütungsmitteln dient dazu, eine Schwangerschaft zu verhindern.
Eine Antihormontherapie kann im Rahmen einer Krebsbehandlung sinnvoll sein. Hierbei geht es darum, die Produktion von bestimmten Hormonen zu stoppen. Dies ist möglicherweise bei hormonempfindlichen Tumoren wie bei einigen Brustkrebsarten erforderlich, um das Fortschreiten oder ein erneutes Auftreten der Erkrankung zu verhindern.
Hormone spielen zudem im Bereich des illegalen Dopings eine Rolle. Das Steroidhormon Testosteron wird zum Beispiel missbräuchlich für einen massiven Muskelaufbau verwendet. Solche Mittel sind unter der Bezeichnung Anabolika bekannt.
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