So viel zahlt die Kasse

Pflegegrade: Wie viel Geld es gibt und wie die Einstufung erfolgt

Welche Leistungen die Pflegekasse gewährt, hängt von fünf Pflegegraden ab, die den Fokus nicht nur auf körperliche, sondern auch auf geistige und psychologische Einschränkungen legen. Wie sich die Pflegegrade unterscheiden, wie viel Geld es gibt und Tipps für die Antragstellung.

Frau umarmt ihre gealterte Mutter
© iStock.com/STEEX

Seit der Pflegereform 2017 ist jemand pflegebedürftig, wenn er – zum Beispiel aufgrund einer Erkrankung oder Behinderung – in seiner Selbstständigkeit eingeschränkt ist und Hilfe benötigt. Der neue Pflegebedürftigkeitsbegriff unterscheidet sich damit von seiner alten Definition.

Im Überblick:

2017: Aus Pflegestufen wurden Pflegegrade

Die seit dem 1.1.2017 veralteten Pflegestufen I, II und III richteten sich danach, wie viele Minuten täglich für die Hilfe bei der Verrichtung alltäglicher Aufgaben aufgewendet werden musste. Die neuen Pflegegrade dagegen legen den Fokus auf das Maß an Selbstständigkeit des*der Pflegebedürftigen – unabhängig davon, ob die Einschränkung körperliche, geistige oder psychische Gründe hat.

Die Pflegebedürftigkeit wird von einem Gutachter festgestellt, der die Beeinträchtigung in acht Lebensbereichen bewertet. Die einzelnen Bereiche werden dabei unterschiedlich gewichtet: Selbstversorgung zählt zu den wichtigsten und macht 40 Prozent der Gesamtbewertung aus. Mobilität fällt mit zehn Prozent ins Gewicht.

Insgesamt können maximal 100 Punkte vergeben werden, was dem höchsten Pflegegrad entspricht. Unter 12,5 Punkten gilt man nicht als pflegebedürftig. Es kann also vorkommen, dass man trotz Einschränkungen im Alltag keinen Anspruch auf Leistungen der Pflegeversicherung hat. In solchen Fällen kann zum Beispiel häusliche Krankenpflege oder Haushaltshilfe bei der Krankenkasse beantragt werden.

Pflegegrade im Überblick

  • kein Pflegegrad – unter 12,5 Punkte: kaum Einschränkung der Selbstständigkeit; keine Leistungen der Pflegekasse

  • Pflegegrad 1 – unter 27 Punkte: geringe Einschränkung der Selbstständigkeit

  • Pflegegrad 2 – unter 47,5 Punkte: erhebliche Einschränkung der Selbstständigkeit

  • Pflegegrad 3 – unter 70 Punkte: schwere Einschränkung der Selbstständigkeit

  • Pflegegrad 4 – unter 90 Punkte: schwerste Einschränkung der Selbstständigkeit

  • Pflegegrad 5 – 90 bis 100 Punkte: schwerste Einschränkung der Selbstständigkeit mit besonderen Anforderungen an die Pflege

Pflegegeld erst ab Pflegegrad 2: Das zahlt die Kasse

Welche finanziellen Leistungen in den einzelnen Pflegegraden gewährt werden, hängt davon ab, wo die Betreuung erfolgt: zu Hause durch Angehörige, durch einen Pflegedienst oder in einem Pflegeheim. Bei der Betreuung daheim durch Angehörige erhält der*die Pflegebedürftige Pflegegeld. Bei professioneller Unterstützung durch einen Pflegedienst werden dagegen Pflegesachleistungen zur Verfügung gestellt.

Tages- und Nachtpflege, bei denen der*die Pflegebedürftige tagsüber beziehungsweise nachts in einer stationären Einrichtung betreut wird, lassen sich sowohl mit dem Pflegegeld als auch mit den Pflegesachleistungen kombinieren. Kosten für Unterkunft und Verpflegung müssen bei der Tages- und Nachtpflege aber selbst getragen werden.

Auch Pflegegeld und Pflegesachleistungen können kombiniert werden, wenn der*die Pflegebedürftige einen Pflegedienst nur für bestimmte Aktionen benötigt. Der Rest wird als Pflegegeld ausgezahlt.

Der Entlastungsbeitrag in Höhe von 125 Euro wird bei jedem Pflegegrad gewährt. Daher sollte man ihn immer mitbeantragen. Er wird nicht ausgezahlt, sondern kann mit verschiedenen Betreuungsangeboten gegengerechnet werden. Den Entlastungsbeitrag muss man nicht monatlich in Anspruch nehmen, er kann angespart werden.

Pflegegrade: Die Leistungen im Überblick

  Pflegegrad 1 2 3 4 5
Pflegegeld in Euro   316 545 728 901
Pflegesachleistungen in Euro   689 1.298 1.612 1.995
Tages- und Nachtpflege in Euro   689 1.298 1.612 1.995
Entlastungsbeitrag in Euro 125 125 125 125 125
Stationäre Pflege in Euro 125 770 1.262 1.775 2.005

Weitere Leistungen: Wenn pflegende Angehörige Urlaub brauchen

Wer Angehörige zu Hause pflegt, stößt schnell an seine Belastungsgrenzen und braucht Erholung. Für Urlaub, aber auch, wenn die pflegende Person selbst krank wird oder kurzzeitig (zum Beispiel wegen Arztbesuchen) verhindert ist, können Leistungen für Verhinderungspflege beantragt werden. Eine solche Vertretung ist nur ab Pflegegrad 2 und für maximal 42 Tage pro Jahr möglich. In der Regel springen ambulante Pflegedienste ein. Die Pflegekasse zahlt dafür höchstens 1.612 Euro jährlich. Zusätzlich wird das Pflegegeld während dieser Zeit zur Hälfte ausgezahlt.

Es besteht auch die Möglichkeit der Kurzzeitpflege, bei der die pflegebedürftige Person (ab Pflegegrad 2) vorübergehend in eine stationäre Einrichtung zieht. Übernommen werden die Pflege- und Betreuungskosten für maximal 56 Tage und 1.612 Euro im Jahr. Unterkunft und Verpflegung müssen selbst bezahlt werden.

Für die Pflege daheim werden zudem von der Pflegekasse verschiedene Hilfsmittel und Verbrauchsmittel sowie bauliche Veränderungen in der Wohnung bezahlt.

Pflegegeld bei der Pflegekasse beantragen

Menschen können von einem Moment auf den anderen zum Pflegefall werden. Einen gesetzlichen Anspruch auf Hilfe seitens der Pflegekassen hat jeder, der

  • in den vergangenen zehn Jahren mindestens zwei Jahre lang in die soziale Pflegeversicherung eingezahlt hat und

  • Hilfebedarf für mindestens ein halbes Jahr aufweist.

Wer Leistungen der Pflegeversicherung (Pflegegeld oder Pflegesachleistungen) in Anspruch nehmen will, muss einen Antrag bei derjenigen Pflegekasse stellen, die bei der eigenen Krankenkasse angesiedelt ist. Wichtig ist, dies so schnell wie möglich zu erledigen, um finanzielle Einbußen zu vermeiden. Ein formloser Antrag – schriftlich oder telefonisch – reicht dazu zunächst aus.

Die Pflegekasse schickt daraufhin ein Formular. Dieses findet man bei vielen Kassen häufig auch im Internet zum Herunterladen. Das Formular kann von den Angehörigen ausgefüllt werden, muss jedoch von der zu pflegenden Person unterschrieben werden. Ist dies nicht möglich, übernimmt dies ein Bevollmächtigter.

Auf Basis des Antrags gibt die Pflegekasse ein Gutachten, meist beim Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK), in Auftrag, um den Pflegegrad zu bestimmen. Der*die Gutachter*in kündigt sein*ihr Erscheinen an.

Die Antragstellung im Überblick:

  • Stellen Sie bei der Pflegekasse so bald wie möglich einen Antrag. Das geht telefonisch oder bei vielen Pflegekassen auch über das Internet. Mit der Anforderung gilt der Antrag als gestellt.

  • Füllen Sie den Antrag aus und geben Sie dabei den Bedarf nach bestem Wissen an. Er lässt sich auch im Nachhinein recht unkompliziert ändern. Senden Sie das Formular – unterschrieben von der zu pflegenden Person – an die Pflegekasse zurück.

  • Ein*e Gutachter*in kommt nach vorheriger Ankündigung in die Wohnung des*der Pflegebedürftigen. Bei diesem Termin ist es hilfreich, wenn eine fachkundige Person (etwa von einem Pflegedienst) mit dabei ist.

  • Auf Basis des Gutachtens stellt die Pflegekasse den Pflegegrad des*der Antragsteller*in fest. Dafür hat die Kasse 25 Arbeitstage Zeit (ausschlaggebend ist das Datum der formlosen Antragstellung), ansonsten muss sie für jede weitere angefangene Woche 70 Euro an den*die Antragsteller*in zahlen.

Gutachter: Pflegebedürftigkeit einstufen

Es ist sinnvoll, sich auf diesen Termin vorzubereiten: Wo braucht der*die zu Pflegende besonders viel Hilfe? Welche Medikamente benötigt er*sie? Vor allen Dingen muss der*die Pflegebedürftige auf den Besuch des*der Gutachter*in eingestimmt werden. Denn oft kommt es vor, dass sich Betroffene während der Begutachtung besonders anstrengen und die Pflegebedürftigkeit herunterspielen. Doch genau das ist falsch, weil es die Einschätzung des Gutachters verzerrt. 

Wenn Sie mit der Einstufung und der Entscheidung der Pflegekasse nicht einverstanden sind, können Sie innerhalb von vier Wochen nach Zustellung des Bescheids Widerspruch bei der Pflegekasse einlegen. Außerdem haben Sie die Möglichkeit, einen erneuten Antrag auf Ein- oder Höherstufung zu stellen, wenn sich der Pflegebedarf erhöht hat.

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