Nierenkrebs: Stille Gefahr mit späten Beschwerden
Nierenkrebs ist eine bösartige Tumorerkrankung der Niere, die lange Zeit keine oder nur unspezifische Beschwerden verursacht. Meist wird die Erkrankung zufällig bei einer Ultraschalluntersuchung entdeckt. Welche Risikofaktoren sind bekannt und wie wird Nierenkrebs behandelt?
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Kurzübersicht: Häufige Fragen und Antworten
Wie schnell streut Nierenkrebs? Das hängt von verschiedenen Faktoren wie der Art des Tumors oder dem Stadium ab.
Wie macht sich Nierenkrebs bemerkbar? Mögliche Anzeichen sind Blut im Urin, anhaltende Flankenschmerzen und manchmal eine tastbare Schwellung im Bereich der Nieren. Zusätzlich können Gewichtsverlust, Fieber oder Müdigkeit Warnsignale sein.
Wie gut ist Nierenkrebs heilbar? Wird Nierenkrebs früh erkannt und hat noch keine Metastasen gebildet, sind die Heilungschancen gut und Behandlungen wie Operationen oft erfolgreich. In fortgeschrittenen Stadien wird die Behandlung komplexer und die Prognose ist oft ungünstiger.
Artikelinhalte im Überblick:
Was ist Nierenkrebs?
Als Nierenkrebs werden verschiedene bösartige Tumorerkrankungen der Niere bezeichnet. Es gibt mehrere Formen, wobei das Nierenzellkarzinom mit Abstand am häufigsten vorkommt. Bei Kindern überwiegt das sogenannte Nephroblastom (Wilms-Tumor).
Im Vergleich zu anderen Krebsarten ist Nierenkrebs relativ selten. In Deutschland erkranken jährlich etwa 14.000 Menschen neu an einem Nierentumor. Männer sind bei der Diagnose durchschnittlich 68 Jahre alt, Frauen 71 Jahre.
Anzeichen von Nierenkrebs
Im Frühstadium von Nierenkrebs treten nur selten Symptome auf. So bemerken viele Menschen zunächst gar nicht, dass in ihrer Niere ein Tumor wächst. Häufig wird er zufällig bei einer Ultraschalluntersuchung des Bauchraums entdeckt.
Bei Nierenkrebs sind folgende Symptome möglich:
- Blut im Urin (rötlich-braune Verfärbung des Urins)
- Schmerzen im Nierenbereich (Flankenschmerzen), die in den Rücken ausstrahlen
- Fieber
- Müdigkeit, Erschöpfung, ständige Abgeschlagenheit
- verminderte Leistungsfähigkeit
- Gewichtsverlust
- Appetitlosigkeit
- allgemeines Unwohlsein
- Blutarmut (Anämie)
- hoher oder niedriger Blutdruck
- Muskel- und/oder Knochenschmerzen
- Schwellungen in den Beinen durch Wasseransammlungen (Ödeme)
Meist setzen diese Symptome erst in einem späteren Stadium des Nierenkrebses ein. Zudem können diese Beschwerden auch bei anderen Krankheiten auftreten und müssen nicht unbedingt ein Hinweis auf Nierenkrebs sein. Die Ursachen der Beschwerden kann nur ein*eine Arzt*Ärztin herausfinden.
Ursachen: Wie entsteht Nierenkrebs?
Nierenkrebs kann sich aus verschiedenen Geweben bilden. Etwa 95 Prozent aller bösartigen Nierentumore sind Nierenzellkarzinome. Diese haben ihren Ursprung in den Zellen der feinen Nierenkanälchen. Fachleute sprechen auch von Nierenkarzinomen oder Adenokarzinomen der Niere. Bei den meisten Patient*innen ist nur eine Niere betroffen.
Deutlich seltener sind Lymphome und Sarkome der Niere, die vom lymphatischen System beziehungsweise der Muskulatur ausgehen. Sie kommen bei Kindern häufiger vor. Der Wilms-Tumor (Nephroblastom) ist ein bösartiges Geschwulst der Niere, das fast ausschließlich Kinder unter fünf Jahren betrifft.
Nierenkrebs: Wichtigste Risikofaktoren
Die genauen Ursachen für ein Nierenzellkarzinom sind bisher nicht bekannt. Aber es gibt einige Risikofaktoren, die mit der Entstehung des Tumors in Verbindung stehen:
- hohes Lebensalter
- Rauchen und Passivrauchen
- Übergewicht
- Bluthochdruck
- mangelnde körperliche Aktivität
- chronische Niereninsuffizienz
- Kontakt mit chemischen Substanzen oder Schadstoffen wie Blei, Asbest, Cadmium oder aromatischen Kohlenwasserstoffen
- regelmäßige Einnahme starker Schmerzmittel
- Nierentransplantationen
Eine erbliche Veranlagung spielt wahrscheinlich eine geringe Rolle. Nur etwa vier Prozent der Nierenkarzinome treten bei Menschen mit erblichen Erkrankungen auf, zum Beispiel im Rahmen des sogenannten Von-Hippel-Lindau-Syndroms (VHL). Betroffene erkranken dann in jüngerem Lebensalter an Nierenkrebs.
Wie wird Nierenkrebs diagnostiziert?
Am Anfang einer Nierenkrebsdiagnose steht immer ein ärztliches Gespräch (Anamnese), bei dem nach Beschwerden, Vorerkrankungen, Medikamenteneinnahme, Krebserkrankungen in der Familie, Beruf und Lebensstil gefragt wird. Es folgt eine körperliche Untersuchung, bei der unter anderem der Bauch abgetastet wird.
Eine Urinuntersuchung kann ausschließen, dass sich Blut im Urin befindet. Im Rahmen einer Blutuntersuchung werden unter anderem der Kreatininwert, die alkalische Phosphatase und Entzündungswerte (C-reaktives Protein, CRP) untersucht. Tumormarker, die eindeutig auf Nierenkrebs hinweisen, gibt es nicht.
Eine entscheidende Rolle spielen darüber hinaus bildgebende Verfahren wie:
- Ultraschalluntersuchung des Bauchraums und der Nieren
- Computertomografie (CT)
- Magnetresonanztomografie (MRT, auch Kernspintomografie)
- Röntgenuntersuchung des Harntraktes mit Kontrastmittel (Urografie)
Manchmal entnehmen Ärzt*innen zudem eine Gewebeprobe (Biopsie) mithilfe einer feinen Nadel aus dem verdächtigen Nierengewebe und lassen es im Labor unter dem Mikroskop näher analysieren. So kann festgestellt werden, aus welchem Gewebe sich der Tumor entwickelt hat.
Nierenkrebs-Therapie – verschiedene Bausteine gegen Tumoren
Die Behandlung zielt darauf ab, den Krebs dauerhaft zu heilen oder sein Fortschreiten aufzuhalten. Im Frühstadium ist Nierenkrebs in vielen Fällen heilbar und die Überlebenschancen sind gut.
Bei sehr kleinen Nierentumoren, deren Operation risikoreich wäre oder die Lebenserwartung von Betroffenen deutlich einschränken würde, warten Ärzt*innen manchmal ab und beobachten den Tumor (aktives Zuwarten).
Bei kleinen Nierentumoren (bis vier Zentimeter) können Tumorzellen mit einer über die Haut eingebrachten Sonde mittels Hitze (Radiofrequenzablation) oder Kälte (Kryotherapie) zerstört werden.
Operation bei Nierenkrebs
Die Operation gilt als einziges Behandlungsverfahren, das die Krebserkrankung dauerhaft heilen kann. Ein solcher Eingriff kommt infrage, wenn der Tumor auf die Niere begrenzt ist und keine Metastasen (Tochtergeschwülste) in anderen Organen gebildet hat.
Je nach Größe und Lage des Tumors wird versucht, möglichst "nierenschonend" zu operieren und die kranke Niere zu erhalten. Es wird nur der Tumor herausgeschnitten, denn die Niere lässt sich bei kleinen Tumoren erhalten, ohne dass sich die Überlebenschancen der Patient*innen verschlechtern (partielle Nephrektomie).
Bei größeren oder ungünstig liegenden Nierentumoren wird das Organ vollständig entfernt (radikale Nephrektomie). Nach der Operation übernimmt die gesunde Niere die Funktionen der entfernten Niere vollständig. Es lässt sich in der Regel auch mit nur einer Niere sehr gut ohne Einschränkungen leben.
Nierenkrebs-Therapie bei Metastasen
Bei etwa zehn Prozent der Patient*innen hat sich der Krebs schon bei der Diagnose ausgebreitet. Die Krebszellen sind in umliegende Lymphknoten eingewandert oder haben andere Organe befallen – der Krebs hat Metastasen gebildet. Besonders oft streut der Nierenkrebs in die Lunge, die Leber und die Knochen. Eine Heilung des Nierenkarzinoms ist dann oft nicht mehr möglich.
Bei Betroffenen, die sich in einem guten Allgemeinzustand befinden, entfernen Chirurg*innen die betroffene Niere komplett. Metastasen in der Lunge lassen sich häufig ebenfalls operieren. So ist prinzipiell auch bei einem metastasierten Nierenkrebs noch eine Heilung möglich. Tochtergeschwülste im Knochenskelett werden operiert und manchmal zusätzlich bestrahlt.
Weitere Möglichkeiten zur Behandlung von Nierenkrebs:
Zielgerichtete Therapie: Es werden Medikamente eingesetzt, die bestimmte Signalwege des Tumors unterbrechen oder die Neubildung von Blutgefäßen zum Tumor verhindern. Dadurch wird die Sauerstoff- und Nährstoffversorgung abgeschnitten und der Tumor "verhungert". Wirkstoffe sind etwa Everolimus, Sorafenib, Sunitinib oder Pazopanib.
Immuntherapie: Bei fortgeschrittenem Nierenkrebs werden die Wirkstoffe Interferon-Alpha oder Interleukin-2 eingesetzt. Sie regen das Immunsystem an, die Krebszellen anzugreifen und zu beseitigen. Eine wichtige Rolle unter den Immuntherapien spielen auch die sogenannten Checkpoint-Inhibitoren. Sie greifen an bestimmten Kontrollpunkten des Immunsystems an und schärfen ebenfalls die Immunabwehr.
Strahlentherapie: Die Bestrahlung wird nur eingesetzt, wenn der Tumor schon Metastasen gebildet hat. Denn Tumoren an den Nieren reagieren nur wenig empfindlich auf Strahlen. Diese Therapieform lindert in erster Linie die Beschwerden, führt aber nicht zu einer Heilung.
Chemotherapie: Die Chemotherapie ist ein Standard bei vielen Krebserkrankungen. Doch bei Nierenkrebs hilft sie kaum. Die Erfolge sind so gering, dass die Chemotherapie nur selten eingesetzt wird.
Schmerzbehandlung: Ein fortgeschrittener Nierenkrebs kann erhebliche Schmerzen verursachen, welche die Lebensqualität deutlich einschränken. Wichtig ist deshalb eine ausreichende Schmerzbehandlung.
Heilung ist möglich – Metastasen verschlechtern Prognose bei Nierenkrebs
Je früher Nierenzellkrebs entdeckt wird, desto besser ist er behandelbar und desto höher sind die Überlebenschancen. In den letzten Jahren ist die Lebenserwartung bei Nierenkrebs gestiegen. So leben 77 Prozent der Männer und 79 Prozent der Frauen noch fünf Jahre nach ihrer Diagnose.
Bei Menschen mit kleinen Nierentumoren ist oft eine vollständige Heilung durch Operation möglich. Bei größeren Tumoren ist dagegen das Risiko größer, dass der Nierenkrebs trotz Operation wiederkehrt (Rückfall, Rezidiv). Das Auftreten von Metastasen ist in der Regel mit einem schlechteren Verlauf und einer ungünstigeren Prognose verbunden.
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