Zwangsstörung: Ursachen, Symptome und Behandlung
Eine Zwangsstörung zeichnet sich durch Handlungen und Gedanken aus, die zwangserkrankte Personen wiederholt ausüben müssen. Das Zwangsverhalten beeinträchtigt oft viele Lebensbereiche und ist mit einem großen Leidensdruck verbunden. Welche Ursachen gibt es und wie wird eine Zwangserkrankung behandelt?
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Kurzübersicht: Zwangsstörung
Definition: Bei einer Zwangsstörung handelt es sich um eine häufig auftretende psychische Erkrankung, bei der Betroffene zwanghaft bestimmte Handlung (etwa häufiges Händewaschen, Gegenstände abzählen) ausführen müssen oder unter aufdringlichen Zwangsgedanken (Angst vor Keimen/Angst, anderen zu schaden/Befürchtung, sich daneben benommen zu haben) leiden.
Ursachen: Die Ursachen einer Zwangserkrankung sind vielfältig, mögliche Risikofaktoren sind eine rigide Reinlichkeitserziehung in der Kindheit, überkritische Eltern sowie traumatische Erfahrungen. Darüber hinaus spielen auch genetische und neurobiologische Faktoren eine Rolle, so können auch bestimmte Botenstoffe im Gehirn an der Entstehung beteiligt sein.
Therapie: Zwangsstörungen lassen sich in der Regel gut behandeln, bewährt haben sich Verhaltenstherapie sowie die Einnahme von Medikamenten (darunter Serotonin-Wiederaufnahmehemmer).
Im Überblick:
Was ist eine Zwangsstörung?
Eine Zwangsstörung (auch Zwangserkrankung oder veraltet Zwangsneurose) liegt vor, sobald bestimmte Handlungsmuster mindestens zwei Wochen lang an den meisten Tagen das Berufs- und Privatleben stören, da sie in Intensität und Zeitaufwand stark von der Norm abweichen. Das Spektrum an zwanghaften Verhaltensweisen ist dabei groß. Mögliche Formen sind:
Reinigungs- und Waschzwang: etwa wiederholtes enorm gründliches Händewaschen, Desinfizieren von Oberflächen
Kontrollzwang: häufiges Kontrollieren, etwa ob der Herd ausgeschaltet ist oder die Türen verschlossen sind
Ordnungszwang: alle Gegenstände haben einen festen Platz, Dinge werden nach bestimmten Mustern geordnet, Unordnung führt zu extremer Anspannung und innerer Unruhe
Wiederholungs- und Zählzwang: Dinge wie Lebensmittel oder Stufen werden zwanghaft abgezählt
Sammelzwang: Menschen mit Sammelzwang horten zwanghaft eher wertlose Dinge, in manchen Fällen können sie nicht einmal Müll entsorgen. Steht das Sammeln von wertlosen Gegenständen im Vordergrund der Störung, wird manchmal auch vom Messie-Syndrom oder einer Hoarding-Disorder gesprochen
zwanghafte Langsamkeit: Betroffene üben alltägliche Handlung extrem gewissenhaft aus, weshalb sie vergleichsweise lange brauchen und ihr Alltag stark eingeschränkt ist
quälende und aufdringliche Zwangsgedanken (ohne Zwangshandlungen): unter anderem die Befürchtung, sich sozial unpassend zu verhalten oder übertriebene Katastrophenängste, etwa dass einer geliebten Person etwas zustößt
Ein wichtiger Unterschied zwischen einer normalen Marotte und einer Zwangsstörung ist: Der Zwang beherrscht das Verhalten gegen den Willen der Betroffenen. Zwangserkrankte Personen können nicht anders handeln, obwohl sie sich oftmals der Sinnlosigkeit ihrer Aktionen bewusst sind.
Wie häufig treten Zwangserkrankungen auf?
Zwangsstörungen gehören zu den häufigsten psychischen Störungen, genaue Daten liegen jedoch nicht vor. Meist treten Zwangsstörungen kombiniert auf und bleiben lange unerkannt. Viele Zwänge werden als Übereifer oder Macke belächelt. In zahlreichen Fällen verdrängen Betroffene ihr Problem, entwickeln Kontrollmechanismen oder leben in Isolation – aus Furcht, als verrückt zu gelten.
Somit lässt sich die Zahl der Betroffenen in Deutschland mit eineinhalb bis über zwei Millionen nur schätzen. Menschen mit Zwangsstörungen kommen aus allen sozialen Schichten und Altersklassen. Sichtbar werden die meisten Zwänge jedoch im Jugend- oder frühen Erwachsenenalter, bei 85 Prozent sind sie vor dem 35. Lebensjahr vollständig ausgeprägt.
Zwangsstörung bei Kindern und Jugendlichen
Etwa drei bis fünf Prozent aller Jugendlichen zeigen meist vorübergehende und harmlose Formen von Zwangsverhalten. Zwangssyndrome mit Krankheitswert sind eher selten. Die Häufigkeit liegt hier bei etwa ein bis drei Prozent. Der Häufigkeitsgipfel liegt um das 12. bis 13. Lebensjahr.
Solche harmlose Zwangshandlungen äußern sich zum Beispiel in ritualisierten Ess- und Waschgewohnheiten oder in An- und Auskleidezeremonien. Viele Kinder hüten sich vor vermeintlichen Unglückszahlen oder betreten eine bestimmte Treppenstufe nicht gern.
Eine echte Zwangsstörung bei Kindern kann stetig oder episodisch verlaufen, es kann auch zu einer spontanen Besserung kommen. Etwa 20 Prozent der Kinder und Jugendlichen mit einer Zwangsstörung behalten diese ein Leben lang, die anderen weisen im späteren Leben mitunter leichte Erscheinungsformen von Zwangsmerkmalen auf. Mädchen und Jungen sind gleichermaßen betroffen. Im Erwachsenenalter scheinen Menschen mit einer Zwangsstörung oft sozial isoliert zu sein. Viele leben noch bei den Eltern, wenige haben Partnerschaften, manche müssen soziale Unterstützung in Anspruch nehmen.
Zwangsstörung: Ursachen liegen häufig in der Kindheit
Die Ursachen für Zwangsstörungen sind vielfältig. Einige Risikofaktoren begünstigen das Auftreten der psychischen Störung, darunter:
- gehäuftes Auftreten von Angst- und Zwangserkrankungen in der Familie
- veränderte Gehirnaktivität (vermittelt durch den Botenstoff Serotonin)
- eine an liebevoller Zuwendung, Wertschätzung und Unterstützung mangelnde Erziehung durch einen oder beide Elternteile
- überbehütete Kindheit
- Traumata
- ein perfektionistischer, gewissenhafter oder ängstlicher Persönlichkeitsstil
In einigen Fällen wird die akute Zwangsstörung von einem belastenden Ereignis oder einer Lebenskrise (Trennung, Tod, Scheidung) und damit verbundenen unangenehmen Emotionen ausgelöst. Diese Erfahrung muss nicht zwangsweise die Ursache der Erkrankung sein, kann jedoch bei Vorliegen entsprechender Risikofaktoren das Auftreten der Symptomatik begünstigen.
Symptome: So äußert sich eine Zwangsstörung
Wiederholte Gewohnheiten, Bräuche, Routinen und Rituale gehören zum ganz normalen Alltag. Im täglichen Verhalten der meisten Menschen finden sich viele Beispiele, die zwanghaftem Verhalten gar nicht so unähnlich, aber noch nicht krankhaft sind. Die Übergänge von der Normalität zur Krankheit sind fließend und deshalb oft schwer festzustellen. Selbst eine eindeutig übersteigerte Gründlichkeit wird häufig nicht als pathologisch, sondern als Macke interpretiert.
Bei einer Zwangsstörung erreichen die Zwangshandlungen oder Gedanken ein Ausmaß, das bei Betroffenen zu einer erheblichen Einschränkung im Alltag führt. Zwangsrituale oder -gedanken wiederholen sich immer wieder, in manchen Fällen wenden die Betroffenen mehrere Stunden täglich hierfür auf.
Zwangserkrankte Menschen empfinden oftmals eine hohe innere Anspannung sowie Ängste, insbesondere wenn sie die Zwangssymptome nicht ausleben können. Zwangshandlungen dienen also dem Spannungsabbau und der Beruhigung, auch wenn die Handlung an sich in vielen Fällen von Betroffenen als übertrieben und sinnlos bewertet wird.
Oftmals liegen dem Zwang große Ängste zugrunde, bei einem Wasch- oder Putzzwang etwa die Angst vor Keimen und Krankheiten. In solchen Fällen haben einige Betroffene etwa auch nach dem wiederholten Waschen der Hände noch das Gefühl, dass diese schmutzig und keimbehaftet sind.
Diagnose von Zwangsstörungen
Häufig werden Patient*innen mit Zwangsgedanken erst spät in einer ärztlichen oder psychotherapeutischen Praxis vorstellig, meist ist der Leidensdruck sehr hoch und der Alltag bereits stark eingeschränkt. Für die Diagnose ist zunächst ein ausführliches Gespräch notwendig, bei welchem die genauen Symptome abgefragt werden. Zudem kann die Biografie wichtige Hinweise liefern. Zur Stellung der Diagnose ist es wichtig, dass die Symptome bereits über zwei Wochen andauern und den Alltag stark einschränken, also einen anhaltenden Leidensdruck verursachen.
Meist kommen zudem standardisierte Fragebögen zum Einsatz. Da Zwangsstörungen nur selten isoliert auftreten, muss auch abgeklärt werden, ob noch weitere psychische Erkrankungen, wie eine Depression, Angststörung oder Essstörung, vorliegen. Auch sollten weitere neurologische und internistische Erkrankungen ausgeschlossen werden.
Therapie: Wie wird eine Zwangsstörung behandelt?
Zwangsstörungen sind nicht heilbar, eine psychotherapeutische Behandlung kann jedoch den Alltag erträglicher machen und zu einem besseren Umgang mit den Zwängen beitragen. Hierbei hat sich insbesondere die Verhaltenstherapie bewährt, mit ihrer Hilfe lassen sich Zwangserkrankungen oft innerhalb weniger Monate gut behandeln. In der Regel reicht eine ambulante Psychotherapie aus, in einigen Fällen kann auch ein stationärer Aufenthalt in einer psychosomatischen oder psychiatrischen Klinik notwendig werden.
Auch Medikamente wie Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (SSRI) sind eine zusätzliche Option. Allerdings ist eine alleinige medikamentöse Therapie nicht sinnvoll, da die Zwangsstörung nach Absetzen der Medikamente in der Regel wieder auftritt. Je länger mit einer Verhaltenstherapie gewartet wird, desto schwieriger wird die Behandlung.
Neben der Psychotherapie ist inzwischen auch die Psychoedukation wichtig zur Behandlung einer Zwangsstörung geworden. Dabei erfolgt eine gezielte therapeutische Aufklärung zum Krankheitsbild, sodass Betroffene ihre Störung selbst besser einordnen und ihr entgegenwirken können.
Ergänzend können auch Entspannungsverfahren wie autogenes Training sowie psychosoziale Therapieformen wie Gestaltungs-, Sport- und Ergotherapie hilfreich sein.
Prognose und Verlauf einer Zwangsstörung
Mit einer Verhaltenstherapie und geeigneten Verhaltensmaßnahmen lässt sich eine Zwangsstörung gut behandeln. Für Betroffene ist es im Alltag wichtig, sich der Zwangsstörung bewusst zu sein. So kann die Erkrankung deutlich gebessert werden und phasenweise ganz verschwinden. Das Einbeziehen von Angehörigen in die Therapie ist sinnvoll, denn oft unterstützen diese unbewusst die Zwangsstörung.
Hilfreich kann für Betroffene auch der Austausch in Selbsthilfegruppen oder in speziellen Foren im Internet sein.
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