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Urtinktur: Von der Pflanze zum homöopathischen Arzneimittel

Die Urtinktur ist die Basis vieler homöopathischer und phytotherapeutischer Arzneien, fungiert aber auch selbst als potentes Heilmittel. Während bestimmte Arzneistoffe wie Alchemilla, Calendula oder Thuja auch als Urtinktur verabreicht werden, sind andere Wirksubstanzen dazu nicht geeignet.

Calendula als homöopathische Urtinktur
© iStock.com/terra24

Artikelinhalte im Überblick:

Homöopathie: 15 häufige Beschwerden und welches Mittel hilft!

Was bedeutet Urtinktur?

Die Urtinktur ist die unverdünnte, nicht potenzierte Form des homöopathischen Heilmittels. Samuel Hahnemann, der die Homöopathie vor mehr als 200 Jahren begründete, nutzte anfangs selbst toxische Rohstoffe als Urtinktur.

Um Vergiftungen vorzubeugen, entwickelte er bald die Methode der Potenzierung: Das Arzneimittel wird nach und nach verdünnt, seine homöopathische Wirkung gleichzeitig verstärkt (Dynamisierung).

Wie lässt sich die Urtinktur herstellen?

Die Urtinktur wird vor allem aus pflanzlichen und tierischen Rohstoffen angefertigt, zum Beispiel:

  • Pflanzenpresssaft
  • frische Pflanzen oder Pflanzenteile
  • getrocknete Pflanzen oder Pflanzenteile, teilweise zu Pulver gemahlen
  • Harze
  • Tiere oder Tierteile
  • Nosoden (sterilisierte Krankheitsprodukte von Mensch oder Tier, zum Beispiel Viren, Bakterien, erkrankte Organe oder Gewebeteile)

Der Ausgangsstoff wird mit einer Trägersubstanz (Alkohol und/oder Wasser) vermischt und nach einigen Tagen bis Wochen filtriert. Dieses Filtrat nennt man Urtinktur.

Urtinktur als Basis für homöopathische Arzneimittel

Die noch heute gültigen Verfahren zur Herstellung homöopathischer Arzneimittel sind im amtlichen Homöopathischen Arzneibuch (HAB) genau festgelegt. Besonders wichtig dabei: das Verhältnis von Ausgangsstoff und Trägersubstanz. Weil sie die Basis für etliche homöopathische Arzneimittel bildet, hat die Urtinktur ihre Bedeutung bis heute behalten.

Um Dilutionen, Globuli und Tabletten anzufertigen, müssen die verwendeten Rohstoffe schließlich zunächst in eine lösliche Form gebracht werden.

Das geschieht je nach Art der Grundsubstanz durch unterschiedliche Verfahren:  

  • Trituration: Bei der Trituration handelt es sich um ein Verfahren, bei dem unlösliche Substanzen wie Metalle oder Mineralien durch intensives Verreiben mit Milchzucker zerkleinert werden. Auf diese Weise entsteht ein feines Pulver, das als Grundlage für die weitere homöopathische Aufbereitung dient.

  • Lösung: Für die Aufbereitung löslicher Stoffe wie Salze, Säuren und bestimmte Harze wird eine andere Methode verwendet. Diese Substanzen werden in Wasser, Alkohol oder einer Mischung aus beiden gelöst. Durch diesen Prozess entstehen flüssige Lösungen, die in weiteren Schritten verdünnt und potenziert werden können.

  • Urtinktur: Sie bildet die Ausgangssubstanz vieler pflanzlicher und tierischer homöopathischer Mittel. Sie wird durch Extraktion frischer Pflanzen oder anderer Ausgangsmaterialien in Alkohol oder Wasser hergestellt und ist die Basis für die weiteren Potenzierungen.

Urtinktur wird entweder potenziert oder direkt angewandt

Die Urtinktur dient als Ausgangsstoff für phytotherapeutische sowie potenzierte homöopathische Arzneiformen wie Dilutionen, Tabletten oder Globuli, ist aber auch ein eigenständiges Heilmittel. Im ersten Fall wird die Urtinktur durch die Potenzierung schrittweise verdünnt und durch Verschüttelung dynamisiert, gilt dadurch auf unstofflicher Ebene als umso wirkungsvoller.

"Insbesondere für stark wirksame und in konzentrierter Form giftige Pflanzen ist diese Verarbeitung nötig. Beispielsweise eignen sich die besonders populären Fiebermittel Eisenhut (Aconitum) und Tollkirsche (Belladonna) nicht zur Einnahme als Urtinktur", erklärt Günter Fleischmann, Inhaber der Kur-Apotheke Bad Aibling.

Denn die Urtinktur besitzt einen höheren Gehalt des ursprünglichen Wirkstoffs. "Urtinkturen aus Giftpflanzen kann man meist nicht in konzentrierter Form einsetzen, ohne Schaden anzurichten", sagt Fleischmann. Um Nebenwirkungen und erhebliche Erstverschlimmerungen zu verhindern, werden daher meist gut verträgliche Urtinkturen direkt oder anderenfalls äußerlich angewendet. "Beispielweise kommt Thuja-Urtinktur nur zum Bepinseln von Warzen zum Einsatz, jedoch wird der Erfolg durch die Einnahme von Thuja D6 als Immunstimulans unterstützt", so Fleischmann.

Anwendungsgebiete ausgewählter Urtinkturen

Die meisten homöopathischen Urtinkturen könnten ohne Probleme direkt eingenommen werden. Ihre Anwendungsgebiete decken sich weitgehend mit denen potenzierter Homöopathika. Die konzentrierte Form kommt laut Fleischmann beispielsweise bei folgenden Wirkstoffen und Beschwerden zum Einsatz:

  • Alchemilla vulgaris (Frauenmantel): Der Frauenmantel gilt als vielseitiges Heilmittel speziell für Frauen und wird oft bei Wechseljahresbeschwerden eingesetzt. Dank seines hohen Gehalts an Gerbstoffen ist er zudem ein bewährtes Mittel bei Magen-Darm-Problemen.

  • Calendula (Ringelblume): Die Ringelblume ist bekannt für ihre hervorragenden Wundheilungseigenschaften. Für eine optimale Wirkung wird empfohlen, sie sowohl innerlich einzunehmen als auch äußerlich anzuwenden, etwa als Salbe oder Tinktur. Diese Kombination fördert die Heilung und schützt vor Infektionen.

  • Propolis (Bienenharz): Dieses Schutzharz der Bienen wirkt als Immunstimulans und Antiseptikum, insbesondere bei häufigen Infekten. Bei Herpes empfiehlt sich eine kombinierte innere und äußere Anwendung. Aufgrund seiner harzigen Konsistenz ist Propolis schwer wasserlöslich.

  • Avena sativa (Haferkraut): Haferkraut besitzt beruhigende Eigenschaften und wird als natürliches Nervenmittel eingesetzt. Es eignet sich besonders gut zur Stressbewältigung, etwa in der Vorbereitung auf Prüfungen, und kann die Entwöhnung von Suchtmitteln unterstützen, indem es das Nervensystem stabilisiert.

  • Thymus vulgaris (Thymian): Thymian ist ein vielseitig einsetzbares Heilmittel, besonders bei Atemwegserkrankungen wie Erkältungen und Keuchhusten. Er wirkt schleimlösend, keimtötend und beruhigend. Darüber hinaus entfaltet er antiseptische und blähungslösende Effekte im Magen-Darm-Trakt und wirkt harntreibend sowie desinfizierend auf die Harnwege.

  • Carduus marianus (Mariendistel): Die Mariendistel wird traditionell als Lebermittel geschätzt und unterstützt die Leberfunktion. Anders als isoliertes Silymarin, das in der Schulmedizin zur Lebertherapie verwendet wird, enthält die homöopathische Mariendistel-Tinktur jedoch auch Alkohol.

  • Aesculus hippocastanum (Rosskastanie): Die Rosskastanie ist ein bewährtes Mittel bei Venenleiden wie Krampfadern, Venenentzündungen, Ödemen und Hämorrhoiden. Um die beste Wirkung zu erzielen, sollte sie innerlich eingenommen und zusätzlich äußerlich auf die betroffenen Stellen aufgetragen werden.

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