Gedächtnistraining: So fördern Sie Ihren Geist
Nach höchsten wissenschaftlichen Standards verfasst und von Expert*innen geprüftDie geistige Leistungsfähigkeit nimmt ab der Lebensmitte tendenziell etwas ab. Doch dieser Prozess lässt sich beeinflussen. Denn: Das menschliche Gehirn ist in jedem Alter in der Lage, durch gezieltes Training fit zu bleiben. Mit folgenden Tipps und Tests zum Thema Gehirntraining tun Sie viel für Ihr Gedächtnis!
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Das Gehirn ist die Schaltzentrale des menschlichen Organismus, ein Hochleistungsorgan mit einer gigantischen Informationskapazität. In diesem komplexen System sind Nervenzellen (Neuronen) die Hauptakteure. Sie tauschen über elektrochemische Impulse (Reize) Signale und Informationen aus.
Je mehr Nervenzellen im Gehirn miteinander vernetzt sind, desto mehr Informationen können verarbeitet werden. Und: Je schneller das Gehirn arbeitet, desto größer ist die mentale Fitness. Denn Reize kann das Gehirn nur nacheinander, nicht gleichzeitig weiterleiten.
Gehirntraining – mentale Fähigkeiten aktiv steigern
Die Bildung neuronaler Netze ist die Grundvoraussetzung für geistige Fitness. Dieser Prozess wird durch mentale Aktivität und kontinuierliches Lernen angestoßen und fortgesetzt. Er beginnt gleich nach der Geburt: Reize und Impulse bewirken die Vernetzung der vorhandenen Neuronen. Fühlen, Sehen oder Hören führt zu Gedanken. Diese Gedanken ziehen Handlungen nach sich. Wissen und Erfahrung werden angehäuft.
Ob der Mensch dabei Erfahrungen einmal oder mehrfach machen muss, um sie im Gedächtnis abzuspeichern und ob er einmal Gelerntes wiederholen muss, hängt davon ab, für wie wichtig der Mensch die jeweilige Information hält. Dieser Prozess setzt sich in den ersten 30 Lebensjahren unvermindert fort. Immer mehr und dichtere neuronale Netze entstehen. Ab der Mitte des Lebens beginnt das Gehirn jedoch, diejenigen Nervenverbindungen stillzulegen, die nicht mehr aktiv genutzt werden. Einem damit drohenden Verlust der Leistungsfähigkeit kann aber aktiv entgegengewirkt werden.
Durch Gedächtnistraining wird mentale Fitness altersunabhängig
Das Gehirn reagiert auf Reize. Es braucht stets neue Impulse, um die Aktivität der grauen Zellen und die Bildung der für die geistige Fitness so wichtigen neuronalen Netze in Gang zu halten. Gedächtnistraining zum Beispiel durch Kreuzworträtsel, die Bereitschaft zum Lernen, kreative Tätigkeiten, körperliche Aktivität, aber auch die Aufrechterhaltung sozialer Kontakte wirken der nachlassenden mentalen Leistungsfähigkeit entgegen.
Je mehr der Geist beschäftigt wird, desto mehr Nervenzellen verbinden sich, und zwar altersunabhängig. Howard Fillit vom New Yorker Institut für Altersforschung formuliert es folgendermaßen: "Der Verlust der mentalen Fitness ist keine zwingende Begleiterscheinung des Alterns."
Gehirntraining läuft nicht nur im Kopf ab
Die optimale Leistungsfähigkeit unseres Gehirns entfaltet sich nicht nur durch Aktivitäten wie Gedächtnistraining, sondern wird zusätzlich durch körperliche Fitness bedingt. Die Gesellschaft für Gehirntraining e.V. (GfG) verdeutlicht das anhand der sogenannten SOMECO-Treppe:
- SO = somatische (körperliche) Fitness
- ME = mentale Fitness
- CO = competency (mentale Kompetenz)
Diese Stufen bauen aufeinander auf. Zunächst gilt es, die somatischen Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass das Gehirn optimal funktioniert und damit leistungsfähig ist. Das bedeutet, dass die Durchblutung stimmen muss, dass eine ausreichende Versorgung mit Nährstoffen vorhanden ist und dass die Nervenzellen im Gehirn genügend Energie produzieren. Dazu braucht der Körper vor allem Glukose und Sauerstoff, die wir mit der Nahrung beziehungsweise über die Atmung zuführen.
Des Weiteren wird die mentale Fitness durch geistige Tätigkeiten, zum Beispiel Gedächtnistraining (die Bezeichnung Gehirnjogging meint dasselbe), gesteigert. Beide Aspekte sind wichtig für die effiziente Gehirnleistung, die in diesem Modell als mentale Kompetenz bezeichnet wird.
Sieben Tipps fürs Gehirntraining – alltagstauglich und konkret
Die einzelnen Stufen der SOMECO-Treppe lassen sich individuell nach den eigenen Bedürfnissen, Fähigkeiten und Anforderungen gestalten. Die GfG schlägt sieben Einzelstufen vor, die im Alltag umsetzbar sind:
Ausgewogene Ernährung liefert dem Gehirn Energie. Vor allem Kohlenhydrate dienen ihm als Kraftstoff. Für eine gute Durchblutung darf es an Flüssigkeit nicht mangeln. Daher sollte man regelmäßig und bereits bevor man Durst bekommt trinken – mindestens 1,5 Liter Wasser pro Tag.
Moderater Ausdauersport baut nicht nur Stress und Spannungen ab, sondern steigert auch Gehirntätigkeit, Konzentration und Ausdauer. Zweimal pro Woche sollte man Ausdauertraining absolvieren. Zudem sollte man sich bei geistiger Aktivität zwischendurch immer wieder einmal bewegen.
Durch Schlaf werden am Tag aufgenommene Informationen im Gedächtnis gespeichert. Idealerweise sollte man sechs bis neun Stunden pro Nacht schlafen.
Sinne schärfen: Für eine optimale Gehirnleistung sind Sinneseindrücke wichtig. Bei Sehschwäche oder Hörminderung sollte man sich daher mit entsprechenden Hilfsmitteln versorgen.
Mentale Aktivität, zum Beispiel durch Gehirnjogging, fördert das Arbeitsgedächtnis, in dem Informationen sortiert, weitergeleitet oder gelöscht werden. Kreuzworträtsel, Sudoku und andere Übungen verbessern das logische Denken und die Merkspanne.
Informationen bewusst auswählen: Wichtiges von Unwichtigem zu unterscheiden ist eine dauerhafte Herausforderung für unser Gehirn. Dabei kann man es unterstützen, indem man bewusst auswählt, womit man sich beschäftigen möchte und unnötige Informationsflut, zum Beispiel durch ständige Medien- und Smartphone-Nutzung, vermeidet.
Gedächtnis- und Lernstrategien, beispielsweise Schnelllesetechniken, können helfen, das Gehirn zu Höchstleistungen anzutreiben.
Lernen im Schlaf?
Dem gesunden Schlaf schreibt die Wissenschaft eine signifikante Rolle bei der Gedächtnisbildung und damit beim Lernen zu. Schlafphasen sind dabei die Intervalle, die dazu dienen, der Informationsflut vom Tage Herr zu werden. Neues wird geordnet, Wichtiges gespeichert und Unwichtiges gelöscht.
Wichtige Entscheidungen zu überschlafen, empfiehlt schon der Volksmund. Zu Recht, wie wissenschaftliche Untersuchungen nahelegen. Während des Schlafs sinken Atemfrequenz, Blutdruck und Körpertemperatur. Der Körper baut Stresshormone ab, entspannt sich und kommt zur Ruhe. Das Gehirn ist weiterhin aktiv und verarbeitet die Ereignisse des Tages. Wir lernen im wahrsten Wortsinn im Schlaf. Untersuchungen weisen darauf hin, dass nicht nur ein ausgedehnter Nachtschlaf dazu führt, Eindrücke zu verfestigen und Gelerntes zu sortieren. Schlaf ist generell erholsam, selbst ein kurzes Nickerchen zwischendurch. Das wusste schon Albert Einstein, ein eingefleischter Verfechter der täglichen Siesta.
Eine Nacht über wichtige Entscheidungen schlafen
Schlafforscher der Universität Salzburg fanden in einem Versuch heraus, dass ein einstündiger Schlaf am Mittag die deklarative Gedächtnisleistung, das heißt das Lernen von Fakten und Ereignissen, die bewusst wiedergegeben werden können, signifikant erhöht. Versuchspersonen im Alter zwischen 19 und 30 Jahren hatten die Aufgabe, assoziative Wortpaare zu lernen, zum Beispiel "Buch – Lesen". Jeweils vor und nach der Schlafphase wurden sie getestet – mit dem genannten Ergebnis.
Komplexere Aufgaben lassen sich leichter lösen, wenn man eine Nacht darüber schläft, so die Erkenntnis von Schlafforschern der Universitäten Lübeck und Köln. Sie legten Probanden Zahlenreihen vor, deren Struktur diese erkennen sollten. Von den Personen, die das Problem eine Nacht überschliefen, fanden am nächsten Tag doppelt so viele die Lösung heraus wie in den zwei Testgruppen, die nicht geschlafen hatten.