Prinzipien der Schmerztherapie
Nach höchsten wissenschaftlichen Standards verfasst und von Expert*innen geprüftEine frühzeitige Behandlung spielt bei Schmerzen eine wichtige Rolle. Heute stehen vielfältige Möglichkeiten der effektiven Schmerzlinderung zur Verfügung, die gerade bei chronischen Schmerzen häufig miteinander kombiniert werden können.
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Schmerzen können in unterschiedlichster Intensität auftreten, sie können chronisch oder akut sein, sie können Symptom einer Grunderkrankung (zum Beispiel Rheuma, Blinddarm) sein und unterschiedliche Körperregionen betreffen. Darüber hinaus können Schmerzen als eigenständiges Krankheitsbild ohne erkennbare Ursache in Erscheinung treten oder Reaktion auf einen vorangegangen, operativen Eingriff sein (postoperative Schmerzen).
Artikelinhalte im Überblick:
Schmerzformen: Schmerz ist nicht gleich Schmerz
Schmerzen haben viele Gesichter. Sie können chronisch oder akut auftreten, vom Gewebe oder auch den Nerven ausgehen. Auch psychosomatische Beschwerden sind keine Seltenheit.
Zu den Hauptformen von Schmerzen zählen:
Gewebeschmerz (nozizeptiver Schmerz): Gewebeschmerzen haben ihren Ursprung in Muskeln, Knochen, Bindegewebe, Haut und Gelenken und werden durch Gewebeschädigungen verursacht. Zugrunde liegen können zum Beispiel eine äußere Reizung (mechanisch, chemisch, physikalisch), Entzündungsprozesse oder auch Koliken. Beispiele: Knochenbrüche, Prellungen, Hautverletzungen.
Neurogener/neuropathischer Schmerz: Sie hängen im Gegensatz zu Gewebeschmerzen nicht mit Schmerzrezeptoren zusammen, sondern haben ihren Ursprung in einer Schädigung von Nervengewebe beziehungsweise entstehen als Folge von Nervenfunktionsstörungen. Mitunter besteht bei unzureichender Behandlung die Gefahr einer Langzeitschädigung. Beispiele: Ischiasschmerzen, diabetische Neuropathie, Gürtelrose.
Psychogener/psychosomatischer Schmerz: Nicht immer liegt Schmerzen eine körperliche Ursache zugrunde. So können sich Schmerzen beispielsweise auch als Folge von psychischen Erkrankungen einstellen. Bei einer Depression zum Beispiel klagen die Betroffenen häufig über Kopfschmerzen, Bauchschmerzen oder Rückenschmerzen. Psychische Einflüsse können dementsprechend dazu beitragen, bestehende Schmerzen zu verstärken oder auch neue Schmerzen hervorzurufen.
Genaue Diagnose ist Basis der Schmerzbehandlung
Bei Schmerzen ist die erste Anlaufstelle in der Regel der Hausarzt. Dieser kann – je nach Verdachtsdiagnose – die Überweisung an einen ausgewiesenen Schmerztherapeuten, einen Orthopäden oder andere Fachärzte vornehmen.
Anamnese bei Schmerzen
Erster Schritt bei der Diagnose ist ein ausführliches Arzt-Patienten-Gespräch. Wichtig ist, dass der Arzt möglichst umfassend über das Beschwerdebild und das individuelle Schmerzempfinden informiert wird. Zu den zentralen Informationen zählen:
Wo werden die Schmerzen empfunden?
Wie lange besteht der Schmerz bereits?
Wann tritt der Schmerz verstärkt auf?
Wie wird der Schmerz empfunden
Wie stark würden Sie Ihre Schmerzen beschreiben (Einordnung anhand einer Skala von 0-10)
Bestehen weitere Beschwerden?
Haben Sie für sich bereits Möglichkeiten entdeckt, den Schmerz im akuten Stadium zu lindern?
Schmerztagebuch als Hilfestellung
Als gute Orientierung für dieses Erstgespräch und auch als Hilfestellung für die Diagnose des Arztes kann ein sogenannte Schmerztagebuch dienen. Hier tragen die Patienten Tag für Tag die Intensität der Schmerzen (Schmerzskala), weitere Beschwerden sowie sonstige Auffälligkeiten ein. Wichtig ist also, sich und seinen Körper ganz genau im Blick zu haben. Fragen Sie Ihren Hausarzt oder beispielsweise Ihre Krankenkasse um ein entsprechendes Tagebuch.
Weitere Untersuchungsmethoden je nach Verdachtsdiagnose
Im Anschluss an das Gespräch erfolgen je nach erster Einschätzung meist weitere Untersuchungsmethoden, die weiter Aufschluss über die Schmerursache geben können. Das Spektrum reicht von der körperlichen Untersuchung über MRT, Röntgenaufnahmen oder auch CT.
Behandlung von Schmerzen
Zur Behandlung von Schmerzen stehen heute vielfältige Therapieoptionen zur Verfügung. Zu den wichtigsten Behandlungsmaßnahmen bei Schmerzen zählen:
- Medikamente: leichte bis mittelschwere Analgetika, Opioide – je nach Intensität und Art des Schmerzes
- Physiotherapie: Krankengymnastik oder Massagen
- Psychotherapeutische Ansätze: Akupunktur oder bestimmte Entspannungstechniken
- Psychotherapeutische Ansätze: insbesondere bei psychosomatischen Schmerzen bzw. bei Schmerzen, die z.B. eine Depression zur Folge haben.
Ziel der Maßnahmen ist eine möglichst schnelle und langfristige Schmerzlinderung. Insbesondere bei chronischen Schmerzen werden häufig verschiedene Therapiebausteine miteinander kombiniert. Experten sprechen in diesem Zusammenhang von einer multimodalen Therapie.
Medikamentöse Schmerztherapie
Zur medikamentösen Behandlung von Schmerzen stehen beispielsweise folgende Optionen zur Verfügung:
- Nicht-opioide Analgetika also Schmerzmittel wie Acetylsalicylsäure, Paracetamol und Ibuprofen
- Opioide: Codein, Morphin oder Fentanyl
- Lokale Betäubungsmittel
- Begleitend eingesetzte Medikamente (Co-Analgetika) wie Antidepressiva oder Bisphosphonate
Darüber hinaus werden in jüngerer Vergangenheit vereinzelt auch andere Wirkstoffe wie beispielsweise Botox eingesetzt.
Lesen Sie mehr über die medikamentöse Schmerztherapie.
Nicht-medikamentöse Möglichkeiten der Schmerztherapie
Nicht-medikamentöse Maßnahmen ergänzen nach den Empfehlungen der WHO die Schmerztherapie. Zu ihnen zählen zum Beispiel:
- Akupunktur
- TENS (transkutane elektrische Nervenstimulation)
- Biofeedback
- Hypnotherapie
- Psychotherapie
- Progressive Muskelrexation
- Krankengymnastik.
Wie die einzelnen Methoden kombiniert werden, hängt sehr von der Art der Schmerzerkrankung ab.
Lesen Sie weitere Details über die Schmerztherapie ohne Medikamente.
Möglichkeiten der Schmerztherapie
Die deutsche Fachgesellschaft "Das Schmerztherapeutische Kolloquium - Deutsche Gesellschaft für Schmerztherapie e.V." empfiehlt im Einzelnen folgende Behandlungen:
Kopfschmerzen: Bei anhaltendem Kopfschmerz sollte man unbedingt den Arzt aufsuchen, denn es gibt unterschiedliche Formen, die unterschiedlich zu behandeln sind. Bei Migräne ist beispielsweise Vorbeugung der erste Schritt, also das Erkennen und Vermeiden der Migräne-auslösenden Faktoren. Dies gelingt am besten mit Hilfe eines Kopfschmerztagebuchs. Zur Behandlung des Medikamenten-Kopfschmerzes ist demgegenüber meist eine Entzugsbehandlung notwendig.
Schmerzen des Bewegungsapparates: Bei der Schmerzbehandlung des Bewegungsapparates, etwa Kreuz-, Rücken-, Nacken- oder Muskelschmerzen, sollten immer mehrere, sich ergänzende Therapieformen angewandt werden. Hierzu gehören beispielsweise Krankengymnastik, Lokalanästhesie, manuelle Therapie, Akupunktur, Entspannungsübungen und TENS.
Rheumaschmerzen: Bei Rheuma besteht die Schmerztherapie überwiegend aus einer Unterdrückung der chronischen Entzündung mit antirheumatischen Mitteln. In den entzündungsfreien Intervallen können Schmerzmittel eingesetzt werden; je nach Schmerzstärke reicht das Spektrum von Nicht-Opioiden bis hin zu Opioiden.
Neuralgien: Die Trigeminus-Neuralgie wird in erster Linie mit Medikamenten behandelt. Auch Lokalanästhesie und Akupunktur kommen in Frage. Bei der Postzoster-Neuralgie sollte so früh wie möglich eine Vorbeugung beginnen: Die lokale Schmerzdämpfung durch Nerven-Blockaden verhindert die Zerstörung von Nervengewebe und die Ausbreitung der Erkrankung.